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2 Material und Methoden

3.5 Quantitative Auswertung der Ob-Rezeptor exprimierenden Zellen

3.5.4 HDtg-Ratten männlich vs. weiblich

Nach histologischer Auswertung waren signifikante Effekte (p<0,0001) bei dem Vergleich der kranken männlichen Alttiere mit den kranken weiblichen Alttieren zu erkennen (Abbil-dung 24). Bei den HDtg_w_14-Ratten wurden durchschnittlich um 59,3 % geringere Werte gemessen als bei den HDtg_m_14 Ratten. Bei den jungen HDtg-Ratten konnte bei dem Ge-schlechtervergleich kein signifikanter Effekt festgestellt werden.

0 1 2 3 4 5

#

HDtg_m_14

HDtg_m_3 HDtg_w _3 HDtg_w _14

männlich weiblich

Anzahl Ob-Rezeptor exprimierender Zellen

Abbildung 24: Mittlere Anzahl der Ob-Rezeptor exprimierenden Zellen (Hepatozyten) im Leberschnitt bei HDtg-Ratten; # markiert den signifikanten Unterschied (p<0,0001) zwischen männlichen und weiblichen Ratten mit gleichem Lebensalter. Zur Errechnung der Mittelwerte und des SEM wurden pro Gruppe (5 Tiere) n=20 Einzelmesswerte verwendet. Pro Tier wurden vier Schnitte auf jeweils 2 mm² begutachtet. Die Anzahl der auf insgesamt 2 mm² ausgezählten positiv ange-färbten Zellen ergab den Einzelmesswert.

Ergebnisse 35

3.5.5 Jungtiere Wildtyp vs. HDtg-Ratten

Keine signifikante Differenz zwischen der Anzahl an Ob-Rezeptoren exprimierenden Zellen bei HDtg-Ratten im Vergleich mit den korrespondierenden Wildtyp-Ratten wurde bei den Jungtieren festgestellt (Abbildung 25).

0 1 2 3 4 5

Wt_m_3 Wt_w _3 HDtg_m_3 HDtg_w _3

gesund krank

Anzahl Ob-Rezeptor exprimierender Zellen

Abbildung 25: Mittlere Anzahl der Ob-Rezeptor exprimierenden Zellen (Hepatozyten) im Leberschnitt bei jungen Wildtyp- und HDtg-Ratten; Es konnten keine signifikanten Effekte festgestellt werden.

Zur Errechnung der Mittelwerte und des SEM wurden pro Gruppe (5 Tiere) n=20 Einzel-messwerte verwendet. Pro Tier wurden vier Schnitte auf jeweils 2 mm² begutachtet. Die An-zahl der auf insgesamt 2 mm² ausgezählten positiv angefärbten Zellen ergab den Einzelmess-wert.

Ergebnisse 36

3.5.6 Alttiere Wildtyp vs. HDtg-Ratten

Signifikante Effekte waren bei dem Vergleich der kranken Alttiere mit den gesunden Alttie-ren zu erkennen. Sowohl bei den männlichen, als auch bei den weiblichen AlttieAlttie-ren zeigte sich bei den HDtg-Tieren eine Abnahme der Anzahl an Ob-Rezeptoren exprimierenden Zel-len im Vergleich mit den korrespondierenden Wildtyp-Tieren (Abbildung 26). Im Vergleich zu den Wt_m_14-Tieren wiesen die HDtg_m_14-Ratten durchschnittlich um 26,3 % niedrige-re Werte auf (p<0,01). Bei den HDtg_w_3-Ratten waniedrige-ren gegenüber den Wt_w_3-Ratten die Werte um 45,5 % niedrigerer (p<0,01).

0 1 2 3 4 5

W t_m_14 Wt_w _14 HDtg_m_14 HDtg_w _14

gesund krank

§

§

Anzahl Ob-Rezeptor exprimierender Zellen

Abbildung 26: Mittlere Anzahl der Ob-Rezeptor exprimierenden Zellen (Hepatozyten) im Leberschnitt bei alten Wildtyp- und HDtg-Ratten; § markiert den signifikanten Unterschied (p<0,01) zwischen alten gesunden und kranken Ratten mit gleichem Geschlecht. Zur Errechnung der Mittelwerte und des SEM wurden pro Gruppe (5 Tiere) n=20 Einzelmesswerte verwendet. Pro Tier wurden vier Schnitte auf jeweils 2 mm² begutachtet. Die Anzahl der auf insgesamt 2 mm² ausgezählten positiv angefärbten Zellen ergab den Einzelmesswert.

