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In etwa Mitte der 1970er Jahre entstanden die ersten Grundzüge des Case Managements.

Chronisch psychisch Kranke als auch pflegebedürftige Personen wurden zunehmend aus

stationären Einrichtungen entlassen, da man der Meinung war, dass diese Art und Weise und das diese stationäre Unterbringung mit der Zeit nur zu unnötigen Kosten führt und im wesentlichen

11 mehr Schaden anrichten als Nutzen erbringen. Dadurch entstand aber auch viel Chaos, da für die PatientInnen auch weiterhin Versorgungsbedarf notwendig war. Durch Case Management wurde ein Versorgungsdienst geschaffen, welcher Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf die notwendige Unterstützung koordiniert möglich machte (Wendt 1999, S.14-15).

Ursprünge im US-amerikanischen Raum:

Ausgangslage ist die pluralistische Form der amerikanischen Sozial- und Gesundheitssteuerung.

Case Management hat sich in etwa um die 1963er Jahre entwickelt und etabliert und dies auch in pflegerischen Sektoren. Zuerst wurde versucht von Seiten des Staates zu steuern, jene Sparmaßnahmen führten jedoch zu erheblichen Zugangsbarrieren für sozial Schwächere.

Somit wurden folgende Faktoren für die Entwicklung von Case Management benannt:

- Weg von den großen Institutionen und hin zu gemeindenahen Angeboten

- PatientInnen oder Personen mit besonders schweren Schicksalsschlägen oder Problemen wie der Verlust des Arbeitsplatzes, Suchterkrankungen oder eine Verschuldung haben

Schwierigkeiten die richtigen Ressourcen zu finden und dann zu nutzen - lokale Anbieter lösen große Dienste ab

- Zugangsbarrieren welche die richtige Nutzung von Sozialdiensten hindern sollen so umgangen werden

- PatientInnen oder Personen welche kein beziehungsweise ein mangelndes soziales Netzwerk haben, brauchen eine umfassende Betreuung

- Steigende Kosten -

Aus gesundheitspolitischer Sicht konnte nun ein System geschaffen werden, welches das große Angebot an Dienstleistungen reduzieren soll und unnötige Kosten damit senken soll. Somit wurde das Ziel von Case Management die Entfernung von großen Institutionen, den Zugang zu Dienstleistungen zu verbessern und zusätzliche ambulante Dienste auszuweiten.

International wird Case Management als zielführende Lösungsstrategie gegen Probleme bei der Steuerung und Versorgung im Gesundheits- und Sozialbereich angesehen (Sambale 2005, S.90-92).

12 4.2 Grundzüge des Case Management

Sambale (2005, S.83) beschreibt Case Management laut Wendt (2002) wie folgt: Bei Case Management geht es um eine Prozessoptimierung und um gezielte Fallführung, aber auch darum Selbsthilfe anzusteuern und eine Durchsichtigkeit aller Abläufe zu gewährleisten. Laut Ewers und Schaeffer (2000) ist dies eine integrierte und kontinuierliche Versorgung welche auch den Vorstellungen der WHO endsprechen. Case Manager sind jeweils für die Koordination der Versorgung von einem individuellen Fall in einer bestimmten Zeitspanne verantwortlich. Es findet eine Bedarfserhebung aus unterschiedlichen Perspektiven durch die Nutzung aller verfügbaren Ressourcen statt. Danach wird die optimale Versorgung geplant, abgestimmt, kontrolliert, implementiert und zuletzt evaluiert (Sambale 2005, S.83-84). Laut Wendt (2002) steht „case“ in diesem Zusammenhang nicht für den Patienten/die Patientin, sondern für den individuellen Fall. Dieser Fall, das heißt die Situation in der sich der Patient/die Patientin befindet, ist der Gegenstand der Versorgungsleistungen (Sambale 2005, S.83).

Bei Case Management geht es um die Planung und um die Steuerung von diversen Aufgaben und Abläufen. Es wird von einer Fallebene und von einer Systemebene gesprochen (Wendt 1999, S.26-27).

In der Fallebene geht es um die problembehaftete Situation des Patienten/der Patientin. Der Patient/die Patientin steht mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt. Case Manager versuchen durch transsektorale Koordination Lösungen oder Verbesserungen zu erreichen. Ein Case Manager arbeitet meist in einer Einrichtung. Die zur Verfügung stehenden Programme der Organisation in welcher der Case Manager arbeitet sind ausschlaggebend für den Erfolg der Arbeit. Es ergeben sich unterschiedliche Voraussetzungen für eine PatientInnen- Begleitung im Krankenhaus und in der ambulanten Versorgung. Somit findet die Fallebene auf Mikro- und Mesoebene statt, das heißt es geht um einen Fall um einen individuellen Patienten/Patientin, und findet in den jeweiligen Organisationen beziehungsweise Einrichtungen statt (Ehlers 2011, S.27).

In der Systemebene findet die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren aus

verschiedenen Bereichen statt (Ehlers 2011, S.27). Hier schaltet sich das Care Management ein, welches versucht eine Versorgungssteuerung zu gewährleisten. Hier werden Prozesse und Strukturen verbessert um eine zielführende Fallsteuerung zu gewährleisten. Zum Beispiel die verbesserte Zusammenarbeit zwischen dem Hausarzt des Patienten/der Patientin und der

13 ambulanten Pflege. Die übergreifenden Tätigkeiten zwischen Fallebene und Systemebene

werden sehr oft durch den Tätigkeitsbereich Case Management übernommen. Die Systemebene findet auf der Makroebene statt, dass heißt in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Trägern und Institutionen bis hin zu politischen Ebenen (Ehlers 2011, S.27-29).

Case Manager orientieren sich vollkommen am Patienten/an der Patientin. Diese/r wird ganzheitlich betrachtet. Das heißt familiäre, körperliche, geistige, seelische und kulturelle Aspekte werden mit einbezogen. Ressourcen der individuellen Person werden identifiziert und Selbstbestimmung (Empowerment) wird gefördert (Ehlers 2011, S.14). Hierbei möchte ich auf den zentralen Begriff „Empowerment“ näher eingehen.

Empowerment

Nach Stark (1996) bedeutet Power, die Macht, Energie und Stärke einerseits der Politik und andererseits der persönlichen individuellen Weiterentwicklung. Weiters beschreibt er

Empowerment als die Erweiterung der vorhandenen Möglichkeiten von der einzelnen Person bis hin zu Gruppen. Der Fokus wird sowohl auf individuelle als auch auf kollektive

Kompetenzen fokussiert (Sambale 2005, S.47-48). Somit wird einerseits vom Empowerment der individuellen Person gesprochen und andererseits von der ganzen Gruppe. Vor allem bei PatientInnen zentrierten Beratungen bezieht sich Empowerment auf die individuelle Person.

Damit diese die Möglichkeit zu mehr Selbstbestimmung erlangen. Dazu ist es jedoch unumgänglich das jene einzelnen Personen für sich wahrnehmen und erkennen, dass sie erkennen in das sie Unterstützung benötigen, ihre Situation als ernst genug wahrnehmen um Hilfe in Anspruch zu nehmen und an die bevorstehende positive Veränderung glauben. Somit versucht man durch Empowerment PatientInnen beim Erkennen ihrer Probleme und dem finden von Lösungen zu unterstützen (Naidoo & Wills 2003, S.96).

Ein wesentlicher Bestandteil des Case Managements ist jedoch auch eine fortlaufende Versorgungskontinuität zu gewährleisten. Daher werden Ziele genau orientiert an den individuellen Patienten/Patientin angepasst. Dabei werden vorhandene Fähigkeiten und Fertigkeiten des Patienten/der Patienten aber auch der Angehörigen beziehungsweise

Bezugspersonen berücksichtigt. Es wird stets dabei geachtet eine gute Effizienz und Effektivität zu erreichen (Ehlers 2011, S.14-15).

