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In vitro Phase–II-Metabolismus von Irilon

Im Dokument Metabolismus von Rotkleeisoflavonen (Seite 180-185)

4. Diskussion

4.3 In vitro Phase–II-Metabolismus von Irilon

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verlangsamten Metabolisierungsraten auch für andere Xenobiotika oder Pharmazeutika kommen. Dies würde gegebenenfalls die Wirkweise von Medikamenten im Sinne einer „drug-drug“-Interaktion beeinflussen.

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Die Intensität der Bildung der beiden Glucuronide durch die unterschiedlichen UGTs variiert stark, abhängig sowohl vom eingesetzten Enzym, wie auch von der gewählten Substratkonzentration. Der Ort der Glucuronidierung ist nicht näher einzugrenzen, da sowohl die Leber-MIKs und einzelne in der Leber exprimierte UGTs (hier 1A1 und 1A8) das Substrat umsetzen wie auch das UGT 1A10, das vornehmlich in Dünndarmgewebe vorhanden ist.

Bemerkenswert sind die großen Unterschiede in der Kinetik für die Bildung der beiden Glucuronide. Während für die Konjugation in Position C-5 überwiegend eine substratinhibierte Bildung zu detektieren ist, die bei hohen IRI-Konzentrationen durch einen deutlichen Abfall der Aktivität charakterisiert ist, ist für die Glucuronidierung in Position C-4´ eine sigmoid verlaufende Autoaktivierungskinetik zu erkennen. Houston und Kenworthy haben 2000 genau dieses Problem für MIKs und rekombinante CYPs untersucht (Houston and Kenworthy, 2000) und konnten zeigen, dass eine Substrathemmung im niedrigen Konzentrationsbereich nur sehr geringe Auswirkungen auf die katalytische Effizienz hat. Ähnlich interpretieren dies auch Pfeiffer et al., die ein analoges Phänomen bei der Glucuronidierung von Estradiol und seinen catecholischen Metaboliten beschreiben (Pfeiffer et al., 2006). Sie vernachlässigen die Substratinhibition bei der Berechnung der Clearance und wenden die Berechnung für eine Michaelis-Menten-Kinetik an. Eine Autoaktivierung, wie sie ebenfalls von Pfeiffer et al. bei der Glucuronidierung von Estradiol durch HLM gezeigt wird, kann allerdings nur gemäß Formel (5) in Kapitel 6.1 beurteilt werden. Ebenso wird für RLM von Alkharfy und Frye bei der Umsetzung von Estradiol das Auftreten von zwei unterschiedlichen Kinetiken bei der Bildung von zwei Konjugaten aus einem Substrat beschrieben (Alkharfy and Frye, 2002). Sie konnten zeigen, dass die Konjugation an Position C-3 einer Autoaktivierung entspricht, während die Glucuronidierung in Position C-17 der klassischen Michaelis-Menten-Kinetik folgt.

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Es ist für die vorliegenden Ergebnisse davon auszugehen, dass jene Produkte, deren Bildung einem sigmoiden Verlauf folgt, in vivo von geringer Bedeutung sind, da die Konzentrationen an Substrat, die für eine nennenswerte Bildung notwendig wären, selten erreicht werden. Dies betrifft in besonderem Maße das durch HLM und RLM gebildete C-4´-Glucuronid von IRI. Für die Bildung des C-5-Glucuronids kann ebenso angenommen werden, dass die inhibitorischen Effekte in vivo zu vernachlässigen sind, da diese weder für die UGTs noch für MIKs in einem physiologisch relevanten Konzentrationsbereich auftreten. Mit Plasmakonzentrationen von über 5 µM ist bei normaler Ernährungsweise nicht zu rechnen, da von Richelle et al. (Richelle et al., 2002) sowie von King und Bursill (King and Bursill, 1998) einhellig eine maximale Plasmakonzentration von 4-5 µM Gesamt-IF nach Aufnahme einer

„üblichen Dosis“ von etwa 1 mg IF pro kg Körpergewicht ermittelt wurde.

Bei einer außerordentlich hohen Zufuhr von rund 10 mg GEN pro kg Körpergewicht konnten Maximalkonzentrationen von über 16 µM gefunden werden (Takimoto et al., 2003). Zwar gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse über die erreichbaren Plasmalevel für IRI, dennoch lassen die ebenfalls in dieser Arbeit präsentierten ersten Daten zur Bioverfügbarkeit den Schluss zu, dass durch Aufnahme von NEM auf Rotkleebasis keine Konzentrationsbereiche zu erwarten sind, die von einer Substratinhibition beeinflusst werden.

Anhand der vorliegenden Ergebnisse zeigt sich noch ein weiteres methodisches Problem bei der Ermittlung und Auswertung enzymkinetischer Daten. Die gängigen Modelle zur Berechnung können nur unzureichend eine Umsetzung beschreiben, bei der aus einem Substrat zwei verschiedene Produkte entstehen. Für die drei Fälle, in denen genau ein Produkt entsteht (UGTs 1A7, 1A9 und 1A10), sind die Daten eindeutiger auswertbar und liegen für alle angewendeten Verfahren dicht beisammen. Dabei ist es unerheblich, in welcher Position IRI glucuronidiert wird. Dies legt den Schluss nahe, dass auch eine

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gegenseitige Beeinflussung bei der Bildung von zwei Produkten in der gleichen Inkubation stattfindet.