3.5.7 I L

Abbi Lebe Ob-R

Immunhist Leber

ildung 27:

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Ergebnis

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n in der

Diskussion 38

4 Diskussion

Bis heute stellt HD eine unheilbare und tödliche Krankheit dar. Die Patienten erkranken meis-tens im mittleren Lebensalter und überleben durchschnittlich 10-17 Jahre nach Krankheitsbe-ginn (Harper, 1996). Die betroffenen Patienten versterben jedoch scheinbar nicht an der HD selbst, sondern an Sekundärinfektionen, die wegen der Immobilität und Auszehrung der Pa-tienten mit dem Krankheitsgeschehen einhergehen (Harper, 1996). Dabei könnte ein höherer BMI die Lebenserwartung der HD-Patienten erhöhen (Fain et al., 2001; Popovic et al., 2004).

Eine Ursache für den die Patienten schwächenden Gewichtsverlust, welcher mit zunehmender Krankheitsdauer immer größer wird (Kirkwood et al., 2002), konnte bis heute nicht gefunden werden. Diskutiert wurde, ob ein höherer Energieverbrauch durch die Zunahme der choreati-schen Bewegungen ursächlich sei. Jedoch weisen HD-Patienten schon am Anfang ihrer Krankheit, wenn noch keine choreatischen Bewegungen festzustellen sind, ein niedrigeres Gewicht als die gesunde Kontrollgruppe auf (Djoussé et al., 2002; Robbins et al., 2006). Zu-dem wird über eine verstärke Abnahme des Gewichts im späteren Krankheitsstadium berich-tet, wenn schon eine deutliche Bewegungsverarmung bei den Patienten eingesetzt hat (Penney et al., 1990; Djoussé et al., 2002). Auch wurde angenommen, dass physiologische Regelme-chanismen der Nahrungsaufnahme gestört sein könnten (Kremer und Roos, 1992). Jedoch wogen selbst HD-Patienten, die durch eine hochkalorische Diät ernährt wurden, im Vergleich mit ihrer Kontrollgruppe weniger (Sanberg et al., 1981). Eine potentielle Malabsorption der Nahrung konnte bei HD-Patienten bisher ebenfalls nicht gefunden werden (Morales et al., 1989). Auch Untersuchungen der Stoffwechselaktivität in Ruhe und während des Schla-fens konnten keine Unterschiede zwischen HD-Patienten und der Kontrollgruppe feststellen (Shoulson et al., 1984; Pratley et al., 2000).

Anzunehmen ist, dass der Gewichtsverlust der HD-Patienten neben einer Abnahme der Mus-kelmasse im Wesentlichen auf einer Abnahme des Fettgewebes basiert. Das Hormon Leptin, welches größtenteils im weißen Fettgewebe produziert wird, nimmt bei der Energiehomöosta-se des Körpers eine SchlüsEnergiehomöosta-selrolle ein (Friedmann und Leibel, 1992; Zhang et al., 1994; Pel-leymounter et al., 1995). Eine erhöhte Menge an Leptin vermindert, sofern keine Lep-tin-Rezeptor-Resistenz vorliegt, die Nahrungsaufnahme, führt zu einer Gewichtsabnahme und steigert den Grundumsatz (Campfield et al., 1995; Halaas et al., 1995; Pelleymounter et

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al., 1995; Weigle et al., 1995). Das Leptinsystem mit seiner zentralen und peripheren Wir-kung auf die Nahrungsaufnahme und den Fettstoffwechsel könnte bei HD-Patienten patholo-gisch verändert sein und eine mögliche Erklärung für deren Gewichtsverlust darstellen.

