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I Patienten und Methoden

Im Dokument I Memory Clinics I Diagnose (Seite 59-65)

Patienten. Für die Beobachtung der Patienten konnten die Kontroll- termine zwischen Aufnahme- und Abschlußuntersuchung während ei­

ner dreimonatigen Behandlung frei gewählt werden. Sowohl die genaue Dosierung von Legalon® 140 (Trok- kenextrakt aus Mariendistel-Früch­

ten entspr. 140mg Silymarin mit mindestens 60mg Silibinin) als auch Begleiterkrankungen und -therapie wurden von den teilnehmenden Ärz­

ten exakt dokumentiert (Dokumen­

tationsbögen). Im Verlauf wurde je­

de Dosierungsänderung erfaßt.

Während der Behandlung wurden zu jedem Besuchstermin die

subjekti-Z. Allg. Med. 1998; 74: 577 - 584. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1998

Legalon® 140 , Hersteller MADAUS AG, Köln

ZSA. 577

THERAPIESTUDIE

Tabelle 1: Demographische Daten

PARAMETER

Geschlecht Nl%

- männlich 646 / 64,8

-weiblich 351/35,2

- (ohne Angabe) 1/0,1

Alter, Größe, Gewicht Mittelw. + SD

-Alter (Jahre) 55,1 ±12,23

- Größe (cm) 170,818,56

- Gewicht (kg) 77,1 ± 14,22

Ursache der Lebererkrankung * Nl%

- Alkohol 613/61,4

-Viren (B und C) 119/11,9

- Medikamente 75 / 7,5

- Chemische Arbeitsstoffe 16/1,6

- Unbekannt 213/21,3

* Mehrfachnennungen möglich

ven Beschwerden neu bewertet und unerwünschte Ereignisse erfragt.

Am Abschlußtag wurde zusätzlich ei­

ne Therapiebeurteilung von Wirk­

samkeit und Verträglichkeit erho­

ben. Zudem wurden diverse Labor­

parameter (GOT, GPT, Gamma-GT, Bi­

lirubin, MCV und AP) und die PllINP- Werte im Serum erfaßt. Für die Do­

kumentation der unerwüschten Er­

eignisse standen für die Patienten UE-Erfassungsbögen zur Verfügung.

Beschwerdeskala. Die in der vor­

liegenden Untersuchung benutzte Beschwerdeskala erfaßt die klinische Symptomatik chronischer Leberer­

krankungen. Sie setzt sich aus den folgenden neun Items zusammen:

Übelkeit, Aufstoßen, Völlegefühl, Flatulenz, Oberbauchdruck, Inappe- tenz, Müdigkeit, Juckreiz und ver­

minderte Leistungsfähigkeit. Die Ausprägung der Symptome bei Be­

ginn der Behandlung, zu den Kon- trolluntersuchungen und am Ende der Behandlungsphase wurde an­

hand eines Bewertungsschemas mit Vier-Punkte-Einteilung beschrieben, die zwischen »nicht vorhanden«,

»leicht«, »mäßig« und »stark« diffe­

renzierte.

Auswertung. Die Eingabe aller Da­

tenbogeneinträge erfolgte computer­

gestützt nach GCP (Good Clinical

Practice). Eine Verträglichkeits- und Wirksamkeitsanalyse war für alle als plausibel erachteten Daten vorgese­

hen, bei denen neben dem Eingangs­

befund wenigstens eine weitere Un­

tersuchung dokumentiert war. Für die Auswertung wurde der jeweils zu­

letzt eingetragene Wert berücksich­

tigt. Dadurch wurde neben einer ma­

ximalen Stichprobengröße die Ein­

beziehung der Abbrecher erreicht.

Die erhobenen Daten und Befunde wurden mittels deskriptiver statisti­

scher Verfahren ausgewertet.

