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6 Die waffenrechtliche Begutachtung nach § WaffG Abs. 2 und 3

6.2 Die gesetzlichen Regelungen des § 6 WaffG im Vergleich zur

Abbildung 6.3: Methodologische Ausrichtung der psychologischen Begutachtung nach § 6 Abs. 2 und 3 WaffG (Heubrock, Baumgärtel & Stadler, 2004, S. 95)

6.2 Die gesetzlichen Regelungen des § 6 WaffG im Vergleich zur

diesen Vergleich sind die bei der Betrachtung der Begutachtungspraxis deutlich gewordenen Schwierigkeiten besser greifbar.

Die Auswahl der österreichischen Gesetzgebung als Vergleichsmöglichkeit ist nahe liegend, da das österreichische Waffenrecht als einziges europäisches Waffenrecht die „Eignung“ eines privaten Waffenbesitzers in ähnlicher Weise wie der § 6 WaffG persönliche Eignung berücksichtigt.

Kasten 10: Die österreichische Gesetzgebung im Vergleich zu den relevanten Paragraphen des deutschen WaffG

Deutschland Österreich

• WaffG § 6 Persönliche Eignung

• AWaffV (2003) in BGBl I 2003, 2123

• Verlässlichkeit § 8

• Überprüfung der Verlässlichkeit § 25

• BGBl (1997), Nr. 164.

Kernaussagen:

• Gutachten nur nach §6, dort zwei Fallgruppen, wie in Abs.

1 und 3 beschrieben

Kernaussagen:

• Gutachten für alle Antragsteller (außer Jäger) und für Personen, bei denen Zweifel bestehen nach §8. Abs. 2 (festgelegt in

§8. Abs. 7)

• Wiederholte Trunkenheit am Steuer ist Zeichen für fehlende Verlässlichkeit (Unterschied zu Deutschland), § 8. Abs. 5

Es wird deutlich, dass in Österreich eine Überprüfung der Eignung (genannt Verlässlichkeit), unabhängig vom Alter für alle Legalwaffenbesitzer bei Antragsstellung notwendig ist. Wie in Deutschland, sind die Jäger jedoch von dieser Regelung nicht betroffen. Eine explizite Altersgrenze wie in Abs. 2 des § 6 WaffG gibt es nicht. Eine Überprüfung der Eignung bei konkreten Zweifeln ist in Österreich festgeschrieben. Bei wiederholten Trunkenheitsfahrten ist ein psychologisches Gutachten, welches der Fallgruppe nach Abs. 3 § 6 WaffG nach deutschem Recht ähnlich ist, unausweichlich.

Kasten 11: Die Anforderung an die Qualifikation der Gutachter

Deutschland Österreich

Anforderungen an die Gutachter (Abs. 2 Nachweis der persönlichen Eignung, AWaffV § 4 Gutachten über die persönliche Eignung)

Anforderungen an die Gutachter (Anforderungen an die

Begutachtungsstelle und Eintrag in die Liste § 2, BGBl Nr. 164)

(2) Die Begutachtung in den Fällen des Absatzes 1 soll von Gutachtern folgender Fachrichtungen

durchgeführt werden:

1. Amtsärzten,

2. Fachärzten der Fachrichtungen Psychiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie,

3. Psychiatrie und Neurologie, Nervenheilkunde, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder

Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie,

4. Psychotherapeuten, die nach dem Psychotherapeutengesetz approbiert sind,

5. Fachärzten für

psychotherapeutische Medizin oder

6. Fachpsychologen der Fachrichtungen Rechtspsychologie, Verkehrspsychologie oder klinische Psychologie.

Das Vorliegen der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet beurteilt sich nach berufsständischen Regeln.

(1) Das Kuratorium für Verkehrs- sicherheit hat nur Sachverständige heranzuziehen, die über eine für die Erstellung solcher Gutachten erforderliche Ausbildung und über mindestens fünf Jahre einschlägige Berufserfahrung verfügen, und die

1. über Aufforderung der Behörde oder des Bundesministers für Inneres an einer Evaluation der Untersuchungsergebnisse mitwirken;

2. jährlich an einer mindestens achtstündigen, fachspezifischen Fortbildung, die entweder von einer österreichischen

Universität, vom Berufsverband österreichischer Psychologen oder vom Kuratorium für Verkehrssicherheit abgehalten wird, teilnehmen;

3. einmal jährlich an einer entweder vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, vom

Berufsverband Österreichischer Psychologen oder einer

österreichischen Universität abgehaltenen Supervisions-veranstaltung teilnehmen.

