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Um eine Beeinflussung des Gewichts und des Energieumsatzes durch Hyper- bzw. Hypoaktivi-tät der Tiere zu bestimmen, wurde die Grund-/NestkäfigaktiviHypoaktivi-tät jedes einzelnen Tieres monat-lich über drei Tage im Home-Cage erfasst. Zusätzmonat-lich ermögmonat-lichen die gewonnenen Daten Aus-sagen über die Aktivität der Tiere im Dunkel- und Hellzyklus.

In den männlichen tgHD Tieren zeigte sich bereits im zweiten Lebensmonat eine erhöhte Grundaktivität, die bis zum Ende der Untersuchungen (14. Lebensmonat) bestehen blieb.

Hin-gegen zeigte sich bei den weiblichen Tieren zu Beginn der Messungen kein Aktivitätsunter-schied. Ab dem vierten Lebensmonat waren die tgHD Weibchen jedoch signifikant aktiver als die Kontrollweibchen; die Aktivitätssteigerung setzte sich noch bis zum achten Lebensmonat fort, um sich dann auf einem hohen Plateau einzupendeln.

Eine per se höhere Aktivität der Kontrollweibchen zu den –männchen, wie sie von Kelly et al.

generell für Nager beschrieben wurde (Kelly et al. 1999), konnte für die Sprague-Dawley Ratten in dieser Arbeit nicht bestätigt werden. Eine deutlich gesteigerte Aktivität in den weiblichen Tieren wurde ebenfalls in einem mittels Kainsäure induzierten HD Rattenmodell beschrieben (Giordano and Mejia-Viggiano 2001). Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Tiere, die mit Kainsäure behandelt worden waren, zeigten in der höchsten Konzentration (5,0 nm) zuerst gesteigerte Aktivitäten, diese sanken im Verlauf aber kontinuierlich ab und waren 60 Tage nach der Injektion wieder auf dem Niveau der Kontrolltiere angelangt. Dieses Ergebnis unterstreicht, dass das Striatum eine wichtige Rolle in der Hyperaktivität spielt, aber nicht aus-schließlich dafür verantwortlich sein kann, bzw., dass eine einmalig erzeugte Läsion die HD nicht ausreichend widerspiegelt, da es zur Adaptation oder sogar Regeneration kommen kann.

Dorner et al. untersuchten KI Mäuse im Open-Field (10 min) und fanden leicht erhöhte Aktivi-tätswerte bei den männlichen Tieren (Dorner et al. 2007). Hierbei ist jedoch fraglich, ob es sich um eine reine Aktivitätsbestimmung handelte oder nicht vielmehr eine Stressantwort auf die neue Umgebung des Open-Field erfasst wurde. Denn bei der Untersuchung der Umdrehungen im Laufrad, welches permanent im Käfig installiert war, zeigten wiederum die weiblichen KI Mäuse signifikant erhöhte Werte (Dorner et al. 2007).

In dem YAC72 Modell konnten Hodgson et al. ebenfalls eine ausgeprägte Hyperaktivität zei-gen, die sich noch nicht im Alter von drei Monaten, aber mit sieben Monaten deutlich manifes-tierte (Hodgson et al. 1999). Des Weiteren untersuchten sie verschiedene Verhaltensmuster und konnten ein Circling-behavior (Ratte dreht sich schnell und ungezielt um sich selbst im Kreis) feststellen. Dieses Circling-behavior trat bei den in der vorliegenden Arbeit untersuchten tgHD Tieren ab dem dritten Lebensmonat auf und stellte die Hauptkomponente der Hyperaktivität neben dem „Schnüffeln“ dar. Um dies genauer zu quantifizieren, wurde im Alter von acht Mo-naten eine einstündige Videoaufzeichnung von jeweils einer tgHD Ratte und einem Kontrolltier für beide Geschlechter durchgeführt. Diese Aufzeichnung wurde anschließend (wie unter 3.2.3 beschrieben) in Form eines Ethogramms ausgewertet. Darin ist deutlich zu erkennen, dass das Circling-behavior nur bei den tgHD Tieren vorkommt und die Gesamtzahl an Aktivitäten

eben-falls in den tgHD Tieren deutlich erhöht ist. Auf der beigelegten DVD sind exemplarische Vi-deosequenzen zu sehen, die v.a. das Circling der tgHD Tiere veranschaulichen.

