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Forstwirtschaft und Ökosysteme

Einführung

Aufgrund der Vielzahl von Gütern und Dienstleistungen, die sie bereitstellen, spielen natürliche Ökosysteme sowohl für das Klima als auch für die nachhaltige Entwicklung eine entscheidende Rolle. Dazu gehören die Regulierung von Wasserströmen, die Vermeidung von Erosion, die Verbesserung von Luftqualität und Bodenfruchtbarkeit und die Bildung eines Lebensraumes, in dem sich Biodiversität entfalten kann. Terrestrische und marine Ökosysteme sind außerdem wichtige Kohlenstoffsenken, die bisher jedes Jahr rund die Hälfte der globalen anthropogenen CO2-Emissionen binden (IPBES, 2019).

Veränderungen der Bodenbedeckung und Flächennutzung in Wäldern und in anderen natürlichen Ökosystemen können jedoch auch erhebliche Treibhausgasemissionen verursachen, insbesondere in Entwicklungsländern (FAO, 2020b).

Die Abholzung tropischer Wälder ist die größte Kohlendioxid-Quelle im Kontext solcher Veränderungen der Bodenbedeckung und Flächennutzung.

Obwohl sich die Abholzung verlangsamt, werden jährlich mindestens zehn  Millionen  Hektar Wald abgeholzt. Dies erzeugt etwa fünf  GtCO2e pro Jahr, was mindestens sieben Prozent der gesamten jährlichen anthropogenen Emissionen entspricht (Gibbs, Harris und Seymour, 2018; Ceres, 2020).

Vorangetrieben wird die Abholzung tropischer Wälder hauptsächlich durch die kommerzielle Landwirtschaft, um Soja, Palmöl, Holz und Rindfleisch in den Regenwäldern Amazoniens und Südostasiens zu produzieren (Lawson et al., 2014). Diese Rohstoffe werden weltweit gehandelt. Damit sind die großen Importeure China, die USA und die EU indirekt für einen großen Teil dieser Entwaldung verantwortlich (Pendrill et al., 2019). Im Kongobecken trägt die kommerzielle Landwirtschaft bislang nur zu einem geringen, aber schnell wachsenden Teil zur Entwaldung bei (FAO and UNEP, 2020). Darüber hinaus werden durch die Trockenlegung von Torfgebieten für die kommerzielle

Logging in lowland rainforest in Sabah Borneo. Photograph: Mint Images

Landwirtschaft etwa zwei GtCO2e pro Jahr emittiert (Global Peatlands Initiative, 2016). Gleichzeitig verursacht die Umwandlung von Küstenfeuchtgebieten weltweit jährlich etwa eine GtCO2e (Pendleton et al., 2012).

Der Klimawandel verschärft den bestehenden Druck auf Wälder und andere natürliche Ökosysteme und kann die Funktion des Waldes als Kohlenstoffsenke umkehren. Eine der größten Bedrohungen in diesem Zusammenhang sind Waldbrände. In Indonesien beispielsweise sind Waldbrände infolge von Trockenheit und Hitze zunehmend für die Entwaldung verantwortlich (Austin et al., 2019). Die Intaktheit der Wälder wird auch durch häufigeren Schädlingsbefall und andere Baumkrankheiten infolge des Klimawandels beeinträchtigt. Davon sind jährlich 35  Millionen Hektar betroffen. Solche Krankheiten wirken sich auf das Wachstum und die Überlebensrate der Bäume aus, was sowohl für Wildtiere als auch für Menschen schwere Folgen hat (Anderegg et al., 2020). Darüber hinaus führen zunehmende Dürreperioden zu einem Rückgang der Biomasseproduktion und zu einem Anstieg der Baumsterblichkeit.

