• Keine Ergebnisse gefunden

2. Gesellschaftliche Akzeptanz

2.1 Formen und Relevanz

Gesellschaftliche Akzeptanz ist eine wichtige Voraussetzung für eine gedeihliche Zukunft des Ackerbaus und der Grünlandwirtschaft in Niedersachsen. „Gesellschaftliche Akzeptanz“ ist allerdings ein schwer zu fassender Begriff. Oft ist es das Fehlen gesellschaftlicher Akzeptanz, das sich in öffentlich wahrnehmbaren Formen und Unzufriedenheit äußert. Umso wichtiger ist eine proaktive Kommunikation zwischen Landwirtschaft und allen Teilen der Gesellschaft, die die Problemlagen frühzeitig erkennt und aufnimmt, um rechtzeitig reagieren – oder noch besser:

agieren – zu können.

Gesellschaftliche Akzeptanz bzw. ihr Mangel können in ganz unterschiedlichen Bereichen auftreten: Sie kann sich im politischen Bereich äußern, z. B. im Wahlverhalten im Rahmen der repräsentativen Demokratie, aber auch in direktdemokratischen Verfahren, wie der Initiierung von Volksbegehren und Bürgerentscheiden. Aber auch andere, niedrigschwelligere öffentliche Aktivitäten zur politischen Willensbildung und Einflussnahme sind hier zuzurechnen.

Gesellschaftliche Akzeptanz schlägt sich auch im Kaufverhalten nieder. Allerdings muss berück-sichtigt werden, dass die Transparenz über Produkte und Produktionsweisen am Verkaufspunkt für die Verbraucher und Verbraucherinnen gering ist. Zudem treffen viele ihre Kaufentscheidun-gen unter ökonomischen EinschränkunKaufentscheidun-gen: Nachfragetendenzen in den Konsumentenmärkten sind daher besonders vorsichtig und differenziert zu interpretieren.

Im Kontext der gesellschaftlichen Akzeptanz ist auch die Neigung von Bürgerinnen und Bürgern zu sehen, sich auf dem Rechtsweg um die Einhaltung rechtlicher Vorschriften zu bemühen.

Und – last, but not least – äußert sich gesellschaftliche Akzeptanz auch im alltäglichen Zusam-menleben und persönlichen Umgang der Menschen miteinander.

Die Interpretation dieser verschiedenen Arten gesellschaftlicher Akzeptanz fällt bisweilen schwer, weil sich einzelne Menschen in ihren unterschiedlichen Rollen, z. B. als Bürger oder als Verbrau-cher, unterschiedlich verhalten können. Auch können die Haltungen der gleichen Person zu einer Frage unterschiedlich ausfallen, wenn einerseits diese Frