• Keine Ergebnisse gefunden

3.3 Das Sozialkapital – Grundlage für Gesundheit in Organisationen

3.5.2 Gegenüberstellung ausgewählter Erhebungskonstrukte der Elemente „Treiber“

„Treiber“

In Tab. 11 sind die Kernkomponenten47 der „Treiber“ aufgeführt.

Das Netzwerkkapital (horizontale soziale Beziehungen), das sich auf die Qualität und die Quantität sozialer Beziehungen zwischen Beschäftigten der gleichen Hie-rarchie-elemente bezieht, wird durch Items zu den fünf Elementen (Skalen) Grup-penkohäsion, Kommunikation, sozialer „Fit“, Soziale Unterstützung und Vertrauen erfasst. Das Zusammengehörigkeitsgefühl wird durch das soziale Klima innerhalb des Teams, Integration aller Teammitglieder, gemeinsame Problemlösung und Ge-fühlsregulierung erfasst (Badura et al., 2013, S. 51,f.).

Ein wichtiger Indikator für die Qualität der Gruppenkohäsion ist der Zusammenhalt innerhalb einer sozialen Einheit (z.B. „In unserer Abteilung halten alle ganz gut zu-sammen.“) (ebd.).

Für die Kommunikation in einer Abteilung sind der Umgangston (z.B. „Der Um-gangston zwischen den Kolleginnen und Kollegen in unserer Abteilung ist meistens gut.“) wie auch das Ausmaß des Redens miteinander ausschlaggebend.

Der soziale „Fit“ beschreibt die zwischenmenschliche „Passung“ der Mitglieder ei-ner Gruppe; dabei geht es nicht darum, wie die Kollegen fachlich zusammenpas-sen, sondern ob das Miteinander auf menschlicher Ebene harmonisch ist. Ein ho-her sozialer Fit der Gruppenmitglieder (z.B. „In meinem Kollegenkreis fühle ich mich insgesamt sehr wohl.“) ist ein wichtiger Faktor für ein funktionierendes Ar-beitsteam (ebd., S. 52).

Soziale Unterstützung bezeichnet die Bereitschaft der Gruppenmitglieder, sich für-einander einzusetzen, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen (z.B. „Bei uns

47 Neben den drei genannten Kernkomponenten werden auch die immateriellen Arbeitsbedingun-gen und die Qualifikation der Beschäftigten zum Sozialkapital gezählt (s.o. Kapitel 3.3.2 bis 3.3.4, vgl. Badura et al., 2013).

in der Abteilung ist es üblich, dass man sich gegenseitig hilft und unterstützt.“) (ebd., S. 52).

Verlässlichkeit der Kollegen und die Möglichkeit, auch über persönliche Schwierig-keiten zu sprechen, spiegeln das Vertrauen innerhalb der Teams wider (z.B. „In unseren Abteilungen ist das gegenseitige Vertrauen so groß, dass wir auch über persönliche Probleme offen reden können.“) (ebd., S. 52).

In der Whitehall-Forschung finden sich Parallelen zu diesen Elementen nur im Be-reich „Schwierigkeiten (difficulties)“ des Konstrukts „Arbeit (work)“ („When you are having difficulties at work [...] [h]ow often do you get help and support from your immediate superior?“); sie sind mit den Items zur sozialen Unterstützung ver-gleichbar (siehe im Detail Tab. 11).

Das Führungskapital bestimmt sich durch die Intensität und die Qualität der Bezie-hungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten. Es wird definiert durch die sechs Konstrukte/Skalen Mitarbeiterorientierung, Kommunikation, Fairness und Gerech-tigkeit, Vertrauen, Akzeptanz des Vorgesetzten und soziale Kontrolle. Unter Mitar-beiterorientierung wird hier verstanden, dass die Führungskräfte sich für die Inte-ressen der Mitarbeiter einsetzen (Badura et al., 2013, S. 52). Sie zeigt sich bei-spielsweise in Zuhören, Einsetzen für die berufliche Weiterentwicklung der Mitar-beiter und Interesse an deren persönlichen Belangen. Die Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters ist ein weiteres wichtiges Element der Mitarbeiterorientierung (z.B.

