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Hochwasserschutzanlagen

Im Dokument Nebengewässer der Elbe (Seite 79-82)

4.  Nebenflüsse der Unterelbe

4.1  Hochwasserschutz und Entwässerung des Hinterlandes

4.1.1  Hochwasserschutzanlagen

Die wesentlichen Anlagen zum Schutz des Hinterlandes der Nebenflüsse vor Überflutungen sind die Deiche (Abbildung 35) entlang der Ufer der Nebenflüsse und Sperrwerke an den Mündungen (Abbildung 36). Die Höhen der Deiche variieren in Abhängigkeit des Nebenflusses und der Lage vor oder hinter dem Sperrwerk zwischen rd. 3,5 m ü. NHN und rd. 8,0 m ü. NHN. Am höchsten sind die Deichabschnitte vor den Sperrwerken, d.h. zwischen Sperrwerk und Elbdeich, die weiterhin den Sturmflutbelastungen ausgesetzt sind. Auf der Binnenseite der Sperrwerke haben die Deiche entweder ein konstantes oder ein in Richtung Oberstrom leicht abnehmendes Höhenniveau. Die Längen der Deiche variieren vor allem in Abhängigkeit der Länge der Nebenflüsse. Tabelle 8 fasst die Längen der Deichlinien hinter den Sperrwerken zusammen. Die Oste verfügt mit 124,2 km über die längste Deichlinie, die Schwinge mit 6,4 km über die kürzeste. Insgesamt haben die Deiche an den Nebenflüssen der Unterelbe eine Gesamtlänge von knapp 400 km, was die heutige Länge der Elbdeiche zwischen der Nordsee und dem Wehr bei Geesthacht von knapp 270 km deutlich übertrifft.

Abbildung 35: Deich an der Krückau

Tabelle 8: Übersicht über Sperrwerke und Deichlängen an Nebenflüssen der unteren Tideelbe (Daten:

WSV, LKN SH, NLWKN) Fluss Länge der

Deichlinie hinter dem Sperrwerk in

km

Baujahr

Sperrwerk Schließwasserstand

in NHN Betreiber

Oste 124,2 1968 2,45, ggf. abhängig

vom Oberwasser WSA Cuxhaven

Stör 107,8 1975 2,4 LKN SH

Krückau 23,4 1969 2,2 LKN SH

Pinnau 37,3 1969 2,2 LKN SH

Schwinge 6,4 1971 2,4 NLWKN

Lühe 24,6 1968 2,2 und abhängig

vom Oberwasser NLWKN

Este 20,1 2000 2,8 HPA

Summe 392,8

Eine entsprechend hohe Bedeutung ist daher den in den 1960er und 1970er Jahren errichteten Mündungssperrwerken beizumessen. Durch deren Schließung im Sturmflutfall wird die Länge der Deichlinie, die den Sturmflutwasserständen ausgesetzt ist, deutlich verkürzt wird. Die Deiche stromauf der Sperrwerke zählen seit deren Inbetriebnahme zur zweiten Deichlinie. Sie werden in Niedersachsen als Schutzdeiche und in Schleswig-Holstein als Mitteldeiche bezeichnet. Der wesentliche Unterschied für die Deiche liegt in der Art und der Höhe der Belastungen, denen sie ausgesetzt sind. Vor der Inbetriebnahme der Sperrwerke wurden die Deiche mehrmals pro Jahr hohen Sturmflutwasserständen und den damit einhergehenden hohen Belastungen aus Wasserdruck, Strömungen und Wellen ausgesetzt.

Durch den Betrieb der Sperrwerke werden die Deiche deutlich seltener hohen Belastungen ausgesetzt, nämlich nur noch dann, wenn der Oberwasserabfluss infolge einer lange andauernden Sperrwerksschließung zu einem Aufstau führt. Außerdem sind die Belastungen im diesem Fall insgesamt geringer, da die Wasserstände infolge Aufstau des Oberwassers in der Regel geringer ausfallen als die Sturmflutwasserstände. Zudem sind die Strömungsgeschwindigkeiten bei geschlossenem Sperrwerk deutlich geringer als im Fall einer frei einlaufenden Sturmflut.

Bedingt durch die geringeren Belastungen waren in den letzten Jahrzehnten keine Anpassungsmaßnahmen wie Deicherhöhungen erforderlich, so dass die Deichhöhen in der Regel den Standard und das Schutzniveau der 1960er und 1970 Jahre aufweisen. Im selben Zeitraum wurden die Deiche und Schutzanlagen entlang der Elbe mehrfach erhöht und optimiert (LSBG 2012). Die Lage der Sperrwerke einige hundert Meter stromauf der Mündung, bzw. unmittelbar an der Mündung, ergibt sich nach (Gätjen 1977) aus mehreren Faktoren. Bei der Planung wurden folgende Kriterien berücksichtigt:

i) Starke Verkürzung der ersten Deichlinie ii) Ausreichend Stauraum für das Oberwasser iii) Gerade Anlaufstrecke für die Schifffahrt iv) Baugrundverhältnisse

Um die Schifffahrt während der Bauzeit möglichst wenig zu beeinflussen, wurden die Sperrwerke soweit möglich in einem neuen Durchstich errichtet. Der nach Inbetriebnahme des Sperrwerks überflüssig gewordene alte Flusslauf wurde verfüllt. In den meisten Fällen ergaben sich durch den neuen Durchstich eine Verkürzung sowie eine Begradigung des Flusslaufes (Gätjen 1977).

