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4. DISKUSSION

4.2 Genetische Heterogenität

Studien aus Nordamerika und Nordeuropa haben den MHC- Haplotyp A1-B8-DR3 und HLA-DR4 als primäre Determinante einer AIH- Prädisposition identifiziert, wobei die hohe Anzahl von A1- und B8- positivem Antigennachweis auf ein Linkage Disequilibrium mit DR3 zurückzuführen ist.108, 129-131 In einer 1994 veröffentlichten Studie zeigte sich für DRB3*0101 (kodiert für DR52a) die stärkste Assoziation mit der AIH- Suszeptibilität (58% vs 25% der Kontrollen) von allen untersuchten HLA-Allelen. In der Gruppe der DRB3*0101 negativen Patienten war DRB1*0401 signifikant häufiger zu verzeichnen. 81% der Patienten wiesen entweder DRB3*0101 oder DRB1*0401 auf, verglichen mit 41% der Kontrollen. Es konnten bei AIH- Patienten insgesamt stärkere Assoziationen mit dem Allel- DRB3*0101 als für DRB1*0301 festgestellt werden.

Strettel et al. stellten 199799 (n=86) weitere Assoziationen zwischen HLA- Allelen (hauptsächlich des DRB- Locus) und einer AIH- Typ- 1 Erkrankung fest. Die Allele A1, B8, DRB1*0301, DRB3*0101, DQA1*0501 und DQB1*0201 sowie die vier-Locus Haplotypen DRB3*0101-DRB1*0301-DQA1*0501-DQB1*0201, DRB4*0103-DRB1*0401-DQA1*0302-DQB1*0301 und DRB4*0103-DRB1*0401-DQA1*0302-DQB1*0302 fanden sich wesentlich häufiger bei AIH- Patienten als bei gesunden Kontrollen. Die Allele DRB1*0401 und DRB4*0103 sowie bei die Allele des DPB- 1 Locus ließen sich nicht gehäuft bei AIH Patienten nachweisen.

Zusammengefasst identifizierte Doherty vor 1997 DRB1*0301, DRB1*0401, DRB3*0101 und DRB4*0101 (Kollektiv aus AIH- Patienten insgesamt) als genetische Risikofaktoren einer AIH- Erkrankung. Strettel wies DRB1*0301 und den DRB1 Locus als wichtige Region einer immunogenetischen Prädisposition der AIH- Typ- 1 nach. Einen sekundären Zusammenhang mit dem Allel- DRB1*0401 konnte er ebenfalls dokumentieren.

Die von Strettel und Doherty beschriebenen Assoziationen können in dieser Arbeit bestätigt werden.

Es zeigt sich ein hochsignifikant (p= <0,000) häufigeres Auftreten der genannten Allele bei AIH- Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden. Ausnahme ist DRB4*01, welches nicht mit dem Auftreten einer AIH assoziiert ist. DRB1*04 (p=0,027), DQB1*03 (p=0,021) und der Haplotyp DRB4*01-DRB1*04 (p=0,035) treten signifikant häufiger bei AIH Patienten auf.

In einer Untersuchung mit amerikanischen Typ- 1 und deutschen Typ- 2 Patienten wurden bei Typ- 1 Patienten signifikant häufiger DRB1*03 (und vor allem DRB1*0301) nachgewiesen, als bei Typ- 2 Patienten.132 Weiterhin konnten signifikant häufiger DRB1*0401 nach Ausschluss von DRB1*03 positive Patienten festgestellt werden. Die Ergebnisse dieser Studie erbringen keine signifikanten Unterschiede zwischen der Allelverteilung bei AIH- Typ- 1- und Typ- 2 Patienten. Da Czaja und Krüger in ihrer Studie132 keine Trennung von Typ- 1 und Typ- 3- AIH- Patienten vorgenommen hatten, wurde in dieser Studie die Allelverteilung der Typ- 2 Patienten mit der Verteilung von Typ- 1 und Typ- 3 Patienten zusammen ausgewertet. Aber auch hier zeigen sich keine signifikanten Unterschiede. Ein signifikanter Unterschied ergibt sich zwischen Typ- 2 und Typ- 3- AIH- Patienten für den Haplotypen A1-B8-DRB1*03-DRB3*01. Dieser Haplotyp ist bei Typ- 3- Patienten signifikant häufiger nachzuweisen, als bei Typ- 2- Patienten. Signifikant häufiger finden sich HLA- DRB1*03 bei SLA/ LP- positiven (Typ- 3) Patienten (P=0.041) im Vergleich zu AIH- Typ- 1 und 2- Patienten zusammen.

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4.2.1 Bedeutung von HLA Allelen für den Verlauf der AIH

Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die HLA-Allele DR3 und DR4 als Hauptrisikofaktoren einer AIH zu sehen sind. Das individuelle HLA Antigenprofil der Patienten scheint zudem den Verlauf der Erkrankung zu beeinflussen. Demnach sind DR3 positive Patienten jüngeren Alters, zeigen häufiger ein Therapieversagen100 und erleiden häufiger Rezidive nach Auslassversuchen.100, 102, 107, 108, 133 Des Weiteren benötigen diese Patienten häufiger eine Lebertransplantation als DR4- positive AIH-Patienten.134 Letztere wiederum sind im allgemeinen älter, haben häufiger konkurrierende immunvermittelte Erkrankungen und sprechen besser auf eine immunsuppressive Therapie an als DR3- positive Patienten.107 Weitere Assoziationen bezüglich eines schlechteren Erkrankungsverlaufes wurde bei Patienten mit den Haplotypen DRB1*03-DRB3*01 (DR3-DR52) gefunden. Die Allelkombination DRB1*04-DRB4*01 (DR4-DR53) ist hingegen mit einer geringeren Häufigkeit von Lebertransplantation, Todesfällen durch Leberversagen und einem besseren Erkrankungsverlauf assoziiert.100

Die in verschiedenen Studien den HLA- Allelen DR3 und DR4 zugeschriebene Bedeutung für den Erkrankungsverlauf der AIH kann in dieser Arbeit teilweise bestätigt werden. Patienten mit HLA-DRB3*01 (DR52) sowie dem Haplotypen DRB1*03-HLA-DRB3*01 (DR3-DR52) erleiden signifikant häufiger ein Rezidiv als Patienten ohne diese HLA- Allele. Patienten mit fortgeschrittenen Zirrhosezeichen (Fibrosestatus 4- 6) weisen zudem signifikant häufiger die Allele A1, DRB3*01 (DR52) und DQA1*05 sowie die Haplotypen A1-B8-DRB1*03-DRB3*01 und DRB1*03-DRB3*01 (DR3-DR52) auf als Patienten mit milderen histologischen Befunden (Fibrosestatus 0- 3). Weiterhin findet sich bei Patienten die eine Lebertransplantation benötigten, signifikant häufiger DRB3*01 sowie der Haplotyp DRB1*03-DRB3*01. DRB4*01- positive- Patienten werden wiederum signifikant seltener lebertransplantiert.

Zusammengefasst zeigen die Daten dieser Studie insbesondere für das HLA- Allel DR52 und den Haplotyp DR3-DR52 eine prognostische Relevanz für den Erkrankungsverlauf der AIH. Patienten mit diesem Antigennachweis erleiden häufiger ein Rezidiv nach erster Therapie, entwickeln eine rasch progrediente Leberfibrose und benötigen häufiger einer Lebertransplantation als Patienten ohne diese HLA- Allele. Der beschriebene mildere Erkankungsverlauf der DR4- positiven Patienten zeigt sich in dieser Studie in einer geringeren Inzidenz bei den transplantierten Patienten.

4.2.2 Bedeutung von HLA-Allelen für das Auftreten von Autoantikörper

1997 untersuchten Czaja et al. 86 AIH- Patienten und fanden bei Patienten mit SMA- Nachweis signifikant häufiger HLA- DR4 als bei Patienten ohne diesen Antikörper, wobei der spezifischere Vergleich von DRB1*0401 und anderen für DR4 kodierende Allele bei SMA- positiven und SMA- negativen Patienten wiederum keine signifikanten Assoziationen erbrachte.100 Andere Allele der MHC Klasse- I und II (hierunter auch DR3, DR52, DR53- Allele) wurden bei SMA- positiven Patienten nicht häufiger festgestellt. In der vorliegenden Studie kann kein signifikanter Zusammenhang zwischen diesen Antikörpern und HLA- Allelen nachgewiesen werden.

In einer weiteren Studie wies Czaja 2002 signifikant häufiger das HLA- Allel DRB1*0301 bei insgesamt 22 anti- SLA/ LP- positiven Patienten nach.128 Im Umkehrschluss konnte bei Patienten ohne anti-SLA/

LP häufiger DR4 nachgewiesen werden. Alle anti- SLA/ LP- positiven Patienten erlitten ein Rezidiv

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(100% vs 78%, p=0,05).128 Anti- SLA/ LP schien demnach bei diesem relativ kleinen Patientenkollektiv ein ungünstiger prognostischer Parameter für den AIH- Erkrankungsverlauf zu sein. Diese Tatsache führte Czaja hauptsächlich auf die Assoziation von anti- SLA/ LP mit DR3 zurück.

