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11 Das empirische Vorgehen der Untersuchung

11.3 Grenzen der Untersuchung

Die im Rahmen dieser Untersuchung auftretenden möglichen Störeinflüsse werden im Folgenden diskutiert. Die denkbaren Schwierigkeiten in der Methodik werden aufgezeigt und ihre Gültigkeit für die Daten dieser Untersuchung geprüft.

11.3.1 Die Datenqualität von Onlinestudien

Die Güte von Onlineerhebungen ist umstritten (vgl. Döring, 2003; Dzeyk, 2001 &

Reips, 2002). Um die Datenqualität der Untersuchung zu prüfen, wurde das Online- Offline- Vergleichsstudienmodell von Stöber (1999) angewandt.

Bei der Ergebnisprüfung wurden die Unterschiede zwischen den beiden Datenerhebungsvarianten betrachtet und getrennte Vergleiche durchgeführt:

• der Summenscores der jeweiligen Verfahrensskalen der Gruppe der Legalwaffenbesitzer in der Offline- und der Onlineerhebung und

• der Summenscores der jeweiligen Verfahrensskalen der Vergleichsstichprobe in der Online- und der Offlineerhebung.

Der durch die Anzahl der Gruppen plausible dritte Vergleich für die Delinquentenstichprobe entfiel, da eine Onlineerhebung hier nicht möglich war.

Es wurden jeweils zwischen den beiden Erhebungsbedingungen t-Tests berechnet.

Die Mittelwertvergleiche erbrachten für alle Skalen der betrachteten Verfahren ein einheitliches Bild, da in keiner der Skalen signifikante Unterschiede aufgezeigt werden konnten (p> 0.05).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die von Stöber (1999) festgestellten Unterschiede in der Datenqualität sich nicht auf diese Untersuchung übertragen lassen. Vielmehr unterscheiden sich die Ergebnisse der Online- und der Offlinebedingung nicht grundlegend voneinander. Trotz der unterschiedlichen Erhebungsmethoden fallen die Resultate vergleichbar aus. Aus diesem Grund wurde die Trennung der Teilstichproben in Online- und Offlineerhebung aufgehoben und diese in den weiteren Berechnungen als eine gemeinsame Gruppe betrachtet.

Die wesentlichen Merkmale einer Onlineumfrage im Vergleich zu anderen Erhebungsarten bestehen darin, dass

• Hinweise auf eine laufende Umfrage vom potentiellen Probanden zunächst gefunden werden müssen,

• die Befragten aktiv über ihre Teilnahme entscheiden,

• die Teilnahme Kosten verursacht (z.B. Providergebühren).

Die Wahrscheinlichkeit, einen Hinweis auf eine Umfrage zu finden, hängt sehr stark von der Nutzungsintensität des jeweiligen Mediums ab. Dies bedeutet, es ist eine Verzerrung in Richtung der Vielnutzer des Internets anzunehmen. Diesem Effekt entgegenzuwirken, erweist sich als schwierig. In dieser Untersuchung wurde versucht, durch Umfragepromotion, das heißt die Bekanntmachung von Umfragen über Suchmaschinen, Foren, Newsgroups und insbesondere Zeitschriften, dieser Tendenz entgegenzusteuern. Selektionseffekte sind auch durch die aktive Teilnahmeentscheidung insbesondere in der Gruppe der

Befragungsthema gibt es wohl keinen plausiblen Grund, an einer Onlineumfrage teilzunehmen.

Die Antwort auf die Frage nach der Effektivität der eingeleiteten Gegenmaßnahmen muss somit offen bleiben. Umfassende und systematische Analysen elektronischer Befragungsverfahren liegen bislang nicht vor (Synodinos, Papacostas & Okimoto 1994, S.396). Hinweise lassen sich jedoch aus dem in dieser Untersuchung vorgenommen Methodenvergleich der Online- und Offlineerhebung entnehmen, die keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich des jeweiligen methodischen Zugangs ergaben.

Die Durchführung von Onlineerhebungen bietet dagegen eine Vielzahl von Vorteilen. Als wesentliche Punkte können die Zeit- und Kostenersparnis während der Datenerhebungsphase (Kiesler & Sproull, 1986 und Tuten, Urban & Bosnjak, 2002), die hohe Rücklaufgeschwindigkeit (Bachmann, Elfrink & Vazzana, 1996 sowie Schaefer & Dillman, 1998), die automatisierte Datenerfassung (Hertel, Naumann, Konradt & Batinic, 2002) und das Entfallen von Porto- und Druckkosten (Tuten, Urban & Bosnjak, 2002) aufgeführt werden. Die unproblematisch zu bewerkstelligende Rekrutierung einer ausreichenden Zahl von Umfrageteilnehmern (Beniger, 1998; Buchanan & Smith, 1999 und Kiesler &

Sproull, 1986) und die hohe Akzeptanz der Methodik bei den Befragten (vgl.

Döring, 2003) werden als weitere Vorteile dieser Erhebungsmethode angeführt.

