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4 Mühlberger de Preux, C.: Erschütterungen: Wenn Boden und Wände vibrieren. Umwelt N2, S17-18 (2005).

Streckenabschnitt im Tunnel unter der Sihlhölz-listrasse. Meistens sind die Erschütterungen er-träglich, doch gewisse Kompositionen erzeugen übermässigen Körperschall. Es beginnt um 5 Uhr morgens und hört erst nach Mitternacht auf. Dabei ist es unmöglich, den Immissionen auszuweichen – es bringt nichts, die Fenster zu schliessen oder in einem andern Zimmer zu schlafen.

Zwar ist das Problem seit Jahren bekannt, doch reagieren die Leute heute sensibler als früher.

Zudem nimmt die Zahl der exponierten Perso-nen laufend zu, weil Wohnhäuser auf Grund der begrenzten Raumverhältnisse im Inland – ähn-lich wie beim Lärm – immer näher an die Ver-kehrswege gebaut werden. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Ingenieurbüros sucht das BAFU nach Lösungen, um der Bevölkerung den bestmöglichen Schutz vor solchen Immissionen zu bieten.

8.2 Physikalische Grundla-gen

Hörbare Erschütterungen

Erschütterungen werden von festen Körpern übertragen und können sowohl hohe Frequen-zen im hörbaren Bereich als auch tiefe Fre-quenzen enthalten. Während der Fahrt durch einen Tunnel erzeugt zum Beispiel ein Zug Vib-rationen (Abb. 8-1). Diese übertragen sich auf den Untergrund, die Tunnelwände und den da-rüber liegenden Boden, erreichen die Oberflä-che und versetzen dort Gebäude und damit Decken und Wände in Schwingung. Die

schwingenden Bauteile verändern ihrerseits pe-riodisch den Luftdruck, was die Anwohner als

dumpfes Grollen wahrnehmen (= abgestrahlter Körperschall). Die Übertragungswege sind viel-fältig, so dass jede Situation einzeln untersucht werden muss, bevor man die geeigneten Sanie-rungsmassnahmen treffen kann.

Abb. 8-1: Erschütterungen des Gebäudes werden hörbar.

Messung

Abb. 8-2: Beschleunigungsaufnehmer zur Messung von Vibrationen. Durch die Beschleuni-gung wird die Masse im oberen Teil des Aufnehmers mitbewegt und erzeugt da-mit Druckänderungen auf den piezoelekt-rischen Scheiben, die darauf mit elektri-schen Spannungsänderungen reagieren.

Die Schwingstärke von Vibrationen wird übli-cherweise als Beschleunigung a gemessen.

Ih-re Masseinheit ist daher m/s2. Die Wahrneh-mungsschwelle bei Frequenzen zwischen 0.5 und 5 Hz beträgt 0.006 m/s2. Ein Gerät zur Messung von Vibrationen ist der sogenannte Beschleunigungsaufnehmer (Abb. 8-2).

Ähnlich wie der A-Filter bei der Lärmmessung werden auch die gemessenen Beschleunigun-gen frequenzabhängig gewichtet (Abb. 8-3).

Abb. 8-3: Frequenzgewichtung der Beschleunigung von mechanischen Schwingungen.

Die Gewichtung berücksichtigt, dass nicht alle Frequenzen von mechanischen Schwingungen gleich stark wahrgenommen werden.

8.3 Wirkungen von Vibratio-nen

Kopfschmerzen 13 – 20 Hz

Sprechstörungen 13 – 20 Hz

Unterkieferresonanz 6 – 8 Hz Rachen- und Kehlkopfstörungen 12 – 16 Hz

Atembeschwerden 4 – 8 Hz

Schmerzen im Brustkorb 5 – 7 Hz

Rückenschmerzen 8 – 12 Hz

Unterleibschmerzen 4 – 10 Hz Harn- und Stuhldrang 10 – 18 Hz erhöhte Muskelspannung 13 – 20 Hz

Allgemeines Unbehagen 2 – 9 Hz

Kopfschmerzen 13 – 20 Hz

Sprechstörungen 13 – 20 Hz

Unterkieferresonanz 6 – 8 Hz Rachen- und Kehlkopfstörungen 12 – 16 Hz

Atembeschwerden 4 – 8 Hz

Schmerzen im Brustkorb 5 – 7 Hz

Rückenschmerzen 8 – 12 Hz

Unterleibschmerzen 4 – 10 Hz Harn- und Stuhldrang 10 – 18 Hz erhöhte Muskelspannung 13 – 20 Hz

Allgemeines Unbehagen 2 – 9 Hz

Kopfschmerzen 13 – 20 Hz

Sprechstörungen 13 – 20 Hz

Unterkieferresonanz 6 – 8 Hz Rachen- und Kehlkopfstörungen 12 – 16 Hz

Atembeschwerden 4 – 8 Hz

Schmerzen im Brustkorb 5 – 7 Hz

Rückenschmerzen 8 – 12 Hz

Unterleibschmerzen 4 – 10 Hz Harn- und Stuhldrang 10 – 18 Hz erhöhte Muskelspannung 13 – 20 Hz

Allgemeines Unbehagen 2 – 9 Hz

Abb. 8-4: Beschwerden durch Vibrationen.

