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Glättung der Änderungskarten mit Bayes-Methoden

2.3 Änderungsdetektoren der Bildverarbeitung

2.3.6 Glättung der Änderungskarten mit Bayes-Methoden

Geman [Geman, Stuart und Geman, Donald, 1984b] stellen 1984 die Analogie zwischen Bildern und statistischen mechanischen Systemen her, in denen Grauwertintensitäten und Kantenorientierun-gen wie Zustände von Teilchen im Festkörpergitter aufgefaßt werden. Weil die dazugehörige Ene-giefunktion der Gibbs-Verteilung folgt, spricht man auch von Markov-Zufallsfeldern (engl. Markov random fields, MRF). Die entwickelten Methoden eignen sich zur Rekonstruktion von verrauschten, unscharfen oder nichtlinear transformierten Bildern, zur Kantendetektion bis hin zur Objekterken-nung und Bewegungsschätzung. Wegen des zugrunde liegenden Bayes-Ansatzes spricht man auch von Bayes-Bildverarbeitung, die sich grundsätzlich von den Methoden linearer Filter unterscheidet.

Bayes-Schätzer kennen zwei Arten von Informationen: Vorwissen und empirische, gemessene Daten.

Anders formuliert gibt es zwei Ursachen für Unsicherheit und Zufälligkeit: Vorwissen ist in der Regel unvollständig und gemessene Daten durch zufällig verteilte Ereignisse beeinträchtigt. Durch die Mi-nimierung der Energiefunktion wird nach dem idealen Ausgangsbild gesucht, wenn das beobachtete, verrauschte Bild gegeben ist. Durch Konstruktion der Energiefunktion, in die das Vorwissen über den Prozeß der Beeinträchtigung eingeht, können auch ein Kantenbild oder eine Bewegungsschätzung das Ergebnis sein. Einen guten Überblick der ersten Dekade der Bayes-Bildverarbeitung gibt [Winkler, 1995]. Aach [Aach,1993] führt typische Anwendungsfelder der Bayes-Methoden in der Bildverar-beitung vor.

Zur Glättung und damit verbesserten Segmentierung der in Abschnitt 2.3.5 gefundenen Ände-rungskarten benutzen [Aach, Til u. a., 1993b] [Aach, Til u. a., 1991] [Aach, Til und Kaup, André, 1995] [Aach, Til u. a.,1997] Bayes-Methoden. Die besprochenen StichprobenfunktionenDxlösen die genauen Nachbarschaftsbeziehungen innerhalb der Stichprobedx(t)weitgehend auf. Die Nachteile aus diesem Informationsverlust versucht die Glättung mit Bayes-Methoden auszugleichen. Kontextin-formation aus der raumzeitlichen Nachbarschaft fließt in Form von Wahrscheinlichkeiten ein, die sich in das vorhandene Zuordnungsschema als zusätzliche multiplikative Gewichtung nahtlos einfügen.

Die Bayes-Theorie liefert einen statistischen Ansatz zur Regularisierung von Daten und Beob-achtungen, in unserem Fall den Änderungskarten. Diese werden als Realisationen von Zufallsgrö-ßen betrachtet und durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen, empirisch also beobachteten

Häufigkei-ten, beschrieben. Vorhandenes Vorwissen oder zusätzlicher Kontext werden durch geeignete a-priori-Wahrscheinlichkeiten modelliert und fließen so in das Verfahren ein. Unter den zahlreichen Schätz-verfahren der Bayes-Theorie ist der Maximum-a-posteriori-Schätzer (MAP) der bekannteste. Dieses Verfahren sucht bei bekannten gestörten BeobachtungenY als Schätzung für die OrginaldatenX ge-nau den DatensatzXMAP , der die a-posteriori-Verteilung p(X |Y) maximiert. Die Bayesregel formt diese Verteilung um; die Normierung spielt bei der Maximierung keine Rolle.

XMAP = argmaxXp(X |Y) = argmaxX p(Y|X)·P(X)

P(Y) = argmaxX Likelihood·a-priori-Verteilung Normierung

Es wird also intuitiv unmittelbar einsichtig genau das Orginalbild vermutet, das bei gegebener Be-obachtung die höchste Wahrscheinlichkeit aller denkbaren Orginalbilder hat. Die Bayesregel besagt, daßp(X |Y)proportional ist zuP(X,Y) =p(Y|X)·P(X). Die Normierungskonstante ergibt sich aus der Integration über alleX. Basierend auf den Markov-Zufallsfeldern für die Orginaldaten wird nach dem Hammersley-Clifford-Theorem die a-priori-VerteilungP(X)durch die aus der statistischen Phy-sik bekannte Gibbs-Verteilung (normiert mit der ZustandssummeZ) mit der EnergiefunktionE(X)

p(X) = 1

Z e−E(X)

beschrieben, die kleine Energien bevorzugt. Die Likelihoodp(D|B)für unabhängige Pixel zerfällt in ein ProduktQ

xp(d(x, t)|b(x, t))über allex. Dies gilt für räumlich nicht korrelierte Pixel, wie sie unterH0 sicher auftreten, aber unter H1 kaum zu erwarten sind. Eine detaillierte Diskussion dieser Annahme findet sich im Anhang von [Aach, Til und Kaup, André,1995]. Ungeänderte Pixel an der Stelle(x, t)verteilen sich wieder die eingangs bekannte Gaußverteilung, für geänderte Pixel nimmt p(d(x, t)|b(x, t))unter den bereits kritisch besprochenen Annahmen ebenfalls eine Gaußverteilung mit der Varianz√

