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Hyperbolische Trigonometrie

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Hyperbolische Geometrie

4.2 Hyperbolische Trigonometrie

Definition 4.2.1 Die Menge

H2:={x∈I+ | hhx, xii=−1}={x∈R3| hhx, xii=−1, x1>0} heißthyperbolische Ebene.

Abbildung 188 H2

Abb. 188

Bemerkung 4.2.2 Nach der inversen Cauchy-Schwarz-Ungleichung gilt für x, y ∈ H2:

| hhx, yii | ≥p

| hhx, xii | ·p

| hhy, yii |= 1·1 = 1.

Mit dem Korollar 4.1.22 ist alsohhx, yii ≤ −1für allex, y∈I+ .

Gleichheit gilt genau dann, wennxundylinear abhängig sind, d.h.y=t·x. Wegen

−1 =hhy, yii=hhtx, txii=t2hhx, xii=−t2

istt=±1. Da sowohlxals auch y zukunftsgerichtet sind, musst= +1 gelten. Wir haben fürx, y∈H2 gesehen:

| hhx, yii | = 1 ⇔ x=y.

Wir beobachten ferner, dasscoshdie Menge[0,∞) bijektiv auf[1,∞)abbildet, denn cosh(0) = 1, lim

t→∞cosh(t) =∞und wegencosh(t) = sinh(t)>0fürt∈(0,∞)istcosh streng monoton wachsend auf[0,∞). Daher können wir folgende Definition machen:

Definition 4.2.3 Für x, y∈ H2 sei der hyperbolische Abstand definiert als die ein-deutige ZahldH(x, y)∈[0,∞)mit

cosh(dH(x, y)) = | hhx, yii | =− hhx, yii

Lemma 4.2.4 Für allex, y∈R3 gilt

J(x×y) =−(Jx)×(Jy).

Beweis.Wir rechnen einfach nach:

(Jx)×(Jy) = −x1

x2

x3

!

× −y1

y2

y3

!

=

x2y3−x3y2

−x3y1+x1y3

−x1y2+x2y1

!

= −J

x2y3−x3y2

x3y1−x1y3

x1y2−x2y1

!

= −J(x×y).

Lemma 4.2.5 Für allex, y∈H2 gilt

sinh(dH(x, y))2=hhx×y, x×yii.

Beweis.

hhx×y, x×yii = hx×y,J(x×y)i

= − hx×y,(Jx)×(Jy)i

= −det

hx,Jxi hx,Jyi hy,Jxi hy,Jyi

= − hhx, xii

| {z }

=−1

hhy, yii

| {z }

=−1

+hhy, xii hhx, yii

= −1 + cosh2(dH(x, y))

= sinh2(dH(x, y)).

Satz 4.2.6 Die hyperbolische Ebene H2 bildet zusammen mit dH einen metrischen Raum, d.h. für alle x, y∈H2 gilt:

(i) dH(x, y)≥0und

dH(x, y) = 0 ⇔ x=y.

(ii) dH(x, y) =dH(y, x)

(iii) dH(x, z)≤dH(x, y) +dH(y, z).

Beweis.

(i) dH(x, y)≥0ist klar nach Definition vondH.

dH(x, y) = 0 ⇔ | hhx, yii |= cosh(dH(x, y)) = 1

⇔ x=y.

(ii) ist klar wegenhhx, yii=hhy, xii. (iii)

cosh(dH(x, y) +dH(y, z))

= cosh(dH(x, y))·cosh(dH(y, z)) + sinh(dH(x, y))·sinh(dH(y, z))

= hhx, yii hhy, zii+p

hhx×y, x×yii ·p

hhy×z, y×zii.

Nun ist0 =hy, x×yi=hhJy, x×yii. Mityist auchJyzeitartig, dennJist eine Lorentz-Transformation. Also stehtx×yLorentz-senkrecht auf dem zeitartigen VektorJy. Genauso steht auchy×z Lorentz-senkrecht aufJy. Wir können also Satz 4.1.17 anwenden und erhalten

| hhx×y, y×zii | ≤p

| hhx×y, x×yii | ·p

| hhy×z, y×zii |. Es folgt

cosh(dH(x, y) +dH(y, z)) ≥ hhx, yii hhy, zii+| hhx×y, y×zii | (4.1)

≥ hhx, yii hhy, zii+hhx×y, y×zii (4.2)

= hhx, yii hhy, zii − hx×y,(Jy)×(Jz)i

= hhx, yii hhy, zii −det

hx,Jyi hx,Jzi hy,Jyi hy,Jzi

= hhx, yii hhy, zii − hhx, yii hhy, zii+hhy, yii hhx, zii

= − hhx, zii

= cosh(dH(x, z)).

Dacoshstreng monoton wächst auf[0,∞), folgt

dH(x, y) +dH(y, z)≥dH(x, z).

Bemerkung 4.2.7 Gilt dH(x, y) +dH(y, z) = dH(x, z), so muss in der Cauchy-Schwarz-Ungleichung (4.1) fürx×yundy×z Gleichheit gelten. Also müssen x×y undy×zlinear abhängig sein und somitx, yundz in einem 2-dimensionalen Unter-vektorraum liegen.

Ferner muss in (4.2) Gleichheit gelten, d. h. hhx×y, y×zii ≥0oder, anders ausge-drückt,hhy, yii hhx, zii − hhx, yii hhy, zii ≥0. Wegenhhy, yii=−1ist dies gleichbedeutend mithhx, zii+hhx, yii hhy, zii ≤0. Diese Bedingung werden wir in Bemerkung 4.2.21 noch geometrisch interpretieren.

Zusammengefasst sehen wir, dass dH(x, y) +dH(y, z) = dH(x, z) genau dann gilt, wenn x, y und z in einem 2-dimensionalen Untervektorraum liegen und hhx, zii+ hhx, yii hhy, zii ≤0.

Bemerkung 4.2.8 Wir können leicht überprüfen, dass(H2, dH)nicht nur ein anderes Modell der sphärischen Geometrie darstellt, denndHkann beliebig groß werden: Setze z.B.

x:=

1 0 0

! , y:=

cosh(4) sinh(4)

0

!

∈H2 ⇒ dH(x, y) = 4;

aber dS(a, b)≤π <4für allea, b∈S2.

Die Frage, ob(H2, dH)ein Modell der euklidischen Geometrie darstellt, ist nicht so ein-fach zu beantworten. Wir verschieben dies auf das Ende dieses Abschnitts, Satz 4.2.32.

Definition 4.2.9 Eine Abbilungϕ:H2→H2heißthyperbolische Isometrie, falls für allex, y∈H2 gilt:

dH(ϕ(x), ϕ(y)) =dH(x, y).

(Vgl. Definition 2.1.7)

Beispiel 4.2.10 Sei A ∈ L(3). Mit x ∈ H2 ist dann auch Ax ∈ H2, denn hhAx, Axii =hhx, xii=−1 undAxist ebenfalls zukunftsgerichtet. Für ϕ:H2 →H2 mitϕ(x) =A·xundx, y∈H2 gilt dann

cosh(dH(ϕ(x), ϕ(y))) = − hhϕ(x), ϕ(y)ii

= − hhAx, Ayii

= − hhx, yii

= cosh(dH(x, y))

und somit dH(ϕ(x), ϕ(y)) =dH(x, y). Also istϕ:H2 →H2 eine hyperbolische Iso-metrie.

Bemerkung 4.2.11 Man kann zeigen, dass alle hyperbolischen Isometrien von die-sem Typ sind. Der Beweis verläuft analog zum sphärischen Fall, Satz 2.1.13.

Bemerkung 4.2.12 Zux, y ∈ H2 gibt es ein A ∈ L(3)mit Ax= y, denn wegen hhx, xii = hhy, yii = −1 gibt es nach Satz 4.1.15 ein A ∈ L(3) mit Ax = y. Wäre A6∈ L(3), so könntenxundynicht beide zukunftsgerichtet sein.

Definition 4.2.13 EineGroßhyperbelist eine Teilmenge von H2 der FormH2∩E, wobeiE⊂R3 ein 2-dimensionaler Untervektorraum ist.

Abbildung 189

0

E

Abb. 189

Definition 4.2.14 Sei G = H2 ∩E eine Großhyperbel, sei p ∈ G. Dann heißen VektorenX∈E mithhX, pii= 0TangentenvektorenanGim Punktp.

Abbildung 190

bc

p X

G=H2∩E

0

Abb. 190

Bemerkung 4.2.15 Wegen Korollar 4.1.23 sind Tangentenvektoren an H2 stets raumartig.

Lemma 4.2.16 SeiG⊂H2 eine Großhyperbel, seip∈Gund seiX ein Tangenten-vektor anGinpmithhX, Xii= 1. Dann gilt:

G={c(t) |t∈R}, wobeic(t) = cosh(t)·p+ sinh(t)·X.

