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7 Zuleitungen und Zusammenführungen

7.1 Grabenzuleitungen und Grabenzusammenführungen

(

Zul•itungen und Zusammenführungen 123

7

Zuleitungen und Zusammenführungen

Dieses Kapitel ist in drei Abschnitte gegliedert. Der erste befaßt sich mit der Einleitung von Seitengräben in Hauptgräben sowie der Zusammenführung von Hauptgräben. Der zweite gibt Auskunft über die Einleitung von Entwässerungsgräben in den Vorfluter, das heißt die Einleitung in natürliche Gewässer wie Bäche oder eventuell Flüsse. Der dritte Abschnitt gibt schließlich allgemeine Hinweise zu den hydrologischen Auswir-kungen von Entwässerungen auf den Vorfluter, insbesondere zur Veränderung der Höchsthochwasser.

7.1

Grabenzuleitungen und Grabenzusammenführungen

Das Einleiten von Seitengräben in einen Hauptgraben stellt , solange es sich um un-bedeutende Zuflüsse handelt, keine Probleme. Sie treten jedoch dann auf, wenn große Wassermengen mit großen Fließgeschwindigkeiten , das heißt vor allem bei schießendem Abfluß, zusammenzuführen sind, dies insbesondere bei Hochwassersituationen. Die

Abbildung l1

r+

1

TypA

paralleles Einmünden, meist sohleneben

Typ B

schräges, sohlenebenes Einmünden mit mehr oder weniger starkem Anstell-winkel

Typ C

schräges Einmünden über dem höchsten Wasserspiegel

Typ D

schräges Einmünden in Schacht über dem höch-sten Wasserspiegel

Verschiedene Möglichkeiten des Einleitens von Seitenzubringern, dargestellt für die Typen A bis D.

(Die Unterscheidung in diese Typen wurde frei gewählt und entspricht keiner offiziellen Typisierung.)

Probleme sind vor allem hydraulischer Natur; siehe Kapitel 4 unter „Wellen bei schie-ßendem Abfluß'; „ Kurvenwirkung'; „Luftaufnahme''. Für Zuleitungen stehen normaler-weise 4 Haupttypen zur Verfügung (Abb . 7.1) . In Tabelle 7.1 ist aus der Sicht der Auto-ren die hydraulische Problematik generell zusammengeste llt. Die Tabelle gil t etwa für den Fall der Zuleitung eines mittelgroßen Nebengerinnes in ein Hauptgerinne bei üblicher Gestaltung des Zuleitungsbauwerkes.

Tabelle lt

Größe und Art der hydraulischen Probleme verschiedener Zuleitungstypen in schematischer Darstel-lung, ungefähre Angaben. Größe der Probleme: 0 klein oder unbedeutend, ± gering, + mittelgroß, ++ groß, +++ äußerst groß, .nicht mehr unter Kontrolle zu bringen"; Typen siehe Abbildung 7.1 .

Abflußart im Zuleiter zur Abflußart im Hauptgerinne

strömend -+strömend sch ießend -+strömend strömend -+schießend schießend -+schießend

TypA 0 + ± +

(nur ausnahmsweise (Wellenbildung Wellenbildung even- Wellenbildung Probleme) bis Wassersprung) tuell Rückstau,

schubweiser Zufluß

Typ B ± ++ ++ +++

(Wellenbildung) starke Wellen Rückstau , Schwall- extreme Wellen, bis Wassersprung wellen, sonstige „chaotisch"

Wellen

TypC 0 + ± +

(Wellen) (Wellen) Wellen und viel

Spritzwasser

Typ D 0 ± + +bis+++

Wassersprung Rückstau , Schwall- zum Teil „chaotisch"

(eventuell) wellen, Wassersprung ( eventuel 1)

Zu den einzelnen Typen ist vor allem für den oft vorkommenden Fall des beidseits schießenden Abflusses folgendes zu bemerken:

Konstruktives zum

Typ

A

Das Zusammenführen von zwei stark wasserführenden Gerinnen sollte bei beiderseits schießendem Abfluß bodeneben erfolgen mit möglichst tangentialer Einmündung.

ideale Verhältnisse wären dann vorhanden, wenn Wassert iefe und Fließgeschwindigkeit in den beiden zu vereinigenden Gerinnen gleich groß sind (übereinstimmende Energie-und Drucklinien). Dieser Idealfall, obwohl möglichst anzustreben, kann vor allem aus hydrologischen und konstruktiven Gründen bei Entwässerungen nur in grober Nähe-rung oder auch gar nicht erreicht werden . Zumindest sollte man aber in beiden Gerin-nen versuchen, wenigstens für die Größtabflüsse (zum Beispiel 030 ) ein paralleles Ein-münden bei ähnlichen Fließgeschwindigkeiten herbeizuführen, ansonst bei schießendem Abfluß unangenehm starke Stoßwellen von der Vereinigungsstelle an abwärts zu er-warten sind .

(

(

(

(

c

(

Zuleitungen und Zusammenführungen

Abbildung 7.2

$ $

Vereinigungsstelle 1 1 1

1 1

Ende der Trennwand 1 1

Ende der überbreiten Strecke 1 1

Ende der Verschmälerungsstrecke

!

(Beginn des Normalprofils)

Zusammenführung gemäß Typ A, verkürzt.

125

Die Trennwandlänge (Abb. 7.2), beziehungsweise die Strecke 1-2 beträgt schät-zungsweise mindestens 2- bis 3mal die Wasserspiegelbreite des Hauptgerinnes bei Omax,

ebenso die Strecke 2-3. Falls die überbreite Strecke 2-3 gerinneabwärts in ihrer Breite nicht beibehalten werden kann, ist die Verschmälerungsstrecke 3-4 notwendig. Sie ist sehr lang zu wählen. Man beachte die Angaben im Kapitel 4.4.2 unter „Gerinne-verengung" (bei schießendem Abfluß).

Der Typ A ist hydraulisch eine günstige Lösung, konstruktiv je nach den örtli-chen Bedingungen zum Teil aufwendig; er wird vor allem für das Zusammenführen von Gräben mit großer Wasserführung verwendet.

Konstruktives zum

Typ

8

Häufig ist es aus praktischen Gründen nicht möglich, den Typ A einzubauen. Man wählt deshalb oft notgedrungen den Typ B, jedoch mit nur kleinem Anstellwinkel 8, so daß ein Typ ähnlich dem Typ A entsteht. Auch werden Einmündungskurven oft als Vielecke ausgebildet (entsprechend Kapitel 4.3), wodurch auf diese Weise aus dem Typ A ein allerdings abgeschwächter Typ B entsteht. Über die hydraulische

Wirkungs-Vereinigu ngsstelle

Abbildung 7.3 Typ B, Prinzipskizze.

weise dieses Typs ist einige Literatur vorhanden (7.1-7.4). Diese weist auf die großen Schwierigkeiten beim Zusammenführen zweier schießender Abflüsse hin . So bildet sich zum Beispiel an der Vereinigungsstelle eine Stoßwelle unter dem Anstellwinkel

ß

zum Hauptgerinne

G),

welche von der gegenüberliegenden Wand reflektiert wird (Abb . 7.3).

Für ein Rechteckgerinne läßt sich dieser Winkel

ß

und damit die Länge L mit Hilfe des Impulssatzes näherungsweise wie folgt bestimmen (7.2):

1 - (.!22-) 2 = 2 • Fr2 • sin2

ß -

2 • Fr2 • sin2 (ö

-ß)

h2 h2 , 2

tg

ß

h1 =Wassertiefe im Hauptgerinne bei Normalabfluß oberhalb der Vereinigungsstelle

h2 =dito, im Nebengerinne

7 .1

7.2

Fr1

=

Froudesche Zahl des Hauptgerinnes oberhalb der Vereinigungs-stelle

Fr2 =dito, des Nebengerinnes

ö

=Anstellwinkel (für beliebige Winkel zwischen 0 und 45°)

ß

=Reflexionswinkel („Ablösungswinkel")

b1 -= Breite des Hauptgerinnes (Rechteckquerschn itt)

Falls h1 = h2 und Fr1 = Fr2 sind, das heißt, falls Energielinie und Drucklinie beider Gerinne übereinstimmen, ergibt sich (7.3):

L

b,

tg (ö/2)

oder näherungsweise für Trapezquerschnitte

L b1,WSp.

