• Keine Ergebnisse gefunden

Gesamteinfluss der seit dem 19. Jh. erfolgten anthropogenen Eingriffe auf

Im Dokument Eidesstattliche Erklärung (Seite 57-60)

III. HYDROGEOGRAPHISCHE MERKMALE DES UNTERSUCHUNGSGEBIETES

III.2. A NTHROPOGENE V ERÄNDERUNGEN

III.2.4. Gesamteinfluss der seit dem 19. Jh. erfolgten anthropogenen Eingriffe auf

Die Folgen der Tulla´schen Oberrheinkorrektion wurden bereits ausgiebig diskutiert.

Die Folge der daran anschließenden Maßnahmen und Eingriffe (Ausbau des Flusses für die Schifffahrt, Staustufenbau, Kiesgewinnung, Bebauung der Rheinniederung, intensivierte Flächennutzung) sind nochmals große Teile der ehemaligen Über-schwemmungsaue überformt bzw. zerstört worden. Die Gesamtwirkung dieser Veränderungen auf das Geoökosystem der Rheinniederung sind beträchtlich und wurden erst in den letzten Jahrzehnten in ihrer Tragweite erkannt. Eine umfassende Diskussion dieser Folgen ist nicht Aufgabe der vorliegenden Arbeit – vielmehr sei im folgenden zusammenfassend auf die Veränderungen in der Inundations-flächendynamik fokussiert:

a) Verlust an natürlichen Überschwemmungsflächen

Bis zu Beginn der Korrektionsarbeiten des Oberrheins ist die gesamte Rheinniederung zur potentiellen Überschwemmungsfläche extremer Hochwasser zu zählen. Der Verlust an regelmäßig überschwemmten Flächen lässt sich anhand der Verringerung der Weichholz- und Hartholzaue-Standorte ablesen. Heute ist die Vegetationszusammensetzung der Talauenflächen zu 78% als naturfern und nur

noch zu 2,3% als naturnah einzustufen; große Teile der Aue sind durch Verkehrswege o.ä. versiegelt. Genaue Angaben in Form einer Flächenbilanz liegen nicht vor (TITTIZER, KREBS (1996), S.34). Im am stärksten umgeformten Oberrheinabschnitt zwischen Basel und Karlsruhe gingen im Zeitraum von 1820 bis 1950 von den ursprünglich rund 1000 km² naturnaher Überschwemmungsflächen etwa 730 km² verloren. Durch die weiteren Ausbaumaßnahmen zwischen Basel und Iffezheim von 1950 bis 1977 wurden die verbliebenen 270 km² Überschwemmungsflächen um weitere 130 km ² reduziert (VIESER (1985) S. 40, GALLUSSER, SCHENKER (1996), S. 62f; siehe auch Abb. 29.)

b) Grundwasserspiegelabsenkung und Reduzierung von Druckwasserflächen

Ausgelöst durch die Begradigung des Hauptstromes, kam es fast im gesamten Lauf zu einer Eintiefung der Flusssohle. Häufig überschwemmte Uferpartien erfuhren eine relative Hebung gegenüber dem alten Mittelwasserstand. Aufgrund der Vorfluterfunktion des Rheins senkte sich der Grundwasserspiegel in der Rheinebene auf ein durchschnittlich 2 m tieferes Niveau ein. Im südlichen Oberrheingebiet wird die Verringerung des Grundwasservorkommens auf ca. 3 Milliarden m³ geschätzt15. Der Grundwasserspiegelabfall äußerte sich auch in einem Trockenfallen bisheriger regelmäßig überschwemmter bzw. durchfeuchteter Flächen. Druckwasserflächen, die zu Beginn des 19. Jh. noch dicht oberhalb des Grundwasserspiegels lagen und bereits bei geringen Wasserspiegelerhöhungen des Rheins unter Wasser standen, werden heute selbst bei Hochwasser kaum noch geflutet. Untersuchungen über den Rückgang und Wandel der Druckwasserflächen im Vor- oder Hinterdeichgebiet liegen bisher nicht vor.

c) Zunahme von hohen Wasserständen

In Abschnitt III.1.5. wurde bereits betont, dass seit spätestens den 70er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts eine deutliche Zunahme von extremen Wasserständen im Untersuchungsgebiet festzustellen ist. Es wurde bereits in Tab.4. gezeigt, dass aber die extremen Hochwasserereignisse der letzten Jahrzehnte trotz geringerer Abflüsse an den Messpegeln höhere Wasserstände erreichten als vergleichbare Hochwasserereignisse des 19. Jahrhunderts. Die Zunahme erhöhter Wasserstände ist folglich zumindest teilweise direkt auf die Reduzierung der direkten Überschwemmungsflächen zurückzuführen, da dem Fluss bei gleichem Abfluss ein verkleinertes Hochwasserbett zur Verfügung steht.

d) Steigende Gefahr von extremen Abflusswerten

Neben diesem rein von einer Reduzierung des Gerinnequerschnitts verusachten Wasserstandsanstieg kann es durch die Verkürzung der Gesamtfließstrecke zu einer Erhöhung der Spitzenabflüsse kommen:

