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5. Diskussion

5.2. Die DNA-PK

Die DNA-abhängige Protein Kinase (DNA-PK) ist eine Serin/Threonin Kinase, die sowohl an der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen (DSBs) als auch an der Rekombination der V, D und J-Segmente der Immunglobulin- und T-Zell-Rezeptor-Gene bei der Entwicklung von Lymphozyten beteiligt ist (Übersichtsartikel Anderson

& Carter, 1996; Anderson & Lees-Miller, 1992; Jackson & Jeggo, 1995; Jeggo, 1998). Neuere Arbeiten zeigen, dass die DNA-PK bei verschiedenen weiteren Prozessen involviert ist, unter anderem bei der Modulierung der Chromatinstruktur sowie bei der Aufrechterhaltung von Telomerbereichen der Chromosomen (Gilley

et al., 2001; Smith & Jackson, 1999). Das Enzym besteht aus drei Untereinheiten:

Der katalytischen Untereinheit (DNA-PKcs), die mit 4127 aa ein apparentes Molekulargewicht von ca. 470 kD besitzt (Connelly et al., 1996), sowie zwei weiteren Untereinheiten mit ca. 70 und 80 kD, die mit Ku70 und Ku80 bezeichnet werden. Im Gegensatz zu der katalytischen Untereinheit sind die Ku Untereinheiten, deren Gene konstitutiv exprimiert werden, in großen Mengen im Zellkern vorhanden und binden als stabiles Heterodimer unspezifisch an DNA. Sie wurden als Autoantigene in Seren von Patienten identifiziert, die unter der Autoimmunkrankheit Polymyositis-Scleroderma leiden (Mimori et al., 1981). Die Aktivierung der DNA-PK erfolgt vermutlich über die Ku Untereinheiten. Diese binden an DSBs, wodurch die DNA-PKcs rekrutiert und deren Kinase-Aktivität stimuliert wird (Gottlieb & Jackson, 1993; Singleton et al., 1999; Smith & Jackson, 1999).

Die carboxyterminalen 400 aa der DNA-PKcs sind homolog zu Sequenzen der Phosphatidylinositol-3 (PI 3)-Kinasen (Hartley et al., 1995; Poltoratsky et al., 1995), was die DNA-PK zum Mitglied einer Familie von DNA-Reparatur- und Zellzyklus-Genen macht, die in sämtlichen Organismen vertreten sind (Carpenter & Cantley, 1996). Die DNA-PKcs scheint jedoch auf höhere Eukaryoten beschränkt zu sein:

Homologe wurden bisher in der Maus Mus musculus (Araki et al., 1997), dem Pferd Equus caballus (Shin et al., 1997) und dem Krallenfrosch X. laevis (Labhart, 1997) identifiziert, nicht aber in der Hefe S. cerevisiae oder dem Wurm Caenorhabditis elegans. Neben der DNA-PKcs ist das derzeit am meisten beachtete Mitglied der PI 3–Kinasen das ATM-Protein, das bei der humanen Krankheit Ataxia telangiecta-sia defekt ist. Die Patienten leiden unter neurodegenerativen Störungen und besitzen eine akute Prädisposition für Krebserkrankungen (Übersichtsartikel Jeggo et al., 1998; Lavin & Shiloh, 1997). ATM ist ein hochkonserviertes Protein, das eine Verbindung zwischen dem Erkennen von DNA-Schäden und dem Vermitteln von Signalen an entsprechende regulatorische Zellzyklus-Proteine darstellt (Rotman & Shiloh, 1998). Damit steht dieses Protein im Zentrum der Forschung, die einerseits zur Aufklärung von Reparaturmechanismen beiträgt, die in Folge von DNA-Schäden aktiviert werden, und andererseits ‘checkpoint’ Kon-trollmechanismen untersucht (Übersichtsartikel Durocher & Jackson, 2001).

