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Hat sich durch das GSG etwas geändert?

Im Dokument 22/95 (Seite 73-77)

über die Qualität der Therapie des Typ II-Diabetes und darüber, ob sie sich durch Einflüsse des GSG verändert hat, diskutierten auf Einladung von Prof.

Dr. med. Ch. Hasslacher aus dem St.

Josefskrankenhaus am 21. Juni 1995 in Heidelberg Experten aus Medizin, Krankenhausverwaltung, KVen, Ver­

sicherungen, Krankenkassen und Me­

dizinischem Dienst.

Diabetes Typ II - keine reine

»Alterserkrankung«

Bei mittlerweile insgesamt fast 4 Mil­

lionen Diabetikern in Deutschland blieb die Zahl der Typ-I-Diabetiker über die Jahre hinweg mit rund 300.000 relativ konstant, die der Typ- II-Diabetiker nahm dagegen stetig zu, erklärt Prof. Dr. Ch. Hasslacher, der die Diskussionsrunde moderierte. Au­

ßerdem wichtig; mit dem Alter steigt auch die Inzidenz des Typ-II-Diabetes (Kasten 1). Mehr als 55% der Patien­

ten sind zum Zeitpunkt der Diagnose älter als 65 Jahre. Andererseits sind aber über 1,8 Millionen Diabetiker jün­

ger als 65 Jahre. Es handelt sich hier also keineswegs um eine Alters­

erkrankung. Diese Daten zeigen aber

---mm---Alter und Prävalenz des Typ-II-Diabetes

< 39 Jahre 2%

40-49 Jahre 7%

50-59 Jahre 19%

60-69 Jahre 25%

70-79 Jahre 29%

> 80 Jahre 17%

auch die Heterogenität des Typ-ll-Dia- betes: Redet man von den jüngeren, eher schlanken oder von den älteren, meist übergewichtigen Diabetikern, sind schon Spätkomplikationen vor­

handen, besteht eine genetische Prä­

disposition, oder handelt es sich um einen durch den Lebensstil verursach­

ten Diabetes?

Diabetes: Für Krankenkassen und Krankenhausverwaltungen ein Problem?

Die jüngsten bundesweiten Zahlen der Krankenkassen (1992) zur Krank­

heitsartenstatistik zitierte B. Krüger, Bezirksvorsitzender der AOK Heidel­

berg. Danach sind die Ernährungs­

und Stoffwechselkrankheiten (ICD Hauptgruppe 3) nach Arbeitsunfähig­

keitstagen in den ICD-Hauptgruppen zwar von relativ geringer Bedeutung.

Betrachtet man aber die Dauer der Ar­

beitsunfähigkeit, wird rasch deutlich, daß und weshalb der Diabetes ein Pro­

blem für die Kassen darstellt. Hier liegt diese Gruppe bereits auf Rang 6 aller Krankheiten! Die Diagnose 250 (= Dia­

betes) prägt diese Hauptgruppe ent­

scheidend: 35% der AU-Fälle in der ICD-Hauptgruppe 3 sind durch Dia­

betes verursacht, nach Tagen sind es sogar 43%. 64% der Krankenhausta­

ge dieser Gruppe, im Durchschnitt 20,16 Tage je Fall, sind durch Diabetes verursacht. Die durchschnittlichen Ko­

sten eines AU-Tages werden mit rund 800 DM berechnet, bei über 20 Tagen sind dies also rund 23.400 DM, zuzüg­

lich der Kosten für den Krankenhaus­

aufenthalt, in der Region Heidelberg

rund 11.000 DM. Je 10.000 Versicher­

te treten etwa 33 Fälle an Arbeitsunfä­

higkeit auf, damit sind rund 961 AU- Tage pro Jahr verbunden. Und in der Krankenhausstatistik liegt der Dia­

betes auf Rang 5.

