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handelt sich hier um den erwachsenen Menschen), sieht er sich zu der

Im Dokument Dorpater Zeitschrift (Seite 33-52)

Engelhardt,

Anerkennung genöthigt, daß der Mensch den Empfang göttlicher Kräfte verdient, so schreitet er zur ersten Mittheilung derselben unter An-Wendung der Taufe. I s t sie vollzogen, so erklärt der Priester, nun habe der Mensch wieder diejenige Heiligkeit, welche er brauche, um die Aufgaben des Menschen Gott gegenüber zu lösen, nun könne er Gott lieben und seine Gebote erfüllen und noch mehr thun, als das göttliche Gesetz ausdrücklich verlange; nunmehr luüsfe er aber auch heilig wandeln und in guten Werke »sich des Lohns der ewigen Seligkeit wür-big machen. Der früheren Sünden gedenke Gott in Berücksichtigung des Verdienstes Christi nicht mehr, wen» nur der Mensch in Zukunft nicht mehr sündige, sondern in Kraft des durch die Taufe Cmpfan-genen und unter weiterer Benutzung der in andern ihm zu Gebote stehenden SakrameMcn zuströmenden Gottes-Kräfte sich sündcnfrei erhalte. Es sind gemeint die Sakramente der Firmelung und des Abendmahls, welche dem Menschen ertheilt werden wenn er sich sündenfrei und schuldlos erhalten hat, — Nu» beginnt der Getaufte den Weg des Gesetzes zu wandeln, um die Gerechtigkeit zu erwerben, die vor Gott gilt.

S o lehrt die Kirche über Glaube und Buhe, über Wort und Sakrament, über die Vorbereitung zur Rechtfertigung und über die Anfänge derselbe», und so muh sie lehren, wenn sie ihren Voraussehungen treu bleibt, daß Gott nur durch Priester oder irdische M i t -telspersonen mit dem Sünder handeln will. D a Gott nur in dem Maaße an dem Menschen wirksam sein w i l l , als der Piicster an ihm wirksam ist: so muß gelehrt werden, daß das Wort Gottes »oder das pricsterliche Wort nur die natürlichen Kräfte anregt, nicht über-natürliche Gaben mittheilt, und daß lediglich das Sakrament, die priesterliche Handlung, am Menschen vollzogen göttliche Kräfte hcili-gen Geistes einströmen läßt und einen umwandelnden Einfluß aus-übt. Denn könnte das Wort Gottes schon Geist und Leben wirken, so wäre ja eine Vereinigung van Gott und Mensch möglich ohne den Priester, in so fern das Wort auch ohne priesterliche Vermittlung an den Menschen herantreten und auf ihn eine Wirkung ausüben

9 7 Katholisch und Evangelisch. ^ ' kann. Daher muß die Kirche behaupten, daß dasjenige was das Wort wirkt, der Glaube und die Reue, etwas rein Natürliches ist, das an und für sich gar keinen Werth hat und außer Stande ist, gerecht und selig zu machen. Der Glaube an Gottes Gnade und an das Wort der Vergebung oder die Erkenntniß, daß Gott in Christo gegenwärtig sei und in ihm die Welt mit sich selber versöhnt lind ihre Schuld getilgt habe, kann nur als Bedingung der Rechtfertigung, aber weder als rcchlfertigend, noch als Organ des Empfanges der Gnade angesehen werden. Sonst wäre es für die Welt völlig aus-reichend, daß Gotleö Wort lauter und rein verkündet würde von Solchen, Die durch den Glauben an dasselbe gerecht geworden sind.

Was bewegt denn aber die Kirche an der priestcrlichen Vermittelung der Gnade festzuhalten? Etwa bloß prustcrlichc Herrschsucht? Kei-neswegs; vielmehr die Ueberzeugung, daß Gott seine gcrcchtmachendc Thätigkeit au ei» Thun der Priester gebunden habe, damit Niemand auf den Opanken tounue, er könne sich selbst gerecht machen; und damit weiter Niemand in quälende Ungewißheit gcrathe darüber, ob Gott ihm die Sünden vergeben und ihm den heilige» Geist mitgc-theilt habe oder nicht. Steht einmal fest, daß nur der Priester die Gottes-Gnade und heiligen Geist mittheilen kann, nun so weih Je-dcrmanu in untrüglicher Weise, ob er diese Gaben bekommen hat uder nicht, und er weiß ebenso gewiß, daß nicht er selbst, sondern ein Anderer, Gott durch den Priester, sie ihm gegeben hat, — Fragen wir aber nach einem Beweise für die Wahrheit der Behauptung, daß Gott den heiügmachenden Geist durch stin Wort nicht spende, sondern nur vermittelst des von einem Priester gereichten Sakraments gerecht mache: so weist »n? die römische Kirche hin auf dreierlei. Erstens darauf, daß, wenn das Wort und der Glaube ans Wort gerecht machen könne, nicht abzusehen sei, wozu überhaupt noch das Sakra-mcnt, die das Sakrament spendende Kirche und der Empfang des Sacraments nöthig sei-, zweitens darauf, daß der Glaube überall den Empfang des Sakraments begehre und damit seine eigene Unvollkom-menheit bekunde; drittens darauf, daß der Mensch glauben und doch

