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In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, wie Taufen im Gebiet des heu-tigen Landes Niedersachsen nach dem Dreißigjährigen Krieg ungefähr zweihundert Jahre lang gestaltet wurden und sich weiter entwickelt haben.

Unter Auswertung der Ergebnisse der Begutachtung von 317 vorhandenen Taufen und der verfügbaren Literatur einschließlich der Archive der evange-lischen Landeskirchen und Diözesen kann Folgendes gesagt werden:

1. Die Taufe als Initiationsritus zur Aufnahme in die Christengemeinde ist für alle christlichen Kirchen vergleichbar. Sie wiederholt sich nicht regelmäßig im Alltag wie das Abendmahl. Es ist zunächst die einmalige Sache des Täuf-lings und der Tauffamilie. Daher tritt das öffentliche Interesse zurück und die Taufliturgie erhält mehr privaten Charakter147. Die Taufe ist eine gottes-dienstliche Symbolhandlung, die sich in den verschiedenen christlichen Reli-gionen durch äußere Riten unterscheiden kann148.

2. Für den untersuchten Zeitraum von 1650 bis etwa 1850 lässt sich für Nie-dersachsen keine einheitliche Aussage für Taufen (Taufgeräte, Taufsteine, Taufständer) treffen. Es hat sich kein Tauftyp entwickelt, der sich flächende-ckend über das Land ausbreitet oder für eine der Religionen typisch ist. Tau-fen bleiben individuell nach der Fantasie der Stifter und/oder Auftraggeber gestaltete sakrale Geräte, die offensichtlich als Funktionsmöbel angesehen werden. Im Gegensatz zu Altar und Orgel werden sie wenig dokumentiert und beschrieben, allenfalls kurz in den Inventaren erwähnt.

Da Taufen – in der Bewertung als Funktionsmöbel – selten von „begnade-ten“ Künstlern geschaffen worden sind, sind sie häufig einfacher entwickelt und nicht in gleich hoher Qualität wie beispielsweise eine Solitärskulptur oder ein Altar einer großen, bekannten Werkstatt gearbeitet. Dies wird auch bei den Inschriften deutlich, die offensichtlich manchmal platzmäßig nicht durch-dacht waren (und dann „hinkonstruiert“ wurden) oder auch mal einen Schreibfehler enthalten. Beides fand man wohl nicht korrigierungswürdig.

3. In reformierten Kirchen gibt es mit wenigen Ausnahmen keine Taufen, da dort die Taufe nicht als Sakrament, sondern als Zeichen angesehen wird.

147 Goldammer 1960, S. 46.

148 Goldammer 1960, S. 47.

138 In evangelisch-lutherischen und katholischen Kirchen unterscheiden sich die Taufen in ihrer Typisierung nicht, jedoch in der Ausgestaltung.

Katholische Taufen sind in der Regel etwas schlichter. Sie enthalten so gut wie keine Bibelzitate oder Stifterinschriften. Marmorähnliches Aussehen der Taufen wurde bevorzugt, obwohl „Marmorierungen“ als Dekoration allge-mein im gesamten 18. Jahrhundert in allen Kunstgattungen beliebt waren.

Schmuck oder theologische Aussagen beschränken sich auf die Bekrönung der Deckel durch Aufstellen einer Jordantaufgruppe. Ausnahmen bilden die Taufen in Duderstadt und Lamspringe, die die theologische Aussage auch auf dem Taufstein und in der Umfriedung umsetzen. In beiden Kirchen sollte bewusst katholische Theologie demonstriert werden. In Duderstadt war die katholische Kirche Pfarrkirche, sodass auch die evangelischen Christen dort getauft werden mussten. In Lamspringe war gerade das klösterliche Leben wieder aufgenommen worden und das Kloster betrieb intensive katholische Mission.

4. Als Material wird Stein und Holz verwendet. Metalltaufen werden nach dem Dreißigjährigen Krieg nur vereinzelt hergestellt.

Bei Steintaufen herrscht Sandstein aus einheimischen Steinbrüchen vor. Die gleiche Feststellung kann man auch für Kalk- und Gipssteine treffen. Für

„Marmor“ wird der heimische Kalkstein aus Rübeland in verschiedenen Fär-bungen oder Gipsstein aus Abbaugebieten nördlich des Harzes verwendet.

Wegen ihrer Schlierungen sehen diese Materialien echtem Marmor täu-schend ähnlich, wenn sie poliert wurden.