„Mein direkter Vorgesetzter erkennt die Leistung seiner Mitarbeiter a n.“). Wie im Bereich soziale Beziehungen ist auch hier für die Qualität der Beziehung die Güte der Kommunikation entscheidend. Zu den Kennzeichen einer guten Kommunika-tion mit der Führungskraft zählen eine rasche und zuverlässige Weitergabe von Informationen über wichtige Inhalte (z.B. „Mein direkter Vorgesetzter informiert seine Mitarbeiter über alle wichtigen Dinge der Abteilung und des Unternehmens schnell und zuverlässig.“), gute Umgangsformen und ein „offenes Ohr“ für die Mit-arbeiter (Badura et al., 2013, S. 53). Eine faire und gerechte Behandlung (z.B.

„Mein direkter Vorgesetzter behandelt alle seine Mitarbeiter fair und gerecht.“) hat gerade in asymmetrischen Beziehungen wie denen zwischen Führung und Mitar-beitern einen besonderen Stellenwert, denn der Mitarbeiter ist durch seine schwä-chere Position in gewisser Weise von Fairness und Gerechtigkeit des Vorgesetzten

abhängig (ebd.). Vertrauen ist sowohl Grundlage als auch Folge einer guten Bezie-hung. Elemente einer hohen Akzeptanz des Vorgesetzten sind seine Funktion als Vorbild, die Anerkennung beziehungsweise Akzeptanz seiner Funktion als Chef und ein insgesamt gutes Verhältnis zwischen dem Vorgesetzten und seinen Mitarbei-tern (z.B. „Mein direkter Vorgesetzter ist ein Mensch, dem man in jeder Situation absolut vertrauen kann.“) (ebd.).

In der Whitehall-Studie II gibt es Items, die den Elementen „Mitarbeiterorientie-rung“ und „Kommunikation“ vergleichbar sind: Die Mitarbeiterorientierung wird mit zwei Items unter dem Aspekt „work-difficulties“ erhoben, das Element „Kom-munikation“ mit drei Items unter dem Punkt „work-clarity“ (siehe im Detail Tab. 11). Zu den anderen Elementen des Führungskapitals werden keine vergleich-baren Items abgefragt.

Das Wertekapital bezieht sich vor allem auf geteilte Überzeugungen und kollektive Wertvorstellungen sowie deren Umsetzung im betrieblichen Alltag. Es setzt sich zusammen aus gemeinsame Normen und Werte, gelebte Kultur, Konfliktkultur, Ko-häsion im Betrieb, Gerechtigkeit, Wertschätzung und Vertrauen (Badura et al.

2008; 2013, S. 53,f.). Gemeinsame Normen und Werte bilden das Kernstück der Unternehmenskultur (z.B. „In unserem Unternehmen gibt es gemeinsame Visionen bzw. Vorstellungen darüber, wie sich der Betrieb weiterentwickeln soll.“). Sie spie-geln sich im Konsens von Organisationsmitgliedern unterschiedlichen Ranges und unterschiedlicher Einheiten wider und spielen mit ihrer Funktion der Orientierung im Arbeitsalltag eine wichtige Rolle (Badura et al., 2013, S. 54). Solche Normen und Werte sind häufig in einem Unternehmensleitbild festgeschrieben ; ein solches lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, dass sie tatsächlich umgesetzt werden. Ge-lebte Werte und Regeln haben jedoch für die gesamte Belegschaft zentrale Bedeu-tung (ebd.) (z.B. „Bei uns setzen sich fast alle Beschäftigten mit großem Engage-ment für die Ziele des Unternehmens ein.“). Eine hohe Einigkeit zwischen Ge-schäftsführung und Belegschaft über Ziele und Grundsätze des Unternehmens ist Bedingung dafür, dass eine gemeinsame Vision umgesetzt und gelebt wird. Wei-tere Faktoren des Wertekapitals sind das Konfliktmanagement und der generelle Umgang mit Schwierigkeiten (ebd.). An der Art des Umgangs mit Problemen zeigt sich, wie mitarbeiterorientiert eine Unternehmenskultur ist (z.B. „Konflikte und

