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Gespräch mit Saalfelds Bürgermeister Matthias Graul und der Saalfelder Amtsleiterin für Jugendarbeit, Sport und Soziales, Hanka Giller

Im Dokument „mitWirkung!“ in der Praxis (Seite 52-56)

Hanka Giller, Leiterin des Amtes für Jugendarbeit, Sport und Soziales der Stadt Saalfeld, und Bürgermeister Matthias Graul im Gespräch

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wie z. B. Kommunikationstraining, Gruppentraining, Familien-konferenzen, Präventionstraining usw. Auf dieser Arbeit bauen wir heute auf, und sie war auch ein sehr fruchtbarer Boden für die weiteren Impulse von „mitWirkung!“.

In vielen Kommunen ist gerade die Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe stark entwicklungs-bedürftig. Was ist bei Ihnen in Saalfeld anders?

Hanka Giller: Wir haben vielleicht den Vorteil, dass hier eine starke Mischung der Professionen stattfand. Sozial- arbeiter kamen in die Schule, und Pädagogen wie ich gingen in die Sozial- oder Jugendarbeit. Das trägt natürlich enorm dazu bei, dass beide System sich annähern. Wir wissen da-durch zum Beispiel, dass wir nicht einfach zu Schule hinge-hen und sagen können: Ihr müsst ... Wir machinge-hen lieber Angebote, stellen Ressourcen zur Verfügung, gehen hin und erklären, was unsere Vision ist, und fragen, ob es in der Schule vielleicht Interessierte gibt, die mitmachen wollen.

Menschen erreicht man viel besser mit Inhalten und Ideen, nicht mit Verordnungen.

Matthias Graul: Man darf da auch nicht ständig die Blick-richtung Schule haben. Es ist immer schwierig, wenn Men-schen aus verschiedenen Organisationen und auch Organi-sationsstufen zusammenarbeiten sollen — das gilt auch für Kommune. Wir sind aber so weit, dass zumindest niemand solche Prozesse mehr grundlegend ablehnt. Wie damit im Einzelfall umgegangen wird, ist eine andere Frage. Manche stehen von vornherein wirklich als Partner zur Verfügung, andere sind da deutlich zurückhaltender. Und mit Verweige-rung müssen wir auch leben lernen.

Was hat in dieser Hinsicht die Initiative „mitWirkung!“

erreichen können?

Hanka Giller: Die Zusammenarbeit ist verbindlicher und strukturierter geworden. Vorher hatte unsere Arbeit eher Pro-jektcharakter. Wir achten nun darauf, dass wir nicht nur in Projekten arbeiten, sondern auch, wie es um die Netzwerk- arbeit bestellt ist. Wir haben Netzwerkverantwortliche festge-legt, die auch direkt mit Schulamt und Schulverwaltung abge-stimmt sind. Jetzt haben wir Verantwortliche in jeder Schule, in der Verwaltung und bei den freien Trägern der Jugendhilfe.

Sie alle kommen einmal im Quartal zusammen. In dieser Form gab es das vorher nicht. Allein der Umstand, dass das Schulamt da miteingebunden ist, ist enorm förderlich.

Matthias Graul: Mit Herrn Zeuner, dem Referenten für Qualitätssicherung beim Staatlichen Schulamt, haben wir direkt jemanden bei uns in der Steuerungsgruppe von „mit-Wirkung!“ sitzen, der auch für die Qualitätsentwicklung an der Schule zuständig ist. Er ist die Schiene in Richtung Schulen und hat ein Auge darauf, dass die Zielvereinba-rungen mit Schulen zu Partizipation dort auch verankert werden. Er fragt nach der Arbeit der Netzwerkverantwort-lichen, dem schulischen Konzept und kann dadurch Partizi-pation bis in die Schulinhalte hineintragen und fördern.

Welche sind denn die zentralen Erfolgsfaktoren für eine gute, einrichtungsübergreifende Zusammenarbeit?

Hanka Giller: Besonders wichtig sind klar vereinbarte Stra-tegien und Ziele, die man für die Beteiligten in der Praxis auch immer wieder hochhalten muss. Deshalb machen wir zweimal im Jahr eine Fachveranstaltung mit einem

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tischen Teil und einem Teil für Austausch und Zielbestimmung in Workshop-Form. Das ist einerseits Wertschätzung und andererseits auch das Signal, wir haben keinen Stillstand, das Thema ist noch aktuell, die Visionen und Ziele sind noch da, und dies oder das haben wir bisher schon erreicht. Das ist eine Orientierung, die wir brauchen und die jeder Beteiligte braucht.

Matthias Graul: Besonders in Modellphasen wie bei „mit-Wirkung!“ ist es wichtig zu sehen, wo man überhaupt steht und welche Zielvorstellungen man hat. Es hat lange gedauert, bis wir überhaupt wussten, wie unsere genauen Ziele aus- sehen sollten. Das ist in den verschiedenen Gremien ein Ent-wicklungs- und Diskussionsprozess von fast einem Jahr gewesen. Wir haben schließlich einen Stadtratsbeschluss in Form einer Zielpyramide herbeigeführt und können jetzt schrittweise überprüfen, wie weit wir in jedem Jahr mit unseren Bemühungen kommen. Das gab es vorher nicht. Wir schauen jetzt viel genauer auf die Entwicklungen, Strukturen und das, was wir noch brauchen, um weiter voranzukommen.

Innerhalb der Jugendarbeit gehört Kinder- und Jugend-beteiligung nun aber auch zu den Kernaufgaben, bei Schule nicht. Schafft Schule die „Zusatzaufgabe“?

Hanka Giller: Schule muss mit Sicherheit vieles leisten, was die Lehrer neben ihrer Kernaufgabe, der Vermittlung von Lehrstoff, zeitlich belastet. Wir haben aber mittlerweile genü-gend Prozessmoderatoren an Schulen, die aufzeigen, dass Partizipation im Bildungsprozess nicht etwas Zusätzliches ist, sondern mit vielen anderen Themen verknüpft ist und wie selbstverständlich in den Alltag integriert sein sollte. An diesem Punkt sind wir aber noch lange nicht angelangt. Um dahinzukommen, müssen wir halt jetzt erst mal mehr leisten

oder vielleicht auch einfach unsere Einstellung ändern.

Manchmal hat die Anstrengung, die bei solchen Prozessen empfunden wird, einfach nur damit zu tun, dass wir mit über-kommenen Haltungen und Denkweisen darangehen.

Matthias Graul: Bei uns fällt Mitwirkung aber auch in eine günstige Zeit. So langsam setzt sich bei allen Verantwort-lichen im schulischen Bereich die Erkenntnis durch, dass auch Schule sich wandeln muss. Wenn ich mir z. B. in Thürin-gen das Projekt „Neue Lernkultur in Kommunen“ angucke, das wäre vor fünf bis sechs Jahren gar nicht möglich gewe-sen. Jetzt müssen Schulen sehen, wie sie sich in solche Prozesse miteinbringen und wie sie ihren Schülern Partizipa-tion ermöglichen. Auch in dem Landesprojekt „Neue Lern- kultur in Kommunen“ sind wir wieder Pilotkommune. Da zahlt es sich aus, dass wir Modellkommune von „mitWir-kung!“ waren und schon eine Menge Arbeit geleistet haben.

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„Wir waren der Schlüssel der Erwachsenen

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