Um möglichst ähnliche Stoffwechsel- und Krankheitsparameter von HD-Patienten zu simulie-ren, wurden für die Versuche dieser Arbeit HDtg-Ratten verwendet. Im Gegensatz zu den sonst verwendeten R6/2-Mäusen zeichnen sich diese Ratten durch einen dem humanen sehr ähnlichen, langsam progredienten HD-Krankheitsverlauf aus und weisen einen deutlichen Gewichtsverlust im Gegensatz zu gesunden Kontrolltieren auf. Des Weiteren tritt keine stö-rende Komorbidität mit Diabetes mellitus mehr auf, was eine bessere Beurteilbarkeit der Ver-suchsergebnisse gewährleistet (von Hörsten et al., 2003).

Wie schon zuvor beschrieben, haben HD-Patienten im Allgemeinen keine Probleme bei der Nahrungsaufnahme, obwohl man aufgrund der nicht kontrollierbaren choreatischen Bewe-gungen auf eine Behinderung bei der Nahrungszufuhr schließen könnte. HD-Patienten weisen verglichen mit gesunden Probanden sogar einen gesteigerten Appetit und eine signifikant hö-here Kalorienaufnahme auf (Sanberg et al., 1981; Pratley et al., 2000; Trejo et al., 2004).

Die Ergebnisse der im Rahmen dieser Arbeit beobachteten Ratten unterstützen diese Feststel-lung wenn man beide Geschlechter gemeinsam betrachtet. Es konnte gezeigt werden, dass die HDtg-Ratten über den gesamten Zeitraum keineswegs weniger Futter zu sich nahmen, als die gesunden Kontrolltiere. Der Trend zeigte vielmehr, dass die kranken Ratten im Mittel eher mehr Futter zu sich nahmen, als die gesunden Ratten. Auch das Fortschreiten der Chorea Huntington Erkrankung und die damit verbundene Zunahme der choreatischen Bewegungen und anderer körperlicher Einschränkungen beeinflussten diesen Trend nicht.

Beurteilt man allerdings die Geschlechter getrennt voneinander, ist zwischen den Männchen und den weiblichen HDtg-Ratten ein deutlicher Unterschied bei der Futtermenge pro Tag festzustellen. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass die weiblichen HDtg-Ratten signifikant mehr Nahrung zu sich nahmen, als die gesunde Kontrollgruppe. Sie aßen pro Tag durch-schnittlich 12,9 % mehr Futter als die Wildtyp-Ratten. Die männlichen HDtg-Ratten unter-schieden sich weniger deutlich von den Wildtyp-Tieren. Tendenziell nahmen sie eher weniger Nahrung zu sich, als die gesunden männlichen Ratten. Diese geschlechtsspezifischen Unter-schiede der Nahrungsaufnahme sind bisher nicht beschrieben worden, da eine getrennte Be-trachtung des männlichen und weiblichen Geschlechts diesbezüglich weder bei an HD er-krankten Menschen noch bei HD-Tieren vorgenommen wurde.

Diskussion 40

Betrachtet man beide Geschlechter gemeinsam, konnte analog zu bereits durchgeführten wis-senschaftlichen Studien festgestellt werden, dass HDtg-Ratten deutlich weniger wiegen, als die gesunden Kontrolltiere (Fain et al., 2001, von Hörsten et al., 2003). Auch konnte gezeigt werden, dass dieser Gewichtsunterschied schon im jungen Lebensalter, am Beginn der HD, besteht und mit fortschreitendem Alter und Progression der Krankheit immer weiter zunimmt.

Nach 14 Monaten wogen die HDtg-Tiere durchschnittlich 8,8 % weniger als die gesunden Kontrolltiere. Es ist davon auszugehen, dass sich der Gewichtsunterschied mit zunehmendem Alter weiter vergrößern würde. Beobachtungen der HDtg-Ratten über 24 Monate ergaben am Ende bei den HDtg-Ratten ein um 20 % geringeres Gewicht als bei den gesunden Tieren (von Hörsten et al., 2003). Bisherige Untersuchungen stellten auch bei HD-Patienten im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe eine Gewichtsreduktion fest (Bruyn und Went, 1986; Greena-myre und Shoulson, 1994; Sanberg et al., 1981; Farrer und Meaney, 1985; Pratley et al., 2000). Jedoch wurden jedes Mal beide Geschlechter gemeinsam betrachtet.