I Ergebnisse

Demographische Daten. Von den durch 283 Ärzte aus der gesamten Bundesrepublik Deutschland über­

mittelten 998 Dokumentationsbö­

gen konnten die Daten von allen Pa­

tienten für die statistische Auswer­

tung herangezogen werden: Im Ge­

samtkollektiv waren 64,8% Männer und 35,2% Frauen. Das Durch­

schnittsalter der Patienten betrug 55 Jahre, über ein Drittel gehörte der Al­

tersgruppe der über 60jährigen an.

Die über Ultraschall (n = 843), Biop­

sie (n = 218) und klinische Parameter (n = 891) (keine Angabe n = 63) dia­

gnostisch gesicherte chronische Le­

bererkrankung bestand bei 891 Pati­

enten seit mindestens fünf Jahren.

Eine Fettleber war bei 47% aller Pati­

enten diagnostiziert worden, eine Fettleberhepatitis bei 20%, eine Le­

berzirrhose bei 33%. Als Auslöser wa­

ren neben Alkohol, Viren (B und C) und Medikamenten auch chemische Arbeitsstofife angegeben. Die Ursa­

che war bei 21% unbekannt. Die wichtigsten demographisch-anam- nestischen Daten sind in Tabelle 1 zu­

sammengefaßt.

Begleiterkrankungen und -medi- kation. Bei 36,6% aller Patienten lag neben der Basisindikation keine wei­

tere Erkrankung vor, bei allen ande­

ren fanden sich eine oder mehrere Begleiterkrankungen. Etwa die Hälf­

te aller Patienten waren von Krank­

heiten des Kreislaufsystems betrof­

fen, gefolgt von Endokrinopathien oder Stoflfwechselstörungen. Die Be­

gleiterkrankungen wurden bei ins­

gesamt 59,5% aller Patienten mit ei­

ner oder mehreren Begleittherapien behandelt; Koronar- und Blutdruck­

medikamente sowie Antidiabetika wurden neben Gicht- und Schmerz­

mitteln am häufigsten dokumen­

tiert. ln dieser Zusatztherapie waren auch einige Lebertherapeutika (n = 22 / 2,2%: z.B. Ornithinaspartat, Lac­

tulose) enthalten.

Die mittlere Beobachtungsdauer entsprach mit 107 Tagen weitgehend der vorgesehenen Therapiephase

Abbildung 1: Veränderung des Cesamt-Summenscores während der dreimonatigen Silymarin-Behandlung (N = 438)

27

1. Kontrolle 2. Kontrolle Abschluß­

untersuchung Alle 9 Befindlichkeits-Items wurden nach dem vierstufigen Bewertungsschema:

»1 “ nicht vorhanden. 2 = leicht, 3 = mäßig und 4 - stark« eingestuft und addiert.

578 ZFA

THERAPIESTUDIE

Abbildung 2: Veränderung der Einzelsymptome nach dreimonatiger Silymarin- Behandlung {N = 978)

I I vorher Hfl nachher

illiiillii

stark

mäßig

leicht

vorhanden

jS' 0<f

Alle Symptome wurden nach dem vierstufigen Bewertungsschema:

'0-1 ” nicht vorhanden, 1 -2 • leicht, 2-3 “ mäßig und 3-4 - stark" eingestuft.

von drei Monaten. Die Hälfte aller Pa­

tienten nahm zu Beginn der Anwen­

dungsbeobachtung täglich dreimal eine Kapsel Legalon® 140 ein. Weite­

re 38% begannen mit zweimal einer Kapsel täglich und 9% mit einmal ei­

ner Kapsel pro Tag. Im Verlauf der Be­

obachtung hielten die meisten Pati­

enten (83%) die initial gewählte Ta­

gesdosierung bei, so daß es nicht sehr häufig zu Dosierungsverände­

rungen kam (16% Dosisreduktion, 1%

Dosiserhöhung).

Wirksamkeit

Befindlichkeit. Die initiale Sym­

ptomatik der Patienten verbesserte sich im Behandlungszeitraum.

Nimmt man alle Bewertungen der Einzelsymptome zusammen und formt daraus einen Gesamtwert über alle Beschwerden, läßt sich das Er­

gebnis repräsentativ anhand von 438 Patienten betrachten, für die zu al­

len Kontrollzeitpunkten die Befind­

lichkeit dokumentiert worden war.

