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VII. Taufengruppen

15. Gruppe O – Frühe Holztaufen

Diese Gruppe Holztaufen erinnert entfernt an Sakramentshäuschen.

Als Prototyp in Niedersachsen mag die Taufe von Altluneburg (1640) gelten. Es handelt sich um eine der wenigen Holztaufen aus dieser Zeit. Möglicherweise war zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges kein Geld oder Material für eine Steintaufe vorhanden, sodass man auf das preiswerte und verfügbare Material Holz ausgewichen ist, aber sich dennoch an eine traditionelle Form angepasst hat.

Altluneburg 1640. aus: Mathies 1998, S. 196.

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges ist dieses „Modell“ mit der fast zylindrischen Cuppa von mehreren Gemeinden übernommen worden:

Steyerberg (1656), Markhausen (um 1670), Bliedersdorf (1696) und Wulsbüttel (um 1700). Aber auch eine ausgestellte oder geschwunge-ne Cuppa ist von einigen Gemeinden bevorzugt worden: Wiefels (1663) und Melle (1725).

Steyerberg 1656 Wulsbüttel um 1700 Bliedersdorf 1696

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Melle 1725

Der zierliche Schaft der in der Gruppe O zusammengefassten Taufen wird teilweise zusätzlich durch Voluten verstärkt und verdeckt (in Blie-dersdorf sind später Metallstützen angebracht) und trägt manchmal eine unproportioniert große zylindrische Cuppa, die überwiegend he-xagonal gearbeitet ist. Die Kanten der Cuppa sind mit Ornamenten oder Figuren geschmückt. Die Seiten sind kassetten- und fensterartig gerahmt. Die Taufen werden mit einem Kronendeckel, der mit einer Kugel abschließt, verschlossen.

Den künstlerischen Höhepunkt dieser Taufengruppe stellt die (späte) Taufe in Melle dar. Der Schaftsockel und der Deckel sind in ihrer Volu-tenform gespiegelt, die Cuppa ist ebenfalls reichhaltig mit Voluten ver-ziert.

„Abgeguckt“ sind in Bliedersdorf und vereinfacht in Wulsbüttel vielleicht die säulenähnlichen Verzierungen an den Cuppaecken von Altlune-burg. Von dort wiederum mag die Taufe in Steyerberg mit der waage-rechten Gliederung der Cuppa inspiriert worden sein.

Der Deckel ist in Altluneburg vermutlich später barock erneuert wor-den, denn im Gegensatz zu Taufen wie beispielsweise Steyerberg o-der Melle ist o-der Deckel in Altluneburg nicht stimmig mit den übrigen Teilen der Taufe.

111 Gruppe O

dkl.grau:

Steyerberg 1656 Burhafe 1657 Wiefels 1663 Markhausen 1670?

Vreschen-Brokel 1676

Marx 1695

Bliedersdof 1696 Neustadtgödens 1698 Wulsbüttel um 1700 Melle 1725 Steinau 1725

grau (ältere Taufen)

Stellichte um 1610 Altluneburg 1640

114 16. Gruppe P – Dreibeinständer

Ab dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts verlieren die Taufen Ihre kompakte Form und mutieren häufiger zu zierlichen Dreibeinständern, wie es schon bei den zeitgleichen Ziesenis-Taufen (Gruppe M) ersicht-lich war.

Bei einer Variante der Dreibeinständer wird ein urnenähnliches Gefäß (aus Holz) auf einen zierlichen Schaft gesetzt, der von drei geschwun-genen Beinen getragen wird, wie in Wittorf (undat), Erichshagen (um 1750) und Langendorf (1832). Ob diese Form erst durch spätere Ver-änderungen, indem beispielsweise Taufen aus abgebauten Altar-schranken umgearbeitet oder ergänzt worden sind, oder gleich als ei-genständiger Taufständer entstanden ist, ist durch die Literatur nicht belegbar.

