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3. Material und Methoden

3.1 Insertionsstudie

3.1.8 Histologie

Die Epoxidblöcke (Abb. 17) wurden in einen 6er-Probenhalter gespannt und mit dem Schleifgerät PowerProTM 4000 (Buehler GmbH, Düsseldorf, Germany) geschliffen. Das Siliziumcarbid-Nassschleifpapier (Buehler GmbH) hatte eine Körnung von P 1200. Dabei wurden folgende Einstellungen genutzt: Geschwindigkeit 300 U/min, ein Zentralandruck von 120 N sowie ein Abtrag von 40 µm.

Abb. 17: Ansicht der Schlifffläche eines Epoxidblockes mit eingebetteter Cochlea.

Nach jedem Abtrag wurde die Schlifffläche mit Wasser abgespült, getrocknet und die Oberfläche mit Kallichrom (Waldeck GmbH & Co. KG, Münster, Germany) für 90 s gefärbt. Dies führte zu einer dunkelblauen Darstellung der Zellkerne, einer Blaufärbung des Bindegewebes und, bedingt durch die Fixierlösung, einer graugrünen Darstellung des Knochengewebes. Nach einem erneuten Abspülen und Trocknen wurde die Oberfläche mit einem VHX-600 DSO Mikroskopsystem (Keyence Deutschland GmbH, Neu-Isenburg, Deutschland) dokumentiert. Dabei wurden Übersichtsaufnahmen der Cochlea in 30- und 50-facher Vergrößerung sowie Detailaufnahmen mit 100- und 200-facher Vergrößerung erstellt. Dieser Ablauf wurde

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wiederholt, bis die gesamte Cochlea abgetragen und dokumentiert war. In den so gewonnenen Aufnahmen (Abb. 18A) wurde in jeder zweiten Ebene die Fläche des Bindegewebes und des neugebildeten Knochengewebes mit der VHX-2000 communication software (Keyence Deutschland GmbH) ausgemessen (Abb. 18B).

Um das Volumen des neu gebildeten Gewebes zu ermitteln, wurden diese Flächen mit dem Abtrag multipliziert und anschließend aufaddiert und in µL umgerechnet.

Abb. 18: Schliffbild einer linken Cochlea.

Der Messbalken entspricht 250 µm. Der Pfeil zeigt auf die Basilarmembran. =CI-Modell, SV=scala vestibuli, ST=scala tympani, RK=Rosenthal’scher Kanal, HN=Hörnerv. A: Original-Aufnahme; B:

Ausgemessen, 1+2=freie Fläche; 3+4=Bindegewebe; 5=Knochengewebe, 6=Elektrodenmodell

43 3.1.9 Auswertung

In diese Studie wurden nur Tiere eingeschossen, deren Hörschwelle am Punkt des sensitivsten Hörens bei Meerschweinchen (8-16 kHz) unter 50 dB SPL lag und die 28 Tage lang implantiert waren. Ausschlusskriterien waren Hinweise auf Infektionen des Innenohres oder schwere mechanische Traumata durch die Insertion wie etwa Schäden am Modiolus. Somit wurden die Daten von jeweils 5 Tieren pro Gruppe ausgewertet.

Die statistischen Auswertungen sowie die Erstellung der Graphen erfolgten mittels der Prism software (GraphPad Software, Inc.). Die Daten sind als Mittelwert ± Standardfehler dargestellt.

Tiere, bei denen an Tag 0 bei einzelnen Frequenzen keine Hörschwelle detektiert werden konnten, sind bei sämtlichen statistischen Auswertungen diese Frequenz betreffend ausgenommen. Aus diesem Grund wurde die Hörschwelle bei 1 kHz nicht statistisch ausgewertet. Eine Übersicht zu der Anzahl der Tiere und den betroffenen Frequenzen gibt Tab. 2.

Tab. 2: Anzahl der Ohren pro Gruppe, deren Hörschwelle an Tag 0 nicht bestimmt werden konnte, im Vergleich zur Anzahl der Ohren pro Gruppe.