Erstmals konnte in dieser Dissertation gezeigt werden, dass diese Gewichtsreduktion bei HDtg-Ratten nicht auf beide Geschlechter gleichermaßen zutrifft. Interessanterweise wiesen die männlichen HDtg-Ratten zwar ein signifikant niedrigeres Gewicht als ihre Kontrollgruppe auf, jedoch waren die weiblichen HDtg-Ratten während des gesamten Beobachtungszeitraums in etwa so schwer wie die gesunden Ratten, tendenziell wogen sie sogar geringfügig mehr.

Zwar nahmen die kranken Weibchen, im Gegensatz zu den Männchen, auch mehr Futter im Vergleich zu der Kontrollgruppe zu sich, doch lassen sich dadurch nicht allein die Gewichts-unterschiede erklären. Die männlichen HDtg-Tiere zeigten im Vergleich mit den gesunden Kontrolltieren ein deutlich und signifikant niedrigeres Gewicht zu Beginn der Krankheit (14,9 % Unterschied). Dieser Gewichtsunterschied blieb auch mit fortschreitendem Alter be-stehen und vergrößerte sich etwas. Nach 14 Monaten wogen die kranken Tiere schon 15,4 % weniger als die Kontrolltiere.

Auch in einer anderen aktuellen Studie konnte gezeigt werden, dass der Gewichtsverlust nicht einheitlich auftritt und die Geschlechter sich unterscheiden (Dorner et al., 2007). Die an R6/2-Mäusen durchgeführte Untersuchung stellte jedoch im Gegensatz zu den hier vorliegen-den Ergebnissen bei vorliegen-den kranken, weiblichen Tieren einen Gewichtsverlust fest, wohingegen keine Gewichtsunterschiede bei kranken, männlichen Tieren zu den Wildtyp-Tieren beobach-tet werden konnten.

Im Rahmen dieser Arbeit konnte innerhalb des zur Verfügung stehenden Versuchszeitraumes nicht geklärt werden, in welche Richtung sich das Gewicht weiterentwickeln würde. Es ist durchaus denkbar, dass auch die Weibchen mit weiterer Progression der Krankheit verzögert

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ebenfalls mit einer Gewichtsabnahme reagiert hätten. Denn gerade bei einem noch nicht sehr weit fortgeschrittenen Krankheitsverlauf wurden bei HD-Patienten geschlechtsunabhängig auch Gewichtszunahmen festgestellt (Hamilton et al., 2004).

Schon makroskopisch waren deutliche Unterschiede der Fettmenge im Abdomen von HDtg- und Wildtyp-Ratten zu erkennen. Um diesen Unterschied zu objektivieren konnte zum ersten Mal mittels eines neuen MRT-Untersuchungsverfahrens exemplarisch an zwei Ratten eine direkte Fettmassenbestimmung vorgenommen werden. Das eindeutige Ergebnis zeigt, dass die weibliche, 8 Monate alte HDtg-Ratte 39 % weniger Körperfett besaß, als das etwa gleich-altrige Kontrolltier. Betrachtet man das subkutane und mesenteriale Fett separat, fällt auf, dass gerade der Anteil an mesenterialem Fett bei der HDtg-Ratte deutlich niedriger war als bei dem Wildtyp-Tier. Zwar war auch das subkutane Fett um 30 % vermindert, doch besaß das kranke Tier weniger als 50 % des mesenterialen Fettes im Vergleich zur gesunden Ratte.

Eine abdominale Fettakkumulation, wie sie bei an HD erkrankten R6/2-Mäusen beschrieben worden ist (Björkqvist et al., 2006), konnte anhand dieser Ergebnisse nicht bestätigt werden.

Vielmehr konnte gezeigt werden, dass der Gewichtsverlust hauptsächlich aus einer Reduktion des Fettgewebes resultiert.

Leptin wird in den unterschiedlichen von Fettgewebsarten in verschiedener Menge produziert.

