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5. Diskussion

5.3. Proteinbindestellen im MCM4-Genpromoter

Bedingt durch den hohen GC-Gehalt (63%) der intergenischen Region zwischen dem MCM4- und dem PRKDC-Gen besitzen beide Promotoren potenzielle Bindestellen für den ubiquitären Transkriptionsfaktor Sp1 (siehe 5.3.). Durch DNase-I-Schutz-Experimente wurden im MCM4-Promoter drei geschützte Bereiche identifiziert (fp1, fp3 und fp4), welche Homologien zur Konsensussequenz

G/T

G/AGGCG/T G/A

G/A

G/T von Sp1 (Kadonaga et al., 1986) aufweisen. Vergleichende Analysen mit Daten der von Connelly et al. (1998) durchgeführten Transfektions-studien zeigen, dass die fp3- und fp4-Regionen essenziell für die MCM4-Genexpression in HeLa Zellen sind. Somit scheint die Proteinbindung von Sp1 an die entsprechenden Binderegionen eine funktionelle Bedeutung für die konstitutive Expression des MCM4-Gens in proliferierenden Zellen zu haben.

Das humane Sp1-Protein besteht aus 778 aa und kann sowohl phosphoryliert (Jackson et al., 1990) als auch glykosyliert (Jackson & Tjian, 1988) werden. Das Protein interagiert mit sich selbst, wodurch multimere Komplexe entstehen (Mastrangelo et al., 1991; Pascal & Tjian, 1991; Su et al., 1991). Weiterhin konnten Interaktionen mit verschiedenen Kernproteinen nachgewiesen werden, wie z.B.

dem TATA-Bindeprotein (TBP) (Emili et al., 1994) oder regulatorischen Zellzyklus-Proteinen, wie dem zur RB-Familie gehörenden p107 (Datta et al., 1995) oder dem Transkriptionsfaktor E2F (Karlseder et al., 1996; Lin et al., 1996) (siehe 1.1.). Sp1 ist ein Transkriptionsaktivator, der zudem den unmethylierten Status von CpG-Dinukleotiden im 5’-Bereich von Haushaltsgenen aufrecht erhält, indem er den Angriff von Methyltransferasen verhindert (Brandeis et al., 1994; Macleod et al., 1994). Dies ist eine wichtige Voraussetzung für Transkriptionsereignisse, da die Methylierung von CpG-Dinukleotiden als ein Mechanismus der transkriptionellen Repression bei der Entwicklung von Vertebraten gilt (Übersichtsartikel Bird et al., 1995).

Sp1 bildet mit drei weiteren Faktoren (Sp2, Sp3 und Sp4) eine Proteinfamilie (Übersichtsartikel Suske, 1999). Diese Proteine besitzen eine charakteristische Domänenstruktur mit zwei Glutamin-reichen transaktivierenden Domänen und drei C-terminalen C2-H2-Zinkfingermotiven, über welche die DNA-Bindung der Fakto-ren vermittelt wird. Sp1, Sp3 und Sp4 sind in diesem Bereich hochkonserviert und erkennen deshalb die Sp1-Konsensussequenz mit identischer Affinität (Hagen et al., 1992, 1994). Während Sp1 (Courey & Tjian, 1988; Pascal & Tjian; 1991) und Sp4 (Hagen et al., 1994, 1995) ausschließlich als transkriptionelle Aktivatoren agieren, scheint Sp3 zudem einen reprimierenden Effekt auf Sp1-vermittelte Transkriptionsereignisse auszuüben (Birnbaum et al., 1995; Dennig et al., 1996;

Hagen et al., 1994). Die Funktionen von Sp2 sind bisher unbekannt (Übersichts-artikel Suske, 1999). Sp3 ist wie Sp1 ubiquitär vorhanden, wohingegen die