Bei anti- SLA/ LP- positiven Patienten dieser Studie ist ebenfalls signifikant häufiger das HLA- Allel DRB1*03 nachzuweisen. Außerdem sind bei diesen Patienten die Allele A1, B8, DRB3*01 und der Haplotyp A1-B8-DBR1*03-DRB3*01 vermehrt nachweisbar. Bezüglich des Erkrankungsverlaufes erleiden die Patienten mit DRB3*01 und DRB1*03-DRB3*01 signifikant häufiger ein AIH- Rezidiv als Patienten ohne diese Allele. Anti- SLA/ LP- positive Patienten insgesamt erleiden aber nicht signifikant häufiger ein Rezidiv als Patienten ohne diesen Antikörper (siehe oben). Der schlechtere Erkrankungsverlauf von anti- SLA/ LP- positiven Patienten aus der angeführten Studie von Czaja scheint daher, wie von den Autoren vorgeschlagen, eher durch den HLA- Antigennachweis bedingt zu sein.

4.2.3 Bedeutung von HLA-Allelen für das Autreten von extrahepatische Manifestationen

Einige Studien haben ein vermehrtes Auftreten von extrahepatischen, immunvermittelten Erkrankungen bei AIH Patienten nachgewiesen.11, 93 Inbesondere Patienten mit DRB1*0401 (DR4- kodierendes Allel) sind häufig von extrahepatischen Autoimmunerkrankungen betroffen, im Gegensatz zu DR3- positiven Patienten, bei denen diese seltener auftreten.6, 100, 107 Die Häufung von DRB1*0401-DRB4*0103 bei AIH- Typ- 1 Patienten mit immunologischen Krankheiten wurde in diesem Zusammenhang durch die Nahe genetische Beziehung von DR4 und DR53 zu dem DRB1- Locus erklärt.100 Interessanterweise zeigen einige der extrahepatischen immunvermittelten Erkrankungen ähnliche HLA- Assoziationen wie die AIH.135 Czaja et al. vermuteten, dass die Ansammlung von HLA- assoziierten Erkrankungen für ein verantwortliches Allel bei beiden Erkrankungen sprechen könnte.

Auf der anderen Seite könnte ein gehäuftes Aufteten mehrer immunlogischer Erkrankungen auch Folge verschiedener Allele eines gegebenen Haplotypen sein, welche jeweils für die Suszeptibilität der unterschiedlichen Erkrankungen kodieren.100

Ähnlich wie in den bereits publizierten Studien treten bei Patienten mit dem HLA- Allel DRB1*03 in dieser Studie signifikant seltener immunvermittelte Erkrankungen auf als bei Patienten ohne DR3.

Ebenso fand sich diese Assoziation mit dem Allel- DRB3*01 und dem Haplotypen- DRB1*03-DRB3*01. Bei Patienten mit DRB1*04 und DRB1*04-DRB4*01 sind nach den Ergebnissen dieser Studie gehäuft extrahpeatische immunvermittelten Erkankungen zu beobachten. Dieser Zusammenhang erreicht allerdings keine statistische Signifikanz. Alle übrigen HLA- Allele weisen keine signifikante Assoziation zu einer der untersuchten extrahepatischen Erkrankung auf.

4.3 Geschlecht

4.3.1 Bedeutung des Geschlechts für die serologische Heterogenität

Die erhöhte AIH- Prädisposition des weiblichen Geschlechts ist bislang ungeklärt.6-8. Das häufigere Auftreten einer AIH bei weiblichen Patienten wird durch die Daten dieser Studie insgesamt bestätigt.136, 137 Frauen erkranken diesbezüglich am häufigsten am AIH- Typ- 2, wobei die Gruppe der AIH- Typ- 3- Patienten im Vergleich die wenigsten weiblichen Patienten aufweist.

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Verschiedene Studien lassen eine Bedeutung des Geschlechtes für den AIH- Erkrankungsverlauf vermuten. Beispielsweise sind Frauen im Gegensatz zu männlichen Patienten häufiger von extrahepatischen Autoimmunerkrankungen betroffen und weisen das HLA- Allel DR4 auf.138 Im Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie zeigen beide Geschlechter keine Unterschiede.