Klimapolitische Maßnahmen, die auf Wälder und andere Ökosysteme abzielen, haben ein beträchtliches Minderungspotenzial. Bis 2030 können sie insgesamt bis zu einem Drittel der benötigten kosteneffizienten Emissionsminderungen liefern (Roe et al., 2019). Vermiedene Entwaldung, Aufforstung und Wiederaufforstung, Waldbewirtschaftung und andere naturbasierte Lösungen können die Netto-Emissionen um bis zu 24 GtCO2e pro Jahr reduzieren (Griscom et al., 2017). Der Schutz von Torfgebieten kann die Emissionen jährlich um etwa zwei  GtCO2e und Maßnahmen in Küstenfeuchtgebieten um etwa drei GtCO2e pro Jahr reduzieren (Roe et al., 2019).22

Die Natur bietet eine Reihe von nachhaltigen Lösungen zur Anpassung an den Klimawandel. Ökosystembasierte Anpassung (Ecosystem-based Adaptation, EbA) beispielsweise umfasst eine Reihe von Strategien, die darauf abzielen, Ökosysteme wiederherzustellen, sie zu erhalten und ihre Güter und Dienstleistungen in Einklang mit den Bedürfnissen des jeweiligen Ökosystems zu nutzen. Auf diese Weise kann EbA die Bevölkerung bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen (UNEP, 2015).

Der Ansatz wird vorwiegend in Entwicklungsländern umgesetzt, in denen die Bevölkerung oft in großem Ausmaß auf natürliche Ressourcen angewiesen ist, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß und je nach Ökosystem bieten sich unterschiedliche Lösungen an. Einige Beispiele für EbA sind: die Wiederaufforstung und die Wiederherstellung von Wassereinzugsgebieten in Bergregionen, um die Gefahr von Überschwemmungen und Erdrutschen zu verringern; die Rehabilitierung von Weideland in Trockengebieten und die Moorrenaturierung in Feuchtgebieten

22 Es ist zu beachten, dass die Kosteneffizienz nicht das einzige Kriterium für die Auswahl von Minderungsmaßnahmen sein sollte, da solche Maßnahmen mit komplexen Governance-Problemen und ungünstigen Rahmenbedingungen verbunden sein können, die ihre Umsetzung behindern.

sowie die Wiederaufforstung und Schaffung von Grünflächen in städtischen Gebieten, um diese vor Überschwemmungen zu schützen und Hitzewellen in Städten abzumildern (UNEP, 2019a).

Maßnahmen, die auf Wälder und andere Ökosysteme (z.  B. Mangroven, Flussökosysteme) abzielen, zeigen ebenfalls ein erhebliches Anpassungspotenzial. Waldökosysteme bieten Ökosystemleistungen auf lokaler Ebene. Diese verringern die Anfälligkeit von Gemeinden und der Gesellschaft für Ereignisse, die der Klimawandel verursacht hat: Überschwemmungen, Hitzewellen, Extremwetter, den Anstieg des Meeresspiegels und für klimabedingte, durch Vektoren übertragene Krankheiten. Damit wird die Fähigkeit der Menschen erhöht, sich an diese Veränderungen anzupassen. Da sich der Klimawandel auch auf die Wälder auswirkt, können Anpassungsmaßnahmen außerdem dazu beitragen, negative Auswirkungen zu verringern und die Ökosystemfunktionen zu erhalten.

Abbildung  28 veranschaulicht die Zusammenhänge zwischen den in den NDCs ausgearbeiteten landbasierten Strategien und dem Schutz und Erhalt terrestrischer Ökosysteme (Ziele des SDG 15 „Leben an Land“).

Abbildung 28 Klimaaktivitäten in den NDCs weltweit und ihre Verknüpfung mit dem Handlungsfeld Forstwirtschaft und Ökosysteme. Die inneren farbigen Balken zeigen den Anteil der NDC-Aktivitäten an, die für die SDG-Ziele relevant sind, und der äußere Kreis zeigt die Anteile dieser Aktivitäten an, die bestimmten Aktionstypen entsprechen (basierend auf dem NDC-SDG Connections Tool, www.

ndc-sdg.info).

SDG15 - Verknüpfungen mit dem Ziel Leben an Land

Das Programm REDD+23 schafft ein internationales Rahmenwerk zur Reduzierung von Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung in Entwicklungsländern. Es zielt darauf ab, Entwicklungsländern wirtschaftliche Anreize zu bieten, um Wälder zu erhalten und zu schützen und damit sowohl zu Minderungs- als auch zu Anpassungszielen beizutragen. 15 Jahre nach Einführung von REDD+ ist die Entwaldungsrate jedoch weiterhin hoch, auch wenn sie, abgesehen von Afrika, in den meisten Regionen langsam sinkt (FAO, 2020e).