Der Gesamt-Summenscore nahm

Abbildung 3: Anteil der Patienten mit Ausgangswerten über der Norm, die bei der Kontroll- Untersuchung Werte im Normbereich aufwiesen

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%

Bilirubin (N - 240)

GPT (N = 564) Alk. Phosphatase

(N = 272) COT (N = 521)

MCV (N = 295) Camma-CT

(N = 788)

bei der jeweils letzten Kontrolle iNorm I I >Norm

von anfangs 20,1 Punkten bis zur letzten Kontrolluntersuchung auf 13,9 Punkte ab (Abb. 1). Gerade die Leitsymptome Müdigkeit, vermin­

derte Leistungsfähigkeit, Ober­

bauchdruck, aber auch Flatulenz und Völlegefühl wurden von den Patien­

ten am häufigsten beklagt (Abb. 2).

Am Ende der Behandlungsphase wa­

ren viele Patienten von ihrer Sym­

ptomatik befreit so z.B. von Übelkeit, Inappetenz und Juckreiz. Ebenfalls hohe Besserungsraten wurden bei den Beschwerden verminderte Lei­

stungsfähigkeit, Müdigkeit und Oberbauchdruck beobachtet. Dabei profitierten die Patienten mit höhe­

ren Ausgangswerten besonders von der Therapie. Dieser Eindruck korre­

lierte mit der Beurteilung von Le­

bergröße und -konsistenz, die sich bei ca. einem Drittel aller Patienten besserten. Je nach Einzelsymptom verschlechterten sich zwischen 3,2%

und 5,5% aller betroffenen Patienten in ihrer Befindlichkeit. Hier waren Aufstoßen mit 5,5% und Inappetenz mit 5,0% die am häufigsten genann­

ten Beschwerden.

Eine günstige Beeinflussung der Laborparameter als Ausdruck für ei­

ne Verbesserung der Leberfunktion zeigte sich vor allem bei den Serum­

werten für GOT, GPT, AP, und Biliru­

bin. Der Anteil der Patienten mit Nor­

malwerten erhöhte sich bei allen Pa­

rametern. Dabei stieg der Anteil der Patienten mit Normalwerten bei den Leberenzymen GOT, GPT und AP um mehr als ein Viertel: bei Bilirubin stieg dieser Anteil bei der letzten Kontrolle sogar um über 40% (Abb. 3).

Der PIIINP-Wert. Das aminotermi- nale Prokollagen III Peptid (PIIINP, Referenzbereich im Serum: 0,3-0,8 E/ml) als Marker der Fibrogenese wurde bei 792 Patienten vor Thera­

piebeginn sowie bei der letzten Kon­

trolluntersuchung gemessen. Dabei zeigten fast zwei Drittel aller Patien­

ten bereits zu Beginn der Behand­

lung Normalwerte (65,3%). Im Ge­

samtkollektiv sank daher der mittle­

re Wert (0,87 E/ml) nur geringfügig um 0,02 E/ml.

ZBA. 579

THERAPIESTUDIE

Abbildung 4: PIIINP-Werte vor und nach dreimonatiger Silymarin-Behandlung bei Patienten mit erhöhten und stark erhöhten Ausgangswerten (N = 275)

3.0

2.5

2.0

vorher nachher

0*8

Referenz

Erhöhte Ausgangswerte 0.8-1.5E/ml(N = 217)

Deshalb wurde die Beeinflussung des PIIINP-Wertes bei Patienten mit erhöhten Ausgangswerten gesondert analysiert. Hierzu wurde zwischen zwei Kollektiven unterschieden: Pa­

tienten mit Werten größer als 0.8 bis 1.5 E/ml bildeten die erste und Pati­

enten mit Werten größer als 1.5 E/ml die zweite Gruppe. Bei nahezu allen Patienten mit Ausgangswerten über der Norm zeigte sich eine teils deut­

liche Reduktion der PIIINP-Werte. In der ersten Gruppe (>0.8 bis 1.5 E/ml) fiel das PIIINP im Mittel um 0,10 E/ml von 1,09 auf 0,99 E/ml. Dieser Abfall war umso größer, je höher der Aus­

gangswert lag. Bei 40% dieser Patien­

ten wurde der PIIINP-Wert bei der Kontrolluntersuchung im Normal­

bereich gemessen. Der mittlere PIIINP-Wert der zweiten Gruppe (>1,5 E/ml) lag vor Therapiebeginn bei 2,24 E/ml und bei der Kontroll­

untersuchung um 0,51 E/ml niedri­

ger bei 1,73 E/ml (Abb. 4). In dieser Pa­

tientengruppe erreichte der Wert nach dreimonatiger Behandlung bei 19% der Patienten den Normalbe­

reich. Eine Verschlechterung des PIIINP-Wertes erfuhren dagegen über alle Gruppen hinweg nur 14%

der 792 Patienten.

Unter Berücksichtigung der Dia­

gnosen wurden für die weitere Be­

urteilung des PIIINP-Wertes

Sub-Stark erhöhte Ausgangswerte

> 1.5 E/ml (N = 58)

gruppenanalysen durchgefuhrt. So zeigte sich bei 47% der Patienten mit Fettleber (n = 86), bei 41% der Pati­

enten mit Fettleberhepatitis (n = 49) und bei 26% der Patienten mit Zirr­

hose (n = 135) ein Rückgang in den Normalbereich (Abb. 5). Darüber hin­

aus zeigt die differenzierte Betrach­

tung, daß auch unter den Patienten, deren PIIINP-Werte den Normbe­

reich nach Therapie verfehlten, den­

noch eine deutliche Besserung be­

obachtet werden konnte. So betrug der Anteil der Zirrhose-Patienten, die sich nach dreimonatiger Be­

handlung von Gruppe 2 (> 1,5 E/mi) nach Gruppe 1 (> 0,8 bis 1,5 E/ml) verbesserten, immerhin 31% neben einem Anteil von 12% der Patienten, deren PIIINP-Wert von stark erhöh­

ten Ausgangs werten (> 1,5 E/ml) in

den Normbereich abnahm (Abb. 6).

Von den Zirrhose-Patienten mit Aus­

gangswerten zwischen 0,8 und 1,5 E/ml verbesserten sich 32% in den Normbereich. Demgegenüber ver­

schlechterten sich die PIIINP-Werte bei 12% dieser Patientengruppe auf Werte über 1,5 E/ml.

Die Therapiebeurteilung von Le­

galon® 140 erfolgte durch den be­

handelnden Arzt. Im Lauf der drei­

monatigen Behandlung verbesserte sich der so eingeschätzte Zustand der meisten Patienten. Die Wirksamkeit wurde bei 777 Patienten (82,3%) als sehr gut bis gut, bei 126 (13,4%) als mäßig und bei 41 (4,3%) als schlecht eingestuft (Abb. 7).

Verträglichkeit. Als »unerwünsch­

tes Ereignis« wurde jede uner­

wünschte Begleiterscheinung ge­

wertet, die bei einem Patienten aufgetreten war, der mit Legalon®

140 behandelt wurde, unabhängig davon, ob ein Zusammenhang mit der Arzneimittelgabe vermutet wur­

de oder nicht. Im Verlauf der Beob­

achtung machten 20 Patienten (2,0%) Angaben über 32 uner­

wünschte Ereignisse. Bei zwölf Nen­

nungen galt eine Kausalität mit Legalon® 140 als möglich, bei neun als wahrscheinlich und bei sechs als unwahrscheinlich. Zwei Ereig­

nisse waren nicht beurteilbar und bei drei weiteren wurden keine An­

gaben gemacht. 21 mal wurde die In­

tensität der unerwünschten Ereig­

nisse als leicht oder mittelgradig, sieben mal als schwer eingestuft. In erster Linie wurden das Auftreten von Durchfall, Flatulenz oder auch

