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Sebastián (16) habe ich im Frühjahr in Medellín, Kolumbien, kennengelernt.

Als er fünf Jahre alt war, haben ihn seine Eltern einfach zurückgelassen.

„Wahrscheinlich hatten sie kein Geld“, mutmaßt er.

Er hat nie wieder etwas von ihnen gehört. Damals griff ihn das Jugendamt auf und brachte ihn bei einer Pflegefamilie unter. Seit gut vier Jahren lebt er nun in der Ciudad Don Bosco, einer Einrichtung für Jungen, in der er eine gute Ausbildung erhält und in der er sich wohlfühlt. Später möchte er professioneller Tänzer oder Psychologe werden. meiner Pflegefamilie kam.

Dort hat es mir gut gefallen.

Aber eigentlich bin ich jeden

Tag glücklich. Jeden Tag danke ich Gott für die vielen Möglichkeiten, die mir geboten werden, auch hier in der Cuidad Don Bosco.

Was kannst du tun, damit du häufiger Glück erlebst?

S Ich liebe das Tanzen, auch weil ich dann nicht an andere Dinge denken muss, die mich vielleicht davon abhalten könnten, meinen Weg weiterzugehen. Ich will

meine Gefühle durch Musik und Tanz ausdrücken. Ich möchte immer besser und später ein professioneller Tänzer werden. Mit dem

Geld, das ich dann verdiene, möchte ich meine Pflege-eltern und Geschwister unterstützen.

Was müsste in Kolumbien passieren, damit die Menschen dort glück-licher zusammenleben?

S Viele Leute glauben, dass man alles mit Geld lösen kann. Sie glauben, dass, wenn man Geld hat, es einem gut geht. Das glaube ich nicht. Geld verändert die Menschen.

Entweder sie fühlen sich mit ihrem Geld schlecht, oder das Geld nimmt ihnen die Lust, mit den armen Men-schen zu teilen. Ich glaube, den meisten würde es besser gehen, wenn sie einfach tun, was ihnen gefällt. Gott hat jedem Menschen eine Fähigkeit gegeben. Diese Fähigkeit sollte man in sich

entdecken und sie dann leben. Wenn jemand zum Beispiel gut in Tischlerei ist, dann soll er oder sie das machen. Aber nicht, weil man es muss, sondern weil es einem gefällt.

Sebastián aus Kolumbien

Joana mit ihrem Verlobten Cemo

Joana (32) arbeitet seit 2006 auf der Kurfürstenstraße, einem bekannten Berliner Straßenstrich, um ihre Drogen sucht zu finanzieren.

Ihre Arbeit empfindet sie als schwierig. Ihre drei kleinen

Söhne leben bei Joanas Va-ter und in Pflegefamilien.

Mich beeindruckte, mit wel-cher Herzlichkeit sie mir be-gegnete und wie wichtig es ihr war, sich zu äußern. „Wir werden echt nie gefragt.

Dabei haben wir so viel zu erzählen“, war ihre spontane Reaktion.

Wann warst du das letzte Mal glücklich, Joana?

Obwohl mein Leben gerade ein bisschen scheiße läuft, bin ich glücklich. Mein Mann gibt mir so viel Kraft und positive Energie. Es ist die Art und Weise, wie er mich anguckt. Da spüre ich, wie sehr er mich liebt. Er ist mein Lebenselixier.

Was kannst du tun, damit du häufiger Glück erlebst?

J Ich bin seit 15 Jahren drogenabhängig. Heroin und Kokain. Ich müsste PETER lief mir an einem

Sonntagmorgen im Vikto-riapark über den Weg. Zu-erst war ich mir nicht sicher, ob ich ihn ansprechen soll.

Er kam mir unheimlich vor.

Umso erstaunter war ich von seinen Antworten, die er im breitesten Berlinerisch vor-trug. Einfach nur wunder-schön und sehr weise.

Wann warst du das letzte Mal glücklich, Peter?

P Glück ist doch ein Gefühl. Das kann ich doch immer haben.

Was müsste in deinem Leben passieren, damit du häufiger Glück erlebst?

P Nichts. Ich hab das Gefühl ja immer. Ich hab das

entwickelt. Mit einem Buch, das eine Frau aus Amerika geschrieben hat. Das habe ich drei Jahre lang durch-gearbeitet. Die Frau schreibt zum Beispiel: „Folge deiner Freude.“ Und Freude ist ja auch schon Glück. Die Frau ist der Wahnsinn. Aber ich empfehle keine Bücher, denn jeder liest daraus ja etwas anderes.