can. Die Energiefunktion soll die Änderungskarten raumzeitlich möglichst glatt machen. So kann die EnergiefunktionEx,t(b(x, t))der zu bestimmenden Änderungskarte eine Ana-lyse über allenp = 9Paare des zur Entscheidung anstehenden Pixels b(x, t) mit denen einer 8-er-Nachbarschaft um das Pixelb(x, t−δt) durchführen und aus dennE unterschiedlich (mit geändert und ungeändert) besetzten Paaren einen Wert für die “Unglattheit” ermitteln. Die Energiefunktion Ex,t=γn−1p nEemit einer positiven Konstantene(Potential), die als Kostenterm die Unregelmäßig-keit dernE ungleichen Paare bestraft, ermittelt also die Kosten, die je nach Entscheidung für das zur Untersuchung anstehende Pixel durch die Anzahl der verursachten ungleichen Paare entstehen (Ab-bildung2.5). Sie hat einen kleinen Wert, wenn die Entscheidung wenig ungleiche Paare erzeugt, also glatte Änderungskarten generiert.

Der MAP-Schätzer entscheidet über die Hypothesen so, daß die a-posteriori-Wahrscheinlichkeit maximal wird. Dieser Ansatz kann mitT= 1und der Bayes-Regel umgeschrieben werden.

(

Wenn P(B(b(x, t) =ungeändert) | D) ≥ P(B(b(x, t) =geändert) | D) dann H0 Wenn P(B(b(x, t) =ungeändert) | D) < P(B(b(x, t) =geändert) | D) dann H1

p(B(b(x, t) =ungeändert) | D) p(B(b(x, t) =geändert) | D)

< T

( H0keine Änderung H1Änderung vorhanden

Abbildung 2.5: Je nach Entscheidung inb(x, t)ergeben sich zur vorangehenden Änderungskarte unterschied-liche Anzahlen von ungleichen Pixelpaaren. Die Energiefunktion bekommt je nach Entscheidung die Terme 2ev+eh+edodereh+3ed+ez, wenn für vertikale, horizontale, diagonale oder zentrale Paare unterschiedliche Potentialeeiaufsummiert werden.

mit p(D | B(b(x, t) =ungeändert)) Ohne Vorwissen müssen die a-priori-Wahrscheinlichkeiten gleichverteilt angenommen werden, so daß deren Quotient zu1verschwindet und wieder der aus Abschnitt2.3.5bekannte Hypothesentest vor-liegt. Der letzte Ausdruck wird vom einzelnen Pixeld(x, t)zu einer sichereren Entscheidungsfindung auf die Stichprobedx(t)ausgedehnt

p(dx(t) |H0) p(dx(t) |H1)

< T · exp{−Ex,t(b(x, t) =geändert)}

exp{−Ex,t(b(x, t) =ungeändert)}

( Durch den ZusatztermtE werden solche Entscheidungen unterstützt, dieb(x, t) so ähnlich machen wie die Stichprobebx(t−δt). Fürtα wird die Signifikanzschwelle derχ2Nw-Verteilung benutzt, auch wenn dies bei bekanntemσc das MAP-KriteriumT= 1verletzt. Wegen der abzählbaren Möglichkei-ten für den ZusatztermtE läßt sich dieser auch in Tabellenform ablegen. Je nach Ausgestaltung der Energiefunktion kommt es zu verschieden vielen Werten fürtE, was letztlich eine gesteuerte Erweite-rung des Zwei-Schwellen-Algorithmus aus dem Abschnitt2.3.5darstellt. Über die positive Konstante γ in der Energiefunktion wird der Einfluß des Zusatzterms auftα skaliert. Insgesamt schwankt bei

symmetrischer Energiefunktion das Kriterium zwischentα±2 lnγe. Die Auswirkungen des Zusatz-terms und das Konvergenzverhalten des Verfahrens lassen sich am sinnvollsten durch Vergleiche der Ergebnisse mittαundtα+tEund Auszählung der neu getroffenen Entscheidungen inb(x, t)erfassen.

Solange nur die bereits zur Zeitt−δtbestimmte vergangene Änderungsmaske für die Energiefunktion benutzt wird, kommt das Verfahren ohne Iteration aus. Symmetrischer wird das Verfahren mit minde-stens einer Iteration, die Änderungskarten rund um den zu regularisierenden Bildpunkt (Gegenwart) und der beiden zeitlich benachbarten Bilder (Zukunft, Vergangenheit) einbaut wie in [Bouthemy, Pa-trick und Lalande, PaPa-trick,1993].

Eine Glättung der Änderungskarten mit Bayes-Methoden und Markov-Random-Fields hat sich im Vergleich zu Glättungsfiltern als eine weitaus bessere Methode etablieren können, da dabei in steuerbarer und datengetriebener Weise vorliegende Information über Vorhandensein und Berandung von Änderungsregionen einfließt. Eine solche Bayes-Erweiterung gibt es bei [Bouthemy, Patrick und Lalande, Patrick, 1990] [Bouthemy, Patrick und Lalande, Patrick,1993] auch für die Methode aus Abschnitt2.3.3.