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Das ikosaedrische Nukleokapsid des HBV besteht aus 180 (T = 3) oder 240 (T = 4) des Coreprotein-Monomeren. Diese haben jeweils eine molekulare Masse von 21 kD, bei einer Länge von 185 (Subtyp adw) oder 183 Aminosäuren (Subtyp ayw). Das Coreprotein wird in zwei funktionelle Domänen unterteilt: N-terminal befindet sich eine sogenannte Assemblierungsdomäne, die den Bereich von AS 1 bis 144 umfasst, welche vorwiegend hydrophober Natur sind (BIRNBAUM & NASSAL, 1990; GALLINA et al., 1989). Das kleinste für die Kapsidassemblierung funktionelle Coreprotein reicht von AS 1 bis 140, während C-terminal weiter verkürzte Mutanten unlösliche Aggregate bilden, die keine Kapsidstruktur mehr aufbauen können (WATTS et al., 2002). Im C-terminalen Bereich des Coreproteins befindet sich eine Protamin-ähnliche Domäne (AS 150 - 185).

Sie weist eine Akkumulation von basischen Resten auf, die in vier Blöcken gruppiert sind. Drei von diesen Blöcken beinhalten ein SPRRR(R)-Motiv, welches nicht-sequenzspezifisch Nukleinsäuren binden kann (PETIT & PILOT, 1985; HATTON et al., 1992); preferentiell aber die mRNA, von der das Protein translatiert wurde (BIRNBAUM

& NASSAL, 1990). Die beiden Domänen werden verbunden über ein Linker-Peptid (AS 141 - 149), welches in Länge und Sequenz gut konserviert ist (BRINGAS, 1997) und Einfluss auf die Assemblierung des Kapsides nimmt: Eine progressive Verkürzung des CTerminus reduziert die Fraktion von T = 4 Kapsiden von 95 % (Coreprotein AS 1 149) auf ca. 20 % (Coreprotein AS 1 - 140) (ZLOTNICK et al., 1996). Neben der Nukleinsäure-Bindefähigkeit besitzt der C-Terminus fünf potentielle Serin-Phosphorylierungsstellen (LIAO & OU, 1995), von denen S170 für die optimale Verpackung der pgRNA phosphoryliert vorliegen muss (LE POGAM et al., 2005). Diese werden von einer im Kapsid befindlichen Proteinkinase mit Beginn der reversen Transkription phosphoryliert, was die DNA-Bindefähigkeit reduzieren soll (KANN &

GERLICH, 1994). Intrazelluläre Kapside liegen heterogen phosphoryliert vor, während aus Virionen isolierte überwiegend aus unphosphorylierten Coreproteinen bestehen (YU

& SUMMERS, 1994a, b). Es wird vermutet, dass im Verlauf einer Infektion der Phosphorylierungszustand der Kapside wieder entscheidend sein könnte: Nur wenn die Coreproteine phosphoryliert sind, würde das Kernlokalisations-Signal des C-terminalen Bereichs nach Außen präsentiert werden, wodurch die Bindung des Kapsides mit den Kernporen-Komplexen (nuclear core complexes; NPC) über den Importin-vermittelten Weg ermöglicht werden würde (KANN et al., 1999).

Die Aufklärung der Struktur des HBV Kapsids wurde durch Kryoelektronen-Mikroskopie von CROWTHER et al., (1994), sowie durch Kristallstrukturdaten von WYNNE et al. (1999a, b) vorangetrieben, während BÖTTCHER et al. (1997) und CONWAY

et al. (1997) die Faltung des Coreproteins auf 7,4 respektive 9 Å genau darstellen konnten. Die Struktur des Coreprotein-Monomer wird dominiert von einer langen α-helicalen Haarnadelstruktur, die aus den Aminosäure-Resten 50 - 73 (Helix α3) und 79 - 110 (Helix α4) besteht. Dabei ist die α4-Helix zwischen den Resten 90 und 92 abgeknickt, so dass der untere Teil (α4b) der Helix von der α3-Helix abgespreizt vorliegt, während der obere Teil (α4a) parallel verläuft. Der N-terminale Bereich (AS 1 - 12) nimmt eine irreguläre Struktur ein, gefolgt von einer kurzen Helix (α1;

AS 13 - 17) und einer längeren Helix α2, die wiederum durch einen Knick nach Aminosäure 37 in die zwei helikalen Strukturen α2a (27 - 37) und α2b (38 - 43) unterteilt wird. Insgesamt umwickelt der N-terminale Bereich (AS 1 - 49) die α-helikale Haarnadelstruktur fast einmal. Die C-terminale Region besteht aus der Helix α5 (AS 112 - 127), gefolgt von einer Prolin-reichen Schleife (AS 128 - 136) und einem

‚erweiterten Strang’ (ab AS 137) (WYNNE et al., 1999b). Ein sehr hydrophober Bereich, der vorwiegend aus den Resten von α1, der Schleife zwischen α1 und α2, α4b und α5 besteht, könnte eine wichtige Rolle für die Erhaltung der Stabilität des Monomers spielen, zumal die beteiligten Reste in den HBV-Varianten hochkonserviert sind.