1 kHz 4 kHz 8 kHz 16 kHz 32 kHz 40 kHz

Kontrolle= nicht implantierte Ohren

In Anlehnung an BALKANY et al. (2006) wurde für alle Hörschwellen, die an Tag 28 oberhalb des Mess- bzw. Stimulationsbereichs (90 dB SPL) lagen, ein artifizieller Datenpunkt (100 dB SPL) eingeführt. Aufgrund des geringen Stichprobenumfangs (n = 5 pro Gruppe) bzw. ungleicher Anzahl Tiere pro Gruppe wurden nicht-parametrische Tests bei der statistischen Analyse der Daten

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durchgeführt. Dabei wurde zuerst ein Gruppenvergleich mittels eines zweiseitigen Kruskall-Wallis-Tests durchgeführt. Ergaben sich dabei signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen (p < 0,05), so wurde der Ursprung dieser Unterschiede mittels Mann-Whitney-U-Tests (zweiseitig) ermittelt. Um auf eine statistisch signifikante Korrelation zwischen Hörschwelle und Menge an Gewebe zu testen, wurde ein Spearman-Rho-Test durchgeführt. Unterschiede mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α < 0,05 wurden als signifikant angesehen.

3.2 Nanopartikel-Silikon-Komposite

3.2.1 Flachproben aus Nanopartikel-Silikon-Kompositen

Die Nanopartikel-Silikon-Komposite (NSK) wurden im Laser Zentrum Hannover e.V. mit demselben Verfahren hergestellt wie von HAHN et al. 2010 beschrieben. Dabei wurden metallische Nanopartikel in einer Größe zwischen 3 - 20 nm mit einem Femtosekundenlaser in einem Gemisch aus n-Hexan als Lösungsmittel und 1 % der Resin-Komponente des mediznischen Silikons NuSilTM MED-4234 (NuSil Technology LLC) hergestellt. Im Anschluss wurde dieses Gemisch mit einer weiteren, der gewünschten Endkonzentration entsprechenden Menge des Resins vermischt und das n-Hexan unter Vakuum abgesaugt. Anschließend wurde die Vernetzerkomponente des Silikons in einem Mischungsverhältnis von 1:10 der Flüssigkeit beigemischt. Die so entstandene Masse wurde blasenfrei auf einer Folie ausgestrichen und mit einer weiteren Folie bedeckt, sodass eine Schichtdicke von ca. 1 mm erreicht wurde. Diese Schicht wurde für 1,5 h bei 110 °C ausgehärtet.

Anschließend wurden Flachproben mit einem Durchmesser von 6 mm ausgestanzt.

Hergestellt wurden Flachproben mit je einem der Metalle Silber (Ag), Kupfer (Cu) oder Zink (Zn). Die Komposite wurden dabei mit einer Nanopartikelkonzentration von 0,1; 0,2; 0,5 und 1 Gewichtsprozent (Gew%), sowie für Zn auch noch mit 2 und 3 Gew% hergestellt (siehe Abb. 19). Außerdem wurden auch Flachproben mit Kombinationen aus zwei verschiedenen Metallen (Ag+Zn, Ag+Cu, Ag+Au (Gold)) in einem Mischungsverhältnis von 1:1 mit einer NP-Gesamtkonzentration von 0,2 Gew% und 0,5 Gew% im Komposit hergestellt. Zusätzlich wurden reine Silikonproben hergestellt und als Silikon-Referenz genutzt. Um einen möglichen

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Einfluss von n-Hexan-Rückständen auszuschließen, wurden bei jedem Herstellungsvorgang auch Proben hergestellt, in die n-Hexan wie bei der Herstellung der Komposite mit eingemischt und danach wieder entfernt wurde.

Abb. 19: NSK-Flachproben sowie Referenzen.

Die Zahlen geben Gewichtsprozent der NP im Komposit in der vertikalen Reihe an. Die gestrichelten Kreise zeichnen die Umrisse der Flachproben nach. Die obere Reihe zeigt die Ag-Komposite, die zweite Zn-Komposite und die dritte Cu-Komposite. In der untersten Reihe sind links die Silikonreferenz und rechts die n-Hexan-Referenz lokalisiert.

3.2.2 Zellkultur

In dieser Studie wurden immortalisierte Mausfibroblasten (NIH/3T3, ATTC Nr.

