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Qualifizierungsgesellschaft im Landkreis Karlsruhe (BEQUA)

3 Leistungen der Jugendhilfe

3.1.1 Frühe Hilfen

Bei den Frühen Hilfen handelt es sich um einen präventiven Spezialdienst des Jugendamtes und des Gesundheitsamtes mit einem kostenfreien Beratungs-, Kurs- und Gruppenangebot für Schwangere und Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern (0-3 J.). Als soziales Frühwarnsystem verfolgen die Frühen Hilfen das Ziel, die Risiken für die Entwicklung eines Kindes frühzeitig zu erkennen, um negative Konsequenzen abzuwenden bzw. zu mildern sowie Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder zu verhindern.

Der Landkreis Karlsruhe hat mit der Teilnahme am Landesprogramm „Mutter und Kind“, das nach seiner Einstellung 2005 in Eigenregie als Eltern-Kind-Programm weitergeführt wurde, bereits langjährige Erfahrungen in der präventiven Familienhilfe.

Bundesweit einzigartig ist, dass das Team der Frühen Hilfen interdisziplinär besetzt ist und Fachkräfte aus dem Jugendamt und dem Gesundheitsamt Hand in Hand arbeiten: Sozialpädagoginnen, Ärzte, Familienhebammen, Familienkinderkrankenschwestern, Ehrenamtskoordinatorinnen und eine Netzwerkkoordinatorin. Dies kommt den Familien vor Ort sehr zugute; die Hilfen wirken daher breitgefächert und „wie aus einer Hand“. Je nach Art der Problematik können daher bei Bedarf auch Hausbesuche im Tandem (z. B. Sozialpädagogin – Familienhebamme) angeboten werden.

Durch das zum 01.01.2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz wurden die Angebote der Frühen Hilfen per Gesetz bundesweit zur Pflichtleistung erklärt. Kern dieser Pflichtleistung ist die Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multiprofessionellen Angebotes im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern, vor allem in den ersten Lebensjahren, für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter. Dies umfasst insbesondere Information, Beratung und aufsuchende Hilfen aber auch Angebote zum Aufbau elterlicher Erziehungs- und Beziehungskompetenzen.

Das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend unterstützt seit diesem Zeitpunkt u.a.

den Aus- und Aufbau der Netzwerke Frühe Hilfen und den Einsatz von Familienhebammen/

Familienkinderkrankenschwestern mit finanziellen Mitteln im Rahmen der sogenannten „Bundesinitiative Frühe Hilfen“. Inzwischen wurde zum 01.01.2018 die „Bundesinitiative Frühe Hilfen“ verstetigt und in eine „Bundesstiftung Frühe Hilfen“ umgewandelt, um den Städten und Landkreisen Planungssicherheit zu bieten. Die finanzielle Förderung durch den Bund bewegt sich für den Landkreis Karlsruhe bisher auf ähnlich bleibendem Niveau.

Die Angebote der Frühen Hilfen sind im Landkreis Karlsruhe breit aufgestellt und in allen 32 Gemeinden und Städten vor Ort präsent:

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Durch die vielfältigen, offenen und aufsuchenden Angebote der Frühen Hilfen werden Wege verkürzt und dadurch Chancen und Zugangsmöglichkeiten eröffnet. Die Mitarbeiterinnen der Frühen Hilfen verfügen über ein breitgefächertes Fachwissen und einen guten Überblick, was inner- und außerhalb des Hauses an Hilfen möglich ist. Die Frühen Hilfen stellen somit vielfach auch eine „Brücke“ zu den verschiedensten Diensten und Leistungen dar.

Für die Arbeit unerlässlich ist außerdem das landkreisweite Netzwerk Frühe Hilfen, in dem die verschiedensten Professionen und Institutionen aus den Bereichen der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens interdisziplinär und fallbezogen Hand in Hand arbeiten. Hierzu gehören u.a. auch mehrere Qualitätszirkel, die von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg zugelassen und zertifiziert wurden.

