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2.4 Magnetismus bei ferromagnetischen Nanostrukturen

2.4.1 Grundlagen des Ferromagnetismus

Wie in Abschnitt 2.1 bereits erw¨ahnt, ist mit dem Spin der Elektronen ein ma-gnetisches Moment verbunden. Als Folge eines Zusammenspiels von Pauli-Prinzip und Coulomb-Wechselwirkung ergibt sich in der Quantenmechanik die Austausch-wechselwirkung. F¨ur lokalisierte Spinssi und sj l¨asst sich diese quantitativ wie folgt darstellen:

Eex =−2Jexsi·sj , (2.36) wobeiJexdas quantenmechanische Austauschintegral bezeichnet [24]. Bei den ¨ Uber-gangsmetallen Eisen, Kobalt und Nickel beruht der Ferromagnetismus nicht auf lo-kalisierten magnetischen Momenten, sondern wird durch frei im Kristall bewegliche Elektronen hervorgerufen. Verantwortlich f¨ur die kollektive Ausrichtung der Mo-mente unterhalb der Curie-Temperatur sind die hohe Zustandsdichte im 3d-Band, ein großes positives Austauschintegral und die Tatsache, dass die 3d- und 4s-B¨ander nicht vollst¨andig besetzt sind. Unter diesen Voraussetzungen bringt eine Ungleichbe-setzung der Spinsubb¨ander einen verh¨altnism¨aßig geringen Aufwand an kinetischer Energie bei gleichzeitig großem Gewinn an Austauschenergie mit sich. Dies hat zur Folge, dass sich die magnetischen Momente der Elektronen mit entgegengesetzter Spinorientierung nicht mehr vollst¨andig kompensieren. Es ergibt sich f¨ur das jewei-lige Material ein charakteristisches magnetisches Moment pro Volumen, welches als MagnetisierungM bezeichnet wird (siehe Abbildung 2.7).

Die Einheit der Magnetisierung ist A/m. In homogenen Materialien ist ihr Be-trag MS = |M| innerhalb der Probe konstant, w¨ahrend der Richtungsvektor der Magnetisierungm im Allgemeinen vom Ortr und von der Zeit t abh¨angt:

M(r, t) =MSm(r, t) mit m2 = 1. (2.37) Mit Hilfe der so genannten Permeabilit¨at des Vakuums µ00 = 4π·10−7V s/Am)

l¨asst sich die Magnetisierung in die magnetische Polarisation J (Einheit: V s/m2 = T =T esla) umrechnen:

J=µ0M=JSm(r, t) mit JS0MS, (2.38) wobei JS die S¨attigungspolarisation beschreibt. Die Darstellung der magnetischen Eigenschaften einer Probe mit Hilfe der Polarisation ist von besonderer Bedeutung, weil sie die Magnetisierung in eine magnetische Flussdichte (oder auch magnetische Induktion) B (Einheit T) ¨ubersetzt. Die Flussdichte erm¨oglicht es, ein von außen an die Probe angelegtes Magnetfeld H (Einheit A/m) und die Magnetisierung im Inneren der Probe zu einer Gr¨oße zusammenzufassen:

B(r, t) = µ0H(r, t) +J(r, t). (2.39) In der Praxis wird h¨aufig nicht streng zwischen Magnetfeld H und der dadurch verursachten Flussdichte µ0B im Vakuum unterschieden. Deshalb wird oft auch von einem Magnetfeld gesprochen, wenn eigentlich einB-Feld, also eine Flussdichte gemeint ist, oder es wird von einem Magnetfeld der St¨arke x[T] gesprochen, wobei eigentlich das H-Feld gemeint ist, welches im Vakuum die Flussdichte B hervorruft (also: H= x/µ0 T). In diesem Sinne werden die Magnetfelder in dieser Arbeit in der Einheit der magnetischen Flussdichte – also in T – angegeben.

Aus der ferromagnetischen Ordnung der magnetischen Momente folgt nun aber nicht, dass jede Probe aus ferromagnetischem Material nach außen hin magnetisch erscheint. Normalerweise besteht n¨amlich ein Ferromagnetikum aus einer Anzahl von Bezirken, die zwar einzeln eine einheitliche Magnetisierung aufweisen, aber so angeordnet sind, dass sich deren magnetisches Moment zumindest teilweise kompen-siert. Diese Bezirke bezeichnet man gew¨ohnlich als Dom¨anen und die magnetische Mikrostruktur wird durch die erw¨ahnte orts- und zeitabh¨angige Polarisation J(r, t) beschrieben. Die Aufteilung in Dom¨anen ist eine Folge des Wechselspiels zwischen verschiedenen magnetischen Energiebeitr¨agen. Im Folgenden werden kurz die f¨ur die Experimente der vorliegenden Arbeit wichtigsten Beitr¨age vorgestellt (in Anlehnung an [26]).

