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3. METHODEN

3.2 Forschungskontext

3.2.1 Bildungswesen in Uganda

Eine Minderheit der ugandischen Kinder besucht im Alter von fünf bis sechs Jahren eine Nursery School, die weniger mit dem deutschen Kindergarten als mit der Vorschule verglichen werden kann. Die Primary School, vergleichbar mit der Grundschule in Deutschland, nimmt in der Regel Schüler ab dem siebten Lebensjahr auf (Country Profile, Uganda, 1998-99). Die Primarstufe umfaßt aber im Unterschied zur Grundschule sieben Jahre und endet mit dem sog. „Primary Leaving Examination“, einer Abschlußprüfung, deren erfolgreiches Bestehen eine Voraussetzung für die Aufnahme in die Sekundarstufe ist.

Die sog. „Lower Secondary School“ umfaßt vier Jahre und endet mit d em „Ordin ary Level Examination“, kurz „O -Level“ genannt, der mit dem Realschulabschluß vergleichbar ist. Das erfolgreiche Bestehen des O-Levels ist eine Voraussetzung für den Besuch einer „Higher Secondary School“. Diese umfaßt zwei Jahre und endet mit dem „Advanced Certificate of Education“, kurz A -Level, der vergleichbar mit dem Abitur eine Zulassungsvoraussetzung für den Besuch einer Hochschule ist. Die Schüler, die den A-Level bestehen, sind meist zwischen 18 und 20 Jahre alt. Die meisten Secondary Schools bieten neben dem Level-Abschluß auch einen A-Level-Level-Abschluß an, so daß die Schüler nach dem bestandenen O-Level-Abschluß dieselbe Schule weiterhin besuchen können (The 1991 Census; Volume I Demographic Characteristics of Population). Vergleichbar zur Mittelstufe des Gymnasiums in Deutschland werden die Schüler bis zum O-Level im Klassenverband unterrichtet. Die Kurse, die mit dem A-Level abschließen, sind vergleichbar zur Oberstufe dahingehend strukturiert, daß die Schüler bestimmte Fächer obligatorisch belegen müssen, aber auch individuelle Wahlmöglichkeiten zur Verfügung haben (mündliche Mitteilung der Direktoren, an deren Schulen die Datenerhebung durchgeführt wurde). Der entscheidende Unterschied der beiden Bildungssysteme liegt weniger in der unterschiedlichen Aufteilung der Primar- und Sekundarstufe als in der Organisation des Bildungswesens an sich. Im Gegensatz zu Deutschland wird das Schulwesen in erster Linie über Schulbeiträge finanziert, die von den Eltern direkt an die Schule zu entrichten sind (Country Profile, Uganda, 1998-99). Dieses System trägt zu starken Qualitätsunterschieden der Schulen und Unterschieden im Ausbildungsniveau der Schüler bei. Unabhängig davon, ob Schulen privat oder staatlich

geführt8 werden, lassen sich diese Qualitätsunterschiede finden (mündliche Mitteilung von Hr. Prof. Opolot und Hr. Dr. Baguma). Diese Unterschiede zeigen sich nicht zuletzt in der Ausbildung der Lehrer, der Ausstattung der Schule mit angemessenen Räumlichkeiten und Unterrichtsmaterialien, sowie der Höhe der Schulbeiträge.

Viele Primary Schools und die meisten Secondary Schools sind als Internate organisiert, so daß die meisten Schüler ab der Sekundarstufe nicht mehr zu Hause wohnen. Die Schulen nehmen aber meist einen gewissen Prozentsatz externer Schüler auf, die nach dem Unterricht nach Hause gehen oder falls sie entsprechend selbständig sind, privat in einer eigenen Unterkunft, oft mit anderen Schülern zusammen wohnen. Kampala bildet insofern eine Ausnahme, als daß es hier relativ viele Tagesschüler gibt, da es die Infrastruktur im Großraum Kampala erlaubt, auch Strecken von mehreren Kilometern mit öffentlichen Verkehrsmitteln problemlos zurückzulegen.

Ein wesentliches Problem im ugandischen Bildungswesen ist die hohe Rate der Schüler, die die Schule frühzeitig abbrechen, wobei Mädchen ungleich häufiger betroffen sind als Jungen (World Bank Study, 1996). So hat Uganda im Gesamtdurchschnitt eine Alphabetisierungs-rate von 55%; für Männer liegt diese Rate bei 65%, für Frauen bei 45%.

3.2.2 Charakterisierung der Schulen, die sich an der Datenerhebung beteiligten Die Schulen in Kampala lassen sich anhand der Auskünfte, die die Direktoren und Lehrer erteilten, folgendermaßen charakterisieren: In allen drei Schulen kommen die Schüler aus den unterschiedlichsten Einzugsgebieten von Kampala und gehören nach Einschätzungen der Rektoren überwiegend der Mittelschicht an. Die Schulen variieren hinsichtlich der Anzahl der Schüler zwischen 800 und 1 500 und hinsichtlich der Anzahl der Lehrer zwischen 36 und 76. Die Rate der Schulabbrecher liegt bei ca. 1%, was im Vergleich zu der Abbruchrate von 47%9 in der Gesamtpopulation aller Schüler, die eine weiterführende Schule besuchten, als sehr gering angesehen werden kann (vgl. Uganda National Council for Children, 1996). Eine der drei Schulen schätzte die Rate der Schulabbrecher für Mädchen doppelt so hoch ein als für Jungen. Die beiden anderen Schulen konnten hierzu keine genaueren Angaben machen. Der Anteil von Jungen und Mädchen variiert zwischen den Schulen und liegt schätzungsweise zwischen 50-60% für die Jungen und 40-50% für die

8 Die Bezahlung der Lehrer erfolgt bei staatlichen Schulen durch den ugandischen Staat, bei privaten Schulen durch die Schule selbst.

