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Flussbauliche Maßnahmen

Im Dokument Nebengewässer der Elbe (Seite 48-51)

3.  Unterelbe

3.2  Flussbauliche Maßnahmen

Seit dem Beginn der intensiven Besiedlung der Gebiete entlang der Unterelbe um ca. 1000 n. Chr.

werden flussbauliche Veränderungen an der Unterelbe, deren Einzugsgebiet und den Nebenflüssen vorgenommen. Flussbauliche Veränderungen lassen sich grundsätzlich unterscheiden in i) Maßnahmen zur Sicherung des Siedlungs- und des landwirtschaftlich genutzten Raumes und ii) Maßnahmen zur Verbesserung der Schiffbarkeit.

3.2.1 Sicherung des Siedlungs- und des landwirtschaftlich genutzten Raumes Die Fertigstellung einer geschlossenen Deichlinie im Bereich der Elbmarsch im 12. und 13. Jh.

verwandelte das (nun ehemalige) Schwemmland in Deichhinterland, das fortan nicht mehr regelmäßig überspült wurde. Dementsprechend lagerten sich keine Schwebstoffe mehr ab und das Anwachsen der Marschflächen war beendet. Mit der Errichtung der Deich wurde der Bau von Anlagen zur Entwässerung der Flächen im Deichhinterland erforderlich. Ein künstliches Vorflutersystem aus Grüppen, Wettern und Kanälen wurde angelegt, um Niederschlags- und Grundwasser zu sammeln und in die Vorfluter zu entwässern. Die Entwässerung durch den Deich wurde zunächst über Siele bewerkstelligt. Ab dem 16. Jh. kamen immer mehr Schöpfmühlen hinzu. Im 20. Jh. wurden diese zunächst durch Dampfschöpfwerke und später durch elektrisch betriebene Schöpfwerke abgelöst (Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 2015).

Heute erfolgt die Entwässerung der Elbmarsch größtenteils über Schöpfwerke (AG Niederungen 2050 2014). Durch die fortwährende Entwässerung des Deichhinterlandes traten vor allem im Bereich mooriger Untergründe Setzungen auf, wodurch die Höhe des Deichhinterlandes im Verhältnis zum mittleren Wasserstand der Elbe immer weiter abnahm (Eichweber 2005). Im Bereich der Elbmarsch sind vor allem Flächen der Wilstermarsch, die zwischen dem

Nord-Ostsee-Kanal (NOK) und der Stör liegt, von Setzungen betroffen (Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 2015).

In der Folge der schweren Nordseesturmfluten Ende Januar 1953, die vor allem in den Niederlanden und Flandern enorme Schäden verursachte, und im Februar 1962, die die deutsche Nordseeküste und die Elbe sehr schwer traf, wurde die Küstenschutzstrategie im Bereich der deutschen Nordseeküste überarbeitet. Die neue Strategie sah unter anderem eine deutliche Verkürzung der ersten Deichlinie der Elbe durch Vordeichungen und die Errichtung von Sturmflutsperrwerken an den Mündungen der Nebenflüsse vor (Schleswig-Holstein Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1963); (Niedersachsen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1962). Eine verkürzte Deichlinie führt insgesamt zu einem geringeren Unterhaltungsaufwand, erleichtert die Deichverteidigung und vermindert nicht zuletzt das Schadensrisiko (Gätjen 1977).

Nach dem Abschluss der Errichtung der Sperrwerke und weiteren Vordeichungen beträgt die Länge der ersten Deichlinie an der Elbe rund 270 km. Mit der Verkürzung der Deichlinie gingen der Verlust von Flutraum und Ablagerungsflächen für Sedimente einher (Thode und Eichweber 2011). Insgesamt wurden an der Unterelbe zwischen 1967 und 1982 ca. 140 km² Außendeichsflächen durch Vordeichungen zu Binnendeichsflächen (Jorzick et al. 1989;

Deutschland und Planungsgruppe Ökologie + Umwelt Nord 1997). Zwischen 1955 und 2007 wurden der Flutraum und die Außendeichsflächen der Elbe durch Küstenschutzmaßnahmen sogar um mehr als 200 km² verringert (Freitag et al. 2007, MLUR 2011). Die wesentlichen Baumaßnahmen zur Sicherung des Siedlungs- und landwirtschaftlich genutzten Raumes sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 3: Baumaßnahmen in und an der Unterelbe zur Sicherung des Siedlungs- und des landwirtschaftlich genutzten Raumes (aus Kappenberg und Fanger 2007, ergänzt nach Siefert 1998,

