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4 Mevinsäuren

5.5 Synthese von ββββ -C-Glykosiden

5.5.2 Funktionalisierung des αααα -Ketozentrums

Da die bisherigen Reaktionen zur Darstellung des Cycloaddukts (-)-6 in der Arbeitgruppe H. M. R. Hoffmann weitestgehend bekannt waren, wurde dieser erste Syntheseteil zu einem frühen Zeitpunkt enantiomerenrein durchgeführt. Im folgenden wurden allerdings weitere Syntheseäste zuerst racemisch evaluiert. Als erste notwendige Transformation mußte nun die Einführung einer weiteren Sauerstoff-Funktionalität inα-Position zur Keto-Gruppe gelingen, um alle drei für C-Glykoside geforderten sekundären OH-Gruppen am späteren THP-Ring positioniert zu haben.

Die Einführung einer OH-Funktion α-ständig zu einer Ketofunktion (α-Oxidation von

204 Die diastereomeren Nebenprodukte wurden nicht isoliert und charakterisiert, da keine Verwendung für diese Substanzen bestand und die Produktverhältnisse und optischen Reinheiten literaturbekannt sind. Zu exakten Verhältnisse der Produkte siehe: a) Stark, C. B. W.; Eggert, U.; Hoffmann, H. M. R.Angew. Chem.1998, 110, 1337. b) Stark, C. B. W.; Pierau, S.; Wartchow, R.; Hoffmann, H. M. R. Chem. Eur. J. 2000, 6, 684.

Schema 5.5.1.3: Asymmetrische [4+3]-Cycloaddition nach C. B. W. Stark

OTES OMe O Me

Ph

Furan, TMSOTf, DCM, -95°C

O

O O Ph

Me

O

O

OMe O

O O Me Ph

5 (-)-6 129 (-)-7

52 % < 10 % < 10 %

Carbonylverbindungen) kann in der Organischen Chemie sowohl in einem einstufigen als auch in einem zweistufigen Prozeß durchgeführt werden.

Die Oxidation von Enolat-Anionen mit molekularem Sauerstoff und die anschließende Reduktion der entstandenen Hydroperoxid-Verbindung ist schon seit längerer Zeit bekannt.

Diese Methode führt jedoch nur zu guten Ergebnissen, wenn das anfänglich gebildete Hydroperoxid nur ein enolisierbares H-Atom besitzt.205 Eine andere Methode wurde von Vedjeset al. entwickelt, die Enolate stereoselektiv mit einem Molybdän(VI)peroxid-Komplex zu α-Hydroxyketonen oxidieren.206

Bei den zweistufigen Varianten wird aus der jeweiligen Carbonylverbindung zuerst ein Silylenolether hergestellt, der mit verschiedenen Reagenzien unter Oxidation zum Hydroxyketon umgesetzt wird. Dieser Ansatz sollte auch hier verfolgt werden, zumal schon Erfahrungen in der Arbeitsgruppe Hoffmann mit ähnlichen Substraten gemacht wurden.207

In der Literatur sind viele Reagenzien beschrieben, mit denen die Darstellung von α−Hydroxycarbonylverbindungen aus Silylenolethern gelingt. Dies ist nicht zuletzt auf das synthetische Potential solcher Verbindungen zurückzuführen. Zu diesen Reaktionen gehört die Rubottom-Oxidation208 mit m-CPBA oder Blei(IV)carboxylaten, die Oxidation mit Dimethyldioxiran209 (DDO), die Oxidation mit dem Davis-Reagenz210, Oxidationen mit hypervalenten Iodverbindungen211 sowie Oxidationen mit molekularem Sauerstoff212. In neuerer Zeit wurden Oxidationen mit Wasserstoffperoxid unter Metallkatalyse213 und mit einem HOF·CH3CN-Komplex214 berichtet, die im allg. ebenfalls gute Ergebnisse liefern.