Expression von Sp4 auf wenige Gewebetypen beschränkt ist und vorzugsweise in neuronalen Zelllinien exprimiert wird (Hagen et al., 1992; Supp et al., 1996). Man geht davon aus, dass Sp1 und Sp3 in vivo um identische Bindestellen kompetieren und die durch Sp1 und Sp3 vermittelte transkriptionelle Aktivierung über die Proteinkonzentration der beiden Faktoren reguliert wird. Hinweise darauf geben verschiedene Untersuchungen, die zeigen, dass sich die Mengenver-hältnisse von Sp1 und Sp3 in Abhängigkeit vom physiologischen Zustand der Zellen drastisch verändern (Apt et al., 1996; Discher et al., 1998; Hata et al., 1998;

Prowse et al., 1997; Ye et al., 1996). In primären Keratinozyten liegt beispielsweise mehr Sp3 als Sp1 vor. Bei einer Calzium-abhängigen in vitro Differenzierung der Zellen invertiert sich dieses Verhältnis, was vermutlich zu einer Veränderung der Transkription von verschiedenen Genen führt (Apt et al., 1996). Dies ist ein wichtiger Aspekt in Hinblick auf die MCM4-Genexpression während der Differenzie-rung von HL-60 Zellen. Möglicherweise kann die damit einhergehende Reprimie-rung der Expression durch eine modulierte Bindung von Sp1 oder Sp3 erfolgen.

Der Befund, dass Sp1 und Sp3 identische DNA-Bindungseigenschaften besitzen (Hagen et al., 1994), könnte erklären, dass keine Veränderungen der DNase-I-geschützten Bereiche fp3 und fp4 im MCM4-Promoter vor oder nach der Differenzierung der Zellen nachgewiesen werden konnten (siehe Abb. 4.12).

Neben den DNase-I-geschützten Regionen fp3 und fp4 wurde im MCM4-Promoter eine weitere Proteinbindestelle (fp2) identifiziert, die nach den von Connelly et al.

(1998) durchgeführten Transfektionsstudien von regulatorischer Bedeutung für die MCM4-Expression ist. Diese Binderegion entspricht der Konsensussequenz (GCCN3GGC) des Transkriptionsfaktors AP2 (Mitchell et al., 1987). AP2 bildet eine Proteinfamilie, die sich aus AP2-α, AP2-β und AP2-γ zusammensetzt. Entspre-chend der palindromischen Konsensussequenz binden die drei Proteine als Homo- oder Heterodimere an DNA (Übersichtsartikel Hilger-Eversheim et al., 2000). Die Dimerisierung wird über eine hochkonservierte C-terminale Helix-span-Helix-Domäne vermittelt, der sich ein basisches DNA-Bindemotiv anschließt (Williams & Tjian, 1991a, b). Im N-Terminus der Proteine befindet sich eine weniger konservierte Prolin-reiche Transaktivierungsdomäne (Williams & Tjian, 1991a).

Wie Sp1 liegt AP2 in hohen Konzentrationen im Kern von HeLa Zellen vor (Williams et al., 1988) und könnte somit wichtig für die MCM4-Genexpression sein. Im Gegensatz zu Sp1 scheint die Expression von AP2 vorzugsweise auf Zelllinien beschränkt zu sein, die ektodermalen Urprungs sind (Byrne et al., 1994; Creaser et al., 1996; Meier et al., 1995; Mitchell et al., 1991). Ektodermale Gewebe sind beispielsweise das zentrale und das periphere Nervensystem oder auch die Epidermis. Die promyeloide Zelllinie HL60 ist mesodermalen Ursprungs, da sie von hämatopoetischen Stammzellen abstammt, die Vorläufer der Lympho- oder

Myelopoese sind. Dies könnte möglicherweise eine Erklärung für die unterschiedliche Protektierung der DNase-I-geschützten Region fp2 sein, wenn Extrakte aus HeLa - oder HL60 Zellen verwendet werden (siehe Abb. 4.12).

Entsprechend der Gewebe-spezifischen Expression hat AP2 eine wichtige Funktion bei der Entwicklung von Säugern (Byrne et al., 1994; Zhang et al., 1996).