Es konnte gezeigt werden, dass im subkutanen Fettgewebe ca. 60 % weniger Leptin produ-ziert wird, als im mesenterialen Fettgewebe (Villafuerte et al., 2000). Da gerade das mesente-riale Fettgewebe bei den HDtg-Tieren im Vergleich mit den gesunden Ratten so stark dezi-miert war, legt dies einen stärkeren Einfluss auf das Leptinsystem nah, als wenn die Verände-rung nur auf das subkutane Fettgewebe beschränkt wäre.

Frauen und Männer weisen Unterschiede in ihren Leptinsystemen auf. So wurde nachgewie-sen, dass Frauen durchschnittlich mehr freies Leptin als Männer produzieren (Snehalatha et al., 1999, Hellström et al., 2000). Allerdings ist der Anteil an gebundenem Leptin bei Frauen niedriger als bei Männern (Chan et al., 2002). Genau dies konnten die vorliegenden Ergebnis-se bestätigen. Sowohl das Leptin, als auch die Ob-Rezeptoren waren bei den weiblichen Tie-ren vermindert. Weiterhin ist festzustellen, dass die HD auf diesen Zusammenhang keinen Einfluss hat. Auch bei den weiblichen HDtg-Ratten konnte durch die vorliegende Statistik der immunhistologischen Untersuchung gezeigt werden, dass diese weniger Leptin und weniger Ob-Rezeptoren im Lebergewebe synthetisierten, als die korrespondierenden männlichen Rat-ten.

Diskussion 42

Bei den Jungtieren konnten diese Korrelationen nicht bestätigt werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Leptinsystem bei den Jungtieren noch nicht vollständig entwickelt war und man deshalb keine Unterschiede feststellen konnte. Hinweisend darauf ist, dass die An-zahl an Rezeptoren bei den Jungtieren bei beiden Geschlechtern verglichen mit den Alttieren massiv reduziert war. Diesbezüglich widersprüchliche Ergebnisse finden sich in bereits publi-zierten Studien. Zum einen wird dort von hohen Leptin-Rezeptor-Konzentrationen im frühen Lebensalter, die bis zum Erwachsenenalter sinken, berichtet (Mann et al., 2003; Untersuchung an Personen im Alter von 0-30 Jahren). Eine andere Untersuchung stellt andererseits fest, dass zu Lebensbeginn die Leptin-Rezeptor-Spiegel sehr niedrig sind und erst in der Pubertät an-steigen (Quinton et al., 1999; Untersuchung an Personen im Alter von 0-81 Jahren). Beide Studien zeigen jedoch, dass sich im fortschreitenden Erwachsenenalter das Leptinsystem of-fenbar stabilisiert und die Konzentrationen von Leptin und Leptin-Rezeptoren konstant blei-ben. Zwar wurden bei beiden Untersuchungen nur die frei zirkulierenden Ob-Re gemessen, doch wird davon ausgegangen, dass diese durch sogenanntes „shedding“ von den in dieser Arbeit untersuchten Ob-Rb entstehen und ein Zusammenhang bei den Konzentrationen der beiden Rezeptortypen besteht (Ge et al., 2002).

Erstmals konnte gezeigt werden, dass neben der ungleichen Gewichtsentwicklung von weibli-chen und männliweibli-chen HDtg-Ratten auch die Leptinsysteme in unterschiedlicher Weise verän-dert sind.

Bei der Betrachtung des Leptinsystems der weiblichen HDtg-Ratten fällt auf, dass sie nicht nur signifikant weniger Leptin-Rezeptoren exprimieren, sondern auch weniger Leptin produ-zieren, als die Wildtyp-Tiere. Dieser Hormonstatus lässt auf einen höheren Appetit der Tiere schließen und erklärt die höhere Futteraufnahme. Der Einfluss des Leptinsystems auf die Nahrungsaufnahme wurde auch schon in anderen Studien untersucht. Dort führte eine erhöhte Leptinkonzentration zu einer verminderten Nahrungsaufnahme, einer Gewichtsabnahme und zur Zunahme des Grundumsatzes (Zhang et al., 1994; Campfield et al., 1995; Halaas et al., 1995; Pelleymounter et al., 1995). Außerdem wurde gezeigt, dass eine Blockierung der Leptin-Rezeptoren und die resultierende Inhibition der Leptin-Wirkung bei Nagetieren die Nahrungsaufnahme erhöhte (Brunner et al., 1997). Analog dazu konnte dies jetzt zum ersten Mal in der vorliegenden Studie bei an HD erkrankten Ratten festgestellt werden.

