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Abbildung 12: Lage des Windparks (mit ursprüngl. 17 WKA) überlagert mit angrenzenden Gemeinden. Quelle: Land Niederösterreich 2007; Im Wind Operations GmbH 2013b; Eigene Darstellung.
Innerhalb der Gemeinde gibt es jedoch nicht nur Zustimmung zum Ausbau der WKA. Der lokale SPÖ-‐Chef forderte beispielsweise eine sensiblere Herangehensweise an das Thema und eine stärkere “Ausgewogenheit zu anderen alternativen Energieformen”
(Niederösterreichische Nachrichten 2012).
BirdLife
Wie Beobachtungen ergaben, könnte das Projekt den Lebensraum des geschützten Schwarzstorches beeinträchtigen. In der Nähe des Standortes einer geplanten WKA wurde nämlich ein Horst entdeckt. Die zweite betroffene Vogelart ist der Rotmilan.
Aus diesem Grund reichte BirdLife -‐ als einzige außenstehende Partei -‐ während der öffentlichen Auflage der UVE eine Stellungnahme mit Einwendungen gegen das Projekt ein (vgl. Breyer 2013, S. 2).
In der UVP-‐Verhandlung wurde die Organisation von DI Manuel Denner vertreten. Die Einwendungen von BirdLife führten zu der bereits beschriebenen Streichung von sechs WKA seitens der Betreibergesellschaften. Die NGO argumentierte demnach mit Erfolg und konnte einen Kompromiss erzielen.
LiegenschaftseigentümerInnen
Die EigentümerInnen der Liegenschaften sind größtenteils Landwirte bzw. Nachfahren von Landwirten. Teils werden die Grundstücke selbst bewirtschaftet, teils sind sie verpachtet (vgl.
Felling 2013b).
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Finanziell gesehen sind sie (neben den BetreiberInnen) die “Hauptprofiteure” des Windparks, da sie durch die Pachteinnahmen zusätzlich verdienen. Dies trifft jedoch nur auf die EigentümerInnen jener Grundstücke zu, auf denen direkt eine WKA steht. Benachbarte GrundeigentümerInnen bekommen höchstens einen finanziellen Ausgleich, wenn ihr
“Luftraum” von einer WKA betroffen ist; andernfalls profitieren sie finanziell nicht vom Windpark. Dies bestätigen auch Vertreter von den Betreibergesellschaften offen (vgl. Felling 2013a).
Medien
Die Medienberichterstattung fiel beim Projekt Paasdorf-‐Lanzendorf im Gegensatz zum zweiten analysierten Fallbeispiel recht dürftig aus. Dadurch, dass es sich um kein besonders umstrittenes Projekt handelt, fand auch keine breite öffentliche Diskussion statt. Nur sehr vereinzelt, beispielsweise in den Niederösterreichichen Nachrichten, wurde über den Windpark Paasdorf-‐Lanzendorf berichtet.
Zeitliche Entwicklung Überblick
Abbildung 13: Zeitliche Entwicklung Paasdorf-Lanzendorf
Im Vorfeld der Projekteinreichung sondierte die Betreibergesellschaft ImWind, wie bei Windkraftprojekten üblich, die Positionen vor Ort.
Nachdem sie positive Rückmeldungen bekommen hatte, begann man im Jahr 2010 mit der grundlegenden Planung sowie mit Vorkehrungen zur Grundstückssicherung: Es wurden mit den Liegenschaftseigentümern Vorabverträge geschlossen, um die notwendigen Grundstücke nach der Bewilligung des Projektes pachten zu können (vgl. Felling 2013b). Insgesamt sind über vierzig Grundstücksparzellen betroffen (vgl. Schmutzer 2013, S. 8).