Grundlegend fällt bei der Betrachtung der im Feld tätigen Fachrichtungen auf, dass die Liste der zugelassenen Fachrichtungen in Österreich deutlich kürzer ausfällt als in Deutschland. So sind es in Österreich Psychologen, die die waffenrechtliche Begutachtung vornehmen. Wesentlich ist jedoch die Festlegung der entsprechenden Sachkunde. Die bereits als diffus herausgearbeitete Mindestanforderung an die nach deutschem Recht arbeitenden Gutachter steht

einer klareren Regelung gegenüber. Die Fachrichtungen der deutschen Gutachter sind selbst gefragt, die Sachkunde zu bestimmen. Dies unterliegt, wie in Kasten 11 dargestellt, den berufsständischen Regeln. Da in Österreich ausschließlich Psychologen für die waffenrechtliche Begutachtung zugelassen sind, sind vor allem der Berufsverband der Österreichischen Psychologen (BÖP), das Kuratorium für Verkehrssicherheit sowie österreichische Universitäten für die Qualifikation der Gutachter zuständig. Als notwendige Mindestqualifikation sind eine Grundausbildung zur waffenrechtlichen Begutachtung, die jährliche Teilnahme an einer Supervisionsveranstaltung der oben genannten Institutionen sowie das Mitwirken an einer Evaluation der Untersuchungsergebnisse für die österreichischen Praktiker unumgänglich. Vergleichbare Regelungen zur Qualifizierung gibt es hierzulande nicht. Die daraus resultierenden Schwierigkeiten sind vielfältig und werden im Kapitel 7 im Rahmen der Darstellung der Ergebnisse der Gutachterbefragung detailliert beschrieben. In der Diskussion der Ergebnisse dieser Arbeit werden Lösungsmöglichkeiten aufgegriffen, die diesen Missstand beheben können. Für eine weitere Betrachtung siehe Dobat und Heubrock (2006).

Der Kasten 12 gewährt im Folgenden einen Blick auf die Ausführungen zur Festsetzung der Gutachtengestaltung sowie die für den Klienten anfallenden Kosten.

Kasten 12: Die Betrachtung der Anforderungen an die Gutachter

Deutschland Österreich

Ablauf und Kosten der Begutachtung

(AWaffV § 4 Gutachten über die persönliche Eignung, Abs. 5)

Ablauf und Kosten der Begutachtung

(Gutachten nach § 3 und Kosten nach

§ 4)

Gutachten

(5) Der Gutachter hat sich über den Betroffenen einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Das Gutachten muss darüber Auskunft geben, ob der Betroffene persönlich ungeeignet ist, mit Waffen oder Munition umzugehen; die bei der Erstellung des Gutachtens angewandte Methode muss angegeben werden. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist in der Regel ausreichend ein Gutachten auf Grund anerkannter Testverfahren über die Frage, ob der Betroffene infolge fehlender Reife geistig ungeeignet ist für den Umgang mit den dort aufgeführten Schusswaffen.

Kann allein auf Grund des Tests nicht ausgeschlossen werden, dass der Betroffene geistig ungeeignet ist, ist mit einer weiter gehenden

Untersuchung nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft vorzugehen.

Gutachten

(1) Das Gutachten muß unter Bezeichnung des angewendeten Tests Aufschluß darüber geben, ob der Betroffene dazu neigt,

insbesondere unter psychischer Belastung mit der Waffe unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden.

(2) Das Gutachten ist auf Grund eines Mehrfachwahltests, und zwar

des ,,Minnesota Multiphasic Personality Inventory - Kurzform (MMPI-K)'' samt

Streßverarbeitungsfragebogens (S-V-F) oder des

,,Verläßlichkeitsbezogenen Persönlichkeitstests - Version 3 (VPT.3)'' samt Fragebogen für Risikobereitschaftsfaktoren (F-R-F) und einer allenfalls erforderlichen weitergehenderen Untersuchung des Betroffenen zu erstellen.