Abbildung 5: PIIINP-Werte nach dreimonatiger Silymarin-Behandlung bei Patienten mit Ausgangswerten über der Norm (>0,8 E/ml), nach Diagnosen unterteilt (N = 270)

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%

Fettleber (N = 86) Fettleberhepatitis

(N = 49) Zirrhose (N = 135)

bei der jeweils letzten Kontrolle in Norm

> Norm

580 ZEA.

THERAPIESTUDIE

Abbildung 6: PIIINP-Werte nach dreimonatiger Silymarin-Behandlung für die Leberzirrhose- Patienten mit Ausgangswerten über der Norm (N = 135)

Erhöhte Ausgangswerte 0.8-1.5E/ml (N = 93) Stark erhöhte Ausgangswerte (0,3-0.8 E/ml) (0,8-1,5 E/ml) (>1,5E/ml)

Völlegefühl und Bauchschmerzen

j

beklagt (Tab. 2).

j

Bei 83 Patienten (8,3%) endete die i Therapie vorzeitig. Die meisten Pati- ! enten erschienen nicht zur Ab­

schlußuntersuchung, zehn wegen

j

ungenügender Wirkung und zwei | wegen unerwünschter Ereignisse. 20

I

Patienten brachen die Behandlung 1 aufgrund einer Krankenhauseinwei- i sung ab, elf Patienten verstarben. Ein

j

Zusammenhang mit der Einnahme von Legalon wurde in keinem Fall ge­

sehen.

ln der Verträglichkeitsbeurteilung von Legalon® 140 bestätigten nahe­

zu 98% aller Patienten eine sehr gute bis gute Verträglichkeit. Eine mäßi­

ge bis schlechte Verträglichkeit wur­

de von 2% aller Patienten berichtet.

28 Patienten (2,8%) gaben am Ende

Tabelle 2: Unerwünschte Ereignisse

Durchfall 8

Flatulenz 6

Gastrointestinale Völle 4 Gastrointestinaler Schmerz 4

Schwindel 1

Übelkeit 1

Erbrechen 1

Schwitzen vermehrt 1

Oesophagusblutung 1

Hitzewallung 1

Gastrointestinale Störung^^^_ 1

^Pankreatitis ** o .j

Allergische Reaktion H 1

Herpes zoster 1

Summe 32

(32 Nennungen bei 20 Patienten: n = 998)

der Beobachtung kein Urteil zur Ver­

träglichkeit ab (Abb. 8).

I Diskussion

Obwohl der genaue Pathomechanis- mus der Leberfibrosierung noch nicht in allen Einzelheiten geklärt ist, scheint der Krankheitsverlauf durch die Dysregulation einer äußerst komplex gesteuerten Homöostase zwischen Neusynthese und Abbau von Molekülen der ex­

trazellulären Matrix (EZM) charakte­

risiert zu sein (14). So gibt es Hin­

weise, daß bestimmte Kollagene der EZM neben ihren strukturellen Auf­

gaben auch Funktionen in der inter­

zellulären Signalübermittlung über­

nehmen.

Einsicht und Verständnis in die Pa­

thophysiologie der Fibrogenese in der Leber sind in den letzten Jahren zunehmend in das Bewußtsein des wissenschaftlichen Interesses ge­

rückt, so daß sich mit den diagnosti­

schen Kenntnissen auch Möglichkei­

ten einer therapeutischen Interven­

tion erschließen lassen. Obwohl in­

zwischen in praxi einige Substanzen erprobt worden sind, für die ein an- tifibrogener Effekt möglich ist (Gam- ma-lnterferon. Prostaglandin E, Re­

laxin, polyungesättigtes Lezithin), läßt sich aufgrund der erzielten Er­

gebnisse bisher nicht Vorhersagen, ob die einzelnen Therapiesysteme zur Hemmung der Bindegewebsab- lagerungin der Leber führen (11,12).