Im Jahr 2011 besiegelten ImWind und evn naturkraft eine Kooperation und die Gemeinde Mistelbach wurde erstmals kontaktiert. Ein Jahr später widmete die Gemeinde betroffenen die landwirtschaftlichen Flächen in Grünland-‐Windkraftanlage um. Im Jahr 2013 folgten schließlich die Umweltverträglichkeitserklärung und die UVP-‐Verhandlung. Die endgültige
2010
• Beginn Planung
• Start Grundstückssicherung
2011
• KooperaWon ImWind -‐ evn naturkraZ
• erste Kontakte mit Gemeinde Mistelbach
2012
• Widmung
• InformaWonsveranstaltungen
2013
• UVE und UVP
• Bewilligung
2014/15 • Baubeginn (geplant)
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Bewilligung in Form eines Bescheides durch die NÖ Landesregierung wird bis Jahresende 2013 erwartet. (vgl. Felling 2013b)
Für den Baubeginn der WKA wird der Herbst 2014 angepeilt.
Informationsveranstaltungen
Im Rahmen von Informationsveranstaltungen wurde das Projekt im Frühjahr 2012 den Gemeindemitgliedern präsentiert. Bei diesen “Bürgerinfotagen”, die an einem Nachmittag zeitgleich in Paasdorf und in Lanzendorf stattfanden, wurden die BürgerInnen von den Betreibergesellschaften auf informellem Wege über das Projekt informiert (vgl. Felling 2013b). Volksbefragung wurde keine durchgeführt. Laut ImWind-‐VertreterInnen äußerten sich mögliche GegenerInnen nicht nennenswert -‐ eine Ausnahme. Die positive (oder teils vielleicht auch gleichgültige) Stimmung zur Windkraft hängt wahrscheinlich mit den bereits zahlreich errichteten WKA Anlagen in der Umgebung zusammen (vgl. Felling 2013a).
Umweltverträglichkeitsprüfung
Das Projekt unterlag einer Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren, da es den Schwellenwert von 20 MW (vgl. UVP-‐G Anhang I) überschreitet. Das UVP-‐Verfahren beinhaltete folgende Schritte:
1. öffentliche Auflage von Antrag und Umweltverträglichkeitserklärung: 02.07.2013 bis 16.08.2013
2. Erstellung der zusammenfassenden Bewertung: September 2013 3. mündliche Verhandlung: 21. Oktober 2013
4. Entscheidung
(vgl. Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 2013) UVP-Verhandlung
In der mündlichen UVP-‐Verhandlung, die am 21. Oktober 2013 in Mistelbach stattfand, wurde die Umweltverträglichkeit des Projektes besprochen und über die zu treffenden Maßnahmen verhandelt. Anwesend waren dabei neben der Verhandlungsleiterin, den UVP-‐Koordinatoren und Schreibkräften:
• neun Amtssachverständige mit folgenden Fachbereichen:
-‐ Abwassertechnik -‐ Bautechnik -‐ Elektrotechnik
-‐ Forst-‐ und Jagdwirtschaft -‐ Geohydrologie
-‐ Landwirtschaft -‐ Luftfahrttechnik -‐ Maschinenbautechnik -‐ Umwelthygiene
• vier nichtamtliche Sachverständige mit folgenden Fachbereichen:
-‐ Landschaftsbild/Raumordnung -‐ Lärmschutz
-‐ Naturschutz und Ornithologie -‐ Verkehrstechnik
• Vertreter der beiden Betreibergesellschaften:
-‐ ImWind GmbH
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-‐ evn naturkraft GmbH
• Vertreter des Herstellers Senvion SE (damals noch RE Power Systems)
• Vertreter der Anwaltskanzlei, die die Betreiber vertritt
• Vertreter der Naturschutzorganisation BirdLife
• Vertreter der Gemeinde Mistelbach
Gleich zu Beginn der Verhandlung wurde von den Konsenswerbern eine Projektänderung eingebracht: Die Anzahl der zu errichtenden WKA wurden von 17 auf 11 reduziert. Diese Abänderung kam aufgrund eines Kompromisses mit BirdLife zustande -‐ Das Projekt beeinträchtigt nämlich den Lebensraum zweier Vogelarten.