CRL 1658) verwendet (Abb. 20). Diese Zelllinie wird häufig zur Testung der Zytotoxizität von Metallsalzen auf Fibroblasten genutzt (YAMAMOTO et al. 1998;

PAASCHE et al. 2011). Die Zellen wurden bei 37 °C in einer befeuchteten Atmosphäre mit 5 % CO2-Anteil kultiviert. Die Anzucht erfolgte in 25 cm2 großen Zellkulturflaschen (TPP, Biochrom AG, Berlin, Deutschland) mit Dulbecco’s modified Eagles Medium (DMEM, Biochrom AG) komplementiert mit 10 % fetalem Kälberserum (FCS, Biochrom AG) und 1 % Penicillin/Streptomycin (Biochrom AG).

Für die Versuche wurden Zellen der Passagen 5-25 verwendet, um eine Vergleichbarkeit mit den in diesem Labor durchgeführten Tests der entsprechenden

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Metallsalze (PAASCHE et al. 2011) zu ermöglichen. Passagiert wurden die Zellen kurz vor Erreichen der Konfluenz. Dabei wurde das Medium mit einer Glaspipette (Brand GmbH + Co KG, Wertheim, Deutschland) abgesaugt. Daraufhin wurden die Zellen mit 5 mL HANK’S Salzlösung (Biochrom AG) gewaschen. Anschließend wurden bei 37 °C 0,5 mL Trypsin/EDTA-Lösung (0,05 %/0,02 %; Biochrom AG) auf die Zellen gegeben. Da das Trypsin nicht nur extra-, sondern auch intrazelluläre Proteine verdaut, wurde die Trypsinreaktion nach 4 min mit 1 mL komplementiertem Medium gestoppt. So wurde die Haftung der Zellen zum Boden gelöst und sie kugelten sich ab. Nach dem Stoppen der Trypsinreaktion wurde eine Zellzahlbestimmung durchgeführt. Dabei wurden 10 µL Zellsuspension mit 10 µL komplementiertem Medium verdünnt und mit 3 µL Trypanblau (0,5 % w/v; Biochrom AG) gefärbt. In einer Neubauer-Zählkammer wurden die vitalen (nicht mit Trypanblau angefärbten) Zellen gezählt und die Konzentration in der Zellsuspension berechnet.

Anschließend wurden die Zellen mit komplementiertem Medium auf die für den Versuch benötigte Konzentration verdünnt und in die Wells eingesät oder zur Weiterzucht in eine neue Zellkulturflasche überführt und mit insgesamt 5 mL komplementiertem Medium bis zur nächsten Passagierung im Brutschrank gelagert.

Abb. 20: NIH 3T3-Fibroblasten.

10-fache Vergrößerung, der Messbalken zeigt 100 µm an.

47 3.2.3 Neutralrot-Test

Der Neutralrot-Test ist ein von BORENFREUND und PUERNER 1985 als Alternative zum Draize-Test vorgestelltes Verfahren zur Zytotoxizitätsbestimmung.

Der Lebendfarbstoff dringt in die Zellen ein und akkumuliert in den Lysosomen lebendiger Zellen. Es ist ein für 3T3-Zellen etabliertes Verfahren, um relative Zellzahlbestimmungen durchzuführen (PAASCHE et al. 2011).