Am St. Josefskrankenhaus in Heidel­

berg gibt es seit über einem Jahr die Diabetikerversorgung als Schwer­

punkt, berichtet dessen Verwaltungs­

leiter S. Wächter. Für diesen Bereich ist ein eigenständiger Stationsbetrieb notwendig, Aufnahmekriterien sind Stoffwechselentgleisungen, Folge­

erkrankungen und eine schwierige In­

sulineinstellung, nicht aber ein alleini­

ger Schulungsbedarf!

Im nichtstationären Bereich gibt es eine Notfallambulanz (für die keine Ein- oder Überweisung notwendig ist).

Weiterhin steht eine Diabetesambu­

lanz auf Einweisung zur Verfügung.

Hier erfolgt eine umfassende Therapie, entweder zur Vermeidung oder aber zur Vorbereitung und Verkürzung des stationären Aufenthaltes. Dort kann beispielsweise auch festgestellt wer­

den, daß eine vollstationäre Aufnah­

me nicht erforderlich, sondern eine an- dersweitige Behandlung möglich ist.

Bei einem nicht insulinpflichtigen Patienten ergeben sich Kosten in Höhe von 11.000 bis

13.000 DM/Jahr. Bei guter Schulung und Einstellung, inklusive stationärem Aufenthalt, beträgt der Aufwand we­

niger als 50% davon, ein deutliches Plädoyer für intensive Schulung.

L

Z. Allg. Med. 1995; 71: 1751-1754. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1995

1752 ZFA

Therapeutische Möglichkeiten aus der Sicht des Sozialmediziners Wie seine Vorläufer ist auch das See- hofersche Gesundheitsstrukturgesetz im Prinzip nichts anderes als ein Ko­

stendämpfungsgesetz, erklärt Dr. D.

Oechslen vom Med. Dienst der Kran­

kenversicherer Baden-Württemberg.

Anders als früher können die Kranken­

versicherungen sich aber jetzt mehr in Richtung Prävention und Rehabilitati­

on profilieren.

Sicherung und Kontrolle der Qualität der Versorgung werde künftig - auch bei Verhandlungen mit den Leistungs­

erbringern - in der gesetzlichen Kran­

kenversicherung zunehmende Bedeu­

tung erhalten.

Bei der Verordnung von Hilfsmitteln ist insofern eine Harmonisierung ein­

getreten, als der Gesetzgeber die Er­

stellung (und Fortschreibung) eines Verzeichnisses der Hilfsmittel vor­

geschrieben hat. Das Verzeichnis muß im Bundesanzeiger veröffentlicht wer­

den und Mittel, die darin enthalten sind, sind auch als Leistungen der Krankenkassen akzeptiert und zu er­

bringen. Die Einbeziehung des behan­

delnden Arztes in das gesamte Gesche­

hen sei wichtig, auch bei der Geneh­

migung von Verordnungen, z.B. von Blutzuckermeßgeräten. Hier sehen die Kassen hohen Fortbildungsbedarf.

Zur Diabetiker-Selbstkontrolle mittels Teststreifen, nach dem AMG Arznei­

mittel und damit budgetiert, gab es einen Rat aus der Praxis der Kranken­

versicherungen: Durch Direktverhand­

lung der Kassen mit Großhändlern und Direktbelieferung der Patienten nach einer Erstverordnung durch den Arzt seien hier Einsparungen in Höhe von 50% der Kosten realisierbar!

Nichtmedikamentöse Therapie:

entscheidend sind Motivation und Schulung

Die nichtmedikamentöse Therapie ist die Basis jeglicher

Diabetesbehand-Konfre»

Extra

lung, stellt Prof. Dr. med. E. Siegel vom St. Vincentius-Krankenhaus in Karls­

ruhe fest. Von den rund 12 Milliarden DM, die pro Jahr in Deutschland für Diabetiker ausgegeben werden müs­

sen, entfallen etwa 80 bis 90% auf die 10 bis 15% Diabetiker mit Komplika­

tionen, deren Vermeidung deshalb oberstes Ziel ist.