Meinungsverschiedenheiten werden in unserem Unternehmen sachlich und ver-nünftig ausgetragen.“). Weitere wichtige Bestandteile des Wertekapitals ist die von den Beschäftigten wahrgenommene Gerechtigkeit von Management oder Ge-schäftsführung (z.B. „Bei uns werden alle Beschäftigen gleich behandelt.“) und die Wertschätzung, die den einzelnen Mitarbeitern entgegengebracht wird (z.B. „Die Wertschätzung jedes einzelnen Mitarbeiters ist in unserem Unternehmen sehr hoch.“). Wenn sich die oberste Führung und die Arbeitnehmervertretung an ge-meinsamen Überzeugungen, Werten und Regeln orientieren, ist dies eine wichtige Grundlage für das Vertrauen, das den Mitarbeitern entgegengebracht wird. Ge-meinsame Ziele und ein ausgeprägter Teamgeist sind die Erfolgsformel für einen Zusammenhalt der Organisationsmitglieder auf allen Ebenen des Unternehmens (ebd.) (z.B. „Unser Unternehmen kann man fast mit einer großen Familie verglei-chen.“). Parallelen hierzu finden sich in der Whitehall-Forschung nur in einem ein-zigen Item des Konstrukts „Gerechtigkeit“ („I am treated unfairly at work.“). Das Konstrukt „Konfliktkultur“ wurde zwar in der 1. Phase (1985-1988) mit einigen Fra-gen erhoben, bei den späteren ErhebunFra-gen jedoch nicht weiter verfolgt.

Tab. 11: Gegenüberstellung der ausgewählten Erhebungskonstrukte der „Treiber“

Sozialkapital-Ansatz Whitehall II Studie

Elemente Items

Durchgehende Antwortka-tegorien:

5-stufige Likert-Skala:

- trifft überhaupt nicht zu - trifft eher zu

- trifft teilweise zu - trifft eher zu - trifft voll und ganz zu

Bereich Beispiel-Items48

Netzwerkkapital: Soziale Beziehungen Work Kohäsion

(Teamzusammen-halt)

1. In unserer Abteilung ge-hen wir zusammen durch dick und dünn.

2. In unserer Abteilung hal-ten alle ganz gut zusam-men.

3. In unserer Abteilung steht keiner außerhalb.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

48 Beispiel-Items: dort, wo die Fragebögen der Whitehall II Studie eine Vielzahl an Items pro Be-reich enthalten, erfolgen nur Auszüge und keine vollstänidge Auflistung.

Sozialkapital-Ansatz Whitehall II Studie Kommunikation 4. Der Umgangston

zwi-schen den Kolleginnen und Kollegen in unserer Abtei-lung ist meistens gut.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Sozialer „Fit“ 5. In meinem Kollegenkreis fühle ich mich insgesamt sehr wohl.

6. Die Kolleginnen und Kol-legen in unserer Abteilung passen menschlich gut zu-sammen.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Soziale Unterstüt-zung

7. In unserer Abteilung sind die Kolleginnen und Kolle-gen in hohem Maße bereit, sich füreinander einzuset-zen.

8. Bei uns in der Abteilung ist es üblich, dass man sich gegenseitig hilft und unter-stützt.

Difficulties When you are having difficulties at work[,]

[...]

- [h]ow often do you get help and support from your coIIeagues?

- [h]ow often are your colleagues willing to Iis-ten to your work-re-lated problems?

Antwortkategorien:

- often - sometimes - seldom - never Vertrauen 9. Wenn es nötig ist, kann

man sich auf die Kollegin-nen und Kollegen in unse-rer Abteilung verlassen.

10. In unserer Abteilung ist das gegenseitige Vertrauen so groß, dass wir auch über persönliche Probleme offen reden können.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Führungskapital: Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten

Work Mitarbeiter-

orientierung

1. Mein direkter Vorgesetz-ter hat für seine Mitarbei-ter immer „ein offenes Ohr“.

2. Mein direkter Vorgesetz-ter erkennt die Leistung seiner Mitarbeiter an.

3. Mein direkter Vorgesetz-ter achtet darauf, dass seine Mitarbeiter sich be-ruflich weiterentwickeln können.

Difficulties When you are having difficulties at work[,]

[...]

