Psychotherapie und Demenz bil
den nicht unbedingt einen Wider
spruch. Ihre Zusammenführung ge
lingt wohl um so leichter, je undog
matischer man sich dieser Aufgabe nähert (7). Das Spektrum möglicher Interventionen (Tob. 1) umfaßt so
wohl Verfahren, die auf das Indivi
duum zielen, als auch Strategien, die auf die Beeinflussung von Umge- [ bungsvariablen (auch Betreuer, Fa
milienangehörige) setzen (3).
Verhaltenstherapie. Verhaltens
therapeutische Techniken werden seit weit mehr als 20 Jahren in der Behandlung dementer Patienten eingesetzt. Die meisten Erfahrungen liegen mit der Technik des operan- ten Lernens vor, das eine Verhal
tensänderung ohne die aktive Mitar
beit des Patienten ermöglicht, und beziehen sich auf »klassische« Pro
blemsituationen bei der Betreuung Dementer:
552 XFA
DEMENZ
Einige Schlußfolgerungen
Nur in Ausnahmefällen führt eine ärztliche Interventi
on bei Demenzen zu einer dauerhaften Beseitigung der Ursachen der Störungen. Auch bei prinzipiell reversi
blen Erkrankungen findet dies in kaum mehr als 20%
der Fälle statt. Es gibt jedoch erfolgversprechende The
rapieansätze, z.T. sind diese auch verläßlich erprobt.
Der demente Patient und seine Betreuer werden durch nicht kognitive psychopathologische Symptome er
heblich belastet. Sie schränken die Lebensqualität dra
stisch ein und limitieren darüber hinaus oft den Ver
bleib in der gewohnten Umgebung. Viele dieser Störungen sind medikamentös mit Erfolg angehbar, wenn ihnen nur die nötige therapeutische Aufmerk
samkeit geschenkt wird. Substanzen, die auf eine Ver
besserung der Kognition zielen, kann man nach dem heutigen Wissensstand gezielt einsetzen,
■ wenn eine sorgfältige Therapiekontrolle gewährlei
stet ist und
■ wenn die Therapie beim Ausbleiben eines thera
peutischen Effekts nach mindestens drei Monaten auch tatsächlich beendet und möglicherweise eine Alternative erwogen wird.
Vom verordnenden Arzt wird auch hier eine Nutzen-Ri- siko-Analyse verlangt. Ob eine kombinierte Interventi
onsstrategie in der Zukunft bessere therapeutische Re
sultate bringt, sei dahingestellt. Sicher ist aber, daß für die optimale Wirkung dieser Substanzen eine Einbet
tung der medikamentösen Behandlung in einen struk
turierten therapeutischen Kontext geboten ist.
■ Abbau von störendem Sozialver
halten,
■ Erreichen von größerer Selbstän
digkeit (z.B. Baden oder Anziehen)
■ Rückgewinnung verlorengegange
ner Kompetenzen (z.B. Kontinenz).
Neben verhaltensorientierten In
terventionen wurden auch die Tech
niken der kognitiven Verhaltensthe
rapie bereits bei Alzheimer-Patien
ten mit depressiver Begleitsympto
matik mit Erfolg eingesetzt. An
gehörige können als Co-Therapeuten eingebunden werden. Oft handelt es sich allerdings um recht aufwendige therapeutische Arrangements, die hohe Anforderungen an die Disziplin von Personal oder Angehörigen stel
len. Hier liegen auch gelegentlich die Ursachen für ein Scheitern.
Trainingsverfahren. Natürlich ist ein spielerischer Umgang mit Pro
blemen des Lemerwerbs aus keiner Gruppenaktivität wegzudenken (10).
Einige Bedingungen können diesen erwünschten Prozeß fördern. Je all
tagsnäher eine solche Gruppe ange
legt ist, desto wahrscheinlicher wer
den beim spielerischen Lernen gleichzeitig mehrere Kanäle benutzt und trainiert. Je mehr motorische Elemente angesprochen und geübt werden, desto eher ist ein Trainings
erfolg zu erwarten. Wenn nur das be
einträchtigte verbale Gedächtnis trainiert wird, droht rasch Überfor
derung. Gegen einen dementieilen Prozeß »anzutrainieren« ist wenig er
folgversprechend und deprimiert Pa
tienten und Trainer! Ein Aussetzen des Trainings hat oft eine rapide Ver
schlechterung der Leistung der Pa
tienten zur Folge. Ein zentrales Pro
blem aller Trainingsmaßnahmen bei Dementen besteht darin, daß sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sein können, einen erworbenen Lei
stungsstandard über längere Zeit hinweg auffechtzuerhalten. Emp
fehlenswert sind Interventionen, die die Motivation (z.B. durch Einbezie
hung von Angehörigen) erhöhen und gleichzeitig Veränderungen im Le
bensraum mit einbeziehen.
ROT. Die Realitätsorientierungs
therapie (ROT) ist eine Interven
tionstechnik, die auf dementieil be
einträchtigte Patienten auch höhe
rer Einschränkungsgrade zuge
schnitten ist. Zwei prinzipielle Mo
delle werden - alternativ oder kom
biniert - eingesetzt. Zum einen wer
den im Rahmen von Gruppenarbeit grundlegende Personen, Zeit und Ort betreffende Informationen »wie in der Schule« stets aufs Neue wieder
holt. Das zweite Modell ist das »24- Stunden-ROT« in dem bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Patien
ten »Realitätsanker« geboten wer
den. Dieses Modell setzt eine inten
sive Schulung des gesamten Teams voraus. Trotz belegbarer Effekte mehren sich die Fragen bezüglich der Angemessenheit der Form und der Ziele von solchen Programmen.
Erinnerungstherapie. Diese The
rapie zielt primär auf die Lösung nicht aufgearbeiteter Konflikte. Da
bei geht es weniger um die kritische Aufarbeitung der eigenen Biogra
phie, sondern vielmehr um eine Er
Nicht nur das verbale Gedächtnis trainieren, sondern auch motorische Elemente ansprechen
höhung der Lebenszufriedenheit durch die Fokussierung auf positive Erinnerungen (9). Als therapeutische
»Erinnerungsanker« können alte Fo
tografien ebenso dienen wie typische Musikstücke aus bestimmten Le
bensabschnitten, gelegentlich auch sensorische Reize wie speziell ge
würzte Speisen oder Gerüche.
SET. Die Selbst-Erhaltungs-Thera- pie (SET) strebt an, die personale Identität von Alzheimer-Patienten länger zu erhalten. Gefährdet wird die personale Indentität durch:
■ Verletzung der personalen Konti
nuität,
■ Erlebnisarmut,
■ Veränderungen der Persönlichkeit und des Gefühlslebens und
■ Selbstwissensverlust.
Die Therapie knüpft an individuell weniger beeinträchtigte Kompeten
zen an und ermöglicht so Erfolgser
lebnisse: Ziel ist nicht Selbst-Korrek
tur, sondern Selbst-Erhalt.
Musik- und Kunsttherapie. Zu den Therapieverfahren, die sich bewußt und gezielt auf Emotionalität und Kreativität der dementen Patienten beziehen, zählen Musik- und Kunst
therapie. Hier sollen Patienten,
de-XFA 553
DEMENZ
I Worauf man bei der Betreuung achten muß
■ Je schwerer die Demenz, desto eher sind milieu- und verhaltenstherapeutische Ansätze sinnvoll.
■ Betreuende Angehörige müssen intensiv beraten (manchmal auch therapeutisch betreut) und in die Therapieplanung mit einbezogen werden.
■ Es ist wichtig, daß alle Kontaktpersonen des Pati
enten sich untereinander abstimmen, damit sich ein »therapeutisches Milieu« entwickeln kann.
■ Auch die räumliche Umgebung des Patienten soll dabei helfen, sensorische, physische und kogniti
ve Einbußen möglichst zu kompensieren (mehr Autonomie durch bessere »Ablesbarkeit« der Um
gebung).
■ »Lichtregie« (tags hell, nachts dunkel; kein Däm
merlicht) kann gegen Unruhezustände helfen.
nen kognitiv-verbale Wege der Kom
munikation krankheitsbedingt im
mer weniger zur Verfügung stehen, Gelegenheit erhalten, in der y Konfrontation mit präsen-
# tiertem Material oder auf dem Weg eigenen Ge- staltens Gefühle zu leben und wieder zu erleben. Bis in sehr späte Phasen der Er
krankung kann so der therapeuti
sche Zugang zum Patienten erhalten bleiben.
Literatur
1. Bienstein C, Fröhlich A: Basale Stimulation in der Pflege. Verlag Selbstbestimmtes Leben Düsseldorf 1995.
2. Feil N: Validation. Ein neuer Weg zum Ver
ständnis alter Menschen. DelleKarth Wien 1990.
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Georg Thieme Verlag Stuttgart 1997: 40-59.
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motor restlesness in dementia: Clinical eva
luation ofTiapride. Pharmacopsychiat. 1997;
30: 6-11.
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ter. Z Gerontol Geriat 1995; 28: 457^62.
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wertung für die Praxis. Nervenarzt 1997; 68:
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Hirsch RD (Hrsg) Psychotherapie bei Demen
zen. Steinkopf Verlag Darmstadt 1994:
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triebssteigerungen und Affektstörungen
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9. Lohmann R, Heuft G; Life Review. Förde
rung der Entwicklungspotentiale im Alter. Z.
Gerontol Geriat 1995; 28: 236-241.
10. Meier D, Ermini-Fünfschilling D, Monsch AU, Stähelin HB: Kognitives Kompetenztrai
ning mit Patienten im Anfangsstadium einer Demenz. Z Gerontopsychol-psychiatr 1996; 9:
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11. Romero B, Eder G: Selbst-Erhaltungs-The- rapie (SET); Konzept einer neuropsychologi- schen Therapie bei Alzheimer-Kranken. Z Ge
rontopsychol-psychiatr 1992; 5: 267-282.