Für die Beachtung von Qualitätsstandards bei Onlinestudien sei auf die Richtlinien für Onlinestudien des Arbeitskreises Deutsche Markt- und Sozialforschung verwiesen. Diese sind in der Konzeptuierungsphase dieser Studie berücksichtigt worden.

11.3.2 Soziale Erwünschtheit

Das Konzept der sozialen Erwünschtheit beschreibt die Tatsache, dass die meisten Menschen dazu neigen, sich konform mit den vorherrschenden Werten und Normen zu verhalten. Dies kann dazu führen, dass sensible Fragen in Fragebögen nicht ehrlich beantwortet werden. Grundsätzlich ist ableitbar, dass Onlinestudien

förderlich sind, um sozial erwünschtes Verhalten zu verhindern. So beschreibt Paulhus (1984), dass durch die anonyme Erhebungssituation die Wahrscheinlichkeit sozial erwünschter Antworten abnimmt.

Kury (1983a) kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Insassen des Strafvollzuges, wenn sie davon ausgehen, dass ihre Testergebnisse zu den Vollzugsunterlagen kommen, eher dazu neigen, den Test zu verfälschen. In dieser Untersuchung wurden die Inhaftierten zwar vielfach darauf aufmerksam gemacht, dass eine Zuordnung der Testergebnisse zu ihrer Person nicht möglich und die Erhebung rein wissenschaftlich orientiert ist, ein Effekt im Sinne der sozialen Erwünschtheit ist nicht auszuschließen.

Studien zur Akzeptanz des neuen Waffenrechts (vgl. Dobat & Heubrock, 2006) zeigen, dass die Skepsis seitens der Legalwaffenbesitzer hinsichtlich psychologischer Messungen sehr ausgeprägt ist. Zu groß ist nach Aussage der befragten Legalwaffenbesitzer die Gefahr einer weiteren Beschneidung ihrer Rechte. Auch in der Gruppe der Legalwaffenbesitzer kann somit ein Effekt hin zu sozial erwünschten Antworten nicht ausgeschlossen werden.

11.3.3 Persönlichkeitsfragebögen als Selbstbeurteilungsverfahren

Die Problematik der Persönlichkeitsfragebögen als Selbstbeurteilungsverfahren ist in der einschlägigen Literatur hinreichend diskutiert worden (siehe hierzu Kubinger, 2006 und Fisseni, 2004). Lediglich die Probleme, die sich durch eine Erhebung im Strafvollzug ergeben, sollen an dieser Stelle gesondert betrachtet werden.

Bei Befragungen in Justizvollzugsanstalten ergeben sich spezifische Probleme bei der Verwendung von Persönlichkeitsfragebögen (siehe hierzu: Kury, 1983b;

Schmitt, 1983; Wegener, 1981 und Wegener und Steller, 1986). Es gibt z. B. in vielen Fragebögen Items, die nicht inhaftierungsadäquat sind. Im Extremfall können solche Items zu einer Ablehnung des gesamten Tests führen (vgl. Kury, 1983b) und im Zuge dessen zu einer Verfälschung des Tests.

Formulierungen der Items kann sich auf Seiten des Insassen die Motivation reduzieren, den Test offen und bereitwillig zu beantworten.

Des Weiteren kann es zu einer Veränderung des Selbstbildes von Inhaftierten kommen, da sie sich zu Beginn und am Ende der Haftzeit eher mit der Außenwelt und während der Inhaftierung mit den Mitgefangenen vergleichen. Dies bedeutet, dass sich Insassen zu Beginn und gegen Ende der Haftzeit eher negativ darstellen.

Je länger die Inhaftierung oder die Entlassung entfernt sind, desto positiver ihr Selbstbild (vgl. Wegener & Steller, 1986).

11.3.4 Unzureichende Auswahl der Persönlichkeitsmerkmale Die in Abbildung 9.1 aufgeführten Persönlichkeitskonstrukte erheben den Anspruch, eine vollständige Zusammenstellung aller eignungsrelevanten Konstrukte zu repräsentieren. Auf der Grundlage einer umfassenden Literaturrecherche sowie der Analyse schwerer Gewalttaten sind diejenigen Persönlichkeitseigenschaften ausgewählt worden, die hinsichtlich des betrachteten Gegenstandes der Studie relevant erscheinen. Die Auswahl der Konstrukte, die in der Folge empirisch geprüft wurden, ist im Abschnitt 9 detailliert beschrieben.

Mögliche Schwierigkeiten liegen darin, dass die hier getroffene Auswahl ein psychologisches Konstrukt nicht berücksichtigt, da es noch nicht im Fokus wissenschaftlichen Interesses gewesen ist. Das würde bedeuten, dass es weder in der Typologisierung der Straftäter aus dem Kontext schwerer zielgerichteter Gewalt noch in weiteren empirischen Untersuchungen aufgegriffen worden ist.

Diese eventuelle Schwierigkeit ist nur durch fortlaufende Forschung zu diesem Thema zu bewältigen. Unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse und einer anzustrebenden Metaanalyse aller Ergebnisse kann in wünschenswerten Folgeuntersuchungen von einer umfassenden Auswahl ausgegangen werden.