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dabei gottlos leben könne, ja überall und iuimcr ohne Sakraments-empfang trotz seines Glaubens ohne Gewißheit der Vergbung dahin-gehe und durch seinen Wandel bekunde, daß er die Kräfte des Lc-bens nicht besitze. S o bestätige die Erfahrung die Wahrheit des Satzes, daß nur das Sakrament oder Gott durch das Sakrament und durch die priestcrlichen Personen Gerechtigkeit im Sinne wirklicher Sündenvergebung und Ausrüstung mit Heilissungskräftcu verleihe.

Sehen wir ab von der Stichhaltigkeit dieser Beweise und neh-men wir die Kirche beim Wort, Ihrer Meinung nach bietet das durch den Priester gespendete Sakrament die Güler, welche Gott in seinem Wort nicht giebt sondern mir verheißt, nnd der Sakraments-empfang vermittelt dem Mcnschm den wirklichen Besitz der Kräfte, die er durch den Glauben nur als vorhanden weiß, nicht aber sich anzueignen vermag. I s t es in Wirklichkeit so? Was giebt denn die Taufe? Sie tilgt die Schuld; sie tilgt die Sünde; sie macht den Menschen gerecht und heilig und seht ihn in Stand, sündlos zu wan-dein und das Gesetz zu erfüllen. Zugegeben; aber woran soll der Mensch erkennen, daß die Schuld vergeben und die Sünde ans sei-nein Wesen völlig getilgt und er heilig sei? Aus der Wahrnehmung des nach der Taufe eingetretenen Thatbestandes, antwortet die Kirche:

ebensowohl aus der Thatsache des guten Gewissens, wie aus der faktisch vorhandenen Lust und Kraft zu allen guten Werken. Aber

wenn ich nun auch nach der Taufe noch in meinem Herzen die böse Lust und Neigung zur Sünde spüre und mein Gewissen auf Grund des Gesetzes und des Wortes Gottes in der Schrift mir diese Lust als Schuld vorhält und mir meine Heiligkeit und Fähigkeit der Gesehe?-crfülluug zweifelhaft macht: was dann? Die Kirche antwortet: Die böse Lust und die Neigung zur Sünde ist in dem Getauften nicht Sünde, wenn er nicht in dieselbe einwilligt, sondern sie bekämpft; ihr Da-sein hindert nicht die vollkommene Gesetzeserfüllung, — Gesetzt, ich nehme diese Erklärung a» und beruhige mich bei derselben und messe meine Gerechtigkeit nicht »ach dem Maaßstabe des Gotteswortes in der Schnft, sondern nach der priesterlichen Erklärung und Deutung

Katholisch und Evangelisch. 2 9 desselben: so gewinne ich doch jedenfalls die Ruhe meines Gewissens nur in Kraft des Glaubens an das Wort der Kirche. Die Taufe übt an mir die Wirkung, welche sie nach katholischer Lehre üben soll, nur so fern ich Glauben habe an das die Taufe begleitende Wort der Kirche; oder soferu die Taufe selbst solchen Glauben an das Wort der Priester wirkt. Auf den Glauben kommt also doch wieder AI-Ics an und zwar auf einen Glauben, der nicht ein bloßes Wissen ist, sondern ein Ucberzcugtsein, ein völliges Vertrauen auf das Wort der Kirche als auf ein untrügliches Wort Gottes. Wenn aber das Wort der Kirche Gottes Wort ist, so kann es nicht in Widerspruch stehen mit dem auch von der Kirche anerkannten Worte Gottes in der Schrift noch mit dem Gewissen. Und fange ich einmal an zu prüfen, so tritt trotz aller Versicherungen der Priester das Wort der Schrift, welches in mei-nem Gewissen einen Wiederhall findet, in den Vordergrund gegenüber dem Worte der Kirche, gegen welches mein Gewissen schon Protest erhob. Meine in der bösen Lust zu Tage tretende Sündhaftigkeit wird mir gewisser, als die Versicherungen der Kirche; die Heiligkeit meines Wandels wird mir zweifelhaft, und von der Fähigkeit völliger Geseheserfüllung spüre ich nichts mehr. Eine vor Gott geltende Ge-rcchtigkeit ist somit in mir auch nach der Taufe nicht da, und im Zu-sammenhange damit wird mir selbst die Vergebung der früheren Sünden ungewiß.

