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Gewerbesteuereinnahmen in den Ländern

Im Dokument Kommunaler Finanzreport 2021 (Seite 140-146)

einnahmen durch Bund und Länder

3. Gewerbesteuereinnahmen in den Ländern

ABBILDUNG 6 Karten zur Gewerbesteuer (netto) in den Ländern, 2019 (links) und 2020 (rechts), in Euro je Einwohner

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 14 Reihe 4)

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je Einwohner). Prozentual sind aber die ostdeutschen Län-der Sachsen (-19,0 Prozent) und Brandenburg (-16,7 Pro-zent) stärker betroffen. Insgesamt traf die Rezession Ost-deutschland mit einem Rückgang von -15,6 Prozent härter als die westdeutschen Gemeinden mit -11,2 Prozent, was darauf zurückzuführen ist, dass die Reduktion der Gewer-besteuerumlage nur für die westdeutschen Gemeinden galt.

Hier zeigt sich trotzdem ein interessanter Unterschied zur Finanzkrise 2009/2010, in welcher die kleinteilige ostdeut-sche Wirtschaft relativ stabil war. In der Coronapandemie waren Ost und West ähnlich betroffen. Dem Westen kam insbesondere der anziehende Export in der zweiten Jahres-hälfte 2020 zu Hilfe. Besonders interessant ist der Ausrei-ßer Schleswig-Holstein. Entgegen dem allgemeinen Trend konnten die Gemeinden hier bei den Nettoeinnahmen der Gewerbesteuer ein Plus verzeichnen. Der geringe rezes-sionsbedingte Rückgang der Gewerbesteuer brutto wurde durch die geringere Umlage mehr als ausgeglichen, sodass netto ein höheres Aufkommen erreicht wurde.

Einen detaillierten Einblick in den unterjährigen Verlauf der Krise 2020 ermöglicht Abbildung 8. Hier sind die Gewerbe-steuereinnahmen (netto) in den vier Quartalen dargestellt.

Die linke Karte zeigt die regionale Verteilung der Pro-Kopf-Einnahmen im ersten Quartal, das kaum von der Corona-krise beeinflusst war. Die Karten des zweiten bis vierten Der krisenbedingte Rückgang 2020 hat an diesen Strukturen

nichts geändert. In der Gegenüberstellung der Jahre 2019 und 2020 deutet sich der Einbruch bei den Gewerbesteuern lediglich an. Die Quartilskarte verbleibt hier in zu groben Kategorien und kann das wirkliche Ausmaß des Einbruchs bei der Gewerbesteuer nicht verdeutlichen.

Die genauen Zahlen zum Niveau und zur Veränderung ge-genüber 2019 zeigt Abbildung 7. Im linken Panel sind die Gewerbesteuereinnahmen (netto) in 2020 je Einwohner ab-steigend sortiert. Die Zweiteilung von ost- und westdeut-schen Ländern ist offensichtlich. Die fünf ostdeutwestdeut-schen Länder liegen am Ende der Steuerverteilung. Sie erreichen mit 311 Euro je Einwohner weniger als 60 Prozent des west-deutschen Niveaus (524 Euro je Einwohner) und weniger als die Hälfte des Spitzenreiters Hessen (649 Euro je Ein-wohner). Das rechte Panel verdeutlicht die Veränderun-gen geVeränderun-genüber 2019. Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein mussten die Gemeinden aller Länder deutliche Verluste der Netto-Gewerbesteuer hinnehmen. Auch Schleswig-Hol-stein hatte bei den Bruttoeinnahmen ein leichtes Minus, dieser Rückgang wurde aber durch die Einsparungen bei der Gewerbesteuerumlage überlagert.

Die höchsten nominalen Einbrüche verzeichnen Nordrhein-Westfalen (-85 Euro je Einwohner) und Hessen (-82 Euro

Niveau 2020 Entwicklung gegenüber 2019

0 100 200 300 400 500 600 700 FL insges. (37.648 Mio.)

westdt. FL (33.754 Mio.) ostdt. FL (3.894 Mio.) TH (636 Mio.) ST (659 Mio.) MV (486 Mio.) SN (1.263 Mio.) BB (849 Mio.) SL (394 Mio.) NS (3.338 Mio.) RP (1.712 Mio.) SH (1.442 Mio.) NW (9.304 Mio.) BW (5.853 Mio.) BY (7.627 Mio.) HE (4.084 Mio.)

