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2.2 Grundlagen der Gewebedopplerechokardiographie

2.2.1 Gewebedopplerechokardiographie

Die Gewebedopplerechokardiographie wird auch als Tissue velocity imaging (TVI) oder Tissue Doppler Imaging (TDI) bezeichnet. Die ersten Berichte über Myokardsignale wurden bereits Anfang der sechziger Jahre veröffentlicht (YOSHIDA et al. 1961). Dabei wurden Myokardsignale im Ultraschallspektraldoppler beschrieben.

Allerdings wurden erst Ende der 80 Jahre die ersten Myokardgeschwindigkeitsprofile im PW-Dopplermodus beschrieben (ISAAZ et al. 1989). Die ersten Farbgewebedoppleruntersuchungen wurden Mitte der neunziger Jahre durchgeführt (YAMAGISHI et al. 1993, SUTHERLAND et al. 1994). Mittlerweile bieten die meisten modernen Ultraschallgeräte den Gewebedopplermodus an.

Bei der herkömmlichen Dopplerechokardiographie werden die Schallwellen von Erythrozyten reflektiert. Dabei wird besonders der Blutfluss in den Kammern und in den großen Blutgefäßen untersucht. Charakteristisch für diese Ultraschallwellen sind niedrige Amplituden, hohe Geschwindigkeiten und eine geringe Signalintensität. Im Gegensatz dazu zeichnen sich vom Gewebe reflektierte Dopplersignale durch eine hohe Signalintensität, große Amplituden und niedrige Geschwindigkeiten im Bereich von cm/s aus (VOIGT 2002). Somit können Gewebesignale und Bluttflusssignale durch unterschiedliche Filtereinstellungen getrennt werden. Wie bei der konventionellen Dopplertechnik werden Geschwindigkeiten wiedergegeben, die sich parallel zum Ultraschallstrahl bewegen. NIKITIN et al. (2004) empfiehlt, dass der Winkel zwischen Bewegungsrichtung des zu untersuchenden Myokardbereiches und Ultraschallstrahls 20° nicht übersteigen sollte. Um die niedrigen Myokardgeschwindigkeiten durch eine möglichst hohe Bildrate optimal zu erfassen, wird empfohlen, den Bildwinkel des zu untersuchenden Bereiches so schmal wie möglich zu halten (PELLERIN et al. 2003).

Literaturübersicht

Zur optimalen Erkennung einer Schwingung des untersuchten Frequenzbereiches, muss sie mit mindestens der doppelten Frequenz abgetastet werden (Nyquist-Gesetz). Wenn der Geschwindigkeitsbereich nicht optimal eingestellt ist und die gemessenen Geschwindigkeiten den Messbereich (Nyquist-Limit) überschreiten, kommt es zum „Aliasing“. Dabei verlässt beim PW-Doppler die Kurve den Anzeigebereich an einem Ende, um am anderen Ende wieder zu erscheinen. Im Farbgewebedoppler kommt es zum abrupten Farbumschlag von rot nach blau (VOIGT 2002).

Wie bei der herkömmlichen Dopplertechnik existieren zwei Formen der Gewebedopplertechnik, der gepulste Gewebedoppler und der Farbgewebedoppler.

2.2.1.1 Gepulster Spektraldoppler

Der gepulste Spektraldoppler, auch als PW-Gewebedoppler (Pulsed-Wave Tissue Doppler Imaging = PW-TDI) bezeichnet, basiert auf dem gleichen Prinzip wie der gepulste Doppler. Für den Analysebereich (Messzelle oder sample volume) der zu untersuchenden Myokardregion wird das Geschwindigkeitsprofil errechnet und in Form einer Kurve angezeigt (s. Abb. 1) (VOIGT 2002).

Die eingeschränkte Nutzbarkeit dieser Methode ist auf die geringe räumliche Erfassung zurückzuführen, da nur kleine Myokardbereiche zu einem bestimmten Zeitpunkt untersucht werden können. Somit müssen mehrere Kurven angefertigt werden, um vollständige Segmente zu untersuchen. Dies stellt besonders im Rahmen der Stressechokardiographie ein Problem dar, da die verfügbare Untersuchungszeit stark limitiert ist (NIKITIN et al. 2004).

Vorteile des gepulsten Spektralgewebedopplers sind die sehr gute zeitliche Auflösung in der Darstellung des Geschwindigkeitsprofils, eine genaue Abbildung des Geschwindigkeitsspektrums und die Möglichkeit der sofortigen qualitativen Interpretation der Kurve (VOIGT 2002).

Literaturübersicht

Abb.1: PW-Gewebedopplerkurve (HF=57) des Septums eines Menschen (apikaler Vierkammer-Blick). Bewegungen auf den Schallkopf zu sind oberhalb, Bewegungen vom Schallkopf weg unterhalb der Nulllinie dargestellt. (Zur Verfügung gestellt durch GE-Vividclub)

2.2.1.2 Farbgewebedoppler

Die Farbgewebedoppler-Technik ermöglicht die Erfassung von Geschwindigkeitsinformationen für das gesamte Ultraschallbild. Dabei basiert der Farbgewebedoppler auf der gleichen Grundlage wie der konventionelle Farbdoppler.