Therapieziele und Schulungsinhalte (Kasten 2) können und werden dabei bei einem 45jährigen in der Regel an­

ders aussehen als bei einem 80jäh- rigen. Es muß klar sein, mit welchen Mitteln das individuelle Ziel erreicht werden kann: Hat der niedergelasse­

ne Arzt die Kenntnis, es mit dem Pa­

tienten zu erreichen oder muß er an einen Spezialisten oder an ein Zentrum überweisen? Sind die Ziele von Arzt und Patient deckungsgleich? Fehler auf dieser Ebene rücken einen Erfolg in weite Ferne. Eine Schulung über 20 Stunden ist z.B. im niedergelassenen Bereich kaum möglich, es gibt dafür auch keine adäquate Honorierung.

Schulungsbedarf bei Diabetikern Schulung (zu fordern) Typ I (Jugendliche) 30h Typ II unter 40 Jahre 15-20h Typ II 40 bis 65 Jahre 15-20h Typ II über 65 Jahre 4-6h Seit 1991 gibt es ein strukturiertes, ein­

faches Schulungsprogramm, das von den Praxen auch abgerechnet werden kann. Zielgruppe sind hier ältere Typ- ll-Patienten, die Schulungsdauer be­

trägt etwa 4-6 Stunden. »Hohe« The­

rapieziele werden bewußt vermieden, es soll eine vernünftige Änderung des Lebensstils, vor allem der Ernährung erreicht und Spätkomplikationen vor- gebeugtwerden. Eine Untersuchung in Kölner Praxen belegt: ln der geschul­

ten Gruppe betrug die Gewichtsabnah­

me durchschnittlich 3kg, es wurde we­

niger Sulfonylharnstoff verbraucht und niemand wurde insulinpflichtig. Dage­

gen traten in der Kontrollgruppe die zu erwartenden 10% Sulfonylharnstoff- Spätversager auf. Auch wenn die Ak­

zeptanz bei den 10.000 geschulten Praxen nicht so groß ist wie erwartet (nur 5-8% schulen dauerhaft), wird doch erreicht, daß Ärzte, Helferinnen und Patienten verstärkt auf Komplika­

tionen achten, so die Experten.

Das metabolische Syndrom:

Differentialtherapie und Monitoring Nach Prof. Dr. med. M. Wicklmayr vom Städtischen Krankenhaus Schwabing in München ist das metabolische Syn­

drom die prädiabetische Phase des Typ-ll-Diabetes, eine frühe Diagnose und Therapie dieses Zustandes inso­

fern vielleicht der Primärprävention zuzurechnen.

Die Insulinresistenz tritt als genetische Störung bei 25% der mitteleuropäi­

schen Bevölkerung auf. Man kann sie sich jedoch auch erwerben: Jedes überflüssige Gramm Fett und körper­

liche Inaktivität reduzieren die Insu­

linwirksamkeit weiter. Auf den gene­

tischen Defekt kann man, meint Wik- kelmayr, noch »den Turbolader Adi­

positas und geringe körperliche Bewe­

gung setzen«.

Die Manifestation eines Typ-lI-Dia- betes ist der Endpunkt eines langen Weges, der über

1. Insulinresistenz und kompensatori­

sche Hyperinsulinämie,

2. (androide) Adipositas mit essentiel­

lem Hochdruck (meist lange Zeit im Grenzbereich), Hyperlipidämie mit erhöhten Triglyzeriden und ernied­

rigtem HDL (und evt. Hyperurik­

ämie),

3. gestörte Glukosetoleranz führt.

Mindestens 40% der Typ-II-Diabetiker haben zum Zeitpunkt der Diagnose be­

reits eine manifeste koronare Herz­

krankheit. Die Prävention der KHK muß also in Phase 2 oder spätestens in Phase 3 erfolgen. Diagnostizieren kann man Risikopatienten mit meta­

bolischem Syndrom dann, »wenn sich die Risikofaktoren aus dem Grauwert des Normalbereichs« herausheben.

Kongreß

Extra

Kausale Therapie des metabolischen Syndroms wäre eine Reduzierung der Insulinresistenz, sprich Gewichts­

abnahme und mehr Bewegung.