–100 –80 –60 –40 –20 0 20 40

ABBILDUNG 7 Gewerbesteuer (netto) in den Ländern, Niveau 2020 und Entwicklung gegenüber 2019, in Euro je Einwohner

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 14 Reihe 4)

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Gewerbesteuer

ABBILDUNG 8 Karten zur quartalsweisen Entwicklung der Gewerbesteuer (netto) in den Ländern, 1.–4. Quartal 2020, in Euro je Einwohner

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 14 Reihe 4)

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Sachsen-Anhalt (je 74 Euro je Einwohner). Im Vergleich mit den Verlusten aus Abbildung 8 zeigt sich bereits, dass die Ausgleichszahlungen für alle Länder höher bemessen waren als die Nettorückgänge der Gewerbesteuer gegenüber dem Vorjahr.13

Die Ausgleichszahlungen wurden hälftig von Bund und Län-dern übernommen (Textbox 1). Um dies zu gewährleisten, wurde bei der Ermittlung der Zahlbeträge für jedes Land auch der Effekt berücksichtigt, der sich durch die Gewerbe-steuermindereinnahmen als Entlastung im bundesstaatli-chen Finanzausgleich bei den Bundesergänzungszuweisun-gen ergibt. Die Höhe dieses Betrags wurde durch den Bund mittels einer Modellrechnung abgeleitet. Daraus ergibt sich je nach Land eine unterschiedliche Aufteilung der Zahllas-ten. In Hessen beispielsweise übernimmt der Bund ledig-lich 45,5 Prozent der Zahlungen an die Gemeinden. Bei sin-kenden Gewerbesteuereinnahmen stellt sich das Land im Finanzausgleich besser; dieser Effekt wurde bei der Be-messung der Beträge berücksichtigt. Anders beispielswei-se im Mecklenburg-Vorpommern: Durch den Einbruch bei den Gewerbesteuern in den steuerstarken Ländern verliert

13 In diesem Zusammenhang sei jedoch noch einmal darauf hingewie-sen, dass der Gewerbesteuerausgleich nicht ausgelegt gewesen ist, Aufkommensverluste gegenüber dem Vorjahr auszugleichen, sondern gegenüber dem Niveau, das vor dem Beginn der Coronakrise für das Jahr 2020 prognostiziert worden ist.

Quartals übernehmen für die Vergleichbarkeit die Quar-tilsgrenzen aus dem ersten Quartal. Der hohe Einbruch im zweiten Quartal wird überdeutlich, da die Karte im zweiten Quartal erkennbar heller gefärbt ist. Deutlich wird auch, dass der Einbruch im zweiten Quartal in den westdeutschen Ländern stärker war. Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen überspringen gleich mehrere Farbka-tegorien. Neben dem starken Rückgang verdeutlicht die Ab-bildung auch die schrittweise Erholung im dritten und vier-ten Quartal insbesondere in den westdeutschen Gemeinden.

Das Ausgangsniveau vom ersten Quartal wird allerdings nicht wieder erreicht. Deutlich wird zudem der Sondereffekt in Schleswig-Holstein. Hier wird im zweiten Quartal nur ein leichter Einbruch und schon im dritten Quartal eine deutli-che Erholung verzeichnet.

Wie beschrieben, wurde dem Steuereinbruch 2020 über um-fangreiche Hilfsmaßnahmen von Bund und Ländern be-gegnet. Die mit Abstand größte Maßnahme war dabei die pauschale Ausgleichszahlung für die Gewerbesteuermin-dereinnahmen. Abbildung 9 zeigt die Höhe der Ausgleichs-zahlungen in Euro je Einwohner nach Ländern. Die höchs-ten Zahlungen flossen an die Gemeinden in Hessen (193 Euro je Einwohner), Bayern (183 Euro je Einwohner) und Ba-den-Württemberg (170 Euro je Einwohner). Die niedrigsten Zahlungen erhielten die Gemeinden in Brandenburg und

0 50 100 150 200

FL insges. (10.842 Mio.) westdt. FL (9.897 Mio.) ostdt. FL (945 Mio.) BB (186 Mio.) NW (2.720 Mio.) BW (1.881 Mio.) BY (2.398 Mio.) HE (1.213 Mio.)

68,5

ABBILDUNG 9 Ausgleichszahlung für Gewerbesteuermindereinnahmen 2020 in den Ländern, in Euro je Einwohner

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Gesetzes

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Gewerbesteuer

Abbildung 10 zeigt die Einsparung der westdeutschen Bun-desländer durch die Veränderungen bei der Gewerbesteue-rumlage in Euro je Einwohner. Sie summieren sich auf rund 2.788 Millionen Euro.14 Analog zur Aufkommenshöhe er-zielten wiederum die Gemeinden in Hessen und Bayern die höchsten Einsparungen; hier verblieben im Jahr 2020 48 Euro je Einwohner zusätzlich. Durchschnittlich sind es in den westdeutschen Gemeinden 43 Euro je Einwohner.15

Dass die ostdeutschen Länder von diesem Effekt nicht pro-fitieren konnten, liegt in der Natur der Sache. Mit der Ver-änderung der Gewerbesteuerumlage wurde eine bestehende Ungleichbehandlung der Gemeinden in Ost und West be-endet, sodass ab 2020 die Gewerbesteuerumlage bundes-weit einheitlich anfällt. Die ostdeutschen Länder konnten in den politischen Verhandlungen aber einen anderen Punkt

14 Für diesen Wert wurden die länderspezifischen Bruttoeinnahmen in 2020 mit dem gesetzlichen Faktor aus 2019 multipliziert und die Ab-weichungen zu den tatsächlichen Nettoeinnahmen gebildet.