Diese Funktionen werden über externe Signale reguliert, die im Verlauf der Embryogenese auftreten (Williams & Tjian, 1991b). Weitere Untersuchungen deuten darauf hin, dass AP2 als Tumorsuppressor agiert, da dieser Faktor bei der Regulation der Expression von verschiedenen wichtigen Zellzyklus-Genen beteiligt ist. So wird beispielsweise bei der Differenzierung von K562-Zellen (‘human leukaemia cells’) durch Phorbol-Ester (TPA) der Promoter des CDK-Inhibitors p21cip1 (siehe 1.1.) AP2-abhängig aktiviert (Zeng et al., 1997), was zu einer Hemmung der Proliferation der Zellen führt (el-Deiry et al., 1995; Michieli et al., 1994). Zudem ist AP2 ein negativer Regulator von myc (Gaubatz et al., 1995). c-myc bindet und transaktiviert die Expression von Genen über E-Box Elemente, die eine zentrale CAGG/ATG Sequenz enthalten. Ein solches Gen ist beispielsweise Cyclin D2, dessen Expression c-myc-abhängig über ein kombiniertes E-Box/AP2 Promoterelement in der frühen G1-Phase aktiviert wird (Bouchard et al., 1999). In Abhängigkeit von den Konzentrationen der beiden Faktoren kompetieren sowohl c-myc als auch AP2 um diese Bindestelle. Bei einem Überschuss von AP2 wird die Expression von Cyclin D2 reprimiert, was wiederum Auswirkungen auf die Zellpro-liferation hat (Hilger-Eversheim et al., 2000).

Zusammenfassend spielt AP2 sowohl bei der Embryonalentwicklung als auch bei der Kontrolle der Zellproliferation eine wichtige Rolle. Jedoch geben die bisher publizierten Daten keinen unmittelbaren Hinweis darauf, dass AP2 für die gestei-gerte MCM4-Genexpression von Zellen verantwortlich ist, wenn diese von der G0-in den proliferativen Status der G1-Phase übergehen (Leone et al., 1998; Ohtani et al., 1999; Tsuruga et al., 1997a,b). Diese Funktion könnte über das in der MCM4-Promoterregion identifizierte palindromische E2F-Motiv vermittelt werden.

5.4. E2F als möglicher Regulator für die Zellzyklus-abhängige Expression des MCM4-Gens.

Der Transkriptionsfaktor E2F spielt eine zentrale Rolle bei der Einleitung der S-Phase in Säugerzellen, indem er die Transkription von Genen reguliert, die für den Zellzyklus essenziell sind (siehe 1.1.).

E2F bildet Heterodimere bestehend aus Mitgliedern der E2F- und der DP-Proteinfamilie. Bisher wurden in Säugern sechs Mitglieder der E2F-Familie (E2F1 bis E2F6) und zwei Mitglieder der DP-Familie (DP1 und DP2) identifiziert

(Übersichtsartikel Black & Azizkhan-Clifford, 1999) (siehe Abb. 5.2.). Alle sechs E2F-Proteine besitzen N-terminal eine basische Helix-loop-Helix DNA-Bindedomäne, welche die Konsensussequenz TTTC/G

C/GCGG erkennt. Die Bindung wird verstärkt, wenn diese Sequenz zweifach invertiert und überlappend als Palindrom vorliegt (Wade et al., 1995). C-terminal der DNA-Bindedomäne befindet sich eine hochkonservierte Dimerisierungsdomäne mit einem Leucin-Zipper Motiv (Helin et al., 1993). Außer E2F6 besitzen alle Familienmitglieder eine C-terminale Transaktivierungsdomäne, die unter anderem für Interaktionen mit Mitgliedern der pRB-Familie (pRb, p107, p130) verantwortlich ist (Shan et al., 1992). E2F1-3 unterscheiden sich von E2F4-5 durch eine N-terminal gelegene Domäne, an die Cyclin A binden kann (Xu et al., 1994). Da E2F6 keine Transaktivierungsdomäne besitzt, kann E2F6 nicht mit pRB-Proteinen interagieren, was sich reprimierend auf E2F-abhängige Transkriptionsereignisse auswirkt (Gaubatz et al., 1998; Morkel et al., 1997; Trimarchi et al., 1998).

