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Das Herz ist das muskulöse Zentralorgan des Blutgefäßsystems. Es funktioniert nach dem Prinzip einer doppelten Druck- und Saugpumpe (NICKEL et al. 1996) und liegt, aufgehängt an den zu- und abführenden Gefäßen, frei beweglich im Herzbeutel, dem Perikard. Mit diesem ist das Herz durch eine kapillare Schicht seröser Flüssigkeit verbunden. Die Wand des Herzens besteht, von außen nach innen betrachtet, aus drei Schichten, dem Epicardium, dem Myocardium und dem Endocardium (BARGMANN 1963). Das Herz ist zweigeteilt in einen rechten venösen und einen linken arteriellen Abschnitt, von denen jeder aus einem Vorhof mit seiner blindsackartigen Ausstülpung (Herzohr) und einer Herzkammer besteht. Diese beiden Abschnitte sind durch das Vorhofseptum (Septum interatriale) und das Kammerseptum (Septum interventriculare) getrennt (HAHN 1908, BARGMANN 1963). Diese Trennung spiegelt sich im Bereich der Herzkammern auch äußerlich in den Längsfurchen (Sulcus interventricularis paraconalis bzw. Sulcus interventricularis subsinuosus) wieder. Die kraniale Begrenzung des Herzens bildet der Margo ventricularis dexter, die kaudale der Margo ventricularis sinister. Die von den Herzohren und Anteilen der linken Herzkammer gebildete Facies auricularis ist der linken, die ebenfalls aus Anteilen der Herzohren und der rechten Herzkammer gebildete Facies atrialis der rechten Brustwand zugewandt (PREUSS 1955). Im Innern des Herzens trennen die Segelklappen die Kammern und Vorhöfe, die Taschenklappen verschließen den Ursprung der abführenden Gefäße. Diese Klappen bestehen aus dünnen Endokardduplikaturen (STEINMÜLLER 1910, BARGMANN 1963). In den rechten geräumigeren Vorhof münden die kraniale und die kaudale Hohlvene aus dem großen Körperkreislauf sowie der Sinus coronarius, der Blut aus herzeigenen Venen zuführt. Der Binnenraum beider Vorhöfe und der Herzohren wird durch die Musculi pectinati beherrscht. Durch die Trikuspidalklappen

Cuspis angularis) gelangt das Blut in die Einstrombahn des rechten Ventrikels mit seinen zwei septumständigen und einem wandständigen Papillarmuskel. Von ihnen ziehen dünne Sehnenfäden zu den freien Rändern der Segelklappen. Vom rechten Ventrikel gelangt das Blut über die Austreibungsbahn durch die Pulmonalklappen in die Pulmonalarterie (Valvula semilunaris sinister, dexter und intermedia) und weiter in die Lunge (PREUS 1955, BARGMANN 1963). Der halbmondförmige freie Rand dieser drei Taschenklappen ist leicht verdickt und trägt in der Mitte je ein kleines derbes Knötchen (Nodulus valvularum) (WITZEMANN 1923). Der linke Vorhof nimmt das Blut aus den Venae pulmonales auf. Von hier gelangt es über die Mitralklappen (Valva atrioventricularis bicuspidalis, bestehend aus Cuspis septalis und Cuspis parietalis) in die Einstrombahn des linken Ventrikels. Dieser weist zwei wandständige Papillarmuskeln auf, von denen wiederum dünne Sehnenfäden zu den freien Rändern der Segelklappen ziehen. Über die Austreibungsbahn strömt das Blut schließlich durch die Aortenklappen (Valvula semilunaris sinister, dexter und septalis) in die Aorta (BARGMANN 1963). Infolge ihrer stärkeren Beanspruchung sind diese Taschenklappen stärker ausgebildet als die entsprechenden Klappen im Truncus pulmonalis und die mittigen Noduli treten deutlicher hervor (WITZEMANN 1923).

Gleich hinter den Klappen erweitert sich die Aorta zum Bulbus aortae und entlässt dorsal der Valvula semilunaris dextra bzw. sinstra aus dem Sinus aortae die Herzkranzgefäße (BARGMANN 1963).

B.1.2 Das Herzskelett

Unter dem Begriff Herzskelett werden aus Bindegewebe-, Knorpel- und Knochensubstanz bestehende Strukturen und Bauelemente des Herzens zusammengefasst. Von Bedeutung sind zum einen die Anuli fibrosi atrioventriculares, welche eine morphologische und funktionelle Trennung von Vorhof und Kammermuskulatur bewirken. Zum anderen sind die Herzknochen, Ossa cordis dexter und sinister, wichtig. Sie stabilisieren das Ostium aorticum in einer hämodynamisch günstigen Form und dienen den Muskelfasern des Kammerseptums als Ansatz und Ursprung (GROSSMANN 1923).

B.1.3 Reizbildung, Erregungsleitung und Herzaktion

Die Reizbildung erfolgt im Sinusknoten. Dieser befindet sich im Bereich der Mündung der Vena cava cranialis am rechten Vorhof. Die Erregungswelle breitet sich vom Sinusknoten über die gesamte Arbeitsmuskulatur der Vorhöfe aus (PETERSEN 1918, ZIMMERMANN 1923, GÖTZE 1984, SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 2001) und veranlasst sie zur Kontraktion (Vorhofsystole). Das durch die geöffneten Atrioventrikularklappen ausgetriebene Blut füllt die Ventrikel, die sich zu diesem Zeitpunkt in entspanntem Zustand, der Kammerdiastole, befinden. Diese Aktionsphase des Herzens endet mit dem Schluss der Atrioventrikularklappen nach Füllung der Ventrikel. Die Taschenklappen an der Mündung der Arteria pulmonalis und Aorta sind hierbei geschlossen (NICKEL et al. 1996). Anschließend beginnt die Kammersystole. Die Erregungswelle geht auf den Atrioventrikularknoten über und erreicht schließlich, über das Hissche Bündel und die Purkinjeschen Fasern, die Papillarmuskeln und die Arbeitsmuskulatur der Herzkammern (PETERSEN 1918, ZIMMERMANN 1923, GÖTZE 1984, SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 2001). Es erfolgt zunächst, bei vollständig geschlossenen Herklappen, die Anspannungsphase.

