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Im Unterschied zum quantitativen

Dosiswirkungsprinzip bei toxischen Stoffen und dem probabilistischen Modell bei krebserzeu-genden Stoffen besteht für allergene Stoffe eine zweistufige Dosis-Wirkungsbeziehung.

Zeit

Wirkung

Antigen

1958

Zeit

Wirkung

Antigen

1958

Sensibilisierung

Zeit

Wirkung

Antigen

1958

Abb. 5-17: Die zweiphasige Wirkweise von Allerge-nen Stoffen.

Zuerst hängt das Risiko einer Sensibilisierung im Wesentlichen von der Expositionsdauer und Expositionskonzentration (=Dosis) ab (Abb.

5-17). Spitzenexpositionen scheinen eine be-sondere Gefahr darzustellen.

b0012 b0012

Abb. 5-18: Beispiel für ein allergisches Ekzem (kann optisch oft nicht von einem toxischen Ek-zem unterschieden werden)

Ist eine Sensibilisierung erfolgt, genügen ge-ringste Stoffmengen um Symptome

auszulö-sen. Symptome können allergische Hautekze-me (Abb. 5-18), Asthmaanfälle oder auch ein anaphylaktischer Kreislaufzusammenbruch sein.

Damit ergeben sich auch bei der Verhütung unterschiedliche Vorgehensweisen (Abb. 5-19):

Vor der Sensibilisierung möglichst geringe Ex-position; nach einer Sensibilisierung Vermeiden jeden Kontaktes.

Vor der Sensibilisierung

möglichst geringe Exposition entsprechend ei-ner Dosis-Wirkungskurve;

z.B.

möglichst keine offene Verwendung von Mehl in einer Bäckerei;

keine Schimmelpilze an den Wänden;

keine Tiere in der Wohnung bei familiär vor-handener Atopie;

Vermeidung von Teppichböden Nach der Sensibilisierung möglichst keine Exposition;

die kleinste Exposition kann dramatische Fol-gen haben. Deshalb ist ein Schutz mit Schutz-mitteln nur bedingt möglich.

Berufswechsel in Erwägung ziehen.

Abb. 5-19: Zum Umgang mit allergenen Stoffen.

Quarzstaub (fibrosierende Stoffe)

Bei Bauberufen ist Quarzstaub von besonderer Bedeutung (Abb. 5-20). Lungengängiger Quarz-staub löst eine Umwandlung der Lunge in „Nar-bengewebe“ aus (Abb. 5-21). Als Folge verliert die Lunge Kontaktfläche zum Gasaustausch, das Lungengewebe wird verformt und auch über Reflexe die Durchblutung verändert. Bei frühzeitiger Diagnose führt das Vermeiden einer weiteren Exposition zu einem weitgehenden Stopp der Progredienz. In fortgeschrittenen Fäl-len führen die Veränderungen jedoch zu einem progredienten Funktionsverlust und damit zum frühzeitigen Tod.

Lungenkrankheiten: Silikose und chronische Bronchitis

Risikofaktor: Staub, insbesondere Quarzstaub kristallines Siliziumdioxid)

Bedeutung:

Die Silikose war früher wohl die wichtigste Be-rufskrankheit. Dank technischen und medizini-schen Massnahmen ist sie selten geworden.

Allgemein Staubexponierte weisen vermehrt chronische Bronchitiden auf.

MAK Schweiz:

Quarzfeinstaub: 0.15 mg/m3 Inerter Staub: 6 mg/m3 Feinstaub

Abb. 5-20: Daten zu Silikose und chronischer Bron-chitis.

Abb. 5-21: Ersatz des Lungengewebes durch siliko-tische Knötchen.

Tab. 5-4: Aerodynamischer Durchmesser und Durchlassgrad ins tiefe Lungengewebe Aerodynamischer

Durchmesser Durchlassgrad für einatembaren

Staub

Durchlassgrad für alveolengängigen

Staub

0 µm 100 % 100 %

1 µm 97,1 % 97,1 %

3 µm 91,7 % 73,9 %

5 µm 87 % 30 %

7 µm 82,9 % 9 %

9 µm 79,1 % 2,5 %

10 µm 77 % 1,3 %

11 µm 75,8 % 0,7 %

16 µm 69,1 % 0 %

25 µm 61,2 % 50 µm 52,5 % 100 µm 50,1 %

Für die Wirkung ist nicht die Gesamtmenge des Staubes in der Atemluft von Bedeutung, son-dern nur der Anteil, der in die Lunge gelangt. Es gibt Messgeräte, mit welchem die Staubexposi-tion frakStaubexposi-tioniert nach dem aerodynamischen Durchmesser bestimmt werden kann (Tab. 5-4).

Schlussbemerkungen

Diese Ausführungen sollen den zukünftigen Architekten, die zukünftige Architektin auf die mannigfachen Gesundheitsrisiken der Bauberu-fe aufmerksam machen (Abb. 5-22). Viele wei-tere Themen könnten dabei angesprochen werden. Wichtig ist, dass bereits bei der Pla-nung möglichst auf die Verwendung gesund-heitsgefährdender Stoffe verzichtet wird oder deren Einsatz zumindest nach Möglichkeit be-schränkt wird. Die Organisation des Bauablaufs bestimmt wesentlich das Unfallrisiko und die physische Belastung.

Gesundheitliche Risikofaktoren der Bauberufe 1. Unfälle

2. Heben und Tragen / Ganzkörpervibrationen 3. Bauchemikalien

4. Staub, insbesondere Quarzstaub, Dieselabgase und Asbest 5. Teilkörpervibrationen

6. Schichtarbeit 7. Klima 8. Lärm 9. Beleuchtung 10. Radon 11. und weitere . . . .

Abb. 5-22: Versuch einer Auflistung der beruflichen Gesundheitsrisiken bei Bauberufen.

