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Beschreibung und Auswahl der Lastfälle

Im Dokument Nebengewässer der Elbe (Seite 114-117)

4.  Nebenflüsse der Unterelbe

4.3  Statistische Auswertung und Einordnung seltener Schließereignisse

4.3.1  Beschreibung und Auswahl der Lastfälle

In der derzeitigen Praxis werden im Rahmen der Ausweisung der Überschwemmungsgebiete Annahmen bezüglich der Größe des Zuflusses und der Dauer der Sperrung getroffen. Die Größe des Zuflusses aus dem Einzugsgebiet des Oberlaufes wird durch ein statistisches Hochwasserereignis vorgegeben, z.B. ein Ereignis mit einem Wiederkehrintervall von fünf Jahren (HQ5) (BUE 2015). Für die Größe des Zuflusses über die Schöpfwerke werden zumeist pauschale Annahmen getroffen, da aufgrund mangelnder Daten in der Regel keine genaueren Auswertungen über Betriebszeiten oder Fördermengen bei variierendem Außenwasserstand vorliegen. Bei der Festlegung der Dauer der Sperrung wird von einer Kettentide in der Elbe ausgegangen, die mehrere hohe Tnw und Thw in Folge umfasst, wodurch keine oder nur eine eingeschränkte Entwässerung stattfinden kann (Golder Associates 2011; BWS GmbH 2015). Im weiteren Verlauf werden zwei Lastfälle näher untersucht, die angelehnt sind an die in der Praxis verwendeten.

4.3.1.1 Lastfall A

Lastfall A setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

Binnenzufluss: Scheitelwert eines HQ5, Verlauf der Ganglinie entsprechend eines real aufgetretenen charakteristischen Ereignisses, ungünstige zeitliche Überlagerung mit der Sperrung, d.h. die maximale Fülle, die während der Sperrdauer auftreten kann, entwässert während der Sperrung.

Schöpfwerkszufluss: 60% der nominellen Förderleistung während der gesamten Dauer der Sperrung.

Sperrdauer: Schließung bei Schließwasserstand laut Betriebsordnung des Sperrwerks, keine Entwässerungsmöglichkeit über zwei Thw und ein Tnw, Beginn der Entwässerung im Ebbast nach dem zweiten Thw.

Die Annahmen zur Definition des ausgewählten Lastfalls A sind in Abbildung 69 verdeutlicht. Hier sind die Verläufe der Ganglinien des Außen- und Binnenwasserstandes sowie des Binnenabflusses und des Schöpfwerkszuflusses dargestellt.

Abbildung 69: Ganglinien Lastfall A, schematische Darstellung

Die Sperrung beginnt im Flutast des ersten Thw der Kettentide mit der Schließung des Sperrwerks.

Der Wasserstand, bei dem die Schließung erfolgt, ist in der jeweiligen Betriebsordnung des Sperrwerks festgelegt (Abschnitt 4.1.1). Unmittelbar nach Beginn der Sperrung fällt der Binnenwasserstand leicht ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei Flutstrom im Unterlauf des Nebenflusses ein Wasserspiegelgefälle in Richtung stromauf besteht. Durch die Sperrung erhält die Strömung keinen weiteren Impuls aus dem Flutstrom der Elbe. In der Folge kommt es binnenseitig zu einer Beruhigung der Strömung und einem Ausspiegeln des Wasservolumens. Aufgrund des zuvor vorhandenen Wasserspiegelgefälles in Richtung Oberstrom, liegt der ausgespiegelte Wasserstand (Ruhewasserstand) unterhalb des Schließwasserstandes.

Der Binnenabfluss sowie der Schöpfwerkszufluss sorgen für einen Anstieg des Wasserspiegels, wobei die Anstiegsrate vom zufließenden Wasservolumen und dem vorhandenen Stauraum abhängt. Nach dem ersten Thw fällt der Außenwasserstand ab und nähert sich dem Niveau des Binnenwasserstandes.

Nach etwa neun Stunden tritt das erste Tnw der Kettentide ein. Da die Annahme besagt, dass keine Entwässerung stattfindet, muss die Höhe des Tnw mindestens das Niveau des Binnenwasserstandes erreichen. Anschließend bleibt das Sperrwerk noch über das zweite Thw der Kettentide geschlossen, bis schließlich im Verlauf des zweiten Ebbastes der Kettentide eine Entwässerung erfolgen kann. Für den beschriebenen Verlauf ergibt sich eine Gesamtdauer der Sperrung von etwa 18 h.

4.3.1.2 Lastfall B

Lastfall B setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:

Binnenzufluss: Scheitelwert eines HQ5, Verlauf der Ganglinie entsprechend eines real aufgetretenen charakteristischen Ereignisses, ungünstige zeitliche Überlagerung mit der Sperrung, d.h. die maximale Fülle, die während der Sperrdauer auftreten kann, entwässert während der Sperrung.

Schöpfwerkszufluss: 60% der nominellen Förderleistung während der gesamten Dauer der Sperrung.

Sperrdauer: Schließung bei Schließwasserstand laut Betriebsordnung des Sperrwerks, keine Entwässerungsmöglichkeit über drei Thw und zwei Tnw, Beginn der Entwässerung im Ebbast nach dem dritten Thw.

Die Annahmen zur Definition des ausgewählten Lastfalls B sind in Abbildung 70 verdeutlicht. Hier sind die Verläufe der Ganglinien des Außen- und Binnenwasserstandes sowie des Binnenabflusses und des Schöpfwerkszuflusses dargestellt.