Die Dimensionierung der Durchflussquerschnitte erfolgte mit dem Ziel, die vorhandenen Querschnitte im Mündungsbereich möglichst wenig zu verbauen. Entsprechend der Breite der Querschnitte verfügen die Sperrwerke über eine oder mehrere Öffnungen. Jedes Sperrwerk verfügt über mindestens eine Schifffahrtsöffnung, deren Breite und deren Drempelhöhe an die Belange der Schifffahrt angepasst sind. Diese Öffnung wird durch zwei Stemmtorpaare verschlossen. Einige Sperrwerke haben zusätzliche Durchflussöffnungen, die entweder mit Hubtoren oder Segmentverschlüssen versehen sind. Alle Öffnungen sind mit zwei unabhängig voneinander angetriebenen Verschlüssen versehen, um eine doppelte Torsicherheit zu erzielen (Gätjen 1977). Für weitere detaillierte Ausführungen wie z.B. Konstruktionsdetails und Ausrüstung sei an dieser Stelle auf (Gätjen 1977) verwiesen.

Die Sperrwerke an den Mündungen der Nebenflüsse (Abbildung 36) haben neben ihrer Hauptaufgabe – dem Schutz der Niederungen entlang der Nebenflüsse vor Überflutungen – weitere Aufgaben, wie

z.B. die Berücksichtigung der Belange der Land- und Wasserwirtschaft, der Schifffahrt sowie des Naturschutzes (NLWKN 2007).

Abbildung 36: Das geschlossene Krückau-Sperrwerk, Blick in Richtung Elbe

Die Aufgaben und die zur Umsetzung erforderliche Betriebsweise sind für jedes Sperrwerk in Form einer Betriebsordnung geregelt. Beispielsweise besagt die Betriebsordnung des Krückau-Sperrwerks:

„Das Sperrwerk soll […] verhindern, dass das Stadtgebiet von Elmshorn und die Krückau-Niederung durch Sturmfluten gefährdet oder durch Zusammentreffen hoher Oberwasserzuflüsse mit ungünstigen Tiden beeinflusst werden. […] Das Sperrwerk muss so rechtzeitig geschlossen werden, dass ein für die Zeit der Schließung genügend großer Stauraum für das Oberwasser zur Verfügung steht […].“ (Amt für ländliche Räume Husum 2007).

Prinzipiell sind nach (Gätjen 1977) drei Betriebsarten der Sperrwerke zu unterscheiden:

Die Vollsperrung, bei der die Tore zum Zeitpunkt des Tnw geschlossen werden,

die nachträgliche Vollsperrung, bei der die Tore geschlossen werden, wenn der Schließwasserstand erreicht ist und

die gedrosselte Sperrung, bei der die Tore nur zum Teil geschlossen werden.

Ein Sonderfall der gedrosselten Sperrung ist der Spülbetrieb, bei dem die Tore bei ablaufendem Wasser kurzzeitig ganz oder teilweise geschlossen werden, um einen Aufstau zu generieren. In dessen Folge durchströmt das angestaute Wasser den Sperrwerksbereich mit erhöhter Strömungsgeschwindigkeit, wodurch die Erosion von abgelagertem Material begünstigt wird.

Der Regelfall an den Nebenflüssen der Tideelbe ist die nachträgliche Sperrung. Außerdem wird an einigen Sperrwerken (z.B. Äußeres Este-Sperrwerk) ein regelmäßiger Spülbetrieb gefahren.

Abbildung 37 gibt eine Übersicht über die Häufigkeiten von Schließungen der Mündungssperrwerke ausgewählter Nebenflüsse der Tideelbe im Zeitraum 1990-2010. In der Darstellung sind nur

Vollsperrungen und nachträgliche Vollsperrungen berücksichtigt. An der linken Ordinate kann die absolute und an der rechten Ordinate die relative Häufigkeit der gesperrten Tiden pro Jahr abgelesen werden. Letztere basiert auf der Annahme von 706 Tiden pro Jahr. Am häufigsten wird das Lühe-Sperrwerk geschlossen (120 Sperrungen), am seltensten das Stör- sowie das Oste-Lühe-Sperrwerk (26 bzw.

34 Sperrungen). Je nach Sperrwerk werden im Mittel zwischen 5% und 15% der Tiden pro Jahr gesperrt. Mit Ausnahme der Oste (im Jahr 2009) ist an allen Sperrwerken die minimale Anzahl an Sperrungen im Jahr 1996 zu verzeichnen. In diesem Jahr waren zwischen zwei und zehn Prozent aller Tiden beeinflusst. Die maximale Anzahl der Sperrungen trat in unterschiedlichen Jahren auf (Stör und Este im Jahr 1990, Oste 2001, Krückau und Pinnau 2002, Schwinge und Lühe 2007). Im Jahr der maximalen Anzahl der Sperrungen waren 9% bis 25% aller Tiden beeinflusst. Die verhältnismäßig großen Standardabweichungen zeigen die starke Streuung innerhalb der Jahre.

Abbildung 37: Durchschnittliche Anzahl der Schließungen pro Jahr (Zeitraum 1990 - 2010) ausgewählter Mündungssperrwerke von Nebenflüssen der Unterelbe (Daten: WSA Hamburg)

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