Beweis.Schreibe G=H2∩E mit 2-dimensionalem UntervektorraumE ⊂R3. Alle Punkte der Formc(t)liegen einerseits inE, da sie Linearkombinationen vonpundX sind. Andererseits liegen sie alle aufH2, da

hhc(t), c(t)ii = hhcosh(t)p+ sinh(t)X,cosh(t)p+ sinh(t)Xii

= cosh(t)2hhp, pii

| {z }

=1

+2 cosh(t) sinh(t)hhp, Xii

| {z }

=0

+ sinh(t)2hhX, Xii

| {z }

=1

= −cosh(t)2+ sinh(t)2 =−1.

Außerdem istc(0) =pzukunftsgerichtet und damit sind allec(t)zukunftsgerichtet, da es sonst eint0∈Rgeben müsste, für das die erste Komponente vonc(t0)verschwindet, im Widerspruch dazu, dass auchc(t0)zeitartig ist. Wir haben gesehen:

{c(t)|t∈R} ⊂H2∩E=G.

Sei nuny∈H2∩E. Schreibey=a·p+b·X.Dann ist

−1 = hhy, yii=hhap+bX, ap+bXii

= −a2+b2

und außerdem ist0>hhp, yii=−a, d.h.a >0. Also liegt der Punkt ab

∈R2 auf der Hyperbela2−b2= 1mita >0und kann daher in der Forma= cosh(t0), b= sinh(t0) geschrieben werden. Somit isty=c(t0)und wir haben auchH2∩E⊂ {c(t)|t∈R}

gezeigt.

Definition 4.2.17 Ein Großhyperbelbogen ist eine Teilmenge von H2 der Form {c(t)|t∈[0, L]}, wobeic(t) = cosh(t)·p+sinh(t)·Xmitp∈H2,hhp, Xii= 0,hhX, Xii= 1undL >0ist.

Abbildung 191

bp

X

bc(L)

H2

Abb. 191 Dann heißtLdieLänge des Großhyperbelbogens.

Bemerkung 4.2.18 Wegen cosh

dH p, c(t)

= − hhp,cosh(t)·p+ sinh(t)·Xii =

−cosh(t)· hhp, pii

| {z }

=−1

−sinh(t)· hhp, Xii

| {z }

=0

= cosh(t)gilt für allet≥0:

dH(p, c(t)) =t.

Satz 4.2.19 SindA, B∈H2undA6=B, dann gibt es genau einen Großhyperbelbogen mit den Endpunkten AundB. Er hat die LängedH(A, B).

Beweis.WegenA6=B undA, B∈H2 sindAundB linear unabhängig und spannen daher einen eindeutigen 2-dimensionalen Untervektorraum E von R2 auf. Also ist G:=H2∩E die eindeutige Großhyperbel, die Aund B enthält. Das Teilstück, das zwischen AundB liegt, ist der gesuchte Großhyperbelbogen.

Abbildung 192

bc

B

A E

G

0

Abb. 192

Bemerkung 4.2.20 Beschreibtc(t)den Großhyperbelbogen vonA nachB, so lässt sich der TangentenvektorX nach Bemerkung 4.2.18 aus

c(L) =B, L=dH(A, B) bestimmen.

Setzen wir nunP:=H2,G:={Großhyperbeln}undp <−G:⇔p∈G, dann sagt uns Satz 4.2.19, dass die Inzidenzaxiome I1 und I2 gelten. Axiom I3 ist klar, da auf jeder Großhyperbel sogar unendlich viele verschiedene Punkte liegen. Axiom I4gilt ebenfalls, da je drei Punktex,y und z ∈H2, die als Vektoren imR3 linear unabhängig sind, nicht auf einer Großhyperbel liegen.

Um auch die Anordnungsaxiome zu diskutieren, müssen wir festlegen, wann ein Punkt yder hyperbolischen Ebene zwischen zwei anderen Punktenxundzliegt.

In Anbetracht von Axiom A1 sollten die drei Punkte paarweise verschieden sein und auf einer GroßhyperbelGliegen. Schreiben wir dannGin der FormG={c(t)|t∈R}

mitc(t) = cosh(t)·y+sinh(t)·Twie in Lemma 4.2.16, d. h.hhy, Tii= 0undhhT, Tii= 1, so gibt es eindeutigetx, tz ∈Rmitc(tx) =xundc(tz) =z. Außerdem gilt natürlich c(0) =y. Wir sagen dann, dassy zwischen xund z liegt, falls 0zwischen tx undtz

liegt, d. h. falls entwedertx<0undtz>0oder umgekehrt. Wir können dies kurz in der Bedingungtxtz<0zusammenfassen.