E2F-1 E2F-2 E2F-3 E2F-4 E2F-5 E2F-6 DP1 DP2

Cyclin A Bindung

DNA

Bindung Dimerisierung'Marked box'TransaktivierungInteraktion mit RB-Proteinen

alternatives Spleissen

437

410

413 437 465

346 281

446

Abb. 5.2 Struktur der humanen E2F-Transkriptionsfaktoren (nach Black & Azizkhan-Clifford, 1999).

Die transkriptionelle Aktivität von E2F ist Zellzyklus-abhängig reguliert. In ruhenden Zellen (G0) wird diese durch die Interaktion mit hypophosphorylierten Mitgliedern der pRB-Proteinfamilie (pRb, p107, p130) reprimiert (Übersichtsartikel Dyson, 1998). Dabei bindet pRb bevorzugt an E2F1, E2F2 und E2F3 (Lees et al., 1993), p107 an E2F4 und p300 an E2F4 und E2F5 (Beijersbergen et al., 1994; Vairo et al., 1995). Die pRB-E2F Bindung wird durch eine cdk2/Cyclin D- oder cdk2/Cyclin E-abhängige Phosphorylierung der pRB-Proteine aufgehoben, was zur Expression

von E2F-abhängigen Genen in der späten G1-Phase führt (Chellappan et al., 1991;

Dyson, 1998; Übersichtsartikel Weinberg, 1995). Beim Austritt aus der S-Phase geht die Expression der E2F-abhängigen Gene zurück, was mit einer Inaktivierung von E2F einhergeht. Dabei wird die E2F1/DP1-DNA-Bindung durch eine cdk2/Cyclin A-abhängige Phosphorylierung von E2F1 und DP1 inhibiert (Krek et al., 1994, 1995; Dynlacht et al., 1997). Freies E2F wird Ubiquitin-abhängig i m Proteasom abgebaut (Campanero et al., 1997; Hateboer et al., 1996; Hofman et al., 1996).

Gene, die E2F-abhängig transkribiert werden, können prinzipiell in drei Gruppen eingeteilt werden (Übersichtsartikel Ohtani, 1999): Eine Gruppe von Genen sind regulatorische Zellzyklus-Proteine wie E2F1, E2F2, Cyclin D1, D2, E und A, cdk1, pRb und p107 sowie Proteine der c-myc-Proteinfamilie. Eine weitere Gruppe von E2F-abhängigen Genen codieren für Proteine, die direkte enzymatische Funktionen bei der Synthese besitzen, wie die Dihydrofolat-Reduktase (DHFR), die DNA-Polymerase α, PCNA, die Thymidin-Kinase oder die Ribonukleotid-Reduktase. Die dritte Gruppe wurde im Entstehungszeitraum dieser Arbeit (1996 - 1999) identifiziert und umfaßt Proteine, die regulatorisch auf die DNA-Replikation wirken, wie hOrc1p (Ohtani et al.,1996), hCdc6p (Hateboer et al., 1998; Leone et al., 1998;

Ohtani et al., 1998; Williams et al., 1997; Yan et al., 1998), hCdc45p (Saha et al., 1998) sowie hMcm5p (Ohtani et al., 1999; Tsuruga et al., 1997a), hMcm6p (Ohtani et al., 1999; Tsuruga et al., 1997b) und hMcm7p (Suzuki et al., 1998).

Für die sechs humanen MCM-Proteine wurde ein drastischer Anstieg der mRNA Mengen nachgewiesen, wenn primäre Fibroblasten durch Serumzugabe von der G0-Phase in die G1-Phase entlassen werden (Leone et al., 1998; Tsuruga et al., 1997). Durch eine Überexpression von E2F1 in REF52 Zellen (‘rat embryonic fibroblast’), konnte die Expression aller MCM-Gene induziert werden (Leone et al., 1998; Ohtani et al., 1999). Weiterhin konnte eine periodische Zellzyklus-abhängige Expression mit einem Maximum beim G1/S-Übergang der hMCM2-, 4-, 5-, und hMCM6-Gene in HeLa Zellen nachgewiesen werden (Tsuruga et al., 1997b). In den Promotoren von hMCM5 (Tsuruga et al., 1997a), hMCM6 (Tsuruga et al., 1997b) und hMCM7 (Suzuki et al. 1998), wurden wie bei dem hMCM4-Gen E2F-Bindestellen identifiziert. Durch das humane Genom Projekt war es im Rahmen dieser Arbeit möglich, die Sequenzen der Promotoren der hMCM2- und hMCM3-Gene aus entsprechenden Datenbanken zu ermitteln und auf E2F-Bindemotive zu untersuchen. Wie in Abb. 5.3. dargestellt, enthalten alle humanen MCM-Gene in ihren Promotoren E2F-Bindemotive. Diese Sequenzanalysen unterstützen die These, dass die Expression der hMCM-Gene einheitlich über E2F reguliert wird.

MCM2 MCM3 MCM4 MCM5 MCM6

ATG

MCM7

5’ noncoding exon

+1 -100 -200 -300 -400 -500 -600 -700 -800 -900 -1000

GC-reich AT-reich E2F

Abb. 5.3 Alle Promotoren der hMCM-Gene enthalten Bindemotive für den Transkriptionsfaktor E2F.

Bei Sequenzanalysen der Promotoren wurden AT-reiche- (graue Boxen) und GC-reiche- (gestreifte Boxen) Regionen berücksichtigt. E2F-Bindemotive sind als schwarze Boxen dargestellt. Die Sequenzen der MCM2- und MCM3-Promotoren wurden über das ‘Human Genome Project’ ermittelt und besitzen die Accession No NT005673 (MCM2) und NT019428 (MCM3).Die Sequenzen der MCM4-7-Promotoren wurden von folgenden Autoren (Accession No) bestimmt: MCM5: Tsuruga et al., 1997a (AB003469); MCM6: Tsuruga et al., 1997b (D89335); MCM7: Suzuki et al., 1998 (AB004270); MCM4:

Connelly et al., 1998 (U63630), diese Arbeit (U90415).

In dieser Arbeit wurden nukleare Extrakte aus HeLa S3 Zellen verwendet, u m Interaktionen zwischen dem palindromischen E2F-Bindemotiv im MCM4-Promoter und entsprechenden Kernproteinen nachzuweisen. Obwohl gezeigt wurde, dass in den Extrakten Proteine vorhanden sind, die dieselbe Bindungsspezifität wie Proteine besitzen (Abb. 4.8), konnte bei Promoterfragmenten, die neben dem E2F-Bindemotiv auch die Proteinbinderegionen fp5 und fp6 enthalten, keine Proteinbindung an das E2F-Motiv nachgewiesen werden. Dies zeigte sich sowohl bei DNase-I- (Abb. 4.3 und 4.4) oder Benzonase-Schutz-Experimenten (Abb. 4.6), als auch bei Gel-Retardierungs-Experimenten (Abb. 4.10). Eine Erklärung wäre, dass Proteine, die an die benachbarten fp5- und fp6-Regionen binden, E2F-Proteine von ihrer Bindestelle verdrängen. Die von Connelly et al. (1998) durchgeführten Transfektionsstudien mit verkürzten Promoterkonstrukten zeigen, dass das E2F-Bindemotiv keine signifikanten Auswirkungen auf die MCM4-Promoteraktivität in asynchron proliferierenden HeLa Zellen besitzt. Vergleichbare Resultate ergeben Transfektionsstudien mit MCM6- (Tsuruga et al., 1997b) oder MCM7-Promoterkonstrukten (Suzuki et al., 1998) die in HeLa Zellen durchgeführt wurden. Dabei zeigte sich, dass die im MCM6-Promoter vorhandenen E2F-Bindemotive zwar einen Einfluss auf die Promoteraktivität besitzen, jedoch wird