9 Die Angaben zur Gesamtpopulation beziehen sich auf das Jahr 1995.

Mädchen. Dennoch kann für ugandische Verhältnisse von einem relativ ausgewogenen Verhältnis gesprochen werden. Im Vergleich dazu lag der Anteil der Mädchen unter allen Schülern, die eine weiterführende Schule besuchten, bei 30% bis zum O-Level und bei 20%

bis zum A-Level (Uganda National Council for Children, 1996).

Die Schulen verfügen über ausreichende Räumlichkeiten für ihre Schüler und über genügend Unterrichtsmaterial, das u.a. über die Erhebung von Schulgeldern finanziert wird. Zwei der Schulen werden als Privatschulen geführt, eine als staatliche Schule. An eine der Schulen ist ein Internat angegliedert. Alle drei Schulen erhoben 1999 pro Trimester eine Schulgebühr zwischen 99 000 und 255 000 Ugandische Schilling (zwischen ca. 120 DM und 320 DM) für einen Tagesschüler. Das Ausbildungsniveau der drei Schulen dürfte sich leicht unterscheiden. Die Markerere High School und das Markerere College kooperieren mit der Markerere Universität und haben ein etwas höheres Niveau als die Lubiri Secondary School.

Die Konstanzer Schulen dürften sich von den Schulen in Kampala im Wesentlichen in ihrer Organisation, Unterrichtsdauer und in ihrem höheren Ausbildungsniveau unterscheiden. Die Anzahl der Schüler variiert je nach Schule zwischen ca. 420 und 900 Schülern und die Größe des Lehrerkollegiums zwischen 50 und 70 Lehrern. Es handelt sich um staatliche Schulen, deren Besuch nicht mit Schulgebühren verbunden ist. Vereinzelt muß für Bücher selber aufgekommen werden, ansonsten wird das Lernmaterial weitgehend von der Schule gestellt. Die Räumlichkeiten sind moderner ausgestattet als in Kampala, wobei eine der Secondary Schools in Kampala auch über einen eigenen PC-Pool verfügt. Deutsche Schüler verbringen durchschnittlich weniger Zeit in der Schule. Ein typischer Schultag in Uganda beginnt um acht Uhr morgens und endet zwischen vier und fünf Uhr nachmittags.

Die außerhalb der Schule liegenden Lebenskontexte der ugandischen Jugendlichen betreffen vorwiegend das elterliche Zuhause oder den Kontext der Gleichaltrigen und können nur sehr oberflächlich und anhand eigener subjektiver Beobachtungen beschrieben werden: Der Alltag wird selbst in einer Großstadt wie Kampala vom beinahe täglichen Zusammenbruch der Stromversorgung geprägt. Für Stunden funktioniert von der Raumbeleuchtung über den Herd bis hin zum Fernsehapparat kein elektrisches Gerät mehr, was Alltagsaktivitäten erheblich erschwert oder verzögert. Da die Familien durchschnittlich größer als in Deutschland sind, wird ein großer Teil der anfallenden Haushaltsarbeiten an die Kinder übertragen. Die Intensität, mit der ugandische Jugendliche in diese Pflicht eingebunden sind, dürfte von Familie zu Familie variieren. Dennoch werden ugandische Jugendliche durch-schnittlich weniger Zeit zur freien Gestaltung haben als deutsche Jugendliche, so daß meist

nur am Wochenende oder in den Ferien Freizeitaktivitäten nachgegangen werden kann.

Beliebt sind hier Sport und Theaterspiel; wobei ugandische Jugendliche im Vergleich zu deutschen Jugendlichen kaum in Vereinen organisiert sind. In Uganda kann sich lediglich eine Minderheit, die überwiegend der Oberschicht angehört, kostspielige Freizeitaktivitäten leisten. Unter diesem Aspekt gesehen unterscheiden sich die Lebenskontexte der Jugend-lichen sehr deutlich.

In beiden Kulturen treffen sich Jugendliche untereinander, um Kontakte aufrechtzuerhalten und sich auszutauschen. In der ugandischen Gesellschaft nehmen gegenseitige Besuche ohnehin einen sehr hohen Stellenwert ein. Da auch in der wohlhabenderen Mittelschicht nicht jeder Haushalt über ein Telefon verfügt, wird um so mehr Wert auf gegenseitige Be-suche gelegt. Soeben begonnene Aktivitäten werden oftmals unterbrochen, um einen Gast willkommen zu heißen. Gastfreundschaft wird in der ugandischen Gesellschaft sehr hoch geschätzt und auch in Kampala, das hinsichtlich Hektik und Betriebsamkeit mit westlichen Großstädten vergleichbar ist, gilt es als sehr unhöflich, einen Besucher abzuweisen, oder

„keine Zeit zu haben“. Au ch Jugendliche verhalten sich entsprechend und besuchen sich entweder gegenseitig oder kümmern sich zu Hause um Gäste der Eltern. In diesem Sinne ließ sich -aus subjektiver Perspektive beobachtet- immer wieder eine ausgeprägte gemeinschaftliche Ausrichtung im Alltag der ugandischen Jugendlichen feststellen.