14 Unter Effizienz wird die Relation von Kosten und Nutzen verstanden, das heißt waren das vorhandene Budget und die dafür aufgewendete Zeit in einem angepassten Verhältnis zum erreichten Nutzen.

Unter Effektivität werden die erreichten Ziele und die Wirkung der Versorgung verstanden (Naidoo & Wills 2003, S.360).

Um eine bestmögliche Versorgung und Unterstützung zu ermöglichen, wird vernetzt gearbeitet.

Dabei versucht der Case Manager sich an den Bedürfnissen des Patienten/der Patientin zu orientieren. Diese Vernetzung besteht aus einer Kooperation zwischen unterschiedlichen Partnern sowie Aufgabenbereichen und aus einer guten Koordination. Darunter wird die Steuerung und Abstimmung der Aufgabenbereiche und Partner verstanden. Neben der professionellen Hilfe ist jedoch auch die Unterstützung von sozialen Netzwerken, Familie und/oder Nachbarschaft von Bedeutung. Professionelle Dienste werden verknüpft mit sozialen Kontakten und Netzwerken. Alle vorhandenen Ressourcen werden so miteinander in

Verbindung gebracht (Ehlers 2011, S.14-15). Dadurch entsteht gezieltes Case Management (Ehlers 2011, S.14).

4.3 Unterschiedliche Funktionen im Case Management

Da Case Manager prinzipiell in unterschiedlichen Bereichen mit unterschiedlichen Zielgruppen arbeitet müssen sie auch unterschiedliche Rollen übernehmen. Eine jeweilige unterschiedliche Rolle wird abhängig vom jeweiligen Fall eingenommen. Somit kann der Case Manager die Rolle des „Gate Keepers“, des „Brokers“, des „advocate“ oder des „supporters“ einnehmen.

Wichtig hierbei ist es, dass die Fremd- und Selbstwahrnehmung übereinstimmen (Ehlers 2011, S.150-151).

Nun wird auf die einzelnen Funktionen des Case Managers näher eingegangen.

Der Case Manager ist so zu sagen die Schlüsselfigur um KlientInnen ausführlich zu informieren, weiter zu verweisen und im weiteren Vorgehen zu begleiten.

In den 1970ern und 1980ern haben diese Rolle meist Sozialarbeiter übernommen. Im

amerikanischen Raum übernahmen dies „registered nurses“. Jene Rolle des Case Managers war jedoch nach wie vor schwer von PflegerInnen oder HelferInnen zu differenzieren. Meist hat die

15 Übernahme all dieser Rollen, das heißt den Bedarf erkennen, Maßnahmen planen und diese auch ausführen zu einer Überforderung geführt. Daher wurden Möglichkeiten getestet dies zu vereinfachen. Eine Möglichkeit bestand nun darin den Nutzer, das heißt den Klienten/die Klientin oder die Bezugspersonen selber als Case Manager handeln zu lassen. Pflegende Angehörige müssen ohnehin alle möglichen Ressourcen aus dem privaten Umfeld des

Patienten/der Patientin aktivieren und zur Unterstützung heranziehen. Somit erschien es sinnvoll auch formelle Stellen und Ansprechpersonen an diese Pflegeperson zu überweisen. Somit

wurden die Autonomie der zu Pflegenden und deren pflegende Angehörige gestärkt (Wendt 1999, S.140-143).

Laut Ehlers (2011, S.19) nehmen Case Manager 4 verschiedene Rollen ein. Darunter zählen die Führsprecherfunktion, die vermittelnde Funktion, die selektierende Funktion und die

unterstützende Funktion.

