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Fundamentall ¨osungen

Im Dokument Partielle Differentialgleichungen (Seite 39-48)

Beispiel 3.15. Es gilt f ¨ur die Delta-Distributionψδ=ψ, denn f ¨urφ∈ D(Rn)folgt hψδ,φi =hδ,()∗φi= (()∗φ)(0) =

Z

Rnψ(x)φ(x)dx=hψ,φi.

Diese Eigenschaft spielt eine wichtige Rolle bei der Bestimmung von Fundamen-tall ¨osungen, die wir im n¨achsten Abschnitt einf ¨uhren.

3.3 Fundamentall¨ osungen

Ziel dieses Abschnitts ist die L ¨osung von partiellen Differentialgleichungen L(u) = f inRn,

wobei Lein linearer formaler Differentialoperator der Ordnung kaufD(Rn)ist, L(φ) =

|α|≤k

cαDαφ, φ∈ D(Rn), undcαC(Rn),|α| ≤k.

Definition 3.16. Derformal adjungierte Operatorist definiert durch L(φ) =

|α|≤k

(−1)|α|Dα(cαφ), φ∈ D(Rn). Operatoren mit der Eigenschaft L= Lheißenformal selbstadjungiert.

Beispiele formal selbstadjungierter Operatoren sind L=, L= 2

∂t2c2.

Der formal adjungierte Operator ergibt sich durch partielle Integration, indem man alle Ableitungen auf die Testfunktion anwendet. Randintegrale verschwinden hierbei, da die Testfunktionen kompakten Tr¨ager inRn besitzen:

Z

RnL(φ)ψdx =

|α|≤k

Z

Rncα(Dαφ)ψdx =

|α|≤k

(−1)|α| Z

RnφDα(cαψ)dx= Z

RnφL(ψ)dx.

Der OperatorList daher die adjungierte Abbildung im Sinne von Satz 3.10. Wir k ¨onnen folglich die Anwendung vonLauf eine Distribution definieren durch

hL(u),φi=hu,L(φ)i, u ∈ D(Rn), φ∈ D(Rn).

Dies erlaubt die Definition verschiedener L ¨osungsbegriffe f ¨ur die Differentialgleichung L(u) = f.

Definition 3.17. SeienΩ⊂Rn eine offene Menge und f ∈ D().

(i)Die Funktion u heißtklassische L ¨osungvon L(u) = f , wenn uCk()und wenn sie die Differentialgleichung f ¨ur alle xl¨ost.

(ii) Die Abbildung u heißtdistributionelle L ¨osung von L(u) = f , wenn u ∈ D() und wenn L(u) = f im Distributionensinne gilt, d.h.hL(u)−f,φi =0f ¨ur alleφ∈ D(). (iii)Eine distributionelle L¨osung u, die inlokal integrierbar ist, heißt schwache L ¨o-sungvon L(u) = f .

Das folgende Lemma zeigt, dass der Begriff der distributionellen L ¨osung eine Er-weiterung des klassischen L ¨osungsbegriffs ist.

Lemma 3.18. Jede klassische L¨osung der Differentialgleichung L(u) = f ist auch eine distri-butionelle L¨osung. Ist umgekehrt u eine distridistri-butionelle L¨osung und uCk(), so ist sie auch eine klassische L¨osung.

Beweis. Sei uCk() eine klassische L ¨osung von L(u) = f. Dann folgt f ¨ur alle φ ∈ D()

hL(u)− f,φi = Z

(L(u)−f)φdx=0.

Also istu eine distributionelle L ¨osung. Sei umgekehrtuCk() eine distributionelle L ¨osung von L(u) = f. Dann erhalten wir f ¨ur alleφ∈ D()

0=hL(u)− f,φi = Z

(L(u)−f)φdx.

Dies impliziert nach Lemma 1.9L(u) = f inΩ.

Wesentlich f ¨ur die L ¨osung der Differentialgleichung ist der Begriff der Fundamen-tall ¨osung.