15 Hessen erhebt die erhöhte Gewerbesteuerumlage in gleicher Höhe als einziges Land auf landesrechtlicher Grundlage weiterhin. Im Rahmen des Programms „Starke Heimat Hessen“ wird das Geld aber nicht wie zuvor in den Landeshaushalt allgemein eingespeist. Vielmehr soll das Geld über Umwege am Ende auch der kommunalen Familie zur Ver-fügung stehen. 50 Prozent werden für konkrete Vorhaben (z. B. Kita, Digitalisierung) genutzt, 25 Prozent gehen in den hessischen kom-munalen Finanzausgleich. Dieser Teil kommt explizit den finanz-schwachen Kommunen zugute. Und 25 Prozent verbleiben bei den einzelnen Kommunen, womit hier vor allem finanzstarke Kommunen profitieren.

Mecklenburg-Vorpommern Gelder in Finanzausgleich, da die Steuerkraftdifferenzen geringer sind. Um diese Verluste auszugleichen, übernimmt der Bund hier einen Anteil von fast 90 Prozent der Zahlungen an die Gemeinden. Insge-samt liegt der Bundesanteil an den Ausgleichszuweisungen durch die Effekte aus dem Finanzausgleich auch in Summe etwas höher als 50 Prozent. In Ostdeutschland betrug er 84 Prozent, in Westdeutschland 51 Prozent.

Bei der Betrachtung der Ausgleichszahlungen fällt auf, dass Westdeutschland deutlich höher profitierte. Hier summie-ren sich die Ausgleichszahlungen auf fast 10 Milliarden Euro (9.897 Millionen Euro, 154 Euro je Einwohner), in den ost-deutschen Ländern beliefen sich die Zahlungen auf knapp eine Milliarde Euro (945 Millionen Euro, 76 Euro je Einwoh-ner). Die Gründe für diesen Effekt sind vielfältig. Zum einen ist dies ein Ergebnis des unterschiedlichen Verlaufs der Krise über das Jahr 2020. Die westdeutschen Länder waren zunächst stärker betroffen, konnten sich aber in der zwei-ten Jahreshälfte erholen. Da die Ausgleichszahlungen pau-schal auf Basis der Steuerschätzung im Mai bemessen wur-den, ergeben sich hier höhere Werte für die westdeutschen Länder. Der zweite Effekt für den Ost-West-Unterschied liegt in der bereits angesprochenen Veränderung der Ge-werbesteuerumlage. Durch die Veränderungen – die nur die westdeutschen Länder betreffen – verbessert sich deren Po-sition der Nettoeinnahmen.

0 10 20 30 40 50

FL insges. (2.788 Mio.) westdt. FL (2.788 Mio.) ostdt. FL

ABBILDUNG 10 Einsparung durch die Veränderung der Gewerbesteuerumlage in den Ländern, 2020, in Euro je Einwohner

Quelle: Eigene Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Fachserie 14 Reihe 4)

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durchsetzen. Der Bund trägt ab 2020 50 statt 40 Prozent der Zusatz- und Sonderrenten aus der ehemaligen DDR.16 Das Ergebnisprotokoll des Koalitionsausschusses sieht für diese Regeländerung einen Finanzbedarf von jährlich 340 Milli-onen Euro vor. Da diese Gelder den ostdeutschen Ländern und nicht direkt den Gemeinden zugutekommen, wurde be-stimmt, dass diese Gelder zur Investitionsförderung in den Kommunen eingesetzt werden sollen.

16 Siehe § 15 Abs. 2 Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwart-schaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitritts-gebiets (AAÜG).

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Gewerbesteuer

In den Analysen der ersten Kapitel dieses Abschnitts wur-den aggregierte Zahlen zu wur-den Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinden bundesweit und auf Länderebene diskutiert.

Um exemplarisch einen Eindruck von der lokalen Entwick-lung zu gewinnen, nimmt dieses Kapitel eine Analyse der Gemeinden Nordrhein-Westfalens vor.17 Nordrhein-West-falen eignet sich besonders für eine solche beispielhafte Analyse, da es mit 18 Millionen Einwohnern das bevölke-rungsreichste Land und die Varianz der Wirtschafts- und Steuerkraft hoch ist.

Abbildung 11 zeichnet zu Beginn die Entwicklung in Nord-rhein-Westfalen auf Quartalsebene 2018 bis 2020 nach. Die Brutto- und Nettoentwicklung entspricht weitgehend dem

17 Das Statistische Landesamt IT.NRW veröffentlichte einzelgemeind-liche Zahlen bereits im Februar 2020.

Im Dokument Kommunaler Finanzreport 2021 (Seite 140-146)