- [h]ow often do you get help and support from your immediate supe-rior?

- [h]ow often is your im-mediate superior willing to Iisten to your prob-lems?

Antwortkategorien:

- often - sometimes - seldom

Sozialkapital-Ansatz Whitehall II Studie

- never Kommunikation 4. Mein direkter

Vorgesetz-ter informiert seine Mitar-beiter über alle wichtigen Dinge der Abteilung und des Unternehmens schnell und zuverlässig.

5. Mein direkter Vorgesetz-ter ist für seine MitarbeiVorgesetz-ter ein echtes Vorbild.

6. Mein direkter Vorgesetz-ter wird von allen seinen Mitarbeitern als „Chef“ an-erkannt und akzeptiert.

7. Mein direkter Vorgesetz-ter versteht sich insgesamt sehr gut mit seinen Mitar-beitern.

Work – Clarity

Vergleichbare Items:

About consistency and clarity regarding your job.

- Do different groups at work demand things from you that you think are hard to combine?

- Do you get sufficient information from line management (your su-periors)?

- Do you get consistent information from line management (your su-periors)?

Antwortkategorien:

- often - sometimes - seldom - never Vertrauen 8. Mein direkter

Vorgesetz-ter steht zu dem, was er sagt.

9. Mein direkter Vorgesetz-ter ist ein Mensch, dem man in jeder Situation ab-solut vertrauen kann.

Keine ähnliche Itmes im Zusammenhang mit dem Arbeitsumfeld, nur in Bezug zur sozialen Unterstützung außer-halb der Arbeit

Fairness und Gerechtigkeit

10. Mein direkter Vorge-setzter behandelt alle seine Mitarbeiter fair und ge-recht.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Wertekapital: Organisationskultur Gemeinsame

Nor-men und Werte

1. Bei uns setzen sich fast alle Beschäftigten mit gro-ßem Engagement für die Ziele des Unternehmens ein.

2. Führungskräfte und Mit-arbeiter orientieren sich bei ihrer täglichen Arbeit sehr stark an gemeinsamen Regeln und Werten.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Konfliktkultur 3. Konflikte und Meinungs-verschiedenheiten werden in unserem Unternehmen sachlich und vernünftig ausgetragen.

In dem Bereich Konflikt-management finden sich keine vergleichba-ren oder ähnlichen Items.

Nur in Phase 1 (1985-1988) werden einzelne

Sozialkapital-Ansatz Whitehall II Studie

Fragen in Bezug zur The-matik Konflikt gestellt.

Kohäsion 4. Bei uns gibt es in allen Bereichen einen sehr gro-ßen Teamgeist unter den Beschäftigten.

5. Unser Unternehmen kann man fast mit einer großen Familie vergleichen.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Gerechtigkeit 6. Bei uns werden alle Be-schäftigten gleich behan-delt.

7. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es bei uns im Umgang mit den Beschäf-tigten fair und gerecht zu-geht.

8. Als Beschäftigter kann man sich voll und ganz auf unsere Unternehmenslei-tung verlassen.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Es konnte eine Frage in Bezug zum Thema (An-erkennung/ Respekt

„probs49”) gefunden werden:

Do you agree with the following statement?

If you do agree, please indicate to what extent you are distressed by it.

- I am treated unfairly at work.

Antwortkategorien:

- no

- yes, but not at all dis-tressed

- yes, somewhat distressed - yes, rather distressed - yes, very distressed Gelebte

Unternehmenskultur

9. In unserem Unterneh-men gibt es gemeinsame Visionen bzw. Vorstellun-gen davon, wie sich der Be-trieb weiterentwickeln soll.

keine entsprechenden oder vergleichbaren Items

Wertschätzung 10. Die Wertschätzung je-des einzelnen Mitarbeiters ist in unserem Unterneh-men sehr hoch.

Keine ähnlichen Items in Bezug zum Arbeitsum-feld nur in Bezug zum Thema Haushalt

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich für die Konstrukte „Führungskapital“

und „Wertekapital“ in den Items so gut wie keine Parallelen finden.

49 „Probs“ (Anerkennung/ Resepkt) sind im Whitehall-Fragebogen ein Konstrukt aus dem Bereich

„work“.