diese Aktivität hauptsächlich von anderen Promoter-Elementen vermittelt (Tsuruga et al., 1997b). Auch im MCM7-Promoter scheinen die E2F-Motive nur eine sekundäre Rolle in Hinblick auf die MCM7-Genexpression in HeLa Zellen zu besitzen (Suzuki et al., 1998). Demnach scheint die Zellzyklus-abhängige Regulation der MCM-Genexpression in HeLa Zellen nur bedingt von E2F abhängig zu sein. Eine Erklärung dafür ist die Tatsache, dass es sich bei HeLa Zellen u m Cervix-Carzinom-Zellen handelt, die mit dem DNA-Tumorvirus HPV18 (‘human papillomavirus’) transformiert sind (zur Hausen, 1991). Die onkogene Eigenschaft dieses Virus beruht auf der Expression der viralen Proteine E6 und E7. Das E6 Onkoprotein ist in der Lage mit dem Tumorsuppressor p53 über eine zelluläre Ubiquitin-Ligase (E6-AP) zu interagieren, was zur Degradierung von p53 führt (Scheffner et al., 1993). Das E7 Protein hingegen bildet unter anderem mit pRb Komplexe und setzt so E2F/DP Heterodimere frei, was dann zur transkriptionellen Aktivierung von S-Phase Genen führt (Dyson et al., 1989; Münger et al., 1989;

Nevins et al., 1992). Demnach findet man in HeLa Zellen keine E2F/pRb-Komplexe, was eine Erklärung für die Daten von Tsuruga et al. (1997b), Suzuki et al. (1998), Connelly et al. (1998) und dieser Arbeit (Abb. 4.3, Abb. 4.4, Abb. 4.6, Abb.

4.10) sein könnte. Tatsächlich unterscheidet sich das Spektrum an Protein-DNA Komplexen, wenn nukleare Extrakte aus HeLa Zellen oder aus primären Fibroblasten mit dem E2F-Bindemotiv als DNA-Substrat im Gel-Retardierungs-Experiment untersucht werden. Extrakte aus primären Fibroblasten bilden mindestens zwei Protein-DNA Komplexe mehr aus als Extrakte aus HeLa Zellen (Daten nicht gezeigt). Dieser Ansatz wurde allerdings nicht weiter verfolgt, da durch die Arbeiten von Tsuruga et al. (1997a, b), Suzuki et al. (1998), Leone et al. (1998) und Ohtani et al. (1999) sowie die Untersuchungen der Promotoren der hORC1-und hCDC6-Gene eine E2F-abhängige Regulation der Zellzyklus-abhängigen MCM-Genexpression und somit auch des hMCM4-Gens als wahrscheinlich gilt.

5.5. Identifizierung einer cDNA, die für die ‘mitotic checkpoint kinase’ Bub1 codiert

Zur Identifizierung eines fp6-bindenden Proteins wurde in dieser Arbeit eine λ-Expressionsbibliothek auf eine spezifische Protein-DNA Wechselwirkung untersucht. Dabei wurde ein Phagenklon isoliert, der ein spezifisch mit der fp6-Sequenz interagierendes Fusionsprotein exprimiert (Abb. 4.14). Datenbankana-lysen ergaben, dass es sich um ein Polypeptid handelt, das den C-terminalen Aminosäuren 294 bis 1085 von hBub1p entspricht. Das BUB1-Gen wurde ursprünglich in S. cerevisiae bei Untersuchungen von Mutanten entdeckt, die sensitiv gegenüber Mikrotubuli-Antagonisten sind (Hoyt et al., 1991). Die

Bezeichnung BUB1 steht daher für ‘budding uninhibited by benzimidazole’.