Eine Neutralrot-Stammlösung mit einer Konzentration von 4 mg Neutralrotpulver (Merck KGaA, Darmstadt, Deutschland) in 1 mL bidestilliertem Wasser wurde angesetzt und lichtgeschützt bei +4 °C gelagert. Aus dieser Stocklösung wurde für jeden Versuch frisch ein Ansatz mit einer Konzentration von 0,008 mg/mL mit komplementiertem Medium hergestellt. Von dieser Gebrauchslösung wurden zusätzlich zu dem dort befindlichem Medium 100 µL in die Wells gegeben. Während der Inkubationszeit von 3 h wurde der Farbstoff nur in den Lysosomen von lebenden Zellen akkumuliert, da in toten Zellen die Lysosomenmembran nicht mehr intakt ist. Anschließend wurden die Zellkulturplatten mit 1000 U/min bei +4 °C für 5 min zentrifugiert. Der Überstand wurde vorsichtig abpipettiert. Dabei wurde der gesamte Farbstoff, der nicht in den Lysosomen lebendiger Zellen akkumuliert war, entfernt. Um evtl. von außen an den Zellen haftenden Farbstoff zu lösen, wurden die Zellen mit 100 µL einer Lösung aus 1 % CaCl2 und 0,5 % Formaldehyd (beides Merck KGaA) gewaschen. Anschließend wurde erneut wie oben beschrieben zentrifugiert und der Überstand mit den freien Farbresten entfernt. Zur Lyse der Zellen und damit der Freisetzung des Farbstoffs aus den Zellen wurden 100 µL eines Gemisches aus 1 % Essigsäure (Merck KGaA) und 50 % Ethanol (Ethanol vergällt mit 1 % Methylethylketon 99 % abs.; Th. Geyer GmbH & Co. KG, Renningen, Deutschland) in die Wells pipettiert. Anschließend wurden die Platten für 30 s auf einem Rüttler bei 500 U/min gerüttelt und für 10 min bei 4 °C gelagert. Je nach Anzahl der lebenden Zellen pro Well wurde dabei mehr oder weniger Farbstoff freigesetzt und die Farbintensität des Überstandes variierte entsprechend. Vergleicht man die fotometrischen Messwerte mit einem Referenzwert z. B. der Einsaatkontrolle, kann aus der Farbintensität die dazu prozentuale Menge an lebenden Zellen (Viabilität) berechnet werden. Das Absorptionsmaximum des Farbstoffes liegt bei einer Wellenlänge von 570 nm. In dieser Studie wurden die

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fotometrischen Messungen mit einem Multiskan Ascent Reader (Thermo Fisher Scientific Inc., Waltham, USA) durchgeführt.

3.2.4 Studiendesign Nanopartikel-Silikon-Komposite

Flachproben aus NSK mit unterschiedlichen inkorporierten Metallen und Konzentrationen (Abb. 12) wurden auf ihren Einfluss auf die Viabilität von NIH/3T3 Zellen untersucht. Dabei wurde die Viabilität ins Verhältnis zur Einsaatkontrolle (Wachstum auf Polysterol, Well-Boden) bzw. einer Silikonreferenz gesetzt.

Außerdem wurde der Einfluss möglicher Reste des Lösungsmittels n-Hexan in den Kompositen getestet. In Tabelle 3 sind die unterschiedlichen getesteten Metalle und Konzentrationen mit der jeweiligen Strichprobengröße aufgeführt.

Tab. 3: Anzahl an Flachproben, die getestet wurden.

Das Mischverhältnis der Kombinationen war 1 : 1.

Ag Cu Zn Ag+Au Ag+Cu Ag+Zn

0,1 Gew% 20 20 40 - - -

0,2 Gew% 20 20 20 20 20 20

0,5 Gew% 20 20 40 20 20 20

1,0 Gew% 20 40 40 - - -

2,0 Gew% - - 20 - - -

3.2.5 Versuchsablauf

Die Flachproben wurden in eine 96-Well Platte (TPP, Biochrom AG) verbracht.

Diese Platten wurden dann einzeln verpackt mit Ethylenoxid 6 % und bei 40 °C sterilisiert. Es wurden immer 5 Flachproben pro Gruppe in einer Platte und jeweils 4 Platten in einem Ansatz getestet. In jeder Platte wurden zusätzlich zu den NSK auch jeweils 5 Flachproben aus dem verwendeten Silikon sowie 5 Flachproben aus Silikon mit eingemischtem und anschließend wieder abgezogenem n-Hexan getestet. Als Einsaatkontrolle wurden in weitere 5 Wells ohne Flachproben ebenfalls Zellen eingesät. Um die zu testenden Wells herum wurde ein Kranz aus angrenzenden Wells mit 100 µL des komplementierten Zellkulturmediums befüllt, um einen

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möglichen Einfluss durch die Lokalisation auf der Platte (sind die benachbarten Wells leer oder auch mit Flüssigkeit gefüllt?) auf die Ergebnisse zu kontrollieren.