Zusätzlich zur Vorhabensreduktion verpflichten sich die Betreibergesellschaften zu ornithologischen Ausgleichsmaßnahmen. Über den Umfang dieser Maßnahmen wurde in der UVP-‐Verhandlung diskutiert, man einigte sich schließlich auf die Errichtung von 16,5 Hektar Ausgleichsflächen für den Schwarzstorch und drei Hektar für den Rotmilan. Zusätzlich muss zu einem späteren Zeitpunkt eine Überprüfung in Form eines Ergebnisberichtes ausgearbeitet werden.
Anschließend folgten die Stellungnahmen der Sachverständigen, die die Umweltverträglichkeit des Projektes bestätigten und Auflagen definierten, die Ihren Fachbereich betreffen. Nun ist lediglich die formelle Bewilligung durch das Land Niederösterreich ausständig.
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Umfeldanalyse
Abbildung 14: Umfeldanalyse Windpark Paasdorf-Lanzendorf. Eigene Darstellung1
Die Umfeldanalyse des vorliegenden ersten Fallbeispiels gestaltet sich (im Gegensatz zu jener des zweiten Fallbeispiels) relativ einfach. Die Akteurslandschaft ist überschaubar, das Umfeld insgesamt als recht unproblematisch und konfliktarm zu bezeichnen. Die Betreibergesellschaften einigten sich sowohl mit den GrundeigentümerInnenn als auch mit der Gemeinde. HauptakteurInnen sind das Betreiberkonsortium ImWind und evn naturkraft, die Gemeinde Mistelbach sowie die NGO BirdLife.
Letztgenannte stellt denn auch den einzigen nennenswerten Projektgegner dar. Wie bereits bei der Beschreibung des UVP-‐Verfahrens behandelt, kam es letztendlich jedoch zu einer Übereinkunft mit den BetreiberInnen.
Zu erwähnen ist nochmals der positive Einfluss der bereits bestehenden Windparks in der Umgebung, die die Genehmigung des Projektes einfacher gemacht und etwaigen Widerstand verringert haben. Es gab keine nennenswerten Proteste aus der Bevölkerung. Die Betreiber und die EinwohnerInnen der Katastralgemeinden Paasdorf und Lanzendorf begegneten sich am beschriebenen Bürgerinfotag.
Das Land Niederösterreich ist in seiner Funktion als Genehmigungsbehörde im Projekt involviert. Die Medien spielen lediglich eine untergeordnete Rolle: Da das Projekt nicht besonders umstritten war, fiel die Medienberichterstattung relativ gering aus.
1 Die Abbildung befindet sich ein einer größeren Auflösung im Anhang
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Die folgende Tabelle fasst noch einmal die beteiligten AkteurInnen mit ihrer Einstellung zum Projekt, ihren Erwartungen bzw. Befürchtungen sowie ihren Maßnahmen und Strategien zusammen.
Umfeldgruppe, Personen
Einstellung zum
Projekt
+ Erwartungen
- Befürchtungen Maßnahmen, Strategien
ImWind ++
evn naturkraft ++
+ baldige Realisierung des Projektes
-‐ Verzögerungen in der Genehmigungsphase
Öffentlichkeitsarbeit (Bürgerinfotage),
Kompromissfindung mit BirdLife
Senvion SE ++ + Verkauf möglichst vieler
WKA
BirdLife -‐
+ Einschränkung des Projektes
-‐ Beeinträchtigung des Lebensraums der Vögel
Empirische Beobachtungen, Aufzeigen der Problematik, Kompromissfindung mit Betreibern
Gemeinde
Mistelbach +
+ finanzieller Nutzen -‐ Beeinträchtigung des Landschaftsbildes / Tourismus
Vermeidung von Konflikten durch restriktive Vorgaben (2 km -‐
Abstandsregelung und Neuausweisung nur für Verdichtung/Erweiterung bestehender Windparks) Gemeinde
Gaweinstal n. v.
Land NÖ + + Ziele Energiefahrplan 2030 Genehmigung
Bevölkerung +/-‐
Liegenschafts-‐
eigentümer + + Pachteinnahmen
Unterzeichnung von
Vorabverträgen, Verpachtung an Betreiber
Medien +/-‐ geringe Berichterstattung
Tabelle 3: Überblick beteiligte AkteurInnen Paasdorf-Lanzendorf
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