ScBub1p ist eine Serin/Threonin Proteinkinase, deren Funktion essenziell für den mitotischen ‘spindle checkpoint’ in S. cerevisiae ist (Roberts et al., 1994). Dieser Kontrollmechanismus ist für die gleichmäßige Verteilung der Chromatiden durch den Spindelapparat in der Mitose notwendig. Dabei wird sowohl die Assoziation der Mikrotubuli an die Kinetochoren der Chromosomen als auch die Spannung von bereits assoziierten Mikrotubuli überwacht. Tritt ein Fehler auf, werden durch den Checkpoint Inhibitoren stabilisiert, die einen Eintritt in die mitotische Anaphase und damit eine Segregation der Chromatiden verhindern (Übersichtsartikel Clarke &

Giménez-Abián, 2000; Shah & Cleveland, 2000).

Ein Modell für höhere Eukaryoten besagt, dass Kinetochore, die nicht mit Mikrotubuli assoziiert vorliegen, spezifisch von einem Protein, dem Mad2 (mad für

‘mitotic arrest defect’; Li & Murray, 1991), erkannt werden (Waters et al., 1999).

Dadurch wird ein aktiver Checkpoint-Komplex gebildet, der sich aus Mad2 und hyperphosphoryliertem Mad1 zusammensetzt (Hardwick et al., 1996; Weiss &

Winey, 1996) Die Phosphorylierung von Mad1 ist abhängig von der Msp1 Kinase, Mad2, Bub1 und Bub3 (Hardwick et al., 1995, 1996). Der Zellzyklus wird durch Inhibition des APC (‘anaphase promoting complex’) unterbrochen. Die Verbindung zum APC wurde durch Studien in Hefe belegt, die zeigen, dass Mad2 an Cdc20, einer Komponente des APC, binden kann (Li et al., 1997; Hwang et al., 1998). Es scheint, dass durch diese Bindung möglicherweise die APC-abhängige Ubiquitinierung von APC-Substraten verhindert wird.

Das menschliche Homolog zu ScBUB1 wurde aufgrund vergleichender Sequenz-analysen identifiziert (Pangilinan et al., 1997; Taylor et al., 1998). Das Protein hBub1p wird Zellzyklus-abhängig exprimiert (Taylor et al., 2001). Beim G1/S Übergang in HeLa Zellen ist die Menge an hBub1p gering, nimmt dann während der S- und G2-Phase um das Zehnfache zu, um dann nach der Mitose in der frühen G1-Phase abgebaut zu werden. Immunfluoreszenzaufnahmen zeigen, dass hBub1p, entsprechend seiner Funktion als ‘spindle checkpoint’-Komponente, während der Mitose mit den Kinetochoren kolokalisiert (Chan et al. 1999; Sharp-Baker & Chen, 2001; Skoufias et al., 2001; Taylor et al., 1998). In Interphase-Zellen findet man hBub1p in Foci im Nukleus konzentriert, wo hBub1p mit dem Kinetochor-Antigen CREST kolokalisiert. Dies deutet darauf hin, dass hBub1p in Interphase Zellen mit den Centromeren interagiert (Ouyang et al., 1998). Eine DNA-Bindung wurde bisher weder untersucht noch nachgewiesen. Die cDNA von hBub1 wurde jedoch in dieser Arbeit über einen Versuch identifiziert, der eine Protein-DNA Bindung vorraussetzt. Es wäre von Interesse, diese ersten Hinweise auf eine DNA-Bindung durch weitere Untersuchungen zu überprüfen.

Eine Bindung von hBub1p an die AT-reiche fp6-DNA wäre aufgrund der ebenfalls AT-reichen Centromerbereiche von Chromosomen (Übersichtsartikel Sunkel &

Coelho, 1995) denkbar. Datenbankanalysen (‘Human Genome Project’) ergaben, dass das MCM4-Gen ca. 3 Mb vom Centromer auf Chromosom 8 in der Region 8q12-q13 (Diplomarbeit, 1996) lokalisiert ist und sich somit in unmittelbarer Nähe des Centromers befindet. Diese Region könnte mit der durch Floureszenzauf-nahmen ermittelten Lokalisation von hBub1p überlappen.