Zu Beginn des Versuches wurden 60 µL komplementiertes Zellkulturmedium in alle zu testenden Wells (inklusive Einsaatkontrolle) gegeben. Die Platten wurden danach für 24 h unter denselben Bedingungen wie die Zellen inkubiert, um ein Eindringen von Flüssigkeit in die Nanopartikel-Silikon-Komposite zu ermöglichen.

Dadurch sollten der Korrosionsprozess und die damit verbundene Freisetzung von Metall-Ionen bereits beginnen, bevor nach 24 h die Zellen auf den Kompositen ausgesät wurden. Es wurden 40 µL einer Zellsuspension mit 250 Zellen/µL in die Wells pipettiert, wodurch pro Well eine Konzentration von 104 Zellen/100 µL erreicht wurde. Die eingesäte Zellzahl entspricht der Zellzahl, die auch für die Evaluation der Metallsalze (PAASCHE et al. 2011) in unserem Labor genutzt wurde, und führt zu einer Testung proliferierender Zellen. Nach 48 h Inkubationszeit wurden 100 µL einer Neutralrot-Lösung (0,008 mg/mL) zu den Zellen gegeben und ein Neutralrot-Test durchgeführt. Vor der Durchführung der fotometrischen Messungen wurden 70 µL des Überstands aus den Wells in neue Wells übertragen, um einen Einfluss der farbigen Flachproben (siehe Abb. 19) auf die fotometrische Messung zu verhindern.

3.2.6 Statistische Auswertung

Die statistische Auswertung und Erstellung der Graphen erfolgte mit der Prism Software (GraphPad Software, Inc., La Jolla, USA). Die Daten sind als Mittelwert ± Standardfehler dargestellt. Aufgrund der nicht immer gegebenen Normalverteilung (getestet mit Kolmogorov-Smirnoff) wurden nicht-parametrische Tests durchgeführt.

Um Unterschiede zwischen den Gruppen zu detektieren, wurde zuerst ein Kruskal-Wallis-Test durchgeführt. Zeigte dieser einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen auf, wurden die einzelnen Nanopartikel-Silikon-Komposite in ihrer jeweiligen Konzentration mittels Mann-Whitney-U-Test auf einen Unterschied zur Referenz bzw. Einsaatkontrolle getestet. Unterschiede mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α < 0,05 wurden als signifikant angesehen.

50

4. Resultate

4.1 Insertionsstudie

Nach Auswertung der Hörschwellen an Tag 0 sowie Beurteilung des mechanischen Traumas (vgl. Kap. 3.1.9) wurden 30 Tiere (5 pro Gruppe) in die Auswertung dieser Studie einbezogen. Ein Tier hatte den Punkt des besten Hörens (an Tag 0) bei 16 kHz (30 dB SPL) und wurde deshalb trotz einer Hörschwelle von 90 dB SPL bei 8 kHz in diese Studie aufgenommen.

4.1.1 ABR-Messungen

In den nicht-implantierten Ohren (kontralaterale Seite) zeigte sich nur bei 4 und 8 kHz eine geringe Verschlechterung der Hörschwellen 28 Tage nach der Implantation um ca. 5-8 dB im Vergleich zu den Hörschwellen vor der Implantation (Abb. 21). In den implantierten Ohren hingegen konnte eine deutliche Erhöhung der Hörschwelle an Tag 28 festgestellt werden. Diese Schwellenverschiebung war in allen Frequenzen signifikant (p < 0,001), sowohl im Vergleich zu den präoperativen Messwerten als auch im Vergleich zu den Hörschwellen der nicht-implantierten Ohren an Tag 28.

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Abb. 21: Hörschwellen (dB SPL) für die verschiedenen Testfrequenzen (Hz).

Die Hörschwellen an Tag 0 (alle Ohren) vor der Implantation sind mit schwarzen Kreisen dargestellt.