Eltern-Kind-Gruppen als niedrigschwelligen, flächendeckenden Zugang zu Familien mit Säuglingen und Kleinkindern - sozialraumorientiertes Arbeiten:

Die Eltern-Kind-Gruppen (14-tägig), Intensivgruppen für minderjährige Mütter (wöchentlich) und Elterncafés (1x monatlich) der Frühen Hilfen sind als niederschwelliges Angebot im gesamten Landkreis etabliert. Wichtig ist hierbei, dass sich die Angebote in die jeweiligen vor Ort-Gegebenheiten einfügen und die bestehenden Angebote ergänzen. Die Gruppen und Elterncafés finden daher in jeweils unterschiedlichen Örtlichkeiten wie z.B. in Familienzentren, Kindertagesstätten, Gemeindeverwaltungen oder im Mehrgenerationenhaus statt; manchmal haben die Gruppen auch ein „Einzugsgebiet“ von mehreren Gemeinden. Durch die sehr hohe Inanspruchnahme und Akzeptanz der Gruppen gibt es an den einzelnen Standorten teilweise mehr als eine Eltern-Kind-Gruppe. Die regelmäßige vor-Ort-Präsenz der Mitarbeiterinnen und die daraus resultierende enge Kooperation mit den jeweils regional unterschiedlichen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, Professionen, Trägern, Ehrenamtlichen und Einrichtungen sind für die tägliche Arbeit unerlässlich und dienen außerdem auch der Pflege und Weiterentwicklung des Netzwerks Frühe Hilfen.

Die regelmäßige Teilnahme von Eltern an den Eltern-Kind-Gruppen und Elterncafés

• unterstützt die Erziehungskompetenz von Müttern/ Vätern, stärkt die vertrauensvolle Eltern-Kind-Bindung, sensibilisiert für die Entwicklungsschritte des jeweiligen Kindes;

• dient der Reflexion von Erziehungsverhalten;

• führt aus Isolation, Passivität, Unsicherheit heraus;

• integriert in eine Gemeinschaft, schafft neue Kontakte, eventuell Freundschaften;

• ermöglicht soziales Lernen in beschütztem Rahmen;

• fördert die Entwicklung der Säuglinge und Kleinkinder durch verschiedenste Methoden und Zugänge.

Bei der Einrichtung und Durchführung von Intensivgruppen, wie z. B. für minderjährige Mütter, müssen aufgrund der schwierigen Grundkonstellationen andere Schwerpunkte gesetzt werden. Vorrangige Ziele sind hier u. a.:

• die grundsätzliche Einbindung in ein Betreuungs- und Versorgungssystem;

• das Auffangen von psychosozialen Belastungen (Armut, niedriges Bildungsniveau, Perspektivlosigkeit, Angst sich überhaupt auf eine Gruppe einzulassen …... );

• trotz der hohen Problemlagen eine sehr niedrigschwellige „Plattform“ für eine

„Erziehungsänderung“ zu bieten, da die Kinder in den Gruppenstunden stets mit dabei sind;

• eine teilweise Wochenstrukturierung zu erreichen;

• Zugang zu Gesundheitsthemen zu ermöglichen.

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Landkreiskarte Eltern-Kind-Gruppen und Elterncafés

Fallzahlenentwicklung:

Die Angebote der Frühen Hilfen werden landkreisweit sehr gut angenommen; die Fallzahlen sind gegenüber 2015 um 10,8 % gestiegen und auch die Zahl der Familien, die einen umfassenderen Hilfebedarf aufweisen, nimmt weiterhin sehr deutlich zu (gemeindebezogene Auswertung siehe Anhang G).

Über 80 % der Familien werden in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes erreicht (ca. 20 % in der Schwangerschaft, ca. 40-45% im ersten Lebenshalbjahr und ca. 20-25% im zweiten Lebenshalbjahr des Säuglings). Hierdurch ist das frühzeitige Erkennen von Risiken für die Entwicklung des Kindes und das Annehmen der vielfältigen Beratungsangebote der Frühen Hilfen sehr gut möglich.

Dies entspricht ganz dem Sinne des Leitziels “Frühe Prävention anstreben, späte Intervention überflüssig machen“.

Fallzahlenentwicklung der Frühen Hilfen:

Jahr 2012 2015 2016 2017 2018 Entwicklung in % zum Jahr 2015

Fallzahl 950 1.522 1.540 1.626 1.686 +10,78%

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