S o finde ich denn jedenfalls von dem veränderten Thatbestände, der durch die Taufe gewirkt und nach derselben vorhanden sein soll, nichts vor, es sei den», ich zwänge mich, den Versicherungen der Kirche zu glauben, daß es so sei wie sie sagt: Heiligkeit sei, was sie als heilig anerkenne und Sünde sei nicht, was sie nicht als solche ansähe. Solch' ein Zwang gilt freilich dem Gewissen, welches die Versicherungen der Priester Lügen straft und von dem Worte der Priester auf das Wort des Gesetzes hinweist. Das Gewissen muß also beschwichtigt werden, damit der Grund-Gedanke des ganzen Katholi-cismus, daß die Heilsoffcnbarung Gottes sich lediglich '» der Stif-tung der Priester-Kirche verwirklicht, Wahrheit bleibe.

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Indeß auch unter Voraussetzung der Wahrheit dieses katholi-schm Dogma's bleibt es dabei, daß die Pricsterschnft dem Sünder nichts mitzutheilen vermag und namentlich nichts Anderes als was sie durch ihr Wort und durch ihre Lehre, so fern diese G l a u b e n finden, wirkt. I n der B e s c h a f f e n h e i t des Menschen ändert sich durch das an ihm vollzogene pricstcrliche Thun trotz aller Versiehe-Hingen gar nichts. Fühlte er vor der Taufe die Lust »nd Macht der Sünde und hielt sein Gewissen ihm das als Schuld uor, so fühlt er das Dasein der Sünde auch nach der Taufe und die Schuld lastet auf seinem Gewissen nach wie vor. Es ist Alles beim Alten geblieben, nur Eins hat sich geändert: das Urtheil der Kirche über den Sünder ist ein anderes geworden. V o n dem Augenblick an, wo er sich der Wirksamkeit der Priester unterstellt hat, indem er die Taufe an sich vollziehen lieh, sieht die Kirche ihn trotz aller begangenen Sünden und trotz der noch vorhandenen Sünde nicht mehr als einen Sünder a n , sondern als einen, der in völliger adamitischcr Unschuld sein Leben von neuem anfängt. Was er von dem Augenblick des Eintritts in die Kirche und in der Gemeinschaft mit den Priestern und in Gehorsam gegen ihre Anordnungen zu leisten beginnt, das soll — mag der Mensch auch in seiner inneren Beschaffenheit und in seiner Leistungsfähigkeit derselbe bleiben, der er war — von Sei-ten der Priesterschaft anders beurtheilt werden, als früher. Es soll an sein Thun nicht mehr der Maaßstab des göttlichen Gesetzes ge-legt sondern Alles darnach bemessen weiden, ob es in Gehorsam gc-gen die Priester geschieht und ihrem Urtheil gc-genügt, S o wird es ihm möglich sein, gerecht zu leben und, wenn er sein ganzes Leben gerecht geblieben ist, auch für heilig erklärt zu werden. S o wenig ist durch das priesterliche Thun in der Taufe dem Menschen wirkliche Gerechtigkeit und Heiligkeit mitgetheilt worden, daß er viel-mehr von dem Augenblick der Taufe an erst Alles selbst zu thun hat, um sich die Gerechtigkeit und Heiligkeit zu erwerben. Nur daß all' sein Thun vor der Taufe nicht gercchtmachend war, nach der Taufe aber diese Kraft besitzt, Das geschieht, obgleich das Thun des

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Menschen vor und nach der Taufe seiner inneren Beschaffenheit nach total dasselbe ist und nur der Form nach sich nach der Taufe anders gestaltet, nämlich als Gehorsam gegen die Gebote der Kirche, wäh-rend es vor derselben bei dem Gläubigen lediglich in Form des Gehör-sams gegen das Gesetz Gottes sich verwirklichte, wie dasselbe als geschriebenes dem Gewissen als Norm und Regel sich aufdrängt.