Eichweber 2005 und IKSE 2005)

Jahr Baumaßnahme

Ab 11. Jh. Erste Runddeiche

12./13. Jh. Geschlossene Deichlinie um die Elbe

Nach 1300 Abdämmung der Gose Elbe

1471 Abdämmung der Dove Elbe

16. Jh. Deicherhöhungen für ganzjährigen Hochwasserschutz

1951 Abtrennung der Gose- und Dove Elbe durch Bau der Tatenberger Schleuse 1962 Abdämmung der Alten Süderelbe im Bereich Finkenwerder zum Mühlenberger Loch Nach 1962 Eindeichung mehrerer Nebenelben: Borsteler Binnenelbe mit Hahnöfer Sand (1975) 1965-1970 Aufspülung Außendeichsflächen Bützflehter Sand

1967 Sturmflutsperrwerke Este, Lühe, Freiburger Hafenpriel

1968 Sturmflutsperrwerk Oste

1966-1969 Sturmflutsperrwerke Krückau, Pinnau

1967-1969 Vordeichung Niederungen von Krückau und Pinnau

1970-1972 Vordeichung Bützflehter Sand

1967-1976 Vordeichung/Deicherhöhung Nordkehdingen von der Ostmündung bis Freibug 1976-1978 Vordeichung/Deicherhöhung vom Asseler Sand und Krautsand

1978 Sturmflutsperrwerk Wischhafener Süderelbe, Siel am Ruthenstrom Krautsand

In den letzten Jahrzehnten wurden die Hochwasserschutzanlangen laufend ertüchtigt und optimiert. Die Basis hierfür sind langfristig angelegte Programme wie die Generalpläne Küstenschutz (Schleswig-Holstein, Niedersachsen) und das Bauprogramm für den Hochwasserschutz (Hamburg). Derzeit betragen die Deichhöhen entlang der Tideelbe 7,5 bis 9,25 m ü. NHN (Schleswig-Holstein 2013; NLWKN 2007, LSBG 2012).

3.2.2 Verbesserung der Schiffbarkeit

Neben der Nutzung der Ufer als Siedlungsraum und zu landwirtschaftlichen Zwecken wurde die Unterelbe intensiv als Handelsweg genutzt. Wichtige Handelsplätze um ca. 1000 n. Chr. Waren die Städte Hamburg, Bardowick, Buxtehude, Itzehoe und Stade (Rohde 1971). Während alle anderen wichtigen Handelsplätze an Nebenflüssen der Elbe lagen, hatte Hamburg einen direkten Zugang zur Elbe. Mit zunehmenden Schiffsgrößen wurde dies zu einem immer bedeutsameren Vorteil gegenüber den anderen Handelsplätzen, da die Wassertiefen in der Elbe größer waren als in den Nebenflüssen. Dementsprechend konnten andere Handelsplätze von Schiffen ab einer gewissen Größe nicht mehr problemlos angefahren werden. Jedoch reichten auch die Wassertiefen der Elbe mit der Zeit nicht mehr aus. Die immer weiter zunehmende Größe des Hamburger Hafens und der Schiffe, die die Unterelbe befuhren, machten schließlich auch in der Elbe zunehmende Unterhaltungs- und Ausbaumaßnahmen erforderlich, wie z.B.:

 Fahrrinnenbegradigungen, -vertiefungen und -verbreiterungen

 Bau von Strombauwerken

 Aufspülen von Sänden

 Bau von Hafenanlagen, inklusive der Verfüllung von Hafenbecken.