Sollten beide Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend realisiert werden können, was leider oft der Fall ist, muß bei diesen Patienten die Marge zur me­

dikamentösen Behandlung der Hyper­

tonie schon im Grenzbereich angesetzt werden, in dem bei Stoffwechselgesun­

den noch nicht behandelt wird. Dabei sollten natürlich Pharmaka vermieden werden, welche die bestehende Insu­

linresistenz negativ beeinflußen.

Nach Manifestation desTyp-Il-Diabetes besteht in den ersten Jahren weiterhin eine erhebliche Hyperinsulinämie bei massiver Insulinresistenz. Somit sind in dieser Phase neben den diätetischen Maßnahmen Pharmaka indiziert, die die Kohlenhydratresorption verlang­

samen und die Insulinresistenz verbes­

sern: Acarbose und/oder Biguanide.

Erst bei zunehmendem Versagen der Insulinsekretion, erkennbar an einer progressiven Stoffwechselverschlech­

terung, sind Sulfonylharnstoffe zur Sti­

mulation der Insulinsekretion indiziert.

Der letzte Schritt im folgenden Sekun­

därversagen ist dann die Insulinthera­

pie, zunächst als Kombination mit Sul­

fonylharnstoffen {Abb. 1).

Der diabetische Fuß - Behand­

lungsstrategie und Prophylaxe Die Neuropathie spielt beim diabeti­

schen Fuß eine zentrale Rolle, erklärt Prof. Dr. med. W. Beischer aus dem

Bürgerhospital in Stuttgart. Die neuro- pathischen Störungen sind vielfältig und verschiedenartig, am folgen­

schwersten ist sicher der Ausfall des Schmerzempflndens, der die verspäte­

te Erkennung einer Verletzung und deren nicht ausreichend ernste Bewer­

tung zur Folge hat. Die Bedeutung der Vernachlässigung des diabetischen Fußes wird aus amerikanischen Lite­

raturdaten von 1989 deutlich, nach denen

• ca. 50% aller Beinamputationen bei Patienten mit Diabetes erfolgen,

• Amputationen bei Diabetikern etwa 15mal häufiger sind als bei Nicht­

diabetikern gleichen Alters,

• von 10.000 Diabetikern jährlich etwa 60 amputiert werden müssen,

• von der Gesamtzahl der Amputatio­

nen bei Diabetikern 3,7% auf Patien­

ten unter 45 Jahren, 31,9% auf Pa­

tienten zwischen 45 und 64 Jahren und 64,4% auf Patienten über 65 Jahre entfallen,

• drei Jahre nach der Amputation nur noch jeder 2. Diabetiker am Leben ist,

• die Kosten für Amputationen und zugehörigen Krankenhausaufent­

halt (ohne Rehabilitation!) 500 Mil­

lionen Dollar betragen.

Nach einer schwedischen Studie ent­

fallen ca. 25% der gesamten Kosten der stationären Diabetikerbehandlung auf die Behandlung des diabetischen Fußes,

Über 50% der Amputationen wären al­

lein durch Senkung der Risikofaktoren und eine bessere Fußpflege im wei­

testen Sinn vermeidbar. Die Ärzte

Differentialtherapie bei zunehmender Dauer des manifesten Typ-Il-Diabetes

Diat + Diat +

Metformin

Diät + Acarbose/

Metformin + Glibencia- mid

Diät + Insulin (1 Injektion) + Glibencia- mid (evt. mit Acar­

bose bzw.

sehen die Füße ihrer Patienten nach wie vor zu selten an, die hier wichtige medizinische Fußpflege wird von den Kassen meistens nicht übernommen und die Patienten selbst schenken ihren Füßen nicht die erforderliche tägliche Zuwendung und Fürsorge!

Die diabetische Nephropathie - kein Problem beim Typ II?

Bei allen Diabetikern nimmt im Lauf der Zeit die Nierenfunktion ab, erklärt Prof. Hasslacher, und eine terminale Niereninsuffizienz können Typ-I- wie Typ-II-Diabetiker gleichermaßen ent­

wickeln. Zwei von drei der bei uns dia- lysierten Diabetiker haben einen Typ 11. Die Kosten der Nierenersatzthera­

pie für Diabetiker betragen in Deutsch­

land rund 175 Millionen DM pro Jahr.

