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1.4 Die Gliazellen

Der Begriff der Neuroglia wurde 1858 von VIRCHOW geprägt (vgl. BENNINGHOFF, 1985, S. 41). Das Gewebe trennt die Nervenzellen von den Blutgefäßen, die das Gehirn durchziehen, und nimmt den Raum zwischen ihnen in der Weise ein, dass nur noch ein schmaler Spalt, der interzellulare Raum, zwischen den Zellen verbleibt. Die Neuroglia be-steht ausschließlich aus Zellen, den Gliazellen. Das Verhältnis der Anzahl der Gliazellen zu Nervenzellen ist für jede Hirnstruktur und jedes Hirnareal charakteristisch und schwankt zwischen 1:1 und 1:8. BLINKOV und GLEZER behaupten 1968, dass eine Änderung die-ses Gliaindexes entweder Zeichen von Entwicklung oder eines pathologischen Prozesdie-ses sind (vgl. BENNINGHOFF, 1985, S. 41). Die Gliazellen unterscheiden sich von Neuronen dadurch, dass sie die Teilungsfähigkeit der Zellkörper nicht verlieren und keine synaptische Verbindung zu anderen Zellen herstellen. Es werden drei Hauptzelltypen unterschieden:

• Astrozyten (Makroglia),

• Oligodendrogliozyten,

• Mikrogliozyten (Mesoglia, HORTEGA-Zellen).

1.4.1 Die Astrozyten

Die Astrozyten lassen sich im ganzen Zentralnervensystem nachweisen. Sie sind haupt-verantwortlich für die Auffüllung des Raumes, der von den Neuronen, deren Fortsätzen und anderem glialem Gewebe freigelassen wird.

Abbildung 7: (Astrozyten 2011a, von URL:

www.unifr.ch, 28.03.2011) Der Kern der Astrozyten ist meist groß und

rund. Von ihm gehen sternenförmig Fort-sätze aus, welche sich radiär ausbreiten und durch weitere Aufteilung und Formie-rung dünne Blätter bilden. Diese Blätter grenzen entweder Axonsgruppen von an-deren ab oder umhüllen Dendriten und Pe-rikaryen von Nervenzellen. Die Membrana limitans gliae superficialis, welche an der Oberfläche des Gehirns an die Pia mater grenzt, wird von Endstücken der Fortsätze

von Astrozyten gebildet. Die Membrana limitans gliae perivascularis wird auf ähnliche

1.4 Die Gliazellen 1 DAS ZENTRALE NERVENSYSTEM

Weise gebildet und grenzt das Nervensystem gegenüber den Blutgefäßen ab. Der Zell-körper der Astrozyten enthält nur wenig raues endoplasmatisches Reticulum, einen kaum differenzierten GOLGI-Komplex, nur wenige Mitochondrien, mehrere Glykogengranula, einige Lysosomen und Zentriolen. Die Astrozyten unterscheiden sich in ihrer Form in den verschiedenen Fasergebieten des Gehirns. So sind die Astrozyten der weißen Sub-stanz meist besonders reich an Filamenten, welche sich kaum verzweigen, lang und dünn sind, wobei die Astrogliazellen der grauen Substanz weniger Fibrillen aufweisen, welche sich stark verzweigen und kürzer sind. Wie oben beschrieben, grenzen die Astrozyten verschiedene Gewebearten von einander ab, so trennen sie die Blutbahn von den Ner-ven. Des Weiteren isolieren sie Synapsen voneinander und fungieren somit als Grenze für die chemische Übertragung, was eine regulierte und sehr lokale Informationsweiterleitung gewährleistet. So kann für die Astrozyten eine homöostatisch-regultaive Kontrolle der im Gehirn ablaufenden chemischen Prozesse angenommen werden. Darüber hinaus sind Astrozyten für die Bildung von Narben mitverantwortlich. Sie antworten auf Schädigung des Zentralnervensystem nicht nur mit Zellproliferation, sondern auch mit Neubildung und Hypertrophie von gliafilamentreichen Fortsätzen. Dadurch kommt es zu einer fi-brösen Gliose, wodurch das Nervensystem in die Lage versetzt wird Schädigungen oder Infarkte abzugrenzen (vgl. BENNINGHOFF, 1985, S. 44).