Entgegen der in dieser Arbeit festgestellten Daten wäre anzunehmen, dass der Körper bei ei-nem niedrigen Rezeptorangebot aber durch eine Erhöhung der Leptinsynthese gegenreguliert,

Diskussion 43

um die Wirkung des Leptinsystems aufrecht zu erhalten. Dies geschieht bei adipösen Patien-ten, die eine Leptinresistenz aufgrund eines Rezeptordefektes aufweisen (Spiegelmann und Flier, 1996; Friedmann und Halaas, 1998).

Interessanterweise findet genau eine solche Gegenregulation bei den weiblichen HDtg-Ratten nicht statt. Dies könnte bedeuten, dass der Körper die Downregulation des Leptinsystems in Kauf nimmt, möglicherweise um den durch HD geschwächten Organismus zu unterstützen.

Die geringere Leptinkonzentration vermindert den hemmenden Effekt auf das übergeordnete NPY-System (Friedman und Halaas, 1998; Kristensen et al., 1998; Matsumura et al., 2000), so dass, wie die vorliegenden Ergebnisse zeigen, die Nahrungsaufnahme gesteigert wird. Eine ähnliche Beobachtung kann man bei Patienten, die an Anorexie leiden, machen. Hier wird die Leptin-Produktion reduziert und die Synthese des Appetit anregenden Hormons Ghrelin ge-steigert (Grinspoon et al., 1996; Otto et al., 2001). Hierdurch versucht der Organismus der gefährlichen Gewichtsabnahme entgegenzuwirken. Das stabile Gewicht der weiblichen HDtg-Ratten könnte jedenfalls zum Teil durch diesen Mechanismus erklärt werden. Da jedoch, wie zuvor beschrieben, das Leptinsystem mit verschiedenen anderen energiehomöostatisch wir-kenden Regelsystemen, wie dem NPY-System oder auch dem Ghrelin-System, interagiert, müssen diesbezüglich weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Wichtig hierbei ist, die Untersuchungen geschlechtsspezifisch durchzuführen. Gezeigt wurde bereits, dass Ghrelin bei HD-Patienten erhöht ist (Popovic et al., 2004). Ist das Hormon Ghrelin mit seiner Nahrungs-aufnahme steigernden Wirkung (Druce et al., 2005) womöglich bei den weiblichen Ratten erhöht und der Grund für den höheren Futterumsatz, jedoch bei den männlichen HDtg-Tieren nicht verändert?

Bei den männlichen HDtg-Ratten zeigte sich ebenfalls eine niedrigere Ob-Rezeptorexpression als bei den Kontrolltieren. Diese fiel jedoch mit einer Reduktion um 26,3 % nicht so stark wie bei den Weibchen (45,5 %) aus. Bei der gemessenen Leptindichte zeigte sich jedoch ein ge-genteiliger Effekt. Hier wurden tendenziell höhere Werte als bei den gesunden Ratten ermit-telt. Da sich auch die Gewichtsentwicklung der kranken, männlichen Tiere, welche die in der Literatur beschriebene Gewichtsabnahme bestätigte, von den Weibchen unterschied, kann man die Ursache im unterschiedlichen Leptinsystem sehen.

Eine höhere Wirksamkeit des Leptins (und die dadurch resultierende Gewichtsabnahme bei den männlichen HDtg-Ratten) ist prinzipiell nicht durch eine Downregulation von Rezepto-ren, wie sie beobachtet wurde, zu erklären. Der starke Gewichtsverlust der männlichen HDtg-Ratten könnte aber durch verschiedene Regelmechanismen erklärt werden.