Wittorf E.18.Jh. Erichshagen 1750 Langendorf 1832

Zierliche Dreibeinständer sind in Essenrode (1744), Elbingero-de(1751), Wiarden (undat.) und Visselhövede (um 1770) unabhängig von einander und individuell entstanden. In Essenrode ist die Taufe mit der zeitgleich entstandenen Innenausstattung abgestimmt. Wiarden lehnt sich formal in seiner verspielten Form der Cuppa und des De-ckels an alte Traditionen an (z. B. Lintorf, um 1700) löst aber die ge-schlossene Form von Cuppa und Deckel durch Voluten bis zu einer Cuppaplatte für eine Taufschale auf.

Elbingerode nimmt im Cuppa- und Deckelbereich die Form der Ziese-nis-Taufen vorweg. Statt des Lammes sitzt hier eine Taube im Strah-lenkranz und auf Wolken als Bekrönung auf.

In Visselhövede ist der ganze Taufständer aus gegeneinander laufen-den Voluten aufgebaut, die sogar die Cuppa als aufklappbare Muschel integrieren.

Essenrode 1744 Elbingerode 1751

Wiarden Visselhövede um 1770

Bei einer weiteren Variante der Dreibeinständer ist die Dreiheit der Fü-ße und des Schaftes so filigran, dass zur Stabilität ein dreieckiger So-ckel untergesetzt ist, damit die schmalen Füße nicht brechen. Außer-dem werden sie mit einem Ring zusammengehalten, damit die dünnen Schaftstützen nicht durch die Schwere von Cuppa und Deckel ausein-ander gebogen werden.

Auch wenn die Taufen in Haimar (um 1780) und Kirchrode (1784) im Deckel minimal differieren, entstammen sie mit großer Wahrschein-lichkeit einer Werkstatt, da sie sich stilistisch in der Ornamentik und im formalen Aufbau nahezu gleichen.

116

Haimar um 1780 H-Kirchrode 1784 Medingen 1788

Das wellenartige Schmuckband um die Cuppa, die Blüte an den abge-flachten Stirnseiten des Dreiecks und die Längsriefen werden in der Taufe des Klosters Medingen (1788) wieder aufgenommen, obwohl dieser Ständer in seiner Form anders gearbeitet ist. Die strenge Drei-ecksform der Medinger Taufe und die zierliche Form der Taufen in Haimar und Kirchrode vereinen die Taufständer in Lamspringe (ev.) (um 1800) und Holtorf (Nienburg) (1789) auf unterschiedliche Weise.

Die Taufe in Holtorf weist mit der Schlange und der Fruchtgirlande so-gar entfernte Anlehnung an die Taufen von Ziesenis auf.

Gruppe P

dkl.grau

Essenrode 1744 Erichshagen um 1750 Elbingerode um 1751 Wülfingen 1769 Visselhövede um 1771 Barver 1775 Haimar um 1780 H-Kirchrode 1784 Holtorf (Nienburg) 1789

Wiarden E.18.Jh.

Wibbecke E.18. Jh.

Lamspringe, ev. um 1800 Langendorf 1831

118 17. Gruppe Q – Barocke Taufen mit eingezogenem Schaft

Aus Vorgängertaufen in Rodenkirchen (2. V. 17. Jh.) und insbesondere in Obernkirchen (A. 17. Jh.) könnten sich zwei Taufsteine in Sachsen-hagen (1681) und Estorf (1714) entwickelt haben. Alle Taufen dieser Gruppe haben einen durch einen Ring eingezogenen Schaft. Darunter zieren Voluten oder schlichte Blätter den Sockelschaft. Die Cuppa ist mit Engelköpfen geschmückt.

Sachsenhagen 1681 Estorf 1714 Schloss Ricklingen

Formal angelehnt, taucht die Form mit dem eingezogenen Schaft noch einmal später in der Taufe in Schloss Ricklingen auf, die aus Ober-scheden (undat.) stammt und dem Zeitgeist entsprechend Akanthus-blätter und Blüten aufweist.

Gruppe Q

dkl.grau

Sachsenhagen um 1681 Estorf 1714 Schloss Ricklingen M.18.Jh.

grau (ältere Taufen)

Obernkirchen A.17.Jh.

Rodenkircchen 2.V.17.Jh.