- tg(ö/2)

b1.wsp. =Wasserspiegelbreite bei Omax im Hauptgerinne a =Korrekturfaktor::::: 1,0 bis 1,5 (7.3)

7.3

7.4

Der Korrekturfaktor a ist erforderlich, weil die Wellenreflexion an der geneigten Bö-schung des Trapezprofils gegenüber derjenigen der senkrechten „BöBö-schung" des Recht-eckprofils verformt wird und deshalb größere Längen L entstehen . - Je nach Wasser-führung und Zuflußverhältnissen variieren

ß

und damit auch L erheblich. Je kleiner

ö

ist, um so größer wird L und um so kleiner wird die Stoßwellenhöhe.

An den Reflexionsstellen brandet die an sich schon relativ große Stoßwelle meist stark auf. Es braucht deshalb im Bereich von mindestens den ersten 4 Reflexions-stellen eine wesentliche Erhöhung der Kännelwände oder einen entsprechenden Ero-sionsschutz. Dieser Bereich hat demnach ab Vere inigungsstelle eine Länge von minde-stens 4 • L und sollte etwa eine Höhe von mindeminde-stens 3 • h1 ab Kännelsohle aufweisen.

(

c

(

(

Zuleitungen und Zusammenführungen 127

1

Abbildung 7.4

Einleiten eines Seitenzubringers vom Typ B, schematische Darstellung; der Erosionsschutz sollte mög-lichst steil gestellt sein (Achtung Ouerschnittsverminderung); bei Kleinkänneln mit kleinen Omax sollte die geschützte Strecke 3,0 m und mehr betragen.

In der Praxis wird diese Höhe meist an Ort und Stelle bestimmt. Außerdem empfiehlt es sich, zur Reduktion sehr hoher Kännelwände, beidseits Prallbretter anzubringen, entsprechend den Angaben in den Kapiteln 4.3 (Abb. 4.14) und 4.4.3 (Abb. 4.36).

Grundsätzlich sollten die Prallbretter ebenfalls die ersten 4 Reflexionsstellen bei Omax abdecken. Mit viel Spritzwasser und auch Lufteinmischung ist zu rechnen.

Der hin und wieder gemachte Vorschlag, die Prallbretter beziehungsweise die Kännel auf eine kurze Strecke durch ein Rohr zu ersetzen, wäre aus hydraulischer Sicht eine gute Lösung, krankt aber an der Verstopfungsgefahr und der Schwierigkeit der Überführung zum Beispiel eines Trapezprofils in ein Rohrprofil. Für Rutschungsentwässerungen ist diese Technik deshalb nur in Ausnahmesituationen verwendbar.

-Ist die Wasserführung im Seitengerinne wesentlich kleiner als im Hauptgerinne, so besteht die Gefahr des Rückstaues im Seitenzubringer. Diese Gefahr kann reduziert werden, indem das Seitengerinne höher als die Sohle des Hauptgerinnes eingeführt wird. Im Extremfalle entsteht daraus der Typ C, das heißt eine Einleitung, die über dem Wasserspiegel des Hauptgerinnes einmündet.

Der Typ B ist bei schießendem Abfluß aus hydraulischer Sicht eine wenig ge-eignete Lösung, die abzulehnen ist, insbesondere bei großem Anstellwinkel. In ab-gewandelter Form muß er doch hin und wieder verwendet werden.

Konstruktives zum Typ C

Falls beim Seitenzubringer (bei Hochwasser) nur mit kleinen Abflußmengen zu rechnen ist, eignet sich dafür der Typ C. Wie bereits erwähnt, wird der Seitenkännel über dem höchsten Wasserstand des Hauptkännels eingeführt, so daß jederzeit ein freier Absturz ins Hauptgerinne sichergestellt ist. Diese Einmündung sollte demnach wesentlich höher liegen als der Wasserspiegel von 010 , besser noch höher als 030 . Weiter sollte der Kän-nel des Seitengerinnes nicht in das Grabenprofil des Hauptgerinnes hineinragen, dies insbesondere nicht bei schießendem Abfluß im Hauptgerinne. Eine zu tief liegende Ein-führung des Seitengrabens hätte zur Folge, daß sich dort ein Rückstau bilden könnte, was zu starken Böschungsschäden führen müßte. Auch wäre mit Geschiebeablagerungen zu rechnen.