Jeder Pixel des Farbdoppler ist farbkodiert in Abhängigkeit von Richtung und Durchschnittsgeschwindigkeit (s. Abb. 2), wobei schnellere Geschwindigkeiten heller dargestellt werden (VOIGT 2002). Die Vorteile der Farbgewebedoppler-Technik sind die schnelle visuelle Darstellung und Beurteilung der myokardialen Strukturen und eine gute räumliche Auflösung, die eine Unterscheidung von subendokardialen und subepikardialen Geweben erlaubt (CHETBOUL et al. 2004).

Literaturübersicht

Abb. 2: Farbgewebedopplerbild des IVS eines Menschen (apikaler 2-Kammerblick) zum Zeitpunkt der Systole.

Bewegungen auf den Schallkopf zu sind rot, Bewegungen vom Schallkopf weg sind dagegen blau dargestellt (HF=59). (Zur Verfügung gestellt durch

GE-Vividclub)

Analysiert werden mittels Farbdoppler in erster Linie aufgenommene Herzzyklen (cineloops), die mit Hilfe spezieller Analysesoftware nachträglich bearbeitet werden können. Diese Methode eignet sich besonders gut für stressechokardiographische Untersuchungen, da die Analyse nach der Untersuchung erfolgen kann und die Möglichkeit besteht, mehrere Segmente gleichzeitig zu beurteilen (s. Abb. 3).

RV LV

apikal

basal

Literaturübersicht

Abb.3: Off-Line Analyse des Farbgewebedopplerbildes eines Menschen (HF=59) Links unten: B-Modebild des Septums mit eingezeichnetem Analysebereich (Kreis) (Zur Verfügung gestellt durch GE-Vividclub)

Links oben: Farbgewebedopplerbild aus demselben Bereich Rot: Myokardbewegungen auf den Schallkopf zu

Blau: Bewegungen vom Schallkopf weg

Rechts: Myokardgeschwindigkeitskurve aus dem Bereich des IVS´S.

Legende:

MVC = Mitralklappenschluss MVO = Mitralklappenöffnung AVC = Aortenklappenschluss AVO = Aortenklappenöffnung

Man muss bei der Auswertung jedoch beachten, dass der Spektralgewebedoppler Spitzengeschwindigkeiten widerspiegelt, während der Farbgewebedoppler Durchschnittsgeschwindigkeiten des untersuchten Bereiches wiedergibt (MCCULLOCH et al 2006). Wie bei der herkömmlichen Echokardiographie lässt sich auch aus dem Farbgewebedopplerbild ein M-Mode-Bild herleiten, welches die Myokardgeschwindigkeit für einen Herzwandabschnitt über ein bestimmtes Zeitintervall darstellt und durch eine hohe zeitliche Auflösung charakterisiert ist (HOFFMANN 2002).

Literaturübersicht

2.2.1.3 Gemessene Parameter in der Gewebedopplertechnik

Unabhängig von der Lokalisation des untersuchten Herzsegments, zeigt die Gewebedopplerkurve immer einen charakteristischen Kurvenverlauf mit einer systolischen und einer diastolischen myokardialen Welle. Die systolische Welle setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, der isovolumetrischen Kontraktion und der systolischen Spitzengeschwindigkeit, welche während der Ejektionsphase auftritt. Der diastolische Kurvenverlauf beschreibt ebenfalls zwei Wellen. Die erste bezeichnet man als frühdiastolische Kurve oder auch als E-Welle. Sie gibt die frühe diastolische Füllung wieder. Die zweite spätdiastolische Kurve (A-Welle) spiegelt die Vorhofentleerung wieder (VOIGT 2002). Daraus lassen sich verschiedene Parameter errechnen, wie zum Beispiel das E/A Verhältnis, die Accelerations- und die Deccelarationszeit, die Dauer der Wellen sowie die Zeitspanne zwischen Q-Welle des EKGs und Beginn und Spitzengeschwindigkeit der E-Welle. Dabei können verschiedene Umstände die Kurvenform beeinflussen, wie zum Beispiel Arrhythmien oder Erregungsleitungsstörungen. Bei Herzrhythmusstörungen, wie dem Vorhofflimmern fehlt in den meisten Fällen die A-Welle (NIKITIN et al. 2004).

Verschiedene Analyseverfahren lassen sich von der Farbgewebedoppler-echokardiographie ableiten (PELLERIN et al. 2003). Bei dem „curved M-Mode“ Bild wird aus einem Farbgewebedopplerbild ein M-Mode-Bild hergeleitet. Allerdings handelt es nicht wie bei der herkömmlichen M-Modetechnik um einen geraden Strahl, sondern die Untersuchungslinie lässt sich in gebogener Form am untersuchten Bereich verankern. Damit lässt sich unmittelbar eine visuelle Darstellung segmentaler Asynchronizitäten zwischen verschiedenen Myokardsegmenten darstellen. Mit Hilfe der zeitlichen Auflösung lässt sich zudem die regionale Verzögerung berechnen.

Ein weiterer Marker für die quantitative Beurteilung der myokardialen Wandgeschwindigkeiten, unabhängig von der Gesamtbewegung des Herzens, ist der sogenannte „Myocardial velocity Gradient“ (MVG), der auf verschiedene Weise berechnet werden kann. In der Regel wird der MVG aus dem Unterschied zwischen endokardialen und epikardialer radialen Myokardgeschwindigkeiten geteilt durch die Myokarddicke ermittelt (FLEMING et al. 1994; PALKA et al. 1996):

MVG = (V2-V1)/L = ΔV/L

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