Bis zum 19. Jahrhundert beschränkten sich die Maßnahmen weitgehend auf das Hamburger Stromspaltungsgebiet, bevor schließlich auch der Ausbau der unteren Tideelbe erforderlich wurde (Rohde 1971). Die erste Fahrrinnenvertiefung der unteren Tideelbe erfolgte im Jahr 1859 auf 5,3 m unter MThw. Etwa 100 Jahre später war die Fahrrinne durchgehend auf 10 m unter MThw ausgebaut. Zwischen 1957 und 2000 erfolgten vier weitere Vertiefungen auf letztendlich 14,4 m unter MTnw. Beim Vergleich der Tiefen ist zu beachten, dass das zugrunde gelegte MTnw seit den 1950er Jahren vor allem in dem stromauf gelegenen Abschnitt mehrfach nach unten korrigiert wurde. Dadurch fällt die absolute Vertiefung noch größer aus. Tatsächlich betrug die Vertiefung der Hamburger Delegationsstrecke von 10 m unter MTnw auf 13,5 m unter MTnw zwischen 1950 und 1978 nicht 3,5 m sondern 4,3 m (Siefert 1998). Abschnittsweise Verbreiterungen der Fahrrinne erfolgten nicht nur im Rahmen der Vertiefungen, sondern auch im Rahmen von Deichbau- und Aufspülungsmaßnahmen. Im Zeitraum zwischen 1950 und 1995 wurden insgesamt 120 Mio. m³ Material aus der Elbe für derartige Maßnahmen entnommen (Siefert 1998). Mit den Fahrrinnenvertiefungen gingen Maßnahmen zur Stromregulierung einher, wie z.B. der Bau von Leitdämmen oder das Aufspülen von Sänden und Inseln, wodurch der Abfluss auf den Hauptstrom konzentriert wurde. Außerdem führten Umstrukturierungen im Hamburger Hafen dazu, dass die wasserseitigen Hafenflächen insgesamt um ca. 85 ha abnahmen (Siefert 1998). Die wesentlichen Baumaßnahmen zur Verbesserung der Schiffbarkeit der Unterelbe sind in Tabelle 4 zusammengestellt.

Tabelle 4: Baumaßnahmen in der Unterelbe zur Verbesserung der Schiffbarkeit (aus Kappenberg und Fanger 2007, ergänzt nach Rohde, Siefert 1998, Eichweber 2005 und IKSE 2005)

Jahr Baumaßnahme

9. Jh. Erste Hafenanlagen

15. Jh. Erste Inseldurchstiche und Flussregulierungen (Norderelbe, Alster)

1604 Vervollständigung der Norderelbe

1616 Steinschüttungen bei Scheelenkuhlen, Brokdorf, Hollerwettern

1730 Leitdamm bei der Kugelbaake in Cuxhaven

1859 Fahrrinnenvertiefung auf 5,3 m unter MTnw

1886/87 Fahrrinnenvertiefung im Bereich Blankeneese auf 6,0 m unter MTnw; im Bereich zwischen Altona und Branshausen (Stadersand) auf 8,0 m unter MTnw 1887-1910 Fahrrinnenvertiefung (teilweise) bis zu 10 m unter MTnw 1906-1914 Aufspülung von Schweinesand und Hanskalbsand

1914-1920 Aufspülung von Lühesand

1922-1930 Aufspülung von Pagensand

1934-1936 Errichtung Trischendamm

1936-1950 (mit Kriegsunterbrechung) Ausbau durchgängig auf 10 m unter MTnw 1953-1959 Ausbau Rhinplatte als Maßnahme des 10-m-Ausbaus

1960 Bau des Wehres Geesthacht

1957-1962 Fahrrinnenvertiefung auf 11 m unter MTnw

1967/68 Verbindung von Hanskalbsand und Neßsand durch einen Spüldamm auf 1 m über MThw 1964-1969 Fahrrinnenvertiefung auf 12 m unter MTnw

1964-1969 Ufervorspülungen vom Störleitdamm bis zum Bütteler Hafenpriel

1970-1974 Ufervorspülungen/Befestigungen und Aufspülung einer Pionierinsel in der Lühesander Süderelbe

1972-1977 Aufspülung der Wattflächen „Schwarztonnensand“

1974-1978 Fahrrinnenvertiefung auf 13,5 m unter MTnw, Aufspülungen: Hollerwettern-Scheelenkuhlen, Vorland Glücksstadt, Fährmannssand, Hanskalbsand-Neßsand

1978-1981 Aufspülung von Pagensand

1983-1985 Errichtung von Flügeldämmen zur Nebenelbe im Bereich der Rhinplatte

1987-1989 Instandsetzung des Leitdammsystems Pagensand-Nord und Bau eines neuen Leitdamms

Bis1992 Abgrabung Schwarztonnensand

1993 Fahrrinnenvertiefung durch das Freiburger Watt an Fahrrinnentiefen des Freiburger Hafenpriels

1950-1995 Rückbau der wasserseitigen Hafenflächen um 85 ha 1991-2000 Fahrrinnenvertiefung auf 14,4 m unter MTnw

Im Dokument Nebengewässer der Elbe (Seite 48-51)