12. Schneider LS, Pollock VE, Lyness SA: A me- taanalysis of controlled trials of neuroleptic treatment in dementia, j Am Geriat Soc 1990;
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13. Sturmer T, Glynn Rj, Field TS et al: Aspi
rin use and cognitive function in the elderly.
AmJ Epidemiol 1996; 143: 683-691.
PD Dr. med. Hans Gutzmann Chefarzt der Gerontopsychiatrischen Abteilung
Krankenhaus Hellersdorf Mysiowitzer Straße 45
12621 Berlin
Wirkstoff: Fermentierter wäßriger Auszug aus Iscador® Distel.
Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Be
standteil; Fermentierter wäßriger Auszug aus Viscum album ver
schiedener Wirtsbäume. Sonstige Bestandteile: Natriumchlorid, Wasser für Injektionszwecke.
Anwendungsgebiete gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis.
Dazu gehören: Anregung von Form- und Integrationskräften zur Auflösung und Wiedereingliederung verselbständigter Wachs
tumsprozesse, z.B. bösartige und gutartige Geschwulstkrank
heiten; bösartige Erkrankungen und begleitende Störungen der blutbildenden Organe; Anregung der Knochenmarkstätigkeit; Vor
beugung gegen Ceschwulstrezidive; definierte Präkanzerösen.
Gegenanzeigen: Bekannte Allergie auf Mistelzubereitungen: Eine Fortsetzung der Therapie ist erst nach erfolgter Desensibilisie
rungsbehandlung mit einschleichender Dosierung möglich. Akut entzündliche bzw. hoch fieberhafte Erkrankungen (Körper
temperatur über 38° C): Die Behandlung sollte bis zum Abklingen der Entzündungszeichen unterbrochen werden. Tuberkulose. Hy
perthyreose mit nicht ausgeglichener Stoffwechsel läge. Primäre Hirn- und Rückenmarkstumoren oder intracranielle Metastasen mit Gefahr einer Hirndruckerhöhung: In diesem Fall sollte Isca
dor* nur nach strenger Indikationsstellung und in geringerer Dosis bzw. mit langsamerer Dosissteigerung unter engmaschiger klini
scher Kontrolle verabreicht werden. Schwangerschaft: Bisher sind keine Wirkungen bekannt geworden, die gegen eine Anwendung von Iscador* in der Schwangerschaft sprechen. Aus Gründen beson
derer Vorsicht sollte Iscador* jedoch während der Schwanger
schaft nur nach strenger Indikationsstellung verabreicht werden.
Nebenwirkungen: Eine leichte Steigerung der Körpertemperatur, örtlich begrenzte entzündliche Reaktionen um die Einstichstelle sowie vorübergehende leichte Schwellungen regionaler Lymph
knoten sind unbedenklich. Das durch Iscador* hervorgerufene Fieber soll nicht durch fiebersenkende Mittel unterdrückt werden;
üblicherweise ist es nach 1 bis 2 Tagen abgeklungen. Bei länger anhaltendem Fieber ist differentialdiagnostisch an infektiöse
Pro-ANZEIGE zesse oder Tumorfieber zu denken. Wenn die Reaktionen ein er
trägliches bzw. vom Arzt erwünschtes Maß überschreiten (Fieber über 38°C, evtl. Abgeschlagenheit, Frösteln, allgemeines Krank
heitsgefühl, Kopfschmerzen, kurzzeitige Schwindelanfälle, größe
re örtliche Reaktionen über 5 cm Durchmesser), sollte die näch
ste Injektion erst nach Abklingen dieser Symptome und in redu
zierter Konzentration bzw. Dosis gegeben werden. In seltenen Fäl
len kann es zu subcutaner Knotenbildung am Injektionsort, zu größeren Schwellungen regionaler Lymphknoten und Aktivierung von Entzündungen kommen. Bei seltenen allergischen oder aller- goiden Reaktionen wie generalisiertem Pruritus, lokaler oder ge
neralisierter Urticaria, Blasenbildung, Exanthem, Erythema exsudativum multiforme (1 dokumentierter Fall), Quincke-Ödem, Schüttelfrost, Atemnot, Bronchospasmus und Schock ist ein sofor
tiges Absetzen des Präparates und ärztliche Behandlung erforder
lich. Gelegentlich können Venen mit entzündlichen Reizer
scheinungen reagieren. Eine vorübergehende Therapiepause ist auch hier erforderlich. Bei primären Hirn- und Rückenmarkstu
moren oder intracraniellen Metastasen kann es zu Symptomen einer Hirndruckerhöhung kommen (siehe auch unter „Gegen
anzeigen").
Darreichungsform und Packungsgrößen Injektionslösung als Serienpackung:
7 Ampullen zu 1 ml (DM 63,15)
21 Ampullen zu 1 ml (3 x 7, DM 169,80) Injektionslösung als Sortenpackung:
8 Ampullen zu 1 ml (DM 69,40) Alle Preise Juli 1997
Iscador* ist eines der Präparate, die wir im Einklang mit Mensch und Natur der Heilkunst zur Verfügung stellen.
WELEDA AG, Postfach 1320,
73503 Schwäbisch Gmünd