Die hellgrauen Dreiecke stellen die Hörschwellen der nicht implantierten Ohren an Tag 28 dar, die dunkelgrauen Vierecke repräsentieren die Hörschwellen der implantierten Ohren an Tag 28. Die Werte sind als Mittelwert ± Standardfehler dargestellt. Die oberen Sterne zeigen die Signifikanz der Unterschiede zwischen implantierten Ohren und nicht implantierten Ohren am Tag 28, sowie zwischen implantierten Ohren an Tag 28 und Hörschwellen aller Ohren an Tag 0. Die unteren Sterne zeigen den Unterschied zwischen den nicht implantierten Ohren an Tag 28 und allen Ohren vor der Implantation (d 0) an, dabei entspricht * p < 0,05 und *** p < 0,001. Die gestrichelte Linie zeigt die obere Grenze des Stimulations- bzw. Messbereiches an.

1000 4000 8000 16000 32000 40000 90

50

0

Frequenz [Hz]

Hörschwelle [dB SPL]

*** *** *** *** *** ***

* *

52

Bei vielen Tieren konnte 28 Tage nach der Implantation am implantierten Ohr keine Hörschwelle bis zur Stimulationsgrenze von 90 dB SPL detektiert werden.

Einen Überblick über die Anzahl der betroffenen Tiere pro Testfrequenz und Gruppe gibt Tab. 4.

Tab. 4: Anzahl der Tiere von n=5 pro Gruppe, deren Hörschwelle im implantierten Ohr an Tag 28 oberhalb der Stimulationsschwelle von 90 dB SPL lag.

Insertionsart Verschlussart 1kHz 4kHz 8kHz 16kHz 32kHz 40kHz

RWM KV 4 4 1 2 4 5

CS KV 1 4 1 4 4 5

RWM MV 0 0 1 3 4 5

CS MV 2 4 0 2 4 4

RWM DV 5 5 2 5 5 5

CS DV 4 4 4 5 5 5

4.1.1.1 Frequenzspezifischer Gruppenvergleich

Bei 1 kHz (Abb. 22A+B) zeigt die MV-Verschlussgruppe unter der RWM-Insertionsbedingung an Tag 28 niedrigere Hörschwellen als die anderen Verschlussgruppen bei einer Insertion durch das runde Fenster. Aufgrund der teilweise geringen Anzahl detektierter Hörschwellen wurde auf statistische Tests verzichtet. Bei 4 kHz (Abb. 22C+D) konnten im Vergleich zu den anderen Gruppen signifikant geringere Hörschwellen in der RWM MV-Gruppe gefunden werden (RWM KV: p= 0,0243; CS KV: p= 0,0406; RWM MV: p= 0,0406; CS DV: p= 0,0147).

Ein statistischer Vergleich mit der RWM DV-Gruppe (alle Tiere ohne detektierbare Hörschwelle) war nicht möglich. Sowohl bei 8 und 16 kHz (Abb. 23) als auch bei 32 und 40 kHz (Abb. 24) konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden werden (p > 0,05). Allerdings zeigten Tiere bei 8 kHz nach einer Insertion durch die Rundfenstermembran im Vergleich zu den Tieren der Cochleostomiegruppen niedrigere Hörschwellen (p= 0,0424).

53

Abb. 22: Hörschwellen der einzelnen Tiere bei 1 kHz (A+B) und 4 kHz (C+D) an Tag 0 (A+C) und Tag 28 (B+D).

Insertionen durch die Rundfenstermembran (RWM) sind durch Punkte gekennzeichnet. Eine Insertion durch eine Cochleostomie (CS) ist durch ein Viereck gekennzeichnet. Wurde kein Verschluss (KV) verwendet, sind die Datenpunkte hellgrau dargestellt. Bei der Verwendung von Muskel (MV) sind die Symbole mittelgrau. Dunkelgrau symbolisiert einen Verschluss mit Durelon™ (DV). Alle Datenpunkte oberhalb der gestrichelten Linien repräsentieren eine Hörschwelle oberhalb des Stimulationsbereiches (90 dB SPL). In Abb. 22D zeigt der Signifikanzbalken Unterschiede zwischen der RWM MV-Gruppe und den restlichen Gruppen an. * p < 0,05.

Tag 0

54

Abb. 23: Hörschwellen der einzelnen Tiere bei 8 kHz (A+B) und 16 kHz (C+D) an Tag 0 (A+C) und Tag 28 (B+D).