Definition 3.19. Seien L ein linearer formaler Differentialoperator wie zu Beginn dieses Abschnitts undξRn. Wir nennen eine distributionelle L¨osung von

L(Uξ) = δξ,

wobeiδξ die verschobene Delta-Distribution aus Beispiel 3.11 ist,Fundamentall ¨osung von Lmit Pol inξ.

Beispiel 3.20. Wir zeigen, dass die Funktion g,ξ) f ¨ur gegebenesξR, definiert durch

g(x,ξ) =

x(ξ1) : xξ

ξ(x1) : x >ξ, xR,

3.3 Fundamentall ¨osungen 41

−2 −1 0 1 2 −2

0

−2 2 0 2 4 6

x ξ

z

Abbildung 3.5: Fundamentall ¨osung g(x,ξ)aus Beispiel 3.20.

eine Fundamentall ¨osung von d2/dx2 mit Pol in ξ ist (siehe Abbildung 3.5). Dazu rechnen wir f ¨urφ∈ D(R)

hg′′,φi =hg,φ′′i = Z ξ

x(ξ1)φ′′(x)dx+ Z

ξ ξ(x1)φ′′(x)dx

= (ξ1)[(x)]ξ− Z ξ

φ(x)dx +ξ

[(x1)φ(x)]ξ − Z

ξ φ(x)dx

= (ξ1) ξφ(ξ)−φ(ξ)+ξ −(ξ1)φ(ξ) +φ(ξ) =φ(ξ).

Wegenhδξ,φi =φ(ξ)folgt die Behauptung.

Fundamentall ¨osungen liefern distributionelle L ¨osungen von L(u) = f, falls L ein Differentialoperator mitkonstantenKoeffizienten ist. Dies wird im folgenden Satz pr¨azi-siert.

Satz 3.21. Seien L ein linearer formaler Differentialoperator mit konstanten Koeffizienten und U0eine Fundamentall¨osung mit Pol in null.

(i)Dann istτξU0eine Fundamentall¨osung mit Pol inξ.

(ii)Ist f ∈ D(Rn), so ist u =U0f eine distributionelle L¨osung von L(u) = f . Beweis. (i) Seiφ∈ D(Rn). Dann folgt

hL(τξU0),φi =hτξU0,L(φ)i=hU0,τξL(φ)i = hU0,L(τξφ)i

=hL(U0),τξφi =hδ0,τξφi=hδξ,φi.

Die Gleichheit “∗” gilt nur bei konstanten Koeffizienten, da der Operator τξ dann nur auf die Testfunktion φwirkt. Wir erhalten L(τξU0) = δξ, d.h., τξU0 ist eine Funda-mentall ¨osung mit Pol inξ.

(ii) DaLkonstante Koeffizienten besitzt, folgt aus Lemma 3.14 und dann aus Beispiel

3.15

L(U0f) = L(U0)∗ f =δ0f = f.

Dies zeigt, dassU0f eine distributionelle L ¨osung ist.

Nach dem Satz von Ehrenpreis-Malgrange existiert zu jedem linearen formalen Dif-ferentialoperator mit konstanten Koeffizienten eine Fundamentall ¨osung. Der Beweis ist recht aufwendig und verwendet den Fortsetzungssatz von Hahn-Banach. Wir verwei-sen f ¨ur Details auf H ¨ormander [10].

In einigen F¨allen ist es m ¨oglich, eine Fundamentall ¨osung zu finden, die durch eine Funktion repr¨asentiert wird. Welche Gleichung sollte diese Fundamentall ¨osung erf ¨ul-len? SeiτξU0eine Fundamentall ¨osung mit Pol inξ. Dann folgt

φ(ξ) =hδξ,φi =hL(τξU0),φi=hτξU0,L(φ)i.

L¨asst sich nunτξU0durch eine FunktionU(x,ξ)darstellen, so muss die Gleichung Z

RnU(x,ξ)(L(φ))(x)dx=φ(ξ) f ¨ur alleφ∈ D(Rn) (3.4) erf ¨ullt sein. Diese Formel werden wir im folgenden Kapitel zur Bestimmung von Fun-damentall ¨osungen elliptischer Gleichungen verwenden.