Alabaster kommt vereinzelt vor und bei wenigen frühen Taufen sind Reliefs aus diesem Material in die Cuppa eingesetzt worden. Möglicherweise hat man diesen Stein auch gewählt, weil er im Aussehen an die leichte Durch-sichtigkeit von echtem Marmor erinnert, also ein wertvolleres Material vor-täuscht, das man sich finanziell in der Aufbauphase nach dem Krieg nicht leisten konnte.

Während Steintaufen nur in Gegenden mit Steinvorkommen gefertigt wur-den, sind Holztaufen überall in Niedersachsen zu finden. Holz als (preiswer-tes) Material war überall verfügbar und konnte von den einheimischen Tisch-lern bearbeitet werden. Im Wendland beispielsweise gab es keine Steine

und ein Transport aus einem anderen Gebiet war wohl trotz der Elbe als Handelsweg zu aufwändig149.

Zu beobachten war auch, dass die Taufen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend aus Holz gefertigt wurden. Das könnte auch mit der Anzahl der Kircheneinbauten zusammenhängen, die in dieser Zeit Altar, Kanzel und Taufe in einem Ensemble enthielten.

5. Die Mehrzahl der besprochenen Taufen stammt aus der Zeit zwischen 1650 und 1750. Im Zuge der vielen Kirchenneubauten und Renovierungen nach dem Dreißigjährigen Krieg ergab sich zwangsläufig auch die Anschaf-fung einer Taufe, sofern nicht noch ein besonders wertvolles Stück aus frü-herer Zeit vorhanden war. Viele alte Taufen mit großen zur Immersio geeig-neten Cuppae waren im Laufe des Krieges oder auch danach eingeschmol-zen (Bronze), kamen als Viehtrog auf die Weide (Stein) oder wurden „mo-dern“ umgestaltet.

6. Zu beobachten ist auch, dass häufig Taufengruppen entstanden. In Nachbarorten gibt es ähnliche Taufen, die mit wenigen Jahren Abstand an-geschafft worden sind. Bibelzitate und Stifterinschriften tauchen in manchen der (heutigen) Landkreise gehäuft auf. Möglicherweise spielten das Gel-tungsbedürfnis und der Nachahmungstrieb dabei eine nicht unerhebliche Rolle.

7. Die Anschaffung einer Taufe nimmt ab Mitte des 18. Jahrhunderts (bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts) ab. Mit der zunehmenden Indifferenz zur Religi-on, gleichlaufend der Ausbreitung der Aufklärung, die auch das Bürgertum erfasst hat, verschiebt sich das religiöse Leben von der Öffentlichkeit ins Private. Das zeigt sich auch dadurch, dass die Taufe aus dem zentralen Blickfeld der Gemeinde im Altarraum verschwindet. Je nach Bedarf wird sie vielerorts aus dem Altarpfosten der Kanzelaltäre oder als Ständer aus einer Abstellecke hervorgeholt, wenn nicht die Haustaufe mit einer Taufschale – wie bei den Pietisten – bevorzugt wurde.

8. Der äußere Schmuck umfasst bei den Taufen bis Ende des 17. Jahrhun-derts zunächst noch Bibelszenen als Reliefs oder Gemälde. Dann nehmen Engelköpfe und Putti, oft kombiniert mit Blattwerk und Früchten, zu. Zur Mitte des 18. Jahrhunderts überwiegt (rein optisch) der florale Schmuck, der

149 Im Gegensatz zu der Zeit vor 1500, wo Steintaufen aus Gotland und Namur im norddeut-schen Raum zu finden sind.

140 gentlich keine theologische Aussage mehr beinhaltet. Das ist eine Entwick-lung, die sich auch in weltlichen Schmuckelementen niederschlägt. Bilder können nicht mehr „gelesen“ werden150 und werden durch Girlanden und Vasen ersetzt, was sich bei den Taufen auch im Vasentyp äußert.

Um 1800 werden die Taufen völlig schmucklos. An ein sakrales Gerät erin-nert allenfalls nur noch eine angedeutete Flamme als Deckelbekrönung.

9. Die Durchsicht der zugänglichen Archive hat gezeigt, dass (vorhandene) Taufen etwa halb so häufig erwähnt werden wie Altäre, Kanzeln oder Ge-stühl. Das kann darauf hindeuten, dass über viele Jahrhunderte hinweg die Taufen und damit das Taufgeschehen als nicht so wesentlich oder als „zu normal“ im Gemeindeleben angesehen wurden um erwähnt zu werden.