120 18. Gruppe R – Schmale Holzständer

In kleinen, wohl auch ärmlichen Landgemeinden entstehen ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts schlichte Holzständer. Die inzwischen einzeln stehen-den Ständer waren wie in Riebrau (1763) und Fallingbostel (um 1830) Be-standteil eines Kanzelaltarensembles und sind später, vermutlich erst bei den Renovierungen nach 1950, aus dem Gesamtkonzept Altar– Kanzel–

Taufe herausgelöst worden.

Bei den Holzständern in Dudensen und Ahausen (beide undat.), sind so deutliche Übereinstimmungen insbesondere im gegliederten Schaft, der Cuppaschale und in den Maßen festzustellen, dass sogar vermutet werden kann, dass beide Ständer in einer der beiden Kirchen das Altarensemble schmückten. Im Vergleich zu den anderen Holzständern dieser Gruppe müssen die Holztaufen in Ahausen und Dudensen aus der Zeit nach 1800 stammen, weil sie neben der zierlichen Ausführung keinerlei Schmuck ent-halten.

Ahausen nach 1800 Dudensen nach 1800 Riebrau 1763

Gruppe R

dkl.grau

Neersen um 1700 Ahausen 18.Jh.

Riebrau 1763 Bramel 1774 Rheden um 1800 Wibbese um 1800 Bad Fallingbostel um 1830 Dudensen 18/19.Jh.

122 19. Gruppe S – „Marmor“-Taufen

Die katholischen Kirchen bevorzugten für ihre Taufen als Material eindeutig Marmor, der jedoch keine Importware, sondern einheimischer Kalkstein oder Gipsstein ist. Als klassischer Kelchtyp gearbeitet, fast wie Manufakturware, präsentieren sich die Taufen östlich von Hildesheim, die vermutlich aus dem Gipsbruch bei Othfresen (bei Liebenburg) hergestellt sind.

Steinbrück 1790 Sottrum vor 1817

Liebenburg 1843 Asel 1844

Selbst die Sandsteintaufe in Groß Düngen (1733) ist marmoriert, so dass echter Marmor vorgetäuscht wird.

Von Heiningen (nach 1681) ausgehend hat sich nördlich des Harzes ein

„Marmor“-Taufentyp mit einem Balusterschaft und kleiner Cuppa etabliert, der aus den Kalksteinbrüchen bei Rübeland im Harz stammt, und der in schwarzgraudunkelroter Färbung wie in Heiningen und Sambleben (nach 1744) und in dunkelroter Färbung wie in Goslar St. Stephani (1743) und Grauhof (1.H.18.Jh.), oder auch in Kombinationen der beiden Farbtöne

und/oder mit Alabaster vorkommt. Stilistisch ähnliche Taufen finden sich auch im ehemals welfischen Gebiet im heutigen Sachsen-Anhalt, in Blan-kenburg, St. Bartholomäus und Michaelstein143. Es ist anzunehmen, dass auch diese Taufen aus einer Werksstattlinie stammen.

Heiningen 1681 Goslar 1743 Grauhof 1.h.18.Jh.

Blankenburg1744 Michaelstein um 1720

Bischhausen 1740 Weißenborn 1740

143 Michaelstein ist seit 1544 mit kurzen Unterbrechungen evangelisches Kloster mit Schule zur Vorbereitung für die Universität. Seit 1717 ist in Michaelstein ein Predigerseminar eingerichtet.

124 Die beiden „Zwillingstaufen“ in Bischhausen und Weißenborn (beide um 1740) haben denselben Patron, der auch an beiden Taufen vermutlich zum gleichen Zeitpunkt als Stifter beteiligt war.

Obwohl vermutlich beide Taufen aus Alabaster (Vorkommen bei Herzberg) gearbeitet sind, sieht die Taufe in Bischhausen als alleinige Stiftung des Pat-ronatsherrn wertvoller durch die ausgeprägtere Marmoroptik aus als die Taufe in Weißenborn, die eine gemeinsame Stiftung des örtlichen Pastors und des Patronatsherrn ist.