Es existieren jedoch bereits vielver­

sprechende molekulare Ansätze ei­

ner antifibrotischen Therapie, die u.a. an Wachstumsfaktoren und den Rezeptoren der aktivierten mesen­

chymalen Zellen ansetzen.

ln der vorliegenden Untersuchung konnte für Silymarin eine deutliche Abnahme der erhöhten bzw. stark er­

höhten PlllNP-Werte bei Patienten mit Fettleber, Fettleberhepatitis oder Zirrhose festgestellt werden. Nach dreimonatiger Behandlung reduzier­

ten sich die teils stark erhöhten Se­

rum-Konzentrationen bei ca. der Hälfte aller Patienten bis auf das Ni­

veau von Normalwerten. Diese Ent­

wicklung wurde in erster Linie bei Patienten mit Fettleber und Fettle­

berhepatitis, aber auch bei Zirrhose- Patienten gefunden und ist teilweise vergleichbar mit den Erfahrungen aus anderen Untersuchungen.

So wurde in einer früheren An­

wendungsbeobachtung die antifibro- tische Wirkung von Silymarin bei Le bererkrankungen geprüft (6). Es zeig­

te sich hier ein deutlich erkennbarer Behandlungseffekt unterschiedlicher Höhe für den PlllNP-Wert zugunsten von Silymarin nicht nur im Gesamt­

kollektiv sondern auch in der Grup­

pe der Zirrhose-Patienten. Hier wur­

den allerdings Abnahmen und Nor­

malisierungen der PlllNP-Konzentra- tionen aller Patienten gemeinsam be wertet, so daß Besserungsraten zvd- schen 68 und 73% gefunden wurden, jedoch wurde in dieser Untersuchung nur über vier Wochen mit Silymarin

■ behandelt, ln der vorliegenden AWB

; wurden ebenfalls deutliche Abnah­

men beobachtet, in erster Linie bei Patienten mit Fettleber und Fettle­

berhepatitis. Gleichgerichtete Verän­

derungen wurden bei den Zirrhose- Patienten gesehen, wenn auch nicht so deutlich wie in den beiden ande ren Gruppen. Möglicherweise waren die Krankheitszustände der einbezo­

genen Zirrhose-Patienten bereits so stark chronifiziert, daß antifibroti- sche Effekte innerhalb der fortge­

schrittenen Fibrosierung weniger deutlich zur Darstellung kommen konnten.

ZIA 581

THERAPIESTUDIE

Abbildung 7: Ärztliche Beurteilung der Wirksam­

keit (N = 944)

sehr gut gut mäßig schlecht

Abbildung 8: Ärztliche Beurteilung der Verträglich­

keit (N= 970)

sehr gut gut mäßig schlecht

Klinische Untersuchungen zum Einfluß von Pharmaka auf die Fibro- sierung sollten deshalb eher unter Langzeitbedingungen durchgeführt werden, um durch eine kontinuier­

liche Behandlung die Verhinderung der Progression der Erkrankung bes­

ser erkennen zu können. Wie Feher et al. (3) in einer plazebokontrollier­

ten Studie zeigen konnten, führte die Silymarin-Behandlung (420mg/Tag) bei Patienten mit chronisch-alkoho­

lischer Lebererkrankung nach sechs Monaten zu einer deutlichen und an­

haltenden Abnahme des PlllNP Wer­

tes. Dabei war die Serum-Konzentra­

tion des PIIINP-Wertes direkt pro­

portional zum Fibrosestadium und zum Entzündungsgrad in der Leber.

Bei der sekundär biliären Leber­

fibrose der Ratte, die durch eine komplette Gallengangsobliteration durch retrograde Injektion mit Ethibloc® in die Gallengänge indu­

ziert wird und wegen des Fehlens ei­

ner entzündlichen Komponente eine valide Austestung potentiell antifi- brotisch wirkender Pharmaka er­

laubt, konnte gezeigt werden, daß oral verabreichtes Silymarin die Kol- lagen-Ablagerung in der Leber signi­

fikant dosisabhängig und sogar noch bei der bereits fortgeschrittenen Fi­

brose hemmen kann (2). Darüber hinaus konnten erstmals auch auf molekularer Ebene günstige Effekte durch Silymarin festgestellt werden (7). Durch Verminderung der »Stea- dy-state«- Konzentration von Prokol- lagen-al(l)-Boten-RNS, die für die quantitativ vorherrschende EZM- Komponente kodiert, konnte die Ak­

kumulation des Gesamtleberkolla- gens um 30 bis 35% reduziert wer­

den. Dabei war es von untergeord­

neter Bedeutung, ob mit der Thera­

pie sofort nach Fibrose-Induktion oder erst ab der vierten Woche be­

gonnen wurde.