(3) Gelangt die Begutachtungsstelle bereits auf der Grundlage eines Tests gemäß Abs. 2 zum Ergebnis, daß keine Anzeichen dafür bestehen, daß der Betroffene dazu neigt, insbesondere unter

psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden, ist das Gutachten auf Grund dieses Tests zu erstellen.

(4) Kann auf Grund des Tests eine Neigung des Betroffenen nicht ausgeschlossen werden, unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig oder leichtfertig umzugehen, ist mit einer

weitergehenderen Untersuchung nach den allgemein anerkannten Regeln und dem jeweiligen Stand der Wissenschaft vorzugehen.

Kosten

„Die Spitzenorganisationen und Berufsfachverbände der Psychologen und Psychiater halten im Zuge ihrer Beteiligung bei dem Erlass der AWaffV für die erste Stufe einen Kostenansatz von 150 Euro zuzüglich Sachkosten (Kopien, Versand- oder Materialkosten) für realistisch und angemessen (BR-Dr. 415/03 S. 40)“

(König und Papsthart, 2004, S. 67 ff.).

Kosten

Für die Erstellung eines Gutachtens gemäß § 3 Abs. 3 gebührt

ein - im Vorhinein zu entrichtendes - Entgelt in der Höhe von 2 500 Schilling incl. USt. (In § 4 wird die Betragsangabe "2 500 Schilling" durch die Betragsangabe ersetzt „181,68 €"/

siehe BGBl. II Nr. 400/2001).

Der in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) festgeschriebene Ablauf einer waffenrechtlichen Begutachtung ist, unabhängig von der jeweiligen Fallgruppe, bereits im vorangegangenen Kapitel zur Begutachtungspraxis als missverständlich herausgearbeitet worden. Das semantische Wirrwarr, welcher Test genutzt werden darf und welcher als anerkannt gilt, wird durch die fehlende Angabe der Methoden verstärkt. Unmissverständlich ist jedoch, dass sich der Gutachter einen persönlichen Eindruck machen muss. Das hat in Form eines Anamnesegespräches zu geschehen. Die Wahl des Verfahrens und der Methode bleibt dem Gutachter jedoch frei überlassen und lässt enormen Interpretationsspielraum. Eine Kostenfestsetzung ist in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) nicht vorgesehen.

Die österreichische Gesetzgebung zeichnet hingegen ein genaueres Bild. Die in der Begutachtungspraxis anzuwendenden Verfahren sind festgelegt. So wird die Kurzform des Minnesota Multiphasic Personality Inventory (MMPI), der Stressverarbeitungsfragebogen (S-V-F), der Verlässlichkeitsbezogene Persönlichkeitstest - Version 3 (FPT-3) - und der Risikobereitschaftsfragebogen (F-R-F) verwendet.

Gleiche Regelungen bezüglich des diagnostischen Vorgehens greifen dann, wenn nach der Anwendung des ersten Testverfahrens die Zweifel an der Eignung einer Person nicht ausgeräumt werden können. Dann ist weitere Diagnostik „auf dem Stand der Wissenschaft“ anzuwenden. Es ist jedoch erwähnenswert, dass die Berufung auf die Wissenschaft in Österreich bedeutend ergiebiger ist als in

hierzulande nicht über Ankündigungen von weiterführenden Ergebnissen hinaus gekommen sind.

Bei der Betrachtung der Begutachtungsfragestellung sind unterschiedliche Zielrichtungen festzustellen, die einer genaueren Diskussion bedürfen. Die im WaffG und in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) formulierte Fragestellung, „ob der Betroffene persönlich ungeeignet ist, mit Waffen oder Munition umzugehen“, ist deutlich allgemeiner gehalten als die österreichische Fragestellung der waffenrechtlichen Gutachten. Diese setzt den Schwerpunkt der Begutachtung auf die Frage, „ob der Betroffene dazu neigt, insbesondere unter psychischer Belastung, mit der Waffe unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden.“ Mit dementsprechender Ausrichtung ist die Auswahl der festgeschriebenen psychologischen Testverfahren zu verstehen und unterstreicht, neben der fehlenden Spezifität und Sensitivität (vgl. Keckeris, 2001), die nicht mögliche Übertragbarkeit dieser psychologischen Verfahren auf das deutsche Waffenrecht.

Die Kosten für eine waffenrechtliche Begutachtung sind in Österreich im Gegensatz zur deutschen Maßgabe festgeschrieben (2.500 Schilling).