Taufen haben sich im Laufe der christlichen Entwicklung in ihrer Funktion und ihrer Form immer wieder verändert - von frühen Baptisterien bis moder-nen Taufebecken heutiger Zeit, die teilweise diesen Gedanken wieder auf-nehmen. Der in dieser Arbeit betrachtete Zeitraum des Barock und Klassi-zismus spiegelt nur einen kurzen Abschnitt der Entwicklungsgeschichte wi-der.

150 Für diesen Hinweis danke ich Herr Prof. Dr. Gerhard Ringshausen, Lüneburg.

141 Vorbemerkungen zur alphabetischen Auflistung der Taufen.

Die Taufen sind alphabetisch nach Orten aufgelistet und fortlaufend nummeriert.

Jede Taufe ist abgelichtet und mit Maßen im schematischen (nicht maßstabgerechten) Querschnitt dargestellt. Die Zahlenangaben erfolgen in cm.

Neben dem Ortsnamen wurden zur besseren geografischen Einordnung die heutigen Landkreise hinzugefügt. Es folgen der Name der Kirche (einige evangelische Kirchen sind namenlos) und die Konfession, abgekürzt in ev.-luth. (evangelisch-lutherisch), kath. (römisch-katholisch) und ref. (evangelisch- reformiert).

Das Material der Taufen kann vielfach nur nach Inventaren benannt werden, da durch Farbfassungen und umbaute Schutzleisten oft nicht erkennbar war, welches Holz oder welche Steinart verwendet worden ist. Dadurch konnte der Gedanke, dass möglicherweise Zusammenhänge zwischen den Taufen in Bezug auf Werkstätten und/oder Handelswege auf Grund des Materials, insbesondere bei Stein, bestehen, bis auf wenige Ausnahmen (Gruppe S im allgemeinen Teil) nicht schlüssig nachgewiesen werden. Dendrochronologische Untersuchungen bei Holz, die vielleicht Aufschluss hätten geben können, wurden aus Kostengründen nicht durchgeführt.

Die Datierung erfolgt, wenn die Jahreszahl allein nicht ausreicht, in Abkürzungen (dat.=datiert, Jh.=Jahrhundert, M.=Mitte, V.=Viertel, A.=Anfang, E.=Ende)

Die Literatur ist ausführlich im Literaturverzeichnis aufgeführt. Bei den Angaben der Archive (BAH (Bistumsarchiv Hildesheim) und ECB (Exzerpte der Corpora bonori der Landeskirche Hannover)) ist jeweils der Ort ausgelassen, da dies aus der Ortsangabe generell hervorgeht.

Unter I. werden die aufgesuchten Taufen möglichst detailliert beschrieben, beginnend von unten nach oben mit dem Sockel über den Schaft zur Cuppa und, wenn vorhanden (und nicht neueren Datums) der Deckel.

142 In II. wird die jetzige Farbfassung beschrieben, die bei der Aufnahme der Taufen vorhanden war. Soweit es möglich war, ist dabei auf frühere Farbfassungen eingegangen.

Der heutige Standort wird unter III. aufgeführt. Ein früherer Standort, soweit dies zu ermitteln war, wird erwähnt.

Anmerkung: Viele Taufen haben heute keinen festen Platz in der Kirche sondern werden nach Bedarf im Kirchenraum verschoben und/oder zur Seite gestellt.

Unter IV. sind Erläuterungen, Hinweise und Deutungen erwähnt, die sich beim Studium der einzelnen Taufen entwickelt haben und schlüssig erschienen.

143 1

Achelriede

Kr. Osnabrück Kirche ev.-luth.

Holz 1725

I. Der Taufständer ist aus einem Stamm gearbeitet. Von einem rechteckigen Sockel mit abgeschrägten Ecken ausgehend, sodass ein Oktogon entsteht, folgt ein gestreckter von Akanthusblättern umhüllter ovaler Schaft, der sich öffnet und die nach außen gewölbte ungleichmäßig achteckige Cuppa trägt. Sockel und Cuppa gleichen einem muschelförmigen Korbgeflecht.

Eine flache Platte mit vier aufsteigenden Blattranken, die sich in der Mitte treffen und von einer Knospe bekrönt werden, bildet den Deckel.

II. Die Taufe ist dunkeltürkis bemalt. Die Blattreihen sind weiß gefasst und mit Gold an den Rändern verziert. Der Schaft erwächst aus einem schmalen Goldwulst. Der obere Cupparand wird ebenfalls durch ein schmales Goldband betont.