Beste Therapie ist die Prävention oder zumindest die frühe Therapie. Jeder Diabetiker sollte zweimal jährlich auf die Entwicklung einer Mikroalbumin­

urie untersucht werden, optimale Stoffwechselkontrolle und -einstel- lung, in letzter Konsequenz auch mit­

tels intensivierter Insulintherapie, sind auch beimTyp-II-Diabetes notwendig.

Ganz wichtig sind weiterhin kon­

sequente Therapie des Hochdrucks, Kontrolle des Lipidspiegels und der Ei­

weißaufnahme, bei Rauchern der Rauchstopp.

Patienten mit Typ-Il-Diabetes - gut versorgt?

Das Ergebnis der Befragung einer ge­

schulten Gruppe von Diabetikern der BKK Continental war, daß fünf Jahre nach der St. Vincent-Deklaration der überwiegende Teil der Betroffenen

• nie in eine fachlich qualifizierte Ein­

richtung aufgenommen wurde,

• nie eine bedarfsgerechte Schulung erhalten hatte,

• unzureichend versorgt ist.

Es findet in diesem Bereich, so Peer Junge kritisch, eine unabgestimmte Medizin mit einem unabgestimmten

1754 ZIFA

Leistungsverhalten der Kostenträger statt. Die Krankenkassen müßten sehr viel stärker als bisher präventiv tätig werden, das GSG ließe dies auch zu.

Schwierigkeiten macht aber die Iden­

tifizierung der betroffenen Patienten, nicht zuletzt aus Gründen des Daten­

schutzes, aber auch, weil die Ärzte be­

fürchteten, daß ihnen Patienten »ab­

geworben« werden sollen. Man ver­

suchte bei der BKK Continental das Problem dadurch zu lösen, daß die Arzte für jeden Patienten, den sie zur Krankenkasse in ein Schulungspro­

gramm vermitteln, für die Ausstellung des Anamnesebogens eine Vergütung erhalten. Die Behandlung des Diabetes erfolgt selbstverständlich weiter durch den Arzt.

Vergleicht man bei der großen Gruppe der Typ-Il-Diabetiker die Kosten, die für einen gut behandelten Patienten entstehen, mit den Kosten eines unzu­

länglich behandelten, so wird sehr rasch deutlich, daß - neben dem per­

sönlichen Gewinn für den Patienten - bei einer effektiven Medizin sehr viel Geld gespart werden kann.

Qualitätsmanagement durch Entwicklungsförderung

»Qualität« ist in der Diabetologie über­

haupt nicht differenziert definiert, so Dr. M. Siebolds, Diabetologe und Psy- chosomatiker aus Köln. Das notwendi­

ge Wissen für eine hohe Qualität der Behandlung sei in aller Regel vorhan­

den, sei die Therapie dennoch verbes­

serungswürdig, müsse man nach Gründen suchen, weshalb das Wissen nichts bewirkt.

Darüber z.B., daß die Adipositas das Hauptproblem beim Typ-II-Diabetes ist, besteht Übereinstimmung -, keine Studie habe aber beweisen können, daß eine ernährungsmedizinische In­

tervention langfristig Adipositas be­

kämpft. Bei den wenigen Patienten, die eine Gewichtsreduktion erreichten, hatte nicht die Ernährungsberatung, sondern eine veränderte emotionale Einstellung den größten Anteil am Er­

Exfra

folg. Der Transfer von Wissen aus der Forschung über den Behandler zum Patienten funktioniert gut. Häufig ist es aber offenbar nicht das Wissen, das in der Schulungsinteraktion wirkt, son­

dern die Einstellungsveränderung.

Diese aber hat etwas mit der persönli­

chen Kompetenz des Behandlers zu tun: Die Einstellung des Arztes ist ent­

scheidend für die Einstellungsverände­

rung des Patienten. Wie man diese Lei­

stung des Behandlers fördern und stei­

gern kann, darüber wurde bisher kaum geredet.