Das Kapsomer besteht aus einem kompakt gebauten Coreprotein-Homodimer, das sich aus zwei sich antiparallel gegenüberliegenden Coreprotein-Monomeren zusammensetzt, wodurch eine fast exakte Zweifach-Symmetrie ausgebildet wird. Dabei ergibt sich ein kompaktes 4-Helixbündel, das den charakteristischen Spike auf der Oberfläche der Kapside darstellt. Die Form des Coreprotein-Dimers ähnelt einem auf dem Kopf stehenden ‚T’, wobei das 4-Helixbündel der vertikalen Linie und die basale Region der horizontalen Linie entspricht. Die helikale Haarnadel-Struktur des Spikes (α3, α4a und α4b) ist sehr amphipatisch und trägt damit zur Dimerbildung und -stabilität bei. Die zwei Monomere werden durch Cys61 miteinander über eine Disulfidbrücke verbunden, die jedoch für die Dimer- oder Kapsidassemblierung nicht essentiell ist (NASSAL et al., 1992b; ZHENG et al., 1992; ZLOTNICK et al., 1996). Weiterhin hat sich gezeigt, dass sich zwischen zwei Coreprotein-Monomeren, über die AS-Reste Glu641 und Lys962, sowie Asp781 und Glu772, Wasserstoffbrücken ausbilden (Indizes geben die beiden interagierenden Coreproteine an).

Die Assemblierung kann spontan ohne weitere virale Komponenten in vivo und in vitro erfolgen (CERES &ZLOTNICK, 2002; SEIFER et al., 1993). Diese autarke Bildung konnte auch in verschiedenen Expressionssystemen wie Bakterien (COHEN & RICHMOND, 1982), Xenopus Oozyten (ZHOU &STANDRING, 1991) und Insektenzellen (LANFORD &

NOTVALL, 1990) nachgewiesen werden. Im Infektionszyklus des Virus wird die Kapsidassemblierung durch die Bindung der viralen Polymerase an die bulge-Region der ε-Struktur am 5’-Ende der pgRNA initiiert (HIRSCH et al., 1990; BARTENSCHLAGER

&SCHALLER, 1992; POLLACK &GANEM, 1994). Der Aufbau der Kapside erfolgt durch die Interaktion der Kapsomere über die C-terminalen Domänen des C-Proteins, wobei

es zur Ausbildung von 5-fach- und 6-fach-Symmetrien kommt. Dabei sind vorwiegend die Aminosäure-Reste der α5-Helix, der Prolin-reichen Schleife (AS 128 - 136) und des

‚erweiterten Stranges’ beteiligt. Die Assemblierung des Kapsides ist sowohl von der Konzentration der im Zytosol vorhandenen Coreproteine abhängig, als auch von dem Vorhandensein intakter Membranoberflächen (LINGAPPA et al., 2005). Choi und Kollegen (CHOI et al., 2005) zeigten, dass auch eine erhöhte zytosolische Kalzium-Konzentration die HBV Kapsidassemblierung fördern kann. Nach der Assemblierung besteht das Kapsid aus einer sphärischen Protein-Hülle, die eine Dicke von 20 Å aufweist. Von dieser Hülle aus ragen die 4-Helix-Bündel als Spikes mit einer Länge von ca. 25 Å und einer Breite von 20 Å in die Höhe. Weiterhin entstehen Kapsidporen, die einen Durchmesser zwischen 12 und 15 Å besitzen; dieser ist groß genug, um Desoxyribonukleotiden Ein- und Austritt zum Kapsidlumen zu gewähren (WYNNE et al., 1999b).

Abb. 5 (vorherige Seite): Darstellung eines a) Coreprotein-Monomers (Faltblattstruktur), b) Coreprotein-Homodimers (Kugelmodell) und c) Nukleokapsids. Teilabbildungen a) und b)

basieren auf den von Wynne und Kollegen veröffentlichten Kristallstrukturdaten (WYNNE

et al., 1999b). Teilabbildung c) ist ein Kryo-Elektronenmikroskopie-Bild eines T = 4 Nukleokpasids mit einer Auflösung von 9 Å (CONWAY et al., 1997, modifiziert).

Das HBV Nukleokapsid besitzt eine besonders immunodominante Region an der Spitze der Spikes (AS 78 - 83) (SALFELD et al., 1989; SÄLLBERG et al., 1991), die als konformationelles Hauptepitop des HBcAg eine starke Antikörper-Immunantwort auslösen kann. Diese Region eignet sich auch für Insertion von Fremdsequenzen, sogar von kompletten Proteinendomänen, wie z.B. eGFP, ohne die Assemblierung des Kapsides zu behindern (KRATZ et al., 1999). Desweiteren existieren zwei Epitope, die vom assemblierten Kapsid maskiert sind und nur bei dem denaturierten Kapsid oder dem Coreprotein-Homodimer zugänglich sind: HBe1, ein sequentielles Epitop, befindet sich ebenfalls an der Spitze des Spikes, und HBe2, ein konformationelles Epitop, ist um Position P130 lokalisiert (SALFELD et al., 1989). Ebenfalls in diesem Bereich (AS 129 - 132) befindet sich eine Sequenz, die Homologie zur sogenannten L(ate) domain (PPXY) von Retroviren aufweist. Diese hat eine essentielle Rolle bei der Abschnürung des Retrovirus von der Membran (FREED, 2002). Ob das Motiv (PPAY) beim HBV eine solche Rolle spielt ist unklar, da Mutationsanalysen mit Alanin-Substitutionen an diesen Positionen die Bildung von Kapsiden blockierten (PONSEL &BRUSS, 2003).