Schließlich wurde auch eine katalytische, enantioselektive Oxidation mit Mangan(III)-Komplexen berichtet.215

Die Darstellung desα-Hydroxyketones fordert also zuerst die Synthese des entsprechenden Enolethers als Vorläufer. Zu diesem Zweck mußte das cyclische α-Alkoxy-Keton rac-6 regioselektiv deprotoniert werden. Die Untersuchung der regioselektiven Enolisierung von cyclischenα-Alkoxy-Ketonen ist in der Literatur bisher nicht erschöpfend behandelt worden,

205 Gardner, J. N.; Popper, T. L.; Carlon, F. E.; Gnoj, O.; Herzog, H. L. J. Org. Chem. 1968, 33, 3695.

206 Vedejs, E.; Marth, C. F. J. Am. Chem. Soc. 1990, 112, 3905 und darin zitierte Literatur.

207 Rose, I. Dissertation, Universität Hannover, 1997; Kim, H. Dissertation, Universität Hannover, 1999.

208 a) Rubottom, G. M.; Marrero, R. Synth. Commun. 1981, 11, 505. b) Rubottom, G. M.; Gruber, J. M.;

Marrero, R.; Juve Jr., H. D.; Kim, C. W. J. Org. Chem. 1982, 48, 4940.

209 Adam, W.; Hadjiarapoglou, L.; Wang, H. Tetrahedron Lett. 1989, 30, 6497.

210 Davis, F. A.; Sheppard, A. C.J. Org. Chem.1987,52, 954. Für eine Übersicht zur asymmetrischen Oxidation mit N-Sulfonyloxaziridinen siehe: Davis, F. A.; Chen, B.-C. Chem. Rev. 1992, 92, 919.

211 Eine Übersicht bietet: Wirth, T.; Hirt, U. H.Synthesis1999, 1271. Beispiele: a) Moriarty, R. M.; Prakash, O.;

Duncan, M. P.; Vaid, R. K.J. Org. Chem.1987,52, 150 und darin zitierte. b) Moriarty, R. M.; Duncan, M.

P.; Prakash, O.J. Chem. Soc. Perkin Trans. I1987, 1781. c) Dess, D. B.; Martin, J. C.J. Org. Chem.1983, 48, 4155. d) Meyer, S. D.; Schreiber, S. L. J. Org. Chem. 1994, 59, 7549.

212 Takai, T.; Yamada, T.; Rohde, O.; Mukaiyama, T. Chem. Lett. 1991, 281.

213 Oxidation in Gegenwart eines Rhenium-Komplexes: Stankovic, S.; Espenson, H.J. Org. Chem. 1998,63, 4129. Unter Verwendung eines Wolfram-Komplexes: Yamamoto, H.; Tsuda, M.; Sakaguchi, S. Ishii, Y.J.

Org. Chem. 1997, 62, 7174.

214 Dayan, S.; Bareket, Y.; Rozen, S. Tetrahedron 1999, 55, 3657.

215 Adam, W.; Fell, R. T.; Stegmann, V. R.; Saha-Möller, C. R. J. Am. Chem. Soc. 1998, 120, 708.

so daß eine allgemeingültige Vorhersage zur Regioselektivität nur auf Grund der Reaktionsbedingungen ( kinetische vs. thermodynamische Kontrolle) getroffen werden kann.216Schema 5.5.2.1 zeigt die beiden grundsätzlich möglichen Produkte in einer Synthese eines Enolethers aus rac-6.

Bei einer Vorhersage welches Produkt (Reaktionsweg A vs. B) entsteht, müssen die Art des Alkoxy-Substituenten, die genauen Reaktionsbedingungen und die sterischen Gegebenheiten sowohl der Base als auch des Substrats einbezogen werden, während die Basenstärke eine scheinbar untergeordnete Rolle spielt. Die Reaktion des Ketonsrac-6mit LDA als Base unter internal quench Bedingungen in Anwesenheit von TES-Cl und Triethylamin liefert regioselektiv den TES-Enolether rac-132 in sehr guter Ausbeute von 98 %.

Als Gründe für die beobachtete Regioselektivität kommen vor allem sterische Gegebenheiten in Betracht. Während der Alkoxy-Substituent die CH-Acidität des tertiären α−Zentrums aufgrund eines σ-Akzeptor-Effekts erhöhen sollte, scheint neben der sterischen Abschirmung durch die Phenylethyl-Gruppe ein entgegenwirkender π–Donor-Effekt die Deprotonierung der Methylen-Gruppe zu favorisieren. Zusätzlich ist eine ungünstige Wechselwirkung im Übergangszustand der Deprotonierung zwischen der auftretenden negativen Ladung am Kohlenstoff und dem sehr elektronenreichen benzylischen Sauerstoffatom denkbar, wodurch die eventuell erhöhte CH-Acidität an diesem α-Zentrum kompensiert werden könnte. Unter diesen Bedingungen konnte auch keine basische Equilibrierung des Alkoxy-substituierten α-Keto-Zentrums beobachten werden.