Die Führsprecherfunktion (Advocacy)

Hier richtet sich die Arbeit Großteils an jene Personen die sozial benachteiligt sind und durch ihre Lebensumstände alleine keine Möglichkeit haben eine Änderung der Situation

beziehungsweise Hilfe zu erreichen (Ehlers 2011, S.19). Sie arbeiten so zu sagen als „Anwalts- Vertretung“ (Frommelt & Klie 2008, S.9).

Die vermittelnde Funktion (Broker)

Hier richtet sich der Arbeitsschwerpunkt auf die Beratung und Vermittlung von passenden Stellen. Sie informieren PatientInnen ausführlich über alle Möglichkeiten der Versorgung. Daher ist es von großer Bedeutung, dass Case Manager unabhängig agieren können und nicht

Angestellte von diversen Leistungserbringern sind. So können Verweisungen aus Kostengrüden stattfinden und nicht auf Grund der besten Versorgungsmöglichkeit (Ehlers 2011, S.19). Diese Arbeit kann man zum besseren Verständnis auch als Makler- Aufgaben bezeichnen (Frommelt

& Klie 2008, S.9).

Die selektierende Funktion (Gate Keeper)

Hier geht es um den gerechten Zugang zu diversen Einrichtungen. Der Case Manager versucht die Zugangsmöglichkeiten abgestimmt für den Patienten/die Patientin zu optimieren. Auch hier kommen immer wieder individuelle und finanzielle Interessenskonflikte auf (Ehlers 2011, S.

20). Das heißt Case Manager versuchen Leistungsbereiche und Lösungen zu optimieren, und jene die für den Patienten/die Patientin zugänglich sind beziehungsweise nicht zugänglich sind

16 zu unterscheiden (Frommelt & Klie 2008, S.9).

Die unterstützende Funktion (Social support)

Der Case Manager versucht den Patienten/die Patientin dazu anzuregen selbstständig Tätigkeiten wie beispielsweise Telefonate durchzuführen um die Selbstbestimmung der PatientInnen zu verstärken (Ehlers 2011, S.20). Soziale Unterstützung als auch die

bestmöglichen Lösungsalternativen werden versucht mit allen Beteiligten gefunden zu werden (Frommelt & Klie 2008, S.9).

4.4 Vorgehen

Zu allererst wird in 3 unterschiedlichen Strategien unterschieden, der Fallarbeit, die Arbeit in den Organisationen und die Netzwerkarbeit. Wie auch in vielen anderen prozessorientierten Vorgehen wird zuerst geplant dann umgesetzt, dann geprüft und zum Schluss verbessert (Ehlers 2011, S.30).

Die einzelnen Arbeitsphasen können in einem Modell dargestellt werden, dem so genannten Arbeitsphasenmodell (Ehlers 2011, S.31).

Abbildung 1: Arbeitsphasenmodell

(Ehlers 2011, S.31)

17 In der Klärungsphase wird überprüft ob für PatientInnen ein Case Management Prozess

geeignet ist. Ist dies abgeklärt, versucht man die Reichweite des Programms festzulegen, und den Zugang zu einem gezielten Case Management zu bestimmen. Das heißt es muss bestimmt werden, welche Zielgruppe und welche Abteilungen dadurch beteiligt sind, ob das Case Management an eine Organisation gebunden ist und welche Kooperationspartner darüber informiert werden müssen.

Weiters müssen folgende Kriterien für die Aufnahme in ein Case Management Program erfüllt werden (Ehlers 2011, S.32-34):

- „Es liegt eine komplexe Bedarfs- und Bedürfnissituation vor.

- Mehrere Leistungsanbieter sind beteiligt, die im Einzelfall aufeinander abgestimmt werden müssen, um integrierte Versorgung zu gewährleisten.

- Regelversorgungspfade greifen in diesen Einzelfällen nicht oder nicht ausreichend.

- Es fehlen Ressourcen des Klienten und dessen Bezugspersonen, sodass professionelle Hilfe notwendig ist.