• Austauschenergie

Wie oben beschrieben, beg¨unstigt die Austauschwechselwirkung eine einheit-liche Richtung der Magnetisierung, Abweichungen davon werden mit einem Energieaufwand

”bestraft“. Die Austauschwechselwirkung ist zwar sehr stark, f¨allt aber mit zunehmendem Abstand rasch ab. Quantitativ l¨asst sich die Aus-tauschenergie Eex wie folgt erfassen:

Eex =A Z

((∇mx)2+ (∇my)2+ (∇mz)2) dV . (2.40) Die Austauschenergie wird also um so gr¨oßer, je st¨arker benachbarte Spins von der Parallelstellung abweichen. A ist die materialspezifische Austausch-konstante, sie kann als Spin-Steifigkeit der Magnetisierung aufgefasst werden.

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• Zeeman-Energie

Die Zeeman-Energie EH beschreibt die Wechselwirkung des vektoriellen Pola-risationsfeldes J(r) mit einem externen Magnetfeld Hex und ergibt sich zu:

EH =− Z

P robe

Hex·J(r)) dV . (2.41)

Sie ist f¨ur ein homogenes externes Feld nur von der mittleren Magnetisierung, nicht aber von der Dom¨anenstruktur oder der Form der Probe abh¨angig.

• Streufeld-Energie

Bereiche mit einheitlicher Magnetisierung wirken als kollektive Dipole und stellen somit Quellen und Senken eines magnetischen (Streu-) Feldes dar. Die Auswirkungen des Streufeldes Hd k¨onnen auf zwei unterschiedliche Weisen betrachtet werden:

– Mit der Ausbildung des Streufeldes ist ein Energiebeitrag (die sogenannte Feldenergie) verbunden, der die Gesamtenergie des Systems erh¨oht.

– Die magnetischen Momente der Probe wechselwirken mit dem Streufeld, das die Probe aufgrund ihrer Polarisation selbst erzeugt, wodurch die Gesamtenergie erh¨oht wird. Das Streufeld wirkt im Innern der Probe der Polarisierung entgegen, weshalb das Streufeld oft auch als entmagnetisie-rendes Feld bezeichnet wird.

Entsprechend l¨asst sich die Streufeldenergie Ed eines Ferromagneten auf zwei verschiedene Arten berechnen: Im Allgemeinen f¨uhren Unterschiede in der Streufeldenergie dazu, dass man-che Magnetisierungsrichtungen aufgrund der Probenform energetisch bevor-zugt sind. Dieser Tatsache wird mit dem Ausdruck Formanisotropie Rechnung getragen. So liegt beispielsweise bei d¨unnen Schichten oder sehr flachen Struk-turen die spontane Magnetisierung vollst¨andig in der Schichtebene, wohinge-gen bei l¨anglichen Proben die Magnetisierung bevorzugt entlang der L¨ angsach-se ausgerichtet ist.

Ein sehr hilfreiches und anschauliches Bild im Umgang mit Streufeldern bietet das Ladungsmodell. In diesem Modell werden hypothetische Ladungsvertei-lungen durch positive und negative magnetische Ladungen repr¨asentiert. Sie sind damit, analog zu elektrischen Ladungen, die Quellen und Senken von ma-gnetischen Streufeldern. Die Magnetisierung im Festk¨orper wird durch Dipole

(Spin- oder Bahnmomente der Elektronen) hervorgerufen. Die magnetischen Ladungen treten deshalb nur dort auf, wo die Dichte der positiven und nega-tiven Pole nicht gleich groß ist. Dies ist einerseits an Probenr¨andern mit nicht parallel zur Oberfl¨ache liegenden Momenten (Oberfl¨achenladungen) der Fall.

Die Oberfl¨achenladungen sind dann am st¨arksten ausgepr¨agt, wenn die Ma-gnetisierung senkrecht zur Probenoberfl¨ache steht. Andererseits treten dort, wo die die Divergenz des Vektorfeldes der Magnetisierung nicht verschwin-det, so genannte Volumenladungen auf und zwar umso st¨arker, je gr¨oßer die Divergenz ist [26].

Nur wenn keine magnetischen Ladungen auftreten verschwindet auch die Streufeldenergie, in allen anderen F¨allen liefert diese einen positiven Beitrag zur Gesamtenergie. Die Streufeldenergie l¨asst sich also dann gering halten, wenn die Entstehung magnetischer Pole vermieden werden kann.

Im Allgemeinen ist die Berechnung der Streufelder beliebig geformter Pro-ben kompliziert und kann meist nur numerisch durchgef¨uhrt werden. Deshalb n¨ahert man die Proben oft durch homogen magnetisierte Rotationsellipsoide, da bei dieser speziellen Form eine relativ einfache analytische Berechnung des Streufeldes m¨oglich ist.