Abbildung 70: Ganglinien Lastfall B, schematische Darstellung

Die Sperrung beginnt im Flutast des ersten Thw der Kettentide mit der Schließung des Sperrwerks.

Der Wasserstand, bei dem die Schließung erfolgt, ist in der jeweiligen Betriebsordnung des Sperrwerks festgelegt (Abschnitt 4.1.1). Unmittelbar nach Beginn der Sperrung fällt der Binnenwasserstand leicht ab (siehe Lastfall A). Der Binnenabfluss sowie der Schöpfwerkszufluss sorgen für einen Anstieg des Wasserspiegels, wobei die Anstiegsrate vom zufließenden Wasservolumen und dem vorhandenen Stauraum abhängt. Nach dem ersten Thw der Kettentide fällt der Außenwasserstand ab und nähert sich dem Niveau des Binnenwasserstandes. Nach etwa neun Stunden tritt das erste Tnw der Kettentide (Tnw-1) ein. Da die Annahme besagt, dass keine Entwässerung stattfindet, muss die Höhe des Tnw-1 mindestens das Niveau des Binnenwasserstandes erreichen. Auch das zweite Tnw der Kettentide (Tnw), das nach etwa 21,5 h eintritt, muss mindestens das Niveau des Binnenwasserstandes nach 21,5 h erreichen. Anschließend bleibt das Sperrwerk noch über ein drittes Thw geschlossen, bis schließlich eine Entwässerung während des dritten Ebbastes der Kettentide erfolgen kann. Für den beschriebenen Verlauf ergibt sich eine Gesamtdauer der Sperrung von etwa 30 h.

4.3.1.3 Wasserstände

Die Höhen, die das Tnw (Lastfall A) bzw. die beiden Tnw (Lastfall B) mindestens erreichen müssen damit keine Öffnung des Sperrwerks möglich ist, sind zunächst noch unbekannt. Diese können entweder mit Hilfe des hydrodynamisch-numerischen Modells ermittelt oder vereinfacht auf der Grundlage der W-V-Beziehung (Abschnitt 4.2.1) abgeschätzt werden. In Abbildung 71 sind die mit Hilfe der hydrodynamisch-numerischen Modelle simulierten Wasserstandsganglinien an den Binnenpegeln der Mündungsschöpfwerke dargestellt. Außerdem sind an den Wasserstandsganglinien die Zeitpunkte gekennzeichnet, zu denen die beiden Tnw erwartet werden (Tnw-1 nach 9,0 Stunden, Tnw nach 21,5 Stunden). Aus den zu diesem Zeitpunkt vorherrschenden Wasserständen ergeben sich die Mindesthöhen der beiden Tnw im Verlauf des Außenwasserstandes. Die bei den Berechnungen angesetzten Randbedingungen sind in Tabelle 15 zusammengefasst.

Die Sperrwerke werden im Modell gemäß der aktuell gültigen Betriebsordnungen gesteuert. Das Krückau-Sperrwerk schließt bei 2,2 m ü. NHN. Das Äußere Este-Sperrwerk schließt bei 2,6 m ü. NHN. Zu diesem Zeitpunkt ist das Innere Este-Sperrwerk bereits geschlossen. Gemäß

Schließordnung wird das Innere Este-Sperrwerk bei sehr schweren Sturmfluten in Verbindung mit hohem Oberwasserzufluss bereits beim Tnw vor Einsetzen der Sturmflut geschlossen (Fröhle und Nehlsen 2013). Der entstandene Stauraum reicht aus, um den Binnenabfluss für etwa 14 h aufzunehmen. Erst dann öffnet das Innere Este-Sperrwerk, wodurch nun auch der Binnenwasserstand am Äußeren Este-Sperrwerk ansteigt. Zuvor stagniert dieser bei 2,6 m ü. NHN, da keine Schöpfwerke in den Bereich der Este zwischen den Sperrwerken entwässern. Das Fehlen des typischen Absperrsunks in der Ganglinie des Wasserstands auf der Binnenseite des Äußeren Este-Sperrwerks ist ebenfalls darauf zurückzuführen, dass das Innere Este-Sperrwerk bereits vorher geschlossen wurde.

Aufgrund der kurzen Distanz zwischen den Sperrwerken strömt nach der Schließung des Inneren Este-Sperrwerks nur noch vergleichsweise wenig Wasser in die Este. Damit ist auch die Strömungsgeschwindigkeit zu gering, um beim Schließen des Äußeren Este-Sperrwerks einen merkbaren Sunk hervorzurufen.

Abbildung 71: Simulierte Wasserstandsganglinien an den Binnenpegeln der Sperrwerke während des ausgewählten Lastfalls (HQ5 plus 60% Schöpfwerksleistung bei zwei gesperrten Tnw in Folge)

Tabelle 15: Randbedingungen bei der Simulation des Binnenwasserstands während der ausgewählten Lastfälle

Este Krückau

Scheitelabfluss

Hochwasserereignis (HQ5) Q = AE, Emmen/ AE, Bux * HQ5,Emmen

=1,64 * 9,98 = 16,37 m³/s Q = HQ5,A23 + HQ5,Offenau

= 12,92 +3,2 = 16, 12 m³/s Fülle der Ganglinie HQ vom 18./19.07. 2002 HQ vom 28./29.10.1998 Zufluss über die Schöpfwerke

(60% der nominellen Gesamtleistung)

8,0 m³/s 12,1 m³/s

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