- Grundsätzlich: Die Klienten bzw. Patienten nehmen freiwillig am Case Management teil (Ehlers 2011, S.34).“

-

In der Falleinschätzung werden Daten erhoben und eine Bewertung durchgeführt. Für die Erhebung der Daten werden unterschiedliche Erhebungsinstrumente verwendet. Unterschiedlich vom Einsatzbereich, das heißt im Krankenhaus oder in der ambulanten Pflege werden

unterschiedliche Messungen durchgeführt. Beispielsweise häufig zur Anwendung kommt der FIM – Fragebogen (Funktionale Selbstständigkeitsmessung) bei dem die Aktivitäten des

täglichen Lebens abgefragt werden. Mögliche Ressourcen und Netzwerke werden durch diverse Methoden wie beispielsweise einer Netzwerkanalyse ermittelt. Als gängige Methoden wird hier häufig das Genogramm oder das Soziogramm verwendet, durch die gängige und hilfreiche Kontakte und Beziehungen zwischen den Personen herausgefunden werden können.

Zielformulierungen und eine angepasste Hilfeplanung finden nach einer ausreichenden Bedarfsanalyse statt. Die Hilfeplanung wird gemeinsam mit dem Patienten/der Patientin besprochen und schriftlich fixiert.

Die Umsetzung erfolgt dann mit Hilfe des aufgestellten Hilfeplans. Es werden nun mit den besprochenen Dienstleistern Kontakte hergestellt und ein fallspezifisches Netzwerk aufgebaut.

18 Am Ende findet eine Evaluation statt, bei der der individuelle Fall bewertet und evaluiert wird, aber auch fallübergreifende Prozesse und Strukturen reflektiert und in die Bewertung mit

einbezogen werden (Ehlers 2011, S.32-70).

5 Die Bedeutung häuslicher Pflege

Pflegende Angehörige sind einer großen körperlichen aber auch psychischen Belastung ausgesetzt. Sie stellen aber dennoch die größte Pflegeversorgung der Welt dar. Vor allem für pflegebedürftige Personen stellen sie eine besonders hohe Bedeutung dar (Perrig-Chiello &

Höpflinger 2012, S.17-19). Genau jene Bedeutung wird in diesem Kapitel hervorgehoben um die Wichtigkeit häuslicher Pflege und damit verbunden auch die Unterstützung von pflegenden Angehörigen zu betonen.

In den eigenen vier Wänden zu bleiben ist von großer Bedeutung für pflegebedürftige Personen.

Dies bedeutet noch den Erhalt der Intimsphäre und die Möglichkeit sein Leben noch im eigenen Rhythmus zu leben. Folgende Aspekte sind für pflegebedürftige Personen zum Erhalt ihrer Lebensqualität von besonders großer Bedeutung: die Unabhängigkeit, soziale Beziehungen, Gesundheit, finanzielle Mittel und Möglichkeiten und Respekt und Anerkennung. Somit können sie noch Einfluss auf eigene Geschicke nehmen und dies hängt direkt mit dem psychischen Befinden zusammen. So haben sie noch die nötige Kontrolle über ihr eigenes Leben. Somit stellt vor allem der Übertritt in ein Altersheim eine starke psychische Belastung dar. Die Folgen sind eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, eine verminderte Lebensqualität und eine Herabsetzung des Selbstwertgefühles. Depressive Verstimmungen und Hoffnungslosigkeit resultieren sehr oft daraus. Daher ist es wünschenswert das pflegebedürftige Personen so lange wie möglich zu Hause bleiben können. Dadurch ist die Hilfe durch Familie, Nachbarn oder Freunde jedoch unumgänglich. Hier wird die Hilfe direkt oder indirekt erwünscht, aus Liebe oder jahrelanger Verbundenheit oder aus Pflichtgefühl und Dank beispielsweise der Kinder für die jahrelange Unterstützung. Dies ist jedoch wieder abhängig von persönlichen Ressourcen.