Dass der Verlust des Großteils der natürlichen Überschwemmungen insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausbau des Rheins zu einer „Kraftwerkskette“ eine Hochwasserverschärfung unterhalb der Ausbaustrecke mit sich bringen würde, zeichnete sich bereits während den Baumaßnahmen in den 50er und 60er Jahren ab. Im Jahre 1968 gründeten die Rheinanliegerstaaten die „Hochwasser - Studienkommission für den Rhein (HSK). Ihre Aufgabe war die Untersuchung der Hochwasserverschärfung am Rhein zwischen Basel und Worms. Der 1978

15 siehe STOLZENBURG, H.; http://www.mcfish.de/Text-Rheinhistorie.htm

vorgelegte Abschlußbericht ist noch heute eine der maßgeblichsten Veröffentlichungen zur Hochwasserdynamik des Rheins. Die Studie machte deutlich, dass die Verringerung der Retentionsgebiete seit 1955 in zweierlei Hinsicht eine abflusserhöhende Wirkung hatte. Zum einen verursachte der Abfluss im schmaleren Bett eine erheblich schneller abfließende und weniger abgeflachte Hochwasserwelle.

Zum anderen führte diese Beschleunigung der Hochwasser zu höheren Abflüssen durch die Überlagerung der Rheinwelle mit den Scheiteln der Nebenflusswellen. Die Rheinwellen kommen infolge des Ausbaus bis Au-Neuburg demnach in Straßburg im Schnitt um 15,5 h und in Maxau und Worms um rund 40 h früher an als vor dem Ausbau. Ein Extremereignis wie das Hochwasser von 1882/83 hätte heute noch wesentlich höhere Abflüsse: 1882/83 erreichte die Neckarwelle Worms 3 Tage vor der Rheinwelle und verursachte eine sehr breite Welle mit zwei deutlichen Scheiteln.

Durch die Beschleunigung der Rheinwelle nach dem Ausbau würden sich heute bei gleichen Rahmenbedingungen beide Wellen vereinigen und einen 1820 m³ größeren Abfluss erzeugen - siehe Abb. 30.(VIESER 1985, S.41f).

Zwar wurde durch den Bau der zehn Staustufen und die Bettregulierung im Südlichen Oberrhein eine rund 1000-jährliche Hochwassersicherheit erreicht - jedoch auf Kosten des Hochwasserschutzes der stromabwärts liegenden Siedlungen. Nach dem Bau der Staustufe Iffezheim stieg am nördlichen Oberrhein die Hochwassergefahr von einem 200-jährlichen Ereignis auf ein 50 bis 60 jähriges an.

Erst mit der Realisierung eines ersten Teils der geplanten Hochwasser-rückhaltemaßnahmen ist wieder ein Schutz gegen ein 80 bis 100- jähriges Hochwasser erreicht worden – s.u. (KARRASCH (1988), ISRK (1997), S.20-22, KLAIBER (1997), S.242).

e) Stagnation in der Entwicklung von Inundationsflächen durch die Unterbindung der natürlichen Erosions- und Sedimentationsprozesse

Wie bereits dargelegt, ist die Entstehung von Inundationsflächen eng mit der einstmals für den Rhein so typischen Verlagerungen des Gerinnebetts bzw. dem Wechselspiel von Erosion und Akkumulation des Stroms verknüpft. Mit zu den ökologisch wertvollsten Inundationsflächen der Aue zählen die am häufigsten überschwemmten, d.h. die tiefliegenden, zumeist aus Schluten, Gießen oder Altarmen hervorgehenden Geländesenken. Durch Laufbegradigung, Buhnen- und Staustufenbau, durch Uferbefestigung und Ausbaggerungen des Flussbetts ist eine fluviodynamische Entstehung dieser morphologischen Senken heute nahezu vollständig unterbunden. Die Erosionsprozesse wurden somit fast vollständig unterbunden. Die Akkumulationsprozesse hingegen sind im wesentlichen verändert und verlangsamt, aber nicht im gleichen Maße unterbunden: Die Verlandung der bestehenden, reliktischen Überschwemmungsflächen vollzieht sich aufgrund des verringerten Transports von Bettfracht zwar erheblich langsamer als in der Zeit vor der Oberrheinkorrektur, jedoch ist im Untersuchungsgebiet eine allmähliche Verlandung rezenter Inundationsflächen durch abgestorbene Pflanzen, angeschwemmtes Holz und Zivilisationsabfälle sowie feine Auelehmablagerungen nach wie vor zu beobachten. Langfristig ist deshalb mit einer weiteren Auffüllung der rezenten, tiefliegenden Inundationsflächen zu rechnen, ohne dass neue Geländesenken bzw. Inundationsflächen in der Aue entstehen. Die wenigen jüngeren morphologischen Senken entstanden durch Entkiesung und Ausbaggerung der Altarme. Dabei entstanden jedoch in der Regel keine Überschwemmungsflächen, sondern für das Geoökosystem der Flussaue wertlose Stillgewässer mit steilen Uferböschungen.

III.2.5. Errichtung von Hochwasserpoldern und Renaturierungsmaßnahmen

Im Dokument Eidesstattliche Erklärung (Seite 57-60)