Insgesamt zeichnet sich also bei den HD Tiermodellen eine Tendenz zu stärkerer Hyperaktivität bei den weiblichen Tieren ab. Für die humane Form werden zwar Hyperkinesen bei über 90%

der Patienten festgestellt (Bates et al. 2002), doch gibt es keine eindeutigen Belege dafür, dass

diese vermehrt bei Frauen auftreten. Da von der Chorea Sydenham (oder auch Chorea minor), die infektiös (nach Streptokokkeninfektion) bedingt ist, aber mehrheitlich Frauen bzw. junge Mädchen betroffen sind (Terreri et al. 2002; Demiroren et al. 2007), stellt sich die Frage, ob insbesondere für die Hyperkinese eine grundlegende morphologische Prädisposition bei Frauen besteht.

Im Endstadium der HD werden bei Patienten die hyperkinetischen Bewegungsstörungen häufig durch Bradykinese und Rigor ersetzt, bzw. durch diese überlagert (Bruyn 1986). In den tgHD Ratten konnte diese hypokinetische Phase nicht beobachtet werden, was daran liegen könnte, dass sich die Tiere zum Zeitpunkt der Tötung noch nicht im Endstadium der Erkrankung befan-den.

Für die R6/2-HD und die full-length HD Mausmodelle wurden hingegen hypokinetische Phasen beschrieben (Carter et al. 1999; Slow et al. 2003). Allerdings entsprechen diese Mausmodelle mit etwa 150 CAG-Repeats eher der juvenilen HD Form, welche sich häufig ohne Hyper-aktivität, sondern direkt mit Rigor und Bradykinese manifestiert (Louis et al. 2000).

Neben der Grundaktivität über den gesamten Tag wurde in der vorliegenden Arbeit auch eine Differenzierung der Hell- und Dunkelzyklusaktivität vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass die tgHD Tiere im Verlauf ebenfalls im Hellzyklus, welcher der Ruhe-/Schlafphase bei Ratten ent-spricht, signifikant aktiver waren als deren Kontrolltiere.

Schlafstörungen werden von mehr als 80% der HD Patienten angeben, wie Taylor et al. in ihrer Studie berichten (Taylor and Bramble 1997). Diese Störungen zeigen sich insbesondere durch häufiges Erwachen aus dem Schlaf und damit verbundener Müdigkeit am Folgetag (Wiegand et al. 1991; Silvestri et al. 1995). Die vermehrte Aktivität der tgHD Ratten im Hellzyklus könnte als gestörte Schlafphase interpretiert werden und somit einen weiteren Aspekt der humanen HD darstellen. Kürzlich konnte außerdem gezeigt werden, dass bei HD Patienten zusätzlich der REM (Rapid Eye Movement) Schlaf gestört ist, in der Form, dass dessen Anteil am Gesamt-schlaf reduziert ist (Arnulf et al. 2008). Bereits bei der R6/2-HD Maus konnte ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus gezeigt werden (Morton et al. 2005; Pallier et al. 2007), der mit einem deutlichen Verlust an Orexin-A+ Neuronen im Hypothalamus einherging (Petersen et al. 2005).

Des Weiteren wurde bei der R6/2-HD Maus eine narkolepsie-ähnliche Symptomatik beschrie-ben, welche bei HD Patienten jedoch nicht zu sehen war (Arnulf et al. 2008). Weitere Untersu-chungen über mögliche Mechanismen des veränderten circadianen Rhythmus der tgHD Ratten stehen noch aus. So soll die Expression verschiedener Rezeptoren (z.B. Adenosin A1, Serotonin 5-HT2A, adrenerger 2) im Hypothalamus und im basalen Vorderhirn sowie die Anzahl an Ore-xin-A+ Neuronen im Hypothalamus und cholinerger Neurone im basalen Vorderhirn untersucht werden. Für beide Regionen ist eine bedeutende Rolle in der Regulation des Schlaf-Wach-Rhythmus gezeigt worden (Jones 2008; Szymusiak and McGinty 2008).