43

4 Die Poisson-Gleichung

4.1 Fundamentall¨ osung und Greensche Funktion

In diesem Abschnitt suchen wir eine Fundamentall ¨osung der Poisson-Gleichung

u = f inRn und eine L ¨osung des Dirichlet-Randwertproblems

u = f inΩ, u= g aufΩ,

wobei Ω ⊂Rn ein beschr¨anktes Gebiet mitΩ ∈ C1 sei. Wegen Satz 3.21 (i) gen ¨ugt es, eine Fundamentall ¨osung mit Pol in null zu bestimmen, d.h. eine distributionelle L ¨osung von∆u =δ. Nach Beispiel 3.9 giltδ=0 aufRn\{0}. Wir suchen also eine Funktion, die die Laplace-Gleichung∆u =0 aufRn\{0}erf ¨ullt und eine Singularit¨at in null hat.

Die Symmetrie des Problems macht die Verwendung sph¨arischer Koordinaten plau-sibel. Dazu m ¨ussen wir den Laplace-Operator in sph¨arischen Koordinaten formulieren.

Sei dazur =|x| =qx12+· · ·+x2n und schreibev(r) =u(x). Wir rechnen Die Gleichung∆u=0 wird eine gew ¨ohnliche Differentialgleichung,

v′′(r) + n1

−1 −0.5 0 0.5 1

Abbildung 4.1:Fundamentall ¨osung des Laplace-Ope-rators f ¨urn=2. spezielle Konstanten c2 und c3 eine Fundamentall ¨osung liefert.

Der folgende Satz zeigt, dass dies tats¨achlich der Fall ist (siehe Ab-bildung 4.1).

Satz 4.1. Die lokal integrierbare Funktion U(r) = Koordinaten lautet das Integral ¨uber den Radialanteil

Z 1

0 U(r)rn1dr,

und dieses Integral existiert f ¨ur allen≥2. Damit istU(r)eine regul¨are Distribution. Wir m ¨ussen also gem¨aß der Formel (3.4), n¨amlich φ(ξ) = R

4.1 Fundamentall ¨osung und Greensche Funktion 45

B

e

(0) Ω

e

R

n Abbildung 4.2:Zur Definition vonΩε.

gilt, wobeiΩε = Rn\Bε(0) (siehe Abbildung 4.2). Der Grenzwert ist notwendig, daU im Ursprung eine Singularit¨at aufweist. Wir integrieren zweimal partiell gem¨aß dem Satz von Gauß:

Das erste Integral auf der rechten Seite verschwindet, da nach Konstruktion∆U =0 in Ωε. Es bleiben also nur die beiden Randintegrale abzusch¨atzen.

Die ¨außere Normale anεist gleich der negativen ¨außeren Normalen anBε(0), die in Radialrichtung weist. Daher ist∇U·ν=∂U/∂ν =−dU/dr. Die Absch¨atzung

ver-wenden wir den Mittelwertsatz der Integralrechnung: Es existiert ein xε∂Bε(0), so dass

Mit Hilfe von Satz 3.21 aus dem vorigen Abschnitt k ¨onnen wir eine L ¨osung der Poisson-Gleichung bestimmen.

Satz 4.2. SeienΩ⊂Rn ein beschr¨anktes Gebiet und f ∈ D(). DasNewton-Potential N(x) = (Uf)(x) =

Z

U(|xy|)f(y)dy (4.2) ist eine klassische L¨osung vonu= f in.

Beweis. Aus Satz 3.21 folgt, dass Uf eine distributionelle L ¨osung der Poisson-Glei-chung ist. Mit den Resultaten aus Abschnitt 3.2 folgt f ¨ur alleφ∈ D():

hUf,φi =hU,φR fi = Z

U(|y|)(φR f)(y)dy = Z

Z

RnU(|y|)f(xy)φ(x)dx dy, wobei(R f)(x) = f(−x)und die zweite Gleichheit wegenUL1loc()folgt. Daher ist

(Uf)(x) = Z

U(|y|)f(xy)dy = Z

U(|xz|)f(z)dz.