138-140 Auch für das Patientenalter bei Erstdiagnose, Laborparameter, Erreichen einer Remission sowie Zirrhosehäufigkeit wurden im geschlechtlichen Vergleich keine Unterschiede beobachtet.6, 100, 107 In der vorliegenden Studie können keine signifikanten Unterschiede bezüglich des Auftretens immunvermittelter Erkrankungen zwischen den Geschlechtern und den jeweiligen Subgruppen (Subtypen, Altersgruppen) nachgewiesen werden. Weiterhin weisen Frauen und Männer insgesamt keine signifikanten Unterschiede bei Alter, Alter bei Erstdiagnose, AIH- Dauer, Verlauf der Erkrankung und beim Ansprechen auf die Therapie auf. Arthralgien traten bei Frauen allerdings signifikant häufiger auf als bei Männern. Die Unterschiede bei den histologischen Daten sind nicht signifikant (Fibrosestatus 4- 6, weibl. vs män.: 39% vs 51%) und zeigen aber richtungsweisend eine fortgeschrittenere Leberfibrose bei Männern an.

Die Daten dieser Studie zeigen zusammenfassend keine signifikanten Unterschiede des AIH Verlaufs zwischen Männern und Frauen. Die aus früheren Untersuchungen postulierte Aussage, männliches Geschlecht gehe mit einer schlechteren Verlaufsprognose einher, kann in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden.139, 140

4.3.2 Bedeutung des Geschlechts für die genetische Heterogenität

Czaja et al. fanden bei nordamerikanischen Frauen mit einer AIH häufiger HLA- DR4 als bei erkrankten sowie gesunden Männern.6, 136 Männer mit AIH- Typ- 1 wiesen ebenso häufig DR4 auf wie Männer der Kontrollgruppe. Es wurde daher vermutet, dass DR4 einen Risikofaktor für eine AIH- Typ- 1 Erkrankung insbesondere bei Frauen darstellt.6, 136

In der vorliegenden Studie kann diese Assoziation in der Gesamtanalyse bestätigt werden. Frauen weisen häufiger das HLA- Allel DRB1*04 und den Haplotypen DRB1*04-DRB4*01 auf. Männer hingegen präsentieren häufiger die Allele B8, DRB1*03 (DR3), DRB3*01, DQA1*03, DQB1*02 und den Haplotypen A1-B8-DRB1*03-DRB3*01 sowie DRB1*03-DRB3*01.

In den Subgruppen sind diese Assoziationen nur zum Teil nachweisbar. Bei weiblichen AIH-Typ- 1- Patienten läßt sich das Allel DRB1*04 nicht signifikant häufiger nachweisen. Bei den männlichen Typ- 1- Patienten findet sich ein gehäufter Nachweis der Allele B8, DRB1*03, DRB3*01, DQB1*02 und den Haplotypen A1-B8-DRB1*03-DRB3*01 sowie DRB1*03-DRB3*01. Bei der AIH- Typ- 2 läßt sich kein signifikanter Unterschied zwischen Geschlecht und Allelverteilung nachweisen, wohingegen Männer mit dem AIH- Subtyp- 3 signifikant häufiger die Allele DRB3*01 und DQB1*02 als Frauen dieses Subtypens aufweisen.

Die Allelverteilung und den Verlauf betreffend beobachtete Czaja136 bei Frauen mit DR4 signifikant seltener ein Therapieversagen als bei Frauen ohne DR4. Lebertransplantation und Tod an Leberversagen waren gleichhäufig zu verzeichnen. Unter den Männern zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Ansprechen auf eine Therapie, unabhängig ob die Patienten DR3 oder DR4 positiv waren. Ein Therapieversagen bei Männern mit DR3 war signifikant häufiger zu verzeichnen als bei DR4 positiven Frauen. Gleich war die Frequenz an Therapieversagern unter den Frauen und Männern mit DR3. Beobachtungen, nach denen Männer, unabhängig welchen

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Antigennachweises, ein schlechterer Verlauf als Frauen aufwiesen139, 140, führte Czaja daraufhin auf ein inadäquat ausgesuchtes Kollektiv zurück (häufig Männer mit HLA- DR3, Differenzen der ethnischen Homogenität, Nachlässigkeiten in der Definition der Typ- 1- AIH, Variabilitäten in der Therapie, unterschiedliche Untersuchungszeiträume oder Behandlungsendpunkte). Bei DR4- positiven Patienten, unabhängig welchen Geschlechts stellte er selten ein Therapieversagen fest (Frauen vs Männer= 4% vs 0%, >0,9).

In der vorliegenden Studie zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern bezüglich der spezifischen Antigennachweise oder der erfassten Verlaufsparameter. Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die Feststellung vorangegangener Studien136, dass das Geschlecht eher Auswirkungen auf eine AIH- Prädisposition als auf den Erkrankungsverlauf zu haben scheint. Der Antigennachweis der Patienten spielt, unabhängig vom Geschlecht, für den Erkrankungsverlauf eine wichtigere Rolle.