Auf eine hemmende Wirkung des Silymarins auf den Kollagenstoff- wechsel in der Leber hatten bereits Ferenci et al. (4) aus den Ergebnissen ihrer plazebokontrollierten Überle­

benszeitstudie geschlossen. Unter der Behandlung von 420mg Silyma­

rin täglich konnte über einen Zeit­

raum von vier Jahren die Zahl der To- ' desfälle bei Patienten mit alkoholin­

duzierter Zirrhose, die zu Studien- I beginn in die Child-Klasse A einge­

stuft worden waren, gegenüber der Kontrollgruppe signifikant um die

I

Hälfte gesenkt werden. Für die rou-

i

tinemäßige Verlaufskontrolle chro­

nischer Lebererkrankungen stand zum Zeitpunkt der Studiendurch­

führung die PlllNP-Bestimmung als

; Serumtest nicht zur Verfügung. Die­

ser Labortest scheint die dynami­

schen Änderungen im Kollagenstoff- wechsel, d.h. die Fibrogenese, zu er­

fassen. ln der vorliegenden AWB war

es möglich, einmal die Gruppe der Patienten mit erhöhten Werten ein­

deutig zu identifizieren als auch Ver­

änderungen während der dreimona­

tigen Therapie zu beobachten. Gera­

de bei chronischen Lebererkrankun­

gen sollte dieser Test zur Charakte­

risierung des Verlaufs häufiger ein­

gesetzt werden (11, 12).

Der Summenscore der Beschwer­

deskala zeigte in der vorliegenden AWB eine deutliche, klinisch rele­

vante Abnahme der subjektiven Be­

schwerden unter Silymarin, wobei besonders die Besserung der Sym­

ptome Inappetenz, Übelkeit, Ober­

bauchdruck, Völlegefühl, Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit im Vordergrund standen. Deutliche Abnahmen resp. Normalisierungen wurden auch bei den einzelnen La­

borparametern gesehen. Dieser Ge­

samteindruck schlug sich auch im globalen Arzturteil der Wirksamkeit von Silymarin nieder, das in über 80%

sehr gut und gut ausfiel und ent­

spricht damit dem Ergebnis anderer üntersuchungen mit Silymarin (5,6).

Unter den berichteten Nebenwir­

kungen fanden sich die typischen, dem Sicherheitsprofil der Substanz entsprechenden Meldungen. Die häufigsten Nebenwirkungen wurden im Körpersystem Gastro-lntestinal- trakt beobachtet und bestanden in erster Linie in Durchfall, Flatulenz und Völle- oder Schmerzgefühl.

Die Palette der zur Verfügung ste­

henden, potentiell antifibrotisch wirkenden Substanzen ist spärlich.

Günstigen Wirkungen des am besten in vitro und am Tier untersuchten Gamma-Interferons stehen z.B. sy­

stemische Nebenwirkungen und die parenterale Applikation entgegen, welche eine langdauernde Anwen­

dung zur Zeit nicht zulassen (11,12).

Unter dem Aspekt einer meist stark vorgeschädigten Leber werden The­

rapiekonzepte gefordert, die sich durch Effizienz und Sicherheit aus­

zeichnen. Aufgrund seines Sicher- heitsprofils wird Silymarin den An­

forderungen an eine wenig bela­

stende Therapieform gerecht.

582 ZIIA

Die fibrotische Leber

Im Dokument I Memory Clinics I Diagnose (Seite 59-65)