Diskussion 44

In dieser Arbeit wurde nur die Expression von membranständigen Ob-Rb/Ob-Ra und nicht die Konzentration der frei zirkulierenden Ob-Re-Variante gemessen. An Ob-Re gebundenes Lep-tin könnte durch eine Stabilisierung des Liganden die LepLep-tin-Wirkung auf das Körpergewicht erhöhen. Eine frühere Studie stellte fest, dass bei Gewichtsverlust eine Erhöhung der Ob-Re-Konzentration und eine verminderte Leptinkonzentration vorliegt (Laimer et al., 2002). Die gemessenen höheren Leptinwerte der HDtg-Ratten im Vergleich mit den Wild-typ-Tieren könnten bei der vermehrten Bildung von Ob-Re eine Rolle spielen. So stimuliert Leptin die Bildung von Ob-Rb aus denen dann durch „shedding“ die löslichen Ob-Re entste-hen (Ge et al., 2002). Ob jedoch Ob-Re bei HDtg-Ratten tatsächlich erhöht ist und damit eine Rolle beim Gewichtsverlust der männlichen HDtg-Ratten spielt, müssen weitere Untersu-chungen zeigen.

Desweiteren könnte die erhöhte Leptinsynthese der männlichen HDtg-Ratten auch noch eine Wirkung auf das dem Leptinsystem übergeordnete Neuropeptid Y-System (NPY-System) haben. Das im Hypothalamus gebildete NPY hat mit seiner Wirkung als Neurotransmitter eine gesteigerte Nahrungsaufnahme und eine Gewichtszunahme zu Folge. Es interagiert mit Leptin bei der Regulation des Körpergewichts und der Nahrungsaufnahme (Friedman und Halaas, 1998; Matsumura et al., 2000). Dabei ist es das potenteste appetitanregende Peptid, welches man im Gehirn findet. Leptin blockiert durch einen negativen Feedback Mechanis-mus die Wirkung des NPY (Kristensen et al., 1998). Bei HD-Patienten konnte gezeigt wer-den, dass die Menge an NPY und NPY-Neuronen im Vergleich mit der Kontrollgruppe erhöht war (Dawbarn et al., 1985; Beal et al., 1988; Mazurek et al., 1997). Dies ist eine erstaunliche Feststellung, da HD-Patienten trotz einer Erhöhung der NPY-Aktivität offensichtlich an Ge-wichtsverlust leiden, obwohl man Gegenteiliges annehmen würde. Vielleicht spielt hierbei Leptin mit seiner modulierenden Wirkung auf das NPY-System bei HD-Patienten eine Rolle.

Die in dieser Arbeit gemessene Erhöhung der hepatischen Leptindichte bei den männlichen HDtg-Ratten könnte das NPY-System stärker inhibieren und somit auf diesem Weg bei der Gewichtsregulation eine Rolle spielen. Zudem reduziert Leptin die NPY-mRNA-Expression im Hypothalamus, wodurch die appetitanregende und gewichtssteigernde Wirkung des NPY reduziert wird (Shintani et al., 2001; Cowley et al., 2003). Diese beiden Mechanismen könn-ten ebenfalls die Gewichtsabnahme der männlichen HDtg-Ratkönn-ten mit beeinflusst haben.

Um die Gewichtsabnahme bei HD-Patienten zu erklären, reicht eine alleinige Betrachtung des Leptinsystems nicht aus. Doch zeigen die in dieser Arbeit ermittelten Daten deutlich, dass die Gewichtsproblematik der HD-Patienten auch mit einem pathologisch veränderten

Leptinsys-Diskussion 45

tem einhergeht und dies einen Teil in einem multifaktoriellen Geschehen darstellt. Hierbei illustrieren die Ergebnisse die Notwendigkeit, das Leptinsystem beider Geschlechter getrennt von einander zu betrachten. Die unterschiedliche Gewichtsentwicklung von männlichen und weiblichen HDtg-Ratten korrelierte, wie dargestellt wurde, auch mit Abweichungen in ihren

tem einhergeht und dies einen Teil in einem multifaktoriellen Geschehen darstellt. Hierbei illustrieren die Ergebnisse die Notwendigkeit, das Leptinsystem beider Geschlechter getrennt von einander zu betrachten. Die unterschiedliche Gewichtsentwicklung von männlichen und weiblichen HDtg-Ratten korrelierte, wie dargestellt wurde, auch mit Abweichungen in ihren