Ein Argument gegen eine Bindung von hBub1p an die fp6-DNA im MCM4-Promoter ist die Zellzyklus-abhängige Expression dieses Proteins (s.o.). In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass sich die Protein-DNA Komplexe von Proteinen aus Extrakten verschiedener Zellzyklus-Phasen mit der fp6-DNA im Gel-Retardierungs-Experiment nicht unterscheiden (siehe Abb. 4.9.). Zudem besitzt hBub1p ein apparentes Molekulargewicht von 122 kD (Taylor et al., 2001), was im Widerspruch zu den Resultaten der ‘South-Western’ Experimente steht, wonach ein Protein von ca. 68 kD mit der fp6-DNA interagiert (siehe Abb. 4.13). Unabhängig davon, dass dieses 68 kD Protein möglicherweise ein Abbauprodukt von hBub1p sein könnte, ist zu beachten, dass die angewendete ‘Screening’ Methode eine kritische Technik zur Identifizierung von spezifischen DNA-bindenden Faktoren ist, da Potein-DNA Interaktionen von vielleicht unvollständig gefalteten Proteinen, die zusätzlich an einen Träger gebunden sind, untersucht werden. Weiterhin wurde in dieser Arbeit nachgewiesen, dass in einer Region des MCM4-Promoters, die die fp6-DNA einschließt, eine Bindestelle für hOrc1p und hOrc2p vorliegt (siehe 5.6.). Somit ist es unwahrscheinlich, dass hBub1p an die fp6-DNA im MCM4-Promoter bindet.

Möglicherweise ist die in Abb. 4.14 gezeigte DNA-Bindung von hBub1p eher durch den hohen AT-Gehalt der fp6-DNA definiert als durch die DNA-Sequenz.

5.6. Identifizierung einer ORC-Bindestelle im MCM4-Genpromoter

Durch die Anwendung einer modifizierten in vivo Crosslinking Methode (3.2.5.6.) konnten Sequenzen identifiziert werden, die sowohl mit hOrc1p als auch mit hOrc2p assoziiert vorliegen. Eine dieser Bindestellen ist zwischen den beiden divergent transkribierten Genen MCM4 und PRKDC lokalisiert. Diese Region überlappt zudem mit einer Startstelle der DNA Replikation. Damit konnte erstmals eine Binderegion für ORC-Proteine im humanen Genom beschrieben werden.

Neben einer in D. melanogaster identifizierten ORC-Bindestelle im Chorion Gen Locus (Austin et al., 1999) ist dies die zweite identifizierte ORC-Bindestelle in Metazoen.

Crosslinking und Immunpräzipitation

Die ChIP-Technik wurde bei einer Vielzahl von Untersuchungen erfolgreich angewendet, bei welchen Protein-DNA Interaktionen in Eukaryoten analysiert wurden (Orlando, 2000). Mittels dieser Methode werden DNA-gebundene Proteine durch Formaldehyd kovalent mit der DNA und benachbarten Proteinen in vivo vernetzt. Die Protein-DNA Komplexe werden durch verschiedene Reinigungs-schritte von nicht-vernetzten Proteinen sowie Protein-freier DNA und RNA abgetrennt. Das so gereinigte Nukleoprotein wird durch Sonifizieren in Lösung gebracht und kann dann mit entsprechenden Antikörpern immunpräzipitiert werden.

Technische Aspekte

Die ChIP-Technik hat innerhalb der Arbeitsgruppe (LS Knippers) eine langjährige Tradition. Die Methode wurde 1997 von Dr. F. O. Fackelmayer und Frank Göhring etabliert und dann von Marion Ritzi während ihrer Dissertation (2000) verfeinert.

Diese Untersuchungen bildeten die Grundlage für die hier diskutierten Resultate.

In dieser Arbeit sollten mittels der ChIP-Technik neben den gefällten Proteinen vor

In dieser Arbeit sollten mittels der ChIP-Technik neben den gefällten Proteinen vor