Die Tatsache, dass UGT 1A1 und 1A8 erst ab relativ hohen IRI-Konzentrationen das C-4´ konjugierte Produkt bilden, zeigt sehr gut, dass ein Ignorieren der atypischen Kinetik in diesen Fällen zu falschen Ergebnissen führt. Zwingt man die Daten in eine lineare Lineweaver-Burk-Darstellung, sind durchaus die enzymkinetischen Parameter km und Vmax abzulesen. Sie stehen dann aber im deutlichen Widerspruch zu der realen Situation, denn die Substrataffinität für die Bildung des C-4´-Glucuronids ist rechnerisch höher als für das C-5-Glucuronid. Wäre das zutreffend, ist ein dominierendes Auftreten des C-5-Glucuronids schon bei geringer Substratkonzentration theoretisch nicht möglich. Ein vergleichbarer km-Wert kann für diese Autoaktivierungskinetik aufgrund des abweichenden Kurvenverlaufs nicht berechnet werden.

Interessant ist auch die unterschiedliche Intensität, mit welcher die SLM gegenüber HLM und RLM die beiden Glucuronide bilden. Hier wird deutlich, wie wenig vergleichbar Säugerspezies untereinander sind – selbst RLM, die häufig als in vitro Modell auch für den humanen Metabolismus Verwendung finden, weichen in den enzymkinetischen Parametern um den Faktor zwei von den erhaltenen Daten für HLM ab. Legt man die Erkenntnisse aus dem Übersichtsartikel von King und Mitarbeitern (King et al., 2000) zugrunde, wurden im Verlauf der Untersuchungen zum konjugativen Phase-II-Metabolismus hier alle relevanten UGTs auf ihre Aktivität gegenüber IRI überprüft. Damit sollte die Bildung des C-4´-Glucuronids durch HLM nahezu ausschließlich auf das UGT 1A1 zurückzuführen sein, da 1A10 nur extrahepatisch gebildet wird (Tukey and Strassburg, 2000) und die weiteren UGTs die Bildung dieses Konjugates nicht katalysieren. Ein humanes Isoenzym, das überwiegend das C-4´-Glucuronid bildet, konnte nicht gefunden werden. Damit lässt die dominierende Bildung dieses Produktes durch SLM nur zwei mögliche Schlussfolgerungen zu: entweder weist die Enzymausstattung von Schweinen eine ganz grundlegend unterschiedliche Aktivitäts- und

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Affinitätsverteilung gegenüber IRI auf oder hier sind zusätzliche UGT-Enzyme vorhanden, die im Zuge dieser Studie nicht betrachtet wurden. Eine detaillierte Gegenüberstellung der Enzymausstattungen von Schwein und Mensch, die diese Frage beantwortet, ist jedoch nicht publiziert. In jedem Fall zeigt dieses Ergebnis aber, dass SLM als in vitro Modell für die Simulation des Phase-II-Metabolismus im Menschen ungeeignet sind.

Dass UGTs, insbesondere UGT 1A1, der Ratte und des Menschen Ähnlichkeiten in der Substratspezifität aufweisen, zeigen King et al. (King et al., 1996), die Glucuronidierungen mit verschiedenen Substraten aus den Substanzklassen der Estrogene, Flavonoide und anderer Verbindungen durchgeführt haben. UGT 1A1 beider Spezies zeigte auch eine ähnliche enzymatische Aktivität in Bezug auf die untersuchten Komponenten. Dies steht in guter Übereinstimmung mit den eigenen Ergebnissen, die eine gute Vergleichbarkeit von RLM und HLM zeigen.

Geringe Unterschiede sind indes immer zu erwarten und finden sich auch innerhalb einer Spezies, da die Enzymausstattung sowohl genetisch wie auch durch die individuellen Lebensumstände beeinflusst ist.

Von Bedeutung für eine Vorhersage der in vivo Metabolisierung von Xenobiotika ist vor allem die Clint sowie der Ort, an dem sich die entsprechenden Enzyme befinden. Für den Metabolismus von IRI lässt sich anhand der erhaltenen Ergebnisse davon ausgehen, dass eine größere Menge an aufgenommenen IRI direkt nach Resorption im Dünndarm durch die dort verorteten intestinalen Enzyme UGT 1A1 und 1A8 glucuronidiert wird. Generell sollte eine gute Konjugierbarkeit des IRI auch ohne vorgeschalteten Phase-I-Metabolismus vorliegen. Dies ist für die Soja-IF bereits grundsätzlich bekannt (Doerge et al., 2000; Shelnutt et al., 2002; Zhang et al., 2003). Daten zur Umsetzung von DAI oder GEN mit rekombinanten humanen UGTs liegen aber nicht vor, so dass ein direkter Vergleich mit den eigenen Ergebnissen nicht möglich ist.

Insbesondere Wang et al. zeigen aber auf, dass keine gute Vergleichbarkeit von mikrosomalen in vitro Modellen mit der tatsächlichen

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Ausscheidung von IF gegeben ist, da vor allem aktive Transportvorgänge außer Acht gelassen werden. Dennoch sind wertvolle Ergebnisse aus in vitro Untersuchungen abzuleiten (Wang et al., 2006).

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