Was müsste in Europa passieren, damit die Menschen hier glück-licher zusammenleben?

P Das ist alles eine Frage des Bewusstseins und der Einstellung. Liebe ist die größte Kraft. Im Grunde ist es so einfach (lacht). Wenn du auf deine Prioritätenliste

„Liebe“ ganz oben, an die erste Stelle setzt und damit

durch den Tag gehst, dann guck mal, wie sich dein Leben ändert. Aber das muss ja jeder für sich selbst entscheiden. Andere ent-scheiden sich eben für Krieg.

Oder dafür, anderen Leuten zu schaden. It’s your choice!

Peter aus Berlin

Amirdokht (21) lernte ich auf einer Busfahrt von Yazd nach Shiraz kennen. Später traf ich sie dann noch mal in Teheran, wo sie

Drehbuch-schreiben studiert. Wann immer sie kann, reist sie kreuz und quer durch das ganze Land. Oft allein. Angst hat sie keine. Sie ist ein Frei-geist. Eine weise junge Frau, die mir sehr imponiert hat und mit der man wunderbar lachen kann.

Wann warst du das letzte Mal glück-lich, Amirdokht?

A Ich komme gerade aus Buschehr, von einem Musik-festival. Dort habe ich das Glück sehr intensiv erlebt.

Ich hatte das Gefühl, einfach nur zu schweben und war das glücklichste Mädchen der Welt.

Was kannst du tun, damit du häufiger Glück erlebst?

A Ich möchte mich selbst besser kennenlernen. Denn wenn du wirklich weißt,

dass du eine Seele in einem menschlichen Körper bist,

dann macht das einen großen Unterschied. Durch dieses Wissen entsteht Liebe.

Und ich denke, dass die Liebe die wichtigste Kraft im Leben eines Menschen ist. Zumindest ist sie das in meinem Leben.

Was müsste im Iran passieren, damit die Menschen dort glück-licher zusammenleben?

A Jeder Mensch hat einen einzigartigen Charakter.

Aber im Iran versucht man schon in der Schule, uns so zu schleifen, dass wir alle in die gleiche Box passen. Das ist traurig, denn die irani-sche Kultur ist reich und tief. Unsere Poeten haben sich mit der Philosophie des Lebens auseinander-gesetzt. Jeder Einzelne von uns könnte etwas so Einzigartiges machen. Aber in meinem Land sind viele Menschen deprimiert, weil wir all die Dinge, die uns wirklich ausmachen, ver-gessen haben. Stattdessen schlagen wir uns mit Sachen herum, die nicht wirklich von Bedeutung sind. Die Iraner sind ein sehr

freund-liches und liebevolles Volk, aber wir wissen im Moment nicht, wie wir unserer Liebe Ausdruck verleihen können, weil uns das Regime in so vielen Bereichen zensiert.

Amirdokht aus dem Iran

meine Therapie schaffen.

Und dann hätte ich gerne eine eigene Wohnung, in der ich mit meinem Mann und meinen drei Söhnen lebe.

Wenn das passiert, wäre ich der glücklichste Mensch auf der ganzen Welt.

Was müsste in Deutschland passieren, damit wir hier glücklicher zusammenleben?

J Unser Land sollte auf-hören, die ganzen Flücht-linge aufzunehmen. Oder sie sollten besser integriert werden. Die Leute tun mir ja auch leid. Ich hab schon Geschichten von Familien gehört, die ihre Kinder verloren haben. Das tut mir im Herzen weh. Denen

sollte mehr geholfen werden.

Und es sollte Jugendzentren geben, wo die jungen Leute lernen, wie man hier klarkommt. Aber manche Männer denken auch, wir Frauen hier sind Ware.

Die wollen Sex für fünf oder zehn Euro. Die fassen einen auch einfach an.

Einer hat mir zwischen die Beine gefasst, dem hab ich die Nase gebrochen.

Trotz allem bin ich aber ein sehr glücklicher Mensch. Ich habe ein positives Denken.

Ich geb auch vielen Leuten auf der Straße einfach mal so ein Kompliment, weil ich dann sehe, die freuen sich.

Und das ist doch was Schönes, anderen Leuten einfach mal so Input zu geben.

Judith Döker ist Schauspielerin, Fotografin und Buchautorin.

Weitere Infos und Interviews finden sich auf ihrem Blog www.drei-fragen-glueck.de

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