Bemerkung 4.2.21 In Bemerkung 4.2.7 hatten wir festgestellt, dass für drei Punkte x,y,z∈H2 genau danndH(x, y) +dH(y, z) =dH(x, z)gilt, wennx,yundzauf einer Großhyperbel liegen und zusätzlich

hhx, zii+hhx, yii hhy, zii ≤0 (4.3) gilt. Schreiben wir die Großhyperbel in der FormG={c(t)|t∈R}mitc(t) = cosh(t)· y+ sinh(t)·T, wobeihhy, Tii= 0und hhT, Tii= 1, sowiex=c(tx)undz =c(tz), so berechnen wir

hhx, zii+hhx, yii hhy, zii

= hhcosh(tx)·y+ sinh(tx)·T,cosh(tz)·y+ sinh(tz)·Tii

+hhcosh(tx)·y+ sinh(tx)·T, yii · hhy,cosh(tz)·y+ sinh(tz)·Tii

= −cosh(tx) cosh(tz) + sinh(tx) sinh(tz) + cosh(tx) cosh(tz)

= sinh(tx) sinh(tz).

Daher ist (4.3) äquivalent zu sinh(tx) sinh(tz) ≤0und somit zutx·tz ≤0. Zusam-mengefasst sehen wird, dassdH(x, y) +dH(y, z) =dH(x, z)genau dann gilt, wennx, yund zauf einer Großhyperbel liegen undyzwischen xundz liegt oder y=xoder y=z.

Nun aber zu den Anordnungsaxiomen. Axiome A1 und A2 sind nun offensichtlich.

Auch Axiom A3 ist leicht zu sehen. Axiome A4 und A5gelten ebenfalls. Wir könnten dies direkt mit unseren Definitionen nachprüfen, allerdings ist es schlauer, einen Trick zu verwenden, mit dem man es mühelos auf die Gültigkeit der entsprechenden Axiome in der kartesischen Ebene zurückführt.

Dazu betrachten wir die Zentralprojektion Z :H2 →D, wobeiD die ScheibeD = {(1, y2, y3)∈R3 |y22+y32<1}ist undZ(x) = x

x1.

Abbildung 193 x1

b b

b

b

x x

y y

D

x3

x2

(1,1,0)+ +(1,0,1)

Abb. 193

Z ist bijektiv mit UmkehrabbildungZ1 : D → H2, Z1(y) = y

p1−y22−y32. Die Großhyperbeln in H2 sind die Durchschnitte vonH2 mit 2-dimensionalen Untervek-torräumenE. Mitx∈Eist auchZ(x)∈E und umgekehrt. Also bildetZ die Groß-hyperbelH2∩E aufD∩E, ein euklidisches Geradensegment, ab.

Abbildung 194

G=D∩E Abb. 194

Wir sehen auch, dass für x, y, z ∈ H2 der Punkt y genau dann zwischen x und z liegt, wennZ(y)zwischenZ(x)undZ(z)liegt. Wenn nun von drei Punktenx,yund z∈H2mehr als einer zwischen den beiden anderen läge, so müsste auch mehr als einer der drei BildpunkteZ(x),Z(y)undZ(z)∈Dzwischen den beiden anderen liegen, im Widerspruch zu Axiom A4im kartesischen Modell der euklidischen Geometrie. Ähnlich folgt aus der Gültigkeit von Axiom A5 für das kartesische Modell die Gültigkeit für die hyperbolische Ebene.

Definition 4.2.22 Seien G1 = {cosh(t)·p+ sinh(t)·X |0 ≤ t ≤ L1} und G2 = {cosh(t)·p+ sinh(t)·Y | 0 ≤ t ≤L2} zwei Großhyperbelbögen, die vom Punkt p ausgehen. Dann ist dieWinkelgröße vonG1 und G2 in pdefiniert als die eindeutige Zahl(G1, p, G2)∈[0, π]mit

cos (G1, p, G2)

=hhX, Yii

Abbildung 195G1 G2

X

Y

Abb. 195

Bemerkung 4.2.23 Hier ist zu beachten, dass sowohl X als auch Y aufp Lorentz-senkrecht stehen undp ist zeitartig. Also gilt nach Satz 4.1.17 die Cauchy-Schwarz-Ungleichung

| hhX, Yii | ≤p

| hhX, Xii | ·p

| hhY, Yii |= 1.

Daher kannhhX, Yiitatsächlich als Kosinus einer Zahl in[0, π]geschrieben werden.

Notation. Zu A, B ∈ H2, A 6= B, schreiben wir für den Großhyperbelbogen mit EckpunktenAundB auchAB.

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