Jedoch wird die Hilfe der Familie zunehmend auch von der Gesellschaft erwartet. Meist sind pflegende Angehörige jedoch auf externe BetreuerInnen angewiesen, wie beispielsweise die ambulante Pflege um bei den täglichen Aufgaben Unterstützung zu bekommen (Perrig-Chiello

& Höpflinger 2012, S.11-113).

19 5.1 Angehörigen Pflege

In diesem Kapitel wird genauer auf die Rolle von pflegenden Angehörigen eingegangen.

Die größte Pflegeversorgung der Welt wird von pflegenden Angehörigen durchgeführt. Diese so genannte gratis Dienstleistung muss jedoch von mehreren Seiten betrachtet werden. Zu einem wird Pflege im häuslichen Bereich sehr oft auf Grund von emotionaler Nähe, moralischen Verpflichtungen, die Liebe zu nahe stehenden Person oder aus Solidarität durchgeführt. Jedoch stellt diese Tätigkeit unabhängig von den Motiven eine sehr hohe körperliche aber auch

psychische Belastung dar. Eigene Bedürfnisse müssen zurückgestellt werden, chronische Sorgen und ein anhaltender Stress können hin zu einer sozialen Isolation führen. Daher werden viele Pflegende mit der Zeit selbst zu PatientInnen. Zu beachten ist auch, dass sich die

Familienstrukturen zunehmend verändern, dadurch können wie noch vor einigen Jahren Familienmitglieder die Aufgabe der Pflege nur schwer übernehmen (Perrig-Chiello &

Höpflinger 2012, S.17-20).

Laut Meyer (2006) gehören zu Pflegenden Angehörigen nicht nur Familienmitglieder sondern dazu gehören auch Bekannte, Freunde oder Nachbarn welche meist seit Jahren ein starkes Vertrauensverhältnis zu den zu Pflegenden PatientInnen haben. Weiters gibt es darunter eine Person welche die Hauptaufgaben übernimmt. Diese Person ist so zu sagen für die Hauptpflege verantwortlich (Allwicher 2009, S.39-40).

Pflegende Angehörige stellen den größten Betreuungsdienst aber auch Pflegedienst in

Österreich dar. Jedoch fehlen nach wie vor die finanziellen Mittel um ausreichende Beratung und Unterstützung zu gewährleisten (Pochobradsky et al. 2005, S.42-44). Auf die Beratung pflegender Angehöriger wird jedoch in einem späteren Kapitel genauer eingegangen.

Ein wichtiger Punkt im Bezug auf pflegende Angehörige ist, dass dies keine homogene Gruppe ist, sondern aus unterschiedlichen kontextbezogenen Akteuren besteht, und es besonders wichtig ist zu beachten wer gepflegt wird, da es hier unterschiedliche Belastungen gibt. Eine besonders wichtige Determinante ist der Beziehungsgrad beziehungsweise der Verwandtschaftsgrad des pflegenden Angehörigen und der Grad der Pflegebedürftigkeit (Perrig-Chiello & Höpflinger 2012, S.113).

20 6 Aufgaben pflegender Angehöriger

Abhängig von der jeweiligen Pflegestufe müssen pflegende Angehörige vor allem manuelle und körperliche Tätigkeiten übernehmen. Darunter zählen unter anderem das Anziehen und

Ausziehen, das Waschen und Mobilisieren. Einige übernehmen auch spezielle Aufgaben wie das Spritzen von Medikamenten und die Verabreichung der Medikamente, aber auch das Wechseln von Verbänden oder die Versorgung von Wunden werden von vielen Angehörigen übernommen.

Dazu kommen die täglichen Verpflichtungen wie Betten machen, Einkaufen und Kochen. Ein Großteil der Arbeit besteht jedoch auch darin Sozialleistungen zu optimieren, und die

Buchhaltung dazu zu führen (Allwicher 2009, S.63-64).