216 Zur Regioselektivität siehe: Parquette, L. A.; O'Neil, S. V.; Guillo, N.; Zeng, Q.; Young, D. G.Synlett1999, 1857 und darin zitierte Literatur.

Schema 5.5.2.1: Regioselektivität der Deprotonierung

O

Schema 5.5.2.2: Regioselektive Silylenolether-Synthese

O

1. THF, TES-Cl, -78°C 2. LDA, Et3N, -78°C

98 %

rac-132

Mit dem notwendigen Ausgangsmaterial sollte nun die Oxidation zum α-Hydroxyketon durchgeführt werden. Durch die konkav/konvex-Struktur des bicyclischen Enolethersrac-132 sollte der Angriff stereoselektiv von der konkavenβ-Seite (Moleküloberseite) aus erfolgen.217 Zusätzlich sollte durch die elektronenreiche Doppelbindung des Enolethers und geringe Überschüsse an Reagenz eine Chemoselektivität zu erhalten sein, die dafür sorgt, daß die Ethenobrücke nicht angegriffen wird. Während R. Dunkel für die Oxidation auf die Verwendung von DDO zurückgriff218, konnten Ergebnisse für die Oxidation mit m-CPBA an dem Enolether des meso-Ketons 3, die H. Reuter erhielt,219 auf das α-Alkoxy-Substituierte System übertragen und optimiert werden.220 Dabei wird in einem nicht gepufferten Lösungsmittelgemisch aus THF/H2O (1/1) gearbeitet, und im Gegensatz zu den modifizierten Bedingungen der Rubottom-Oxidation nach Jauch221 mögliche Nebenprodukte nicht basisch sondern sauer in das gewünschte α-Hydroxyketon rac-133 überführt.

Durch die Verwendung von Trifluoressigsäure (TFA) können Intermediate wie das silylgeschützte Epoxid 134 bzw. Hydroxyketal 135 unter Entschützung des Silylethers zum gewünschten α-Hydroxyketon rac-133 umgesetzt werden, das in einer Gesamtausbeute von 78 % isoliert wird.222 Damit ist die erste Hydroxyfunktion stereoselektiv in axialer Position

217 Die Untersuchungen von I. Rose an dem Enolether desmeso-Ketons3konnten hier als Anhaltspunkt dienen und wurden schließlich bestätigt, siehe: Rose, I. Dissertation, Universität Hannover 1997.

218 Die Oxidation des Enolethers des zu (-)-6 enantiomeren Bicyclus mit DDO liefert das gewünschte α−Hydroxyketon in 79 % Ausbeute, siehe: Dunkel, R. Disseration, Universität Hannover, 1999.

219 Reuter, H. Dissertation in Vorbereitung, Universität Hannover.

220 An den Optimierungsarbeiten waren H. Reuter und C. B. W. Stark maßgeblich beteiligt.

221 Jauch, J. Tetrahedron 1994, 50, 12903.

222 Als weitere Nebenprodukte wären ein silylgeschütztes Hydroxyketon und ein m-CBA-Ester in α-Position denkbar. Für das Ketal135als Intermediat spricht die Isolierung einer ähnlichen Verbindung ausgehend von einem TIPS-Enolether des cyclischen α-Alkoxy-Ketons. siehe: Dunkel, R. Dissertation, Universität Hannover, 1999, und auch Ref. 198.

Schema 5.5.2.3: Rubottom-Oxidation zum α-Hydroxyketon

O OOSiEt3

etabliert.Der direkte Zugang zu der inversen äquatorialen Stereochemie durch Oxidation mit hypervalenten Iodverbindungen und in situ Inversion dieser oder anderer α−Halogenverbindungen scheiterten,223 so daß zu diesem Zeitpunkt nur der Zugang zu den hybriden C-Glykosiden der Gulosid- und Galactosid-Serie möglich erschien (vgl. Schema 5.4.3).