6 Aspekte der Umweltpsychologie

6.1 Einleitung

Die Umweltpsychologie beschäftigt sich mit den psychologischen Aspekten der Beziehung zwi-schen Mensch und Umwelt (Abb. 6-1). Sie kann damit auch als Teil der Humanökologie aufge-fasst werden. Im deutschen Sprachraum wird unterschieden zwischen der ökologischen Psy-chologie, welche grundsätzliche Probleme der Mensch-Umwelt-Beziehung behandelt, und der Umweltpsychologie im engeren Sinne, welche aktuelle Fragestellungen aufgreift und versucht, diese im Rahmen bisherigen psychologischen Wissens zu bearbeiten.

psychische Ebene

somatische Ebene

soziale Umwelt

materielle Umwelt

Mensch Umwelt

Anpassung Veränderung

Einwirkung Veränderung

Abb. 6-1: Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt.

Der Begriff „Umweltpsychologie“ wurde 1924 von Willy Hugo Hellpach (1877 – 1955) ge-prägt. Ursprünglich befasste er sich mit dem Einfluss des Wetters und der Landschaft auf das Befinden des Menschen. Später unter-schied er drei verunter-schiedene Umwelten des Menschen:

• Die Natur: Boden, Gewässer, Luft, Licht, Pflanzen, geographische Gegebenheiten etc.

• Die Mitmenschen: Der Mensch ist Bestand-teil einer menschlichen Gemeinschaft. Diese

ist heute der Untersuchungsgegenstand der Sozialpsychologie.

• Die Kultur: Der Mensch lebt in einer Welt, die er sich mit Hilfe seiner Mitmenschen aus der Natur geschaffen hat. Diese Forschungsrich-tung wird heute von der Kulturpsychologie verfolgt.

Beeinflusst wurde Hellpach von den Konzepten der Gestaltpsychologie (siehe auch „Grundla-gen der Ökologie I“, Kap. 1.3). Damit wird die Umwelt nicht nur als „reale existierende“ Um-welt aufgefasst, sondern auch als UmUm-welt, wie sie von der Person erlebt wird. Wahrnehmung oder Verhalten sind nicht allein durch Reize be-stimmt, sondern werden aktiv in Form von ei-genen mentalen Konzepten mitgestaltet. Diese Unterscheidung zwischen geographischer Um-welt und der VerhaltensumUm-welt wurde später von Kurt Lewin (1890 – 1945) mit dem Konzept des Lebensraums aufgegriffen.

Lewin postulierte, dass das Verhalten V des Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt als Funktion von den gerade aktuellen Umweltfak-toren U und von FakUmweltfak-toren der Person P ver-standen werden kann: V = f(U,P). Die Gesamt-heit dieser Faktoren heisst Lebensraum. Er bil-det das Zentralkonzept der Lewinschen Feld-theorie. Verhalten wird – angelehnt an Konzep-te der Physik – als Resultat von KräfKonzep-ten darge-stellt, die sich innerhalb des Lebensraums in-folge von Feldern entwickeln.

Ein anderes, einfaches Modell, wie Personen-faktoren auf die Umweltwahrnehmung wirken ist im Wahrnehmungsmodell von Abb. 6-2 dar-gestellt. Ein Umweltreiz gelangt via Perzeption zur Wahrnehmung. Perzeption kann z.B. mit Hördimensionen (akustischer Raum)

operatio-nalisiert werden. Sie wird ergänzt durch eine emotionale Färbung (affektive Bewertung) und auf einer höheren Ebene durch eine Attribu-ierung: Lärm wird z.B. als lästiger wahrgenom-men, wenn er von einem ungeliebten Nachbarn erzeugt wird.

affektive Bewertung Perzeption

Attribuierung

mentales

Konzept Verhalten

Umweltreiz

Abb. 6-2: Modell der Umweltwahrnehmung.

Diese drei „Instanzen“, die sich wechselweise beeinflussen, bilden zusammen das mentale Konzept, welches sich eine Person vom vorlie-genden Umweltreiz macht. Es beeinflusst das Verhalten und damit die Einstellung einer Per-son. Ein interessierender Verhaltensaspekt ist der Wunsch, sich einer Situation zu nähern oder sie zu vermeiden (Distanzregelung).

Im folgenden werden zwei Theorien beispielhaft vorgestellt, eine kognitive Theorie, die sich eher mit der Attribuierung befasst und eine Arousal-Theorie, welche die affektive Bewertung thema-tisiert.

6.2 Kognitive Theorie

Der Begriff „Kognition“ bezieht sich auf Denk-prozesse. Das heisst, eine kognitive Theorie befasst sich mit dem Denken über die Umwelt:

Wie verarbeiten Personen Umweltinformationen und wie organisieren sie ihr Wissen über die Umwelt. Grundlegende Konzepte dazu sind die bereits erwähnte Attribuierung (oder Attribution:

Zuschreibung von Ursachen oder Verantwort-lichkeiten zu Ereignissen) und das sogenannte

Schema. Schemata sind langfristig gespeicher-te, hierarchisch gegliederte Wissensstrukturen, in denen häufig wiederkehrende Umweltkons-tellationen, Handlungsfolgen oder ein Selbst-konzept mental abgelegt werden. Wie sich ein solches Schema entwickeln kann, wird bei-spielhaft im nächsten Kapitel beschrieben.

Beispiel: Entwicklung eines