Familienmitglieder können aber auch unerwartet zu Pflegenden werden. Hat ein

Familienmitglied eine plötzliche Erkrankung kann es passieren, dass Angehörige unerwartet zu einem Pflegefall werden. Niemand ist mit den Aufgaben häuslicher Pflege vertraut und es kommen einige Veränderungen des täglichen Ablaufes auf die Familie zu. Viele offenen Fragen und beantwortete Fragen stehen im Raum und müssen zum Teil sehr rasch beantwortet werden.

Ein schnelles und bestmögliches Management ist hier nötig um die neue Situation zu meistern (Specht – Tomann 2009, S.42-44). Als Beratung aber auch Hilfestellung bietet Case

Management eine gute Möglichkeit eine bestmögliche Versorgung für pflegebedürftige Personen zu gewährleisten (Frommelt et al. 2008, S.5)

6.1 Belastungen pflegender Angehöriger

Die Stärke der Pflegebedürftigkeit ist laut Kesselring et al. (2001) ein wichtiger Faktor für die Belastungsintensität der pflegenden Angehörigen. Persönlichkeitsveränderungen,

Stimmungsveränderungen und eine verminderte Kommunikation stellen oft erhebliche Herausforderungen für Pflegende dar (Perrig-Chiello & Höpflinger 2012, S.13).

Bedeutend ist auch das Alter der Pflegenden. Laut Vitalino et al. (2003) stellt das Alter eine wichtige Determinante dar, da ältere pflegende Angehörige selber an körperlichen

Erkrankungen oder Belastungen leiden (Perrig-Chiello & Höpflinger 2012, S.114).

Im Bezug auf das Geschlecht haben laut Bédard et al (2000) Untersuchungen in der Schweiz gezeigt, dass vor allem Frauen und unter anderem auch Töchter unter stärkeren Belastungen vor allem psychischer Natur leiden als Männer (Perrig-Chiello & Höpflinger 2012, S.114).

Thiede et al. (1999) beschreibt, vor allem bei der Pflege älterer Menschen, dass vor allem

21 Kinder welche die Pflege übernehmen von stärkeren Problemen belastet sind, als beispielsweise pflegende PartnerInnen. Die ist vor allem durch das Alter zu erklären, da Kinder meist zu den Eltern fahren müssen, und nur selten im selben Haushalt wohnen (Perrig-Chiello & Höpflinger 2012, S.114-115).

Laut Meyer (2006) fühlen sich laut einer 2003 durchgeführten Sozialforschungsstudie in etwa 43% der pflegenden Angehörigen belastet. 41% der Befragten gaben an unter einer schweren physischen aber auch psychischen Belastung zu stehen. Lediglich 7% können mit der Situation gut umgehen (Allwicher 2009, S.65).

Generell werden pflegende Angehörige schnell krank und sind vor allem häufig von

stressbedingten Krankheiten betroffen. Dadurch, dass die häusliche Pflege meist über einen längeren Zeitraum stattfindet, verstärkt dies natürlich die pathogenen Belastungen. Körperliche Folgeerscheinungen sind vor allem Schmerzen im Kreuz- Schulter und Nackenbereich und auftretende Gelenksschwierigkeiten. Aber weitaus stärker sind psychische Belastungen die durch die andauernde Pflege zu Hause auftreten. Vor allem die zeitlichen Verpflichtungen werden als besonders belastend angegeben. Wobei auch das Gefühl der Verpflichtung und die aufkommende Aussichtslosigkeit zu psychischen Belastungsfaktoren werden (Pochobradsky 2005, S.42-44).

Für die meisten pflegenden Angehörigen unabhängig vom Alter ist es sehr schwer zu

unterscheiden ob die Pflegesituation anstrengend oder bereits zu anstrengend ist. Wie bereits

unterscheiden ob die Pflegesituation anstrengend oder bereits zu anstrengend ist. Wie bereits