1.4 Die Gliazellen 1 DAS ZENTRALE NERVENSYSTEM 1.4.2 Die Oligodendrozyten

Abbildung 8: (Oligodendrozyten 2011c, von URL: www.unifr.ch, 28.03.2011)

Die Oligodendrogliazellen sind im Gegen-satz zu den Zellsomata der Astrozyten klei-ner und haben einen runden oder poly-gonalen Zellkörper. Der chromatinreiche Zellkern füllt das Zellsoma beinahe kom-plett aus. Die Fortsätze, die von den Oligo-dendrozyten ausgehen, ziehen in verschie-dene Richtungen und lassen kaum eine ein-heitliche Struktur erkennen. Das raue en-doplasmatische Reticulum und der GOGLI-Komplex sind gut ausgebildet. Neben

die-sen Strukturen finden sich sehr viele Mikrotubuli, wobei Gliafasern und Glykogen in den Oligodendrogliazellen nicht vorkommen. Benachbarte Zellen bilden Gap-junctions, wäh-rend in der Somaoberfläche Tight-junctions gefunden wurden. Die Oligodendrogliazellen treten mit Perikaryen großer Neurone in Kontakt und bilden sogenannte Satellitenzellen.

Sie sind für die Bildung von Myelin-Scheiden verantwortlich, wobei eine Oligodendro-gliazelle im zentralen Nervensystem mehrere Axone mit Myelin-Scheiden versorgt. Sie unterscheiden sich nicht auf Grund der Lokalisation in der grauen oder weißen Substanz des Zentralnervensystems. Eine weitere Funktion dieser Gliazellen ist die Ernährung der Axone, welche von den Markscheiden umhüllt werden. So können Metabolite aus der Markscheide ins Axon, oder aus dem Axon in die Markscheide übertreten (vgl. BEN-NINGHOFF, 1985, S. 44). Weiter sind die Gliazellen für das chemische Milieu, in dem sich die Axone befinden, verantwortlich. Aus diesen Zusammenhängen ist ersichtlich, dass wenn die Myelin-Scheide zu Grunde geht auch das Axon degenerieren wird (vgl.

KRIEGLER, KRISHNAN und SINGER, 1981, S. 479).

1.4 Die Gliazellen 1 DAS ZENTRALE NERVENSYSTEM

1.4.3 Die Mikrogliozyten (HORTEGA-Zellen)

Die Mikrogliozyten wurden von HORTEGA entdeckt. Daher werden sie auch als HORTEGA-Zellen bezeichnet. Ihre Struktur lässt sich mit der von HORTEGA durchgeführten Färbe-methode mit Silberkarbonath sehr deutlich erkennen. Sie besitzen einen länglichen oder dreieckigen Kern, der das Zellsoma beinahe komplett ausfüllt. Sie sind kleiner als die bei-den anderen Gliazelltypen und verfügen über eine große Menge an Chromatin. Lysosomen lassen sich hier haufig erkennen, ansonsten weisen sie eine große Ähnlichkeit zu Oligoden-drogliazellen auf. Ihre Anzahl beträgt nur etwa 10 % der gesamten Neurogliazellen, wobei ihre Zahl je nach Gebiet beträchtlich schwankt. Besonders häufig sind sie entlang von Nervenfasern und Blutgefäßen, sowie in der Umgebung von neuronalen Perikaryen. Sie verhalten sich wie Makrophagen im Bindegewebe und sie können Lipide, Eisen und andere Stoffe speichern. Durch entzündliche oder degenerative Prozesse im Gehirn werden sie schnell aktiviert. Sie wandern an den Entzündungsherd, proliferieren und beseitigen das zerstörte Gewebe. Eine weitere Aufgabe kommt ihnen bei der Beseitigung degenerierter Synapsen zu. Die Mikrogliazellen treten in der Entwicklung erst mit der Vaskularisierung des Zentralnervensystems auf. Es wird vermutet, dass sie mesenchymaler Herkunft sind und im Knochenmark gebildet werden. Sie wandern von Gefäßwänden in die Hirnsubstanz ein und vermehren sich dort (vgl. BENNINGHOFF, 1985, S. 45).

1.4.4 Die Blut-Hirn-Schranke

Die Blut-Hirn-Schranke trennt das Gehirn und das Rückenmark von den Blutbahnen des Körpers fast vollständig ab. Die Strukturen dieser Schranke sind das Kapillarendothel, die Basallamina und die Membrana limitans gliae perivascularis. Diese Schichten gewähren einigen Stoffen den Durchtritt, wobei sie andere nicht hindurchlassen. Die Membrana limitans gliae perivascularis bedeckt allerdings nur 85% der Kapillaroberfläche. Die Sub-stanzen, die die Barriere nicht durchdringen können, werden in beide Richtungen abge-halten, das bedeutet, werden solche Substanzen in die Blutbahn gespritzt bleiben sie an der Schranke hängen, das gleiche passiert, wenn die Substanzen in das Liquor gespritzt werden. Daraus folgt, dass die eigentliche Barriere das Kapillarendothel ist. Die Kon-zentration von Mitochondrien in diesen Endothelzellen ist gegenüber der in den übrigen Körperregionen stark erhöht (vgl. BENNINGHOFF, 1985, S. 48). Das steht in Zusam-menhang mit der besonderen selektiven Leistung der transzellulären Permeabilität (vgl.

CERVOS-NAVARRO, ARTIGAS und MRSULKA, 1983, S. 1).