Die Vibrationen übertragen sich vom Boden auf den ganzen Körper. Sehr starke Vibrationen,

die lokal auf ein Körperteil wirken (z.B. Press-lufthammer, Nadelpistolen), können zu Durch-blutungsstörungen führen (z.B. Weissfinger-krankheit). Diese werden hier nicht behandelt.

Starke Ganzkörpervibrationen können je nach Frequenz zu unterschiedlichen Beschwerden führen (Abb. 8-4). Auch die Wahrnehmungs-stärke von Ganzkörpervibrationen ist von der Frequenz und auch von der Schwingrichtung abhängig (Abb. 8-5).

0.5

Frequenz [Hz]

0.0031 0.010 0.031 0.10 0.31 1.0

Beschleunigung [ m/s2 ]

1 2 4 8 16 31.5 63

z-Richtung x-Richtung

Abb. 8-5: Frequenzabhängige Kurven gleich star-ker Wahrnehmung von mechanischen Ganzkörpervibrationen in zwei Richtun-gen bei sitzenden Personen.

Belästigung durch Vibrationen

Im Gegensatz zum Lärm gibt es keine Tole-ranzgrenze für die belästigende Wirkung von Vibrationen – kaum spürt jemand Erschütterun-gen, empfindet er sie auch schon als lästig. Be-züglich der Komforteinstufung haben Untersu-chungen folgende Werte ergeben:

• a < 0.315 m/s2 nicht unkomfortabel

• 0.315 < a < 0.630 m/s2 etwas unkomfortabel

• 0.500 < a < 1.000 m/s2 ziemlich unkomfortabel

• 0.800 < a < 1.600 m/s2 unkomfortabel

• 1.25 < a < 2.500 m/s2 sehr unkomfortabel

• a > 2.000 m/s2 extrem unkomfortabel

8.4 Gesetzliche Grundlagen

Der Artikel 15 des Umweltschutzgesetzes USG verlangt Immissionsgrenzwerte für Lärm und Erschütterungen, so dass „nach dem Stand der

Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ih-rem Wohlbefinden nicht erheblich stören“. Für den Schutz vor Erschütterungen besteht derzeit (2005) allerdings noch keine Ausführungsver-ordnung.

Als Übergangslösung gilt seit 1999 die von BAFU und BAV gemeinsam erarbeitete Wei-sung für die Beurteilung von Erschütterungen und Körperschall bei Schienenverkehrsanlagen BEKS. Sie legt ausschliesslich Richtwerte für neue Bahnstrecken fest.

Dagegen soll die geplante Verordnung den Menschen wirksam vor sämtlichen Anlagen schützen, die Erschütterungen und Körper-schall verursachen. Es ist das Ziel, Grenzwerte festzulegen und den Geltungsbereich der aktu-ellen Weisung so zu erweitern, dass auch be-stehende Anlagen saniert werden müssen. Für die Festlegung der Limiten orientiert man sich an der menschlichen Wahrnehmungsschwelle.

8.5 Schutzmassnahmen

Entscheidend für die Intensität der Immissionen sind zahlreiche Einflussfaktoren wie der Zu-stand von Schienen und Rohmaterial, die Mas-se, Geschwindigkeit und Komposition eines Zuges, die Beschaffenheit und Mächtigkeit der Bodenschicht sowie die Konstruktion und Art der betroffenen Gebäude. Dementsprechend können auch die Kosten der erforderlichen Sa-nierungsmassnahmen enorm variieren.

Es ist bekannt, dass der Schutz einer Person vor übermässigen Erschütterungen im Durch-schnitt rund zehnmal so hohe Kosten verur-sacht wie Massnahmen zur Dämpfung des Lärms. Das Zürcher Ingenieurbüro Rutishauser, das problemträchtige Streckenabschnitte im Auftrag des BAFU untersucht hat, beziffert die Kostenspanne – je nach Wohndichte – mit

mehreren hundert bis einigen tausend Franken pro Schienenmeter. Um ein Gebäude effektiv zu schützen, braucht es Eingriffe auf einer Län-ge von mindestens 100 Metern.