Als zeitlich letzte Taufe dieser Gruppe ist die katholische Taufe in Obernfeld (1771/80) entstanden, die aus Holz gearbeitet, jedoch marmorfarben gefasst ist. Sie wird noch mit einem Deckel, der die Taufe Christi zeigt, verschlossen.

Nur die Taufe in Goslar weist außerdem bis heute einen hölzernen Deckel mit theologischem Programm auf.

Alle „Marmor“-Taufen weisen bis auf Profile im Sockel oder am Cupparand keinen Schmuck auf. Bei den evangelischen Taufen in Marienstein (nach 1725), Weißenborn und Bischhausen ist die Cuppa als Muschel angedeutet.

Gruppe S

dkl.grau

Heiningen 1681 Wathlingen 1704 Sottrum um 1718 Marienstein nach 1725 Gieboldehausen 1731 Groß-Düngen 1733 Bischhausen um 1740 Weißenborn 1740 Goslar 1743

Grauhof 1.H:18.Jh.

Obernfeld um 1780 Steinbrück 1790 Bad Iburg 1809 Liebenburg 1843

Asel 1844

126 20. Gruppe T – Taufen in Altarpfosten

In den evangelischen Kirchen entstanden seit dem 18. Jahrhundert Kanzel-altäre144. Über dem Altar wurde die Kanzel installiert, sodass der Prediger einen zentralen Platz hatte und von allen Kirchenbesuchern gesehen wer-den konnte. In die Altarschrankenpfosten, die wer-den Altar entweder nur rechts und links oder insgesamt umschlossen, wurde dann in einer Ecke, meist links (von den Gläubigen aus gesehen) die Taufe integriert. Alle wesentli-chen Säulen des Glaubens – Abendmahl und Taufe als die beiden Sakra-mente und die Kanzel zur Verkündigung des Wortes – wurden auf den Platz im Chor konzentriert. Bei einigen Kanzelaltären wurde über die Kanzel noch die Orgel gestellt.

Bei späteren Renovierungen sind in mehreren Kirchen die Kanzelaltäre ver-ändert worden. Entweder sind sie ganz auseinandergebaut oder es sind nur die Altarschranken abgenommen worden. Die Taufe wurde dann in den meisten Fällen herausgeschnitten und separat aufgestellt, wie zum Beispiel in Lilienthal (1738) und Hörsum (1831).

Wie in Lilienthal war auch in Drochtersen (1778/80) ein sehr ähnliches bau-chiges Taufgefäß als Abschlusspfosten den Altarschranken vorangesetzt. In den drei Taufen in Hamelwörden (1766), Steinkirchen (1784) und Mittelnkir-chen (1802), die von demselben Tischlermeister gebaut worden sind, wirkt das gestreckte Taufgefäß vergleichsweise zierlich und wird mit der gleichen Ornamentik wie die Altarwand geschmückt.

Lilienthal 1738 Steinkirchen 1784 Brockel 1804

144 Cuveland 1991, S. 19. Karrenbrock 1993, S. 370; im Oldenburgischen wird er selten ein-gebaut.

Zum Ende des 18. Jahrhunderts wird der Schlusspfosten mit der integrierten Taufe schlichter wie in Schwarme (1784), Brockel (1804) und Binnen (1843).

Zunächst wird die Taufe sichtbar als Deckelurne oder Deckelschüssel auf den einfachen Pfosten gestellt. Gelegentlich sind die Taufen dann verhalten mit Blattwerk verziert. Auch ein Bibelzitat kann vereinzelt aufgemalt sein.

Die Entwicklung geht so weit, dass der quadratische Pfosten hochgezogen wird und die Taufe in ihm verschwindet. Nur ein abnehmbarer Deckel, der gleichzeitig einziger Schmuck der Altarschranke ist, zeigt die Ecke mit der Taufe an.

Gruppe T

dkl.grau

Damnatz nach 1650 Bakede um 1700

Solschen 1714 Himmelpforten 1738 Lilienthal 1738 Hammelwörden 1766 Drochtersen 1778/80 Schwarme 1784 Steinkirchen 1784 Banteln 1788 Oese um 1800 Mittelnkirchen 1802 Brokel 1804 Röllinghausen 1810 Hörsum 1831 Binnen 1843