Wird REDD+ nur auf lokaler Ebene umgesetzt, treten die Defizite des Rahmenwerks zutage. Weil sein Fokus auf Landnutzungsänderungen und auf dem damit verbundenen Ausbau kleinbäuerlicher Betriebe liegt, wird häufig die kommerzielle Landwirtschaft vernachlässigt – einer der Haupttreiber für die Abholzung tropischer Wälder. Oft verhindern auch ungünstige Rahmenbedingungen den Erfolg von REDD+-Maßnahmen. Um dem entgegenzuwirken, kann die Integration von REDD+ auf rechtlicher und nationaler Ebene ein förderliches Umfeld für transformative Veränderungen schaffen, einschließlich Governance und Engagement des Privatsektors.

In seiner derzeitigen Form bietet REDD+ jedoch keine ausreichenden wirtschaftlichen Anreize, um die großflächige Landrodung zu stoppen, die dem intensiven Anbau gewinnträchtiger Monokulturen wie Palmöl und Sojabohnen oder der Rinderhaltung dient. REDD+ schafft auch keine ausreichenden wirtschaftlichen Anreize, um den Abbau von Kohle oder Edelsteinen aufzuhalten (Skutsch und Turnhout, 2020).

Auch hier gibt es Ausnahmen von der Regel. Länder wie Costa Rica verfolgen proaktiv Green-Economy-Ansätze, um eine nachhaltige Landnutzung und waldbasierte Klimaschutzpolitik zu fördern. Sie können auch von Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Politik profitieren, wie sie im Rahmen internationaler Systeme wie REDD+ entwickelt werden. In der Tat ist Costa Rica als „Vorreiter bei der Entwicklung von Landnutzungsansätzen“

anerkannt und genießt „für den Einsatz für Naturschutz und seine nachhaltige Forstwirtschaft einen guten Ruf“ (Wallbott und Rosendal 2018).

23 REDD steht für Reducing Emissions from Deforestation and forest Degradation (dt.: Reduzierung von Emissionen aus Entwaldung und Walddegradierung) und ist ein von den Vereinten Nationen unterstütztes Rahmenwerk, das darauf abzielt, den Klimawandel einzudämmen, indem die Zerstörung von Wäldern gestoppt wird. REDD+ geht über die Entwaldung und Walddegradierung hinaus und schließt Walderhaltung, nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Vergrößerung der Kohlenstoffaufnahmekapazitäten von Wäldern ein (UN-REDD-Programm, 2020).

Die Weltmeere bedecken fast drei Viertel der Erdoberfläche. Sie speichern den größten Teil des Wassers der Erde, entweder in flüssiger Form oder als Eis (IPCC, 2019c). Die Ozeane spielen bei der Regulierung des Erdklimas eine zentrale Rolle, da sie einerseits CO2 aufnehmen und andererseits Wärme speichern und graduell abgeben. Darüber hinaus bieten die Meeres- und Küstenökosysteme mehr als drei  Milliarden  Menschen Nahrung.

Die Ozeane liefern auch Energie und haben eine Vielzahl positiver Wirkungen, unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Wohlbefinden, kulturelle Werte, Tourismus und wirtschaftliche Entwicklung. Damit haben sie bei der Umsetzung der meisten SDGs eine wesentliche Funktion (Haugan, Lubchenco und Pangestu, 2020). Darüber hinaus bieten die Weltmeere sehr viele Beschäftigungsmöglichkeiten und tragen rund 1,5 Billionen US-Dollar zur Weltwirtschaft bei (Haugan, Lubchenco und Pangestu, 2020).

Während die Meere seit den 1980er Jahren rund 30 Prozent der von Menschen ausgestoßenen CO2-Emissionen aufgenommen haben, bedroht der Klimawandel langfristig die Funktion der Ozeane als Kohlenstoffsenke. Minderungsstrategien für Meeresökosysteme, auch Blue-Carbon-Strategien genannt, umfassen die Wiederherstellung von bewachsenen