Insertionen durch die Rundfenstermembran (RWM) sind durch Punkte gekennzeichnet. Eine Insertion durch eine Cochleostomie (CS) ist durch ein Viereck gekennzeichnet. Wurde kein Verschluss (KV) verwendet, sind die Datenpunkte hellgrau dargestellt. Bei der Verwendung von Muskel (MV) sind die Symbole mittelgrau. Dunkelgrau symbolisiert einen Verschluss mit Durelon™ (DV). Alle Datenpunkte oberhalb der gestrichelten Linien repräsentieren eine Hörschwelle oberhalb des Stimulations- bzw.

Messbereichs (90 dB SPL).

Tag 0

55

Abb. 24: Hörschwellen der einzelnen Tiere bei 32 kHz (A+B) und 40 kHz (C+D) an Tag 0 (A+C) und Tag 28 (B+D).

Insertionen durch die Rundfenstermembran (RWM) sind durch Punkte gekennzeichnet. Eine Insertion durch eine Cochleostomie (CS) ist durch ein Viereck gekennzeichnet. Wurde kein Verschluss (KV) verwendet, sind die Datenpunkte hellgrau dargestellt. Bei der Verwendung von Muskel (MV) sind die Symbole mittelgrau. Dunkelgrau symbolisiert einen Verschluss mit Durelon™ (DV). Alle Datenpunkte oberhalb der gestrichelten Linien repräsentieren eine Hörschwelle oberhalb des Stimulations- bzw.

Messbereichs (90 dB SPL).

Tag 0

56 4.1.2 Histologie

In der 3D-Rekonstruktion (Abb. 25A) sowie der Übersichtsaufnahme (Abb. 25B) ist die ideale Lage eines CI-Modells in der Cochlea zu sehen. Bei einer Insertion durch das runde Fenster lagen zehn CI-Modelle ausschließlich in der scala tympani und bei fünf Implantationen kam es zu einem Scalen-Wechsel des Modells. Eine Insertion durch eine Cochleostomie hatte eine Implantation des CI-Modells in die scala tympani in fünf Fällen und in die scala vestibuli in vier Fällen zur Folge. Ein Scalen-Wechsel hingegen war bei sechs Implantationen durch eine Cochleostomie zu beobachten.

Abb. 25: Lage des CI-Modells in der Cochlea

3D-Rekonstruktion (A) (Rekonstruiert von Peter Baumhoff) bzw. Übersichtsaufnahme (B) einer in Epoxidharz eingebetteten linken Cochlea (RWM KV). Der fünfzackige Stern () kennzeichnet das CI-Modell, ST die scala tympani und SV die scala vestibuli. Der Messbalken entspricht in Abb. 25A 500 µm und in Abb. 25B 250 µm.

57

Ein Wiederverschließen der Insertionsstelle konnte in allen Gruppen beobachtet werden, auch in den Gruppen, bei denen kein Verschlussmaterial verwendet wurde (Abb. 26A+B, Abb. 27A). Generell konnte auf jedem Implantat-Modell eine Bindegewebeschicht gefunden werden, welche jedoch wegen der geringen Schichtdicke nicht immer quantifizierbar war. Die folgenden Befunde sind zusätzlich zu dieser Bindegewebeschicht auf dem CI-Modell.

Bei einer Insertion durch die Rundfenstermembran mit anschließendem Muskelverschluss (RWM MV) konnte in 2 von 5 Tieren Gewebe gefunden werden, welches ca. 240 bzw. ca. 480 µm in die Cochlea hineinreichte (Abb. 26C+D). Dies wurde bei einer Insertion durch das runde Fenster ohne Verschluss nicht beobachtet.

Bei einem Verschluss mit DurelonTM hingegen wurde in allen 5 Cochleae der Gruppe ein Knochenwachstum beobachtet (Abb. 26E+F). Dieses reichte zwischen ca. 720 µm und ca. 1120 µm in die Cochlea hinein.