Nicht immer neue vorgegebene Stan­

dards und Forderungen seien zu for­

dern, die Einengung durch »Stan­

dards« sei bei den niedergelassenen Ärzten eine der größten Befürchtun­

gen. Entängstigend werde dagegen der Vorschlag der Qualitätsentwicklung aufgenommen. Häufig sei die Ursache einer insuffizienten Therapie in der Überlastung zu suchen, die Entlastung deshalb immer der erste Schritt zur Qualitätsentwicklung, erklärt Siebolds.

Gelinge durch einen »psychosomati­

schen Input« der Schritt von der (not­

wendigen) Patientenbelehrung zur Einstellungsänderung, so könnte ein enormer Qualitätsschub in der Versor­

gung erreicht werden. Grundidee ist die Überlegung, daß es den Patienten besser geht, wenn es den Hausärzten mit den Patienten besser geht. Der Um­

gang mit Typ-II-Diabetikern ist für sie oft ein unglaublicher Frust. Die Adipo­

sitas, so Siebolds, sei hier häufig Teu­

fel und Beelzebub. Teufel der gestörte Insulinrezeptor und die Insulinresi­

stenz, Beelzebub die psychogene Eß- störung. Solche Patienten werden oft in Hausarztpraxen desinteressiert und resigniert behandelt. Hier ist ein guter Ansatz für Qualitätssicherungszirkel für Hausärzte. Zunächst, so Siebolds, muß man für Entlastung sorgen. Wich­

tig ist schon die Erklärung, daß mit der Anwendung der Richtlininien der NIDDM-Policy-Group allgemein aner­

kannte Therapiegrundsätze verwirk­

licht werden. Wichtig auch, dem Haus­

arzt zu ermöglichen, mit weniger Auf­

wand Patienten besser zu beraten. Es

soll in den Qualitätssicherungszirkeln die Fähigkeit gefördert werden, Ein­

stellungsänderungen bei Patienten zu erreichen. Dies können Hausärzte gut, . da sie die Patienten oft über Jahre hin- | weg sehen und das Umfeld gut kennen.

Die Umsetzung des Wissens soll durch die Teilnahme an insgesamt sechs Qualitätssicherungszirkelsitzungen von jeweils 90 Minuten erleichtert wer­

den, die durch einen Moderator gelei­

tet und durch Schulungsmaterial un­

terstützt werden. Die Themen der Sit­

zungen sind am Curriculum der Deut­

schen Diabetesgesellschaft für Schu­

lungsinhalte orientiert. Kernstücke sind eine Patientenfallkonferenz und die Diabetikergruppensprechstunde.

Mit den teilnehmenden Ärzten wird in der Gruppe besprochen, wie sie zum einen mit der Diabetikergruppen­

sprechstunde ein einfaches, struktu­

riertes, abrechenbares Patientenbera­

tungssystem im Alltag installieren kön­

nen. Die Patientenfallkonferenz zum anderen hat drei Schritte:

• Das Betrachten der Beziehung zu einem individuellen Patienten. Hier soll und wird die Gruppe in der Regel eine Lösung der Probleme finden,

• der somatologische Behandlungs­

verlauf wird detailliert beschrieben.

Auch hier hat die Gruppe in aller Regel die Fähigkeit, vorhandene Probleme ressourcenorientiert zu lösen,

• der wichtigste Schritt ist die Erstel­

lung eines neuen Behandlungspla­

nes.

Mit dem Protokoll der Sitzung kann der vorstellende Arzt den Plan in der Pra­

xis einsetzen. Kann der Hausarzt in der interkollegialen Diskussion seine Ein­

stellung verändern, so Siebolds, hat sein Patient eine gute Chance, auch zu einer anderen Einstellung zu kommen - und beide gemeinsam zur erfolgrei­

chen Therapie.

Günther Buck

Die Veranstaltung wurde mit Hilfe der Bayer AG organisiert

MAGNESIUM

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