Weil f ∈ D(), k ¨onnen wirUf differenzieren, und es giltUfC(). Daher ist

Uf eine klassische L ¨osung.

Das Newtonsche Potential l ¨ost die Poisson-Gleichung, erf ¨ullt aber nicht unbedingt vorgegebene Dirichlet-Randbedingungen. Um dies zu erreichen, ben ¨otigen wir den Be-griff der Greenschen Funktion.

Definition 4.3. DieGreensche Funktion(erster Art) G ist definiert durch G(x,y) =U(|xy|)−hx(y), x,y, x 6=y,

wobei U die in Satz 4.1 definierte Fundamentall¨osung des Laplace-Operators und hxdie (ste-tige) L¨osung von

hx =0 inΩ, hx(y) =U(|xy|) f ¨ur y, (4.3) sind.

Die Greensche Funktion G ist f ¨ur festes x also eine Fundamentall ¨osung des Laplace-Operators, die zus¨atzlich homogene Dirichlet-Randbedingungen erf ¨ullt:

G(x,·) =δx inΩ, G(x,·) =0 aufΩ. (4.4) Kennt man eine solche Funktion, dann kann man eine explizite Formel f ¨ur C2() -L ¨osungen des Dirichletproblems der Poisson-Gleichung angeben. Dies f ¨uhrt auf die folgendeRepr¨asentationsformel.

4.1 Fundamentall ¨osung und Greensche Funktion 47

B

e

(x) Ω

e

x Ω

Abbildung 4.3:Zur Definition vonΩε.

Satz 4.4 (Repr¨asentationsformel f¨ur das Dirichlet-Problem). SeienΩ ⊂ Rn ein be-schr¨anktes Gebiet mit∂Ω ∈ C1, fC0(), gC0(Ω), und sei uC2()eine L¨osung ¨auße-re Normalenvektor an y ist. Wir bemerken, dass im Allgemeinen f ¨ur beliebige Funktionen fC0()und gC0(Ω)durch (4.5) nichteine L ¨osung des klassischen Dirichletproblems gegeben sein muss.

Beweis. Wegen der Singularit¨at vonU(|xy|)anx=yk ¨onnen wir nicht ohne weiteres in Integralen ¨uberRn partiell integrieren. Daher definieren wir ¨ahnlich wie im Beweis von Satz 4.1 f ¨ur ein beliebigesxdie Mengeε =\Bε(x). Integrieren wir zweimal behandelt werden, und wir erhalten im Grenzwertε0 den Wertu(x). Daher folgt

u(x) = − Da die Funktion hx, definiert in (4.3), harmonisch ist, erhalten wir durch zweimalige partielle Integration

Abbildung 4.4: L ¨osung des Randwertproblems

u=2 inΩ= [−1.5, 1.5]×[−1, 1],u= x2+y2 aufΩ.

Addieren wir (4.6) und (4.7), so folgt u(x) =−

Z

(U| {z }−hx

=0

)∂u

∂νu

∂ν(U| {z }−hx

=G(x,·)

)

ds+ Z

U(|xy|)−hx

| {z }

=G(x,·)

udy

= Z

g

∂νG(x,·)ds+ Z

G(x,·)f dy

und damit die Behauptung.

Im Allgemeinen ist es schwierig, die Greensche Funktion explizit zu bestimmen, und man ben ¨otigt numerische Verfahren. In Abbildung 4.4 stellen wir die L ¨osung des Randwertproblems∆u = f inΩ,u =gaufΩmitΩ = [−1.5, 1.5]×[−1, 1], f(x,y) = 2 und g(x,y) = x2+y2 dar. Die rechte Seite f kann als eine Kraft interpretiert werden, die auf den Graphen vonu wirkt, im Beispiel als eine konstante Kraft in Richtung der positivenz-Achse. Der Graph w ¨olbt sich daher in der N¨ahe des Ursprungs leicht nach oben.

Bei Problemen mit sehr einfacher Geometrie kann die Greensche Funktion explizit berechnet werden. Wir betrachten im folgenden Abschnitt zwei einfache Beispiele.

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