Wird der Druck in den Ventrikeln größer als in der Aorta bzw. Pulmonalarterie, öffnen sich die Taschenklappen zur Austreibungsphase. Rasch fällt der Druck wieder, die Taschenklappen schließen. Es beginnen erneut Vorhofsystole und Kammerdiastole (NICKEL et al. 1996). Neben der automatischen Steuerung der Aktionen des Herzens durch das autonome Reizbildungs- und Erregungsleitungssystem, unterliegt seine Funktion dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem (SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 2001).

B.1.4 Größe des Rinderherzens

Das Herz des Rindes ist sowohl absolut als auch relativ klein. Angaben zum Gewicht des Herzens adulter Kühe schwanken zwischen 1,95 und 2,40 kg bzw. 0,37 und 0,69 % des Körpergewichts bei Kühen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 439 kg (SCHUBERT 1909) sowie zwischen 1,69 und 3,66 kg bei Kühen mit einem

Margo ventricularis dexter beträgt 18 bis 25 cm, die des Margo ventricularis sinister 15,8 bis 21,6 cm (SCHUBERT 1909). Besonders in den Längsfurchen finden sich oft starke Einlagerung von Fettgewebe, die bis zu 24 % des Herzgewichtes ausmachen können (SCHUBERT 1909).

B.1.5 Form und Lage des Rinderherzens

In der Diastole hat das Rinderherz die Form eines etwa gleichseitig gedrungenen, in der Systole die eines mehr spitzen Kegels. Das Herz steht mit seiner Achse fast senkrecht zum Brustbein, wobei die Herzbasis geringgradig nach kranial geneigt ist und die Herzspitze leicht nach links zeigt. Es reicht in kranio-kaudaler Richtung von der dritten bis zur fünften Rippe, die Herzbasis liegt etwa auf halber Höhe des Brustraumes, die Herzspitze einige Zentimeter dorsal des Brustbeines in der Gegend der linken fünften Rippe am Knorpel-Knochen-Übergang derselben (GÖTZE 1984, NICKEL et al 1996) (Abbildung 1). Der leicht konkave Margo ventrikularis sinister folgt der Kontur des nach kranial gewölbten Zwerchfells, während der Margo ventrikularis dexter der Kontur der Innenfläche des Brustbeines folgt (PREUS 1955, BARGMANN 1963). Beim Rind liegen, auf die Mediane bezogen, ca. 70 % des Herzens in der linken Brusthöhlenhälfte, hier berührt es die Brustwand im Bereich des vierten und fünften Interkostalraumes.

Abb. 1: Lage des Herzens im Thorax der Kuh (modifiziert nach NICKEL et al. 1996)

Die von der Brustwand in einigem Abstand liegende rechte Herzfläche wird in größerem Umfang von den Lobi cranialis und medius der rechten Lunge abgedeckt.

Auf der linken Seite dagegen gibt der zweigeteilte Lobus cranialis einen großen Teil der Herzfläche frei (GÖTZE 1984, NICKEL et al. 1996).

B.1.6 Herzseitenstoß und Herztöne

Der Herzseitenstoß ist links und rechts im Bereich des dritten bis fünften Interkostalraumes fühlbar, am deutlichsten im vierten Interkostalraum und rechts meist schwächer als links. Ein übermäßig guter Ernährungszustand mindert die Feststellbarkeit des Herzseitenstoßes (NICKEL et al.1996, STÖBER u. GRÜNDER 1990). Im Bereich des dritten bis fünften Interkostalraumes liegen auch die Puncta maxima. Dort sind die Töne der Herzklappen jeweils am stärksten zu auskultieren.

Für die Pulmonalklappe liegt das Punctum maximum im dritten Interkostalraum auf halber Höhe zwischen Schulter- und Ellbogengelenk. Die Aortenklappe wird im vierten Interkostalraum und die Mitralklappe im fünften Interkostalraum, jeweils ein wenig unterhalb der Horizontalen durch das Schultergelenk, auskultiert. Im dritten Interkostalraum rechts, auf halber Höhe zwischen Schulter- und Ellbogengelenk ist die Trikuspidalklappe zu auskultieren (STÖBER u. GRÜNDER 1990). Akustischer Ausdruck der normalen Herzaktion sind die Herztöne. Der erste ist in der Anspannungsphase des Myokard (systolischer Herzton oder Muskelton), der zweite beim Schluss der Taschenklappen (diastolischer Herzton oder Klappenton) auskultierbar. Krankhafte Herzgeräusche treten vor allem bei Stenosen bzw.

Insuffizienzen der Klappen (GLAZIER 1987, STÖBER u. GRÜNDER 1990, SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 2001) aber auch bei schweren Anämien auf (GLAZIER 1987). Die Herzfrequenz adulter Rinder liegt in Ruhe zwischen 60 und 90 Schlägen / Minute (DEROTH 1980, STÖBER u. GRÜNDER 1990). Ängstliche Tiere reagieren auf (untersuchungsbedingte) Beunruhigung mit einer vorübergehenden Erhöhung der Herzfrequenz (STÖBER u. GRÜNDER 1990). Auch Fieber oder Schmerzen können zu einer Erhöhung der Herzfrequenz führen (SILBERNAGL u.

DESPOPOULOS 2001).