Eine Cochleostomie hatte in allen Tieren ein Knochenwachstum in die Cochlea zur Folge (Abb. 27). Dieses war einzig bei einem Tier (CS MV) nur in apikaler Richtung zu beobachten. In den restlichen Tieren reichte das basal gerichtete Wachstum von ca. 80 µm bis ca. 440 µm und das apikal gerichtete Knochenwachstum von ca. 200 µm bis ca. 680 µm in die Cochlea hinein.

58

Abb. 26: Schliffbilder einer Cochlea mit Insertion durch das runde Fenster.

: CI-Modell, : Bindegewebe, : Knochenneubildung, : Durelon™, ST= scala tympani, SV= scala vestibuli. Der Messbalken entspricht 250 µm. A: Gruppe ohne Verschlussmaterial (RWM KV), 100x vergrößert; B: gleiche Cochlea und Ebene wie A, 200x vergrößert; C: Muskelverschluss (RWM MV);

D: gleiche Cochlea wie C, 4 Ebenen weiter von der RWM entfernt; E: Durelon™ (RWM DV); F: gleiche Cochlea wie E, neun Ebenen weiter von der RWM entfernt.

59

Abb. 27: Schliffbild einer Cochlea mit Insertion durch eine Cochleostomie.

Das CI-Modell ist mit  gekennzeichnet, ST bezeichnet die scala tympani und SV die scala vestibuli.

Bindegewebe wird mit angezeigt, Knochenneubildung mit und Durelon™ wird durch  gekennzeichnet. Der Messbalken entspricht 250 µm. A: kein Verschluss (CS KV); B:

Muskelverschluss (CS MV); C: Verschluss mit Durelon™ (CS DV); D: gleiche Cochlea wie C, vier Ebenen weiter in Richtung rundes Fenster.

4.1.2.1 Vergleich der Verschlussmaterialien

Bei einer Insertion durch die Rundfenstermembran (Abb. 28A) war signifikant mehr Gewebe (Bindegewebe und Knochenneubildung) bei einem Verschluss mit DurelonTM (0,73 µL ± 0,33 µL) zu finden als bei der Anwendung der beiden anderen Verschlussarten (KV: 0,03 µL ± 0,01 µL, p = 0,0079; MV: 0,03 µL ± 0,01 µL, p = 0,0079). Auch bei einer Insertion durch eine Cochleostomie (Abb. 28B) war in der

60

Gruppe mit DurelonTM-Verschluss das meiste Gewebe zu finden (0,59 µL ± 0,23 µL).

Der Unterschied zu der Gruppe, bei der kein Verschluss verwendet wurde (KV:

0,13 µL ± 0,05 µL), war signifikant (p = 0,0317), zu der Muskelverschluss-Gruppe (MV: 0,23 µL ± 0,11 µL) war jedoch nur ein Trend erkennbar (p = 0,0556).

Abb. 28: Menge an neu gebildetem Gewebe (Bindegewebe + Knochen) nach Verschlussart aufgeteilt.

A: Insertion durch das runde Fenster, B: Insertion durch eine Cochleostomie. Es werden die Mittelwerte ± Standardfehler dargestellt. * p < 0,05; ** p < 0,01

Die Verwendung von DurelonTM als Verschlussmaterial führte zu einem stärkeren Bindegewebewachstum nach einer Insertion durch die Rundfenstermembran (0,29 µL ± 0,13 µL) als die anderen Verschlussarten (KV:

0,03 µL ± 0,01 µL, p = 0,0079; MV: 0,01 µL ± 0,01 µL, p = 0,0079) (Abb. 29A). Bei einer Insertion durch eine Cochleostomie waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Verschlusstechniken in Bezug auf neu gebildetes Bindegewebe zu beobachten (Abb. 29B). Das Volumen an neu gebildetem Knochen war in den DurelonTM-Verschlussgruppen in beiden Insertionsarten am größten. Dieser Unterschied ist bei einer Insertion durch die Rundfenstermembran (Abb. 29C) zu den anderen beiden Verschlussarten signifikant (zu KV: p = 0,0079; zu MV: p = 0,0079).

Bei einer Insertion durch eine Cochleostomie (Abb. 29D) ist die Menge an

Bei einer Insertion durch eine Cochleostomie (Abb. 29D) ist die Menge an