Die Beteiligung der DNA-PK an der Reparatur von DSBs wurde bei der Untersuchung von mutierten Nagerzellen nachgewiesen. Diese Zelllinien zeigten eine Hypersensitivität gegenüber ionisierender Strahlung, nicht aber gegenüber anderen DNA-schädigenden Substanzen, wobei gezeigt wurde, dass diese Mutanten Defekte bei der Reparatur von chromosomalen DSBs besitzen (Übersichtsartikel Zdzienicka, 1995). Bei Zellfusionsexperimenten konnten diese phänotypischen Defekte durch eine Gruppe von Genen, den sogenannten XRCC Genen (X-ray cross-complementing), komplementiert werden. Weitere Untersu-chungen zeigten, dass XRCC5 mit Ku80 (Boubnov et al., 1995; Getts & Stamato,

1994), XRCC6 mit Ku70 (Gu et al., 1997) und XRCC7 mit der DNA-PKcs (Blunt et al., 1995) identisch ist.

Der Hauptmechanismus, über welchen DSBs in Säugerzellen repariert werden, ist die nichthomologe oder integrative Rekombination (NHEJ für ‘non-homologues end-joining’). Unabhängig von Reparaturereignissen ist dieser Mechanismus für die Bildung von Immunglobulinen bei der Reifung von B- oder T-Lymphozyten verantwortlich. So sind ‘knockout’-Mäuse, die keine funktionelle DNA-PKcs besitzen sensitiv gegenüber ionisierender Strahlung und zudem nicht in der Lage Immunglobuline zu bilden, da sie keine korrekte V(D)J-Rekombination durchführen können. Dieser Phänotyp wird deshalb als SCID (‘severe combined immuno-deficiency’) (Bosma & Carroll, 1991) bezeichnet.

Obwohl die DNA-PK vor über 10 Jahren entdeckt wurde, sind ihre physiologischen Substrate noch weitgehend unbekannt. Zu den zahlreichen in vitro Substraten der DNA-PK gehören unter anderen auch Transkriptionsfaktoren wie das p53 (Lees-Miller et al., 1990, 1992; Shieh et al., 1997; Woo et al., 1998), die große Untereinheit der RNA-Polymerase II, die 34 kD Untereinheit des Replikationspro-teins RPA (Brush et al., 1994), die Ku Untereinheiten (Chan & Lees-Miller, 1996) sowie zahlreiche Chromatin-Komponenten (Übersichtsartikel Anderson & Lees-Miller, 1992). Allerdings ist es umstritten, ob diese Proteine auch in vivo DNA-PK-abhängig phosphoryliert werden (Rathmell et al., 1997; Burma et al., 1999). Andere potenzielle Substrate sind Faktoren, die bei der nichthomologen Rekombination beteiligt sind. Ein Beispiel ist das Phosphoprotein XRCC4, ein Cofaktor der DNA Ligase IV, die entscheidende Funktionen bei dem NHEJ einnimmt (Critchlow et al., 1997; Leber et al., 1998). Zudem scheint sich die katalytische Untereinheit der DNA-PK über Autophosphorylierung selbst zu regulieren (Chan & Lees-Miller, 1996).

Übereinstimmend mit der wichtigen Funktion dieses Enzyms bei der Reparatur von DSBs ist die DNA-PK in hohen Mengen im Kern von HeLa Zellen vorhanden und bildet ca. 1% des gesamten Kernproteins. Diese Konzentration scheint unabhängig von DNA-schädigenden Einflüssen zu bestehen (Lee et al., 1997).

Obwohl die DNA-PK-Proteinmenge während des Zellzyklus gleich bleibt, scheint die DNA-PK-Aktivität zu variieren und Maxima während der G1-, der frühen S-Phase und der G2-Phase zu haben (Lee et al., 1997). Allerdings besitzen Nager ein weitaus geringeres Niveau an PKcs- und Ku-Proteinmengen sowie an DNA-PK-Aktivität als Primatenzellen (Anderson & Lees-Miller, 1992; Finnie et al., 1995).

Tatsächlich scheinen die DNA-PK-Proteinmengen mit der Lebensdauer der jeweiligen Spezies übereinzustimmen. Vermutlich stellen die erhöhten DNA-PK-Konzentrationen einen Mechanismus dar, der die genomische Stabilität bei Organismen, die eine größere Lebenserwartung besitzen, aufrechterhält (Über-sichtsartikel Smith & Jackson, 1999).