Abbildung 7.5

evtl. Erosionsschutz falls Rückstaugefahr

evtl. Prallbrett

Einführen eines Seitenzubringers in einen Hauptgraben, entsprechend Typ C .

• kleiner•

Anstellwinkel

„grosser"

Anstellwinkel

Abbildung 7.6

...

Gestaltungsmöglichkeiten für eine Vereinigung gemäß Typ C für „kleinen" und „großen" Anstellwinkel des Seitenzubringers.

(

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Zuleitungen und Zusammenführungen 129

· Abbildung 7. 7

Einfachste Gestaltung eines Kleineinleiters mit Schutzbrett, im Rohbau (Typ C), Versuchsgebiet Gams.

Dieser Einleiter ist noch nicht ideal konzipiert (zu großer Anstellwinkel des Nebenkännels, Prallbrett

zu wenig steil, Prallbrett fehlt auf der Gegenseite). Photo EAFV

Je größer der Zufluß und die Zuflußgeschwindigkeit sind, um so kleiner ist der Anstellwinkel 8 zu wählen . 8 sollte möglichst kleiner als 30° sein, keinesfalls aber 45° überschreiten. Ab etwa 8 20° empfiehlt sich ein Auffächern des Abflusses bei der Einlaufstelle durch Einbau einer „Einlauftrompete" (Abb. 7.6 unten). Deren Mün-dungsbreite sollte schätzungsweise 3- bis 4mal die Kännelbreite betragen mit genü-gender Trompetenlänge, so daß die einseitige Richtungsänderung beim Trompeten-anfang nur gering ist, ansonst dort kräftige Stoßwellen entstehen (siehe Kapitel 4.4.2 unter „Gerinneerweiterungen") . Bei einer zu starken Erweiterung könnte der Wasser-strahl der Kännelwand nicht mehr folgen, würde sich ablösen und nur ungenügend verbreitern. Im Bereich der Erweiterung ist möglicherweise mit Geschiebeablagerungen zu rechnen.

Der Typ C ist hydraulisch eine gute Lösung und wird sehr häufig verwendet.

Er eignet sich, wie erwähnt, vor allem für kleine Zuflüsse.

Bemerkungen zum Typ D

Der Typ D ist eine hydraulisch nur begrenzt verwendbare Lösung für offene Entwässe-rungen (er wird hingegen häufig für bedeckte Drainagen eingesetzt). Im Verhältnis zur Größe der Kännel ist der Sehachtdurchmesser sehr groß zu wählen. Er ist nur für kleine bis eventuell mittelgroße Zuflüsse geeignet. Es ist besonders schwierig, d ie Kännel hy-draulisch einwandfrei anzuschließen . Die Verstopfungsgefahr ist groß. Diese Lösung ist für offene Gräben nicht zu empfehlen .

Wie zu Beginn erläutert wurde, sind Einleitungen kleiner Abflüsse meist ohne Pro-bleme. Dagegen sind Zusammenführungen mittelgroßer bis großer Abflüsse heikel und konstruktiv schwierig zu lösen, insbesondere bei großen Fließgeschwindigkeiten. Sehr leicht können bei wenig geeigneter Gestaltung des Bauwerkes erhebl iche Schäden ent-stehen, die sich nicht nur direkt bei der Zusammenführungsstelle ausbilden, sondern bei Extremereignissen zur Zerstörung ganzer Grabenstücke führen können. Es· lohnt sich deshalb, diese Bauwerke mit Sorgfalt zu planen, auszuführen und die sich im laufe der Zeit einstellenden Mängel und Schäden laufend zu beheben.

Anmerkung:

Es fehlen bis heute einwandfrei funktionierende Grundtypen von Zusammenführungs-bauwerken. Mit Hilfe hydraulischer Modellversuche sollten solche Typen gestaltet und in der Natur sorgfältig getestet werden .