Was dem Th»n des Menschen vor der Taufe und zu der Zeit, da er nur erst im Glauben stand, die Kraft gerecht zu machen raubte, die Unuollkommenheit desselben in Rücksicht der innersten Gesinnung und der immer noch vorhandenen Lust und Neigung zum Bösen, das haftet dem Thun des Getauften und den Werken, die er im Gehorsam gegen die Priester und als Glied der Kirche thut, genau ebenso a n ; aber diese Unvollkommenheit kommt bei dem, der in die katholische Kirche eingetreten ist, nicht weiter in Betracht; er gilt trotz aller Unuollkommenheit und Sündhaftigkeit für vollkommen gerecht, wenn er im Gehorsam der Kirche bis an sein Ende verharrt. Auf sein eigenes Thun ist er nach wie vor gestellt; durch seine Werke, durch sich selbst, mit seinen eigenen Kräften und Leistungen hat er sich die Seligkeit zu erwerben; nur daß ihm kraft der Zugehörigkeit zur Kirche ein Erfolg gesichert ist, den er mit all' denselben Werken und Leistungen außerhalb dieser Kirche nimmermehr zu erreichen ver-möchte. So theilt die Kirche Gerechtigkeit mit und thut es doch eigentlich nicht; so macht die Kirche selig und doch macht im Grunde innerhalb der Kirche der einzelne Mensch sich selbst selig.

Wir begreifen diese wunderlichen Vorstellungen nur, wenn wir uns immer wieder vergegenwärtigen, in welchem Zusammenhange die katholische Kirche sich bewogen fühlt, an denselben festzuhalten. — Auch nach römisch-katholischer Lehre erlöst Gott die Menschen durch Christus. Es fragt sich nur, wie das geschieht? Nicht so, sagt der Katholik, daß Gott den Sünder für gerecht erklärt und der Sünder dieser Erklärung glaubt, sondern so, daß er ihn wirklich gerecht »nacht und dann, wenn er gerecht ist, für einen Gerechten erklärt; denn s o t t kann doch nicht erklären, daß ein Mensch etwas sei, was er

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nicht ist. Gerecht ist aber Niemand, der nicht ans freien Stücken gute, vor Gottes Gelicht geltende Thaten thut und zwar sei» gan-zes Leben hindurch. Wenn Gott also einen Mensche» erlösen soll' so muß er ihn in Stand sehen, sich durch gute Thaten, die er selbst mit freiem Willen th»t, den Anspruch auf Gerechte» tlärung zu erwerbe»

und die ewige Seligkeit zu verdienen. Wie thut Gott das? Kann er etwa die Fähigkeit zu vollkommnen Thaten und die Kraft der guten Werte wie eine Substanz dem Menschen einflößen? Die römische Kirche spricht allerdings fort und fort von d.r „eingegossenen" Ge-rechtigkeit; aber das Unmögliche kann sie nicht dadurch möglich ma-chcn, daß sie es behauptet. Nnd in allen weiteren Ausführungen zeigt die Kirche, daß sie mit dieser „eingegossenen Gerechtigkeit" gar nichts anzufangen weiß; die eingegossene Gerechtigkeit ist keine: denn sie leistet nichts, wenn nicht der Mensch selbst Hand anlegt um seine Gerechtigkeit z» schaffen. Aber worin besteht dann die erlösende Thätigkeit Gottes? Einzig und allein darin, daß er die Kirche mit der Pricsterschaft ins Dasein gerufen nnd um Christi willen den Rathschluß gefaßt hat, auf sein eigenes Richter- und Straf »Amt zu verzichten, um dasselbe der von ihm bestellten und mit seinem Geiste erfüllten und allen sündigen Einflüssen im amtlichen Thun entnom-menen Priesterschaft abzutreten. Das ist die große That seiner Gnade, welche Christus ermöglicht hat. Fortan ist allen Menschen die Möglichkeit geboten, heilig zu leben und sich durch Erfüllung des Gesetzes die Seligkeit zu erwerben. Es kommt nur darauf an, daß dem Menschen die Gnade oder die Gerechtigkeit „eingegossen" werde, d. h. daß er durch die Priester i n die katholische Kirche anfgenomme»

und dadurch der Wohlthat theilhaft werde, nicht mehr von Gott, sondern von Menschen gerichtet zu werden, nnd nicht mehr Gott sondern den Priestern gehorchen z» müssen. I n dem Augenblick, wo der Mensch durch die Annahme der Taufe aus der Hand des Prie-sters bekennt, daß er ohne Hülfe der Kirche sich nicht vor Gott gerecht machen, vielmehr nur vor dem Gott der Gnade oder, was dasselbe ist.

vor dem Forum der Priester bestehen könne: in dem Augenblick ist

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ihm die Gnade eingegossen d, h. er ist in-ein neues Verhältniß ge-seht und mit seinen auf Gerechtigkeit vor Gott »nd Seligkeit abzie-lenden Werken einem menschlichen Richter unterstellt, der ihm sofort zum Lohn für die Anerkennung dieser göttlichen Wohlthat die bishe>

rigen Sünden vergiebt und ihm die Aussicht eröffnet, im Wege des Gehorsams das Wohlgefallen seiner Richter erwerben zu können.

Nun kann er für gerecht gelten, wo er es auch nach göttlichem Maß-stab ebenso wenig ist, wie zuvor; denn die menschlichen Richter »r-theilen nicht nach den verborgenen Gedanken und Lüsten, sondern nur nach offenbaren Thaten imd Worten, Nur auf diese kommt es also an, und in diesen kann ein Mensch vor menschlichen Augen sich als gerecht erweisen; er kann das Gesetz Gottes in dem Sinne erfüllen, daß der Priester keine Nrbertretung zu sehen vermag. Die eigenen Werke des Menschcn zur Erwerbung der Seligkeit sind durch die Gnade, der er theilhaft geworden ist, oder durch das neue Verhältniß in das er getreten ist. keineswegs ausgeschlossen. Vielmehr besteht darin die ganze Bedeutung seines Eintritts in die katholische Prie-ster-Kirche, daß ihm jetzt die Möglichkeit geboten ist, sich auf dem Wege die Seligkeit zu verdienen, auf dem sie überhaupt nur erwor-ben werden kann, a»f dem Wege der guten Werke. Die Kirche ver-möchte ebenso wenig wie Gott, einen Sünder für gerecht zu erklären der nicht wirtlich gerecht ist; sie aber kann, und das ist die große Gnade Gottes, einem Sünder die Möglichkeit eröffnen, als Glied der Kirche durch sein eigenes Thun wirklich gerecht zu werden, und zwar ohne daß sein Th„n „nd sein Leben dem Wesen nach anders wird, als es im Stadium des Glaubens und vor der Taufe war. Nur die Bedingung stellt die Kirche, daß der Begnadigte sich in seine«!

Thun fortan von der Kirche leiten und controlliren lassen in unbe-dingtem Gehorsam.

Nun sind uns die katholischen Redewendungen klar, wenn die Kirche sagt: der Glaube theile nichts mit, die Taufe aber theile wohl die Gnade m i t ; und wenn sie weiter lehrt: der Mensch werde in der Taufe der Gnadenkräfte theilhaft nicht durch den Glauben

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sondern durch den Empfang des Sakraments (opu» nxsi'atuiu).

Sie verseht nämlich thatsächlich dcn Menschen aus dein Verhältniß zu Gott unmittelbar, welches ihm zur Verdammniß gereicht, in das Verhältniß zn den Priestern oder zu menschlichen Richtern, vor denen er mit seinem Sein und Thun trotz aller Unvollkommenheitcn zn bestehen vermag. Oder auch: sie versetzt den Menschen in das Ver-hältnih zu dem gnädigen Gott, der nur in dcn Priestern zu finden ist. Dieses neue Verhältniß ist die Voraussetzung aller Rcchtferti-gung und der Anfang derselben, weil in demselben allein für einen unvollkommenen Menschen vollkommene Werke möglich sind, in so fern er nicht mehr nach der inneren Beschaffenheit seines Herzens sondern nach der äußeren seiner Thaten »nd nach dem Gehorsam gegen die Kirche beurtheilt und gerichtet werden soll.

Wirklich mitgetheilt ist also, darauf kommen wir zurück, durch die Taufe und durch die Priesteischaft gar nichts. Der Mensch ist geblieben wie er war; er kann so viel und so wenig als zuvor; und gewonnen hat er überhaupt nur etwas, wenn er glaubt, sei es auch irrthümlich, Gott beurtheile ihn jetzt anders und er selbst brauche sich

Wirklich mitgetheilt ist also, darauf kommen wir zurück, durch die Taufe und durch die Priesteischaft gar nichts. Der Mensch ist geblieben wie er war; er kann so viel und so wenig als zuvor; und gewonnen hat er überhaupt nur etwas, wenn er glaubt, sei es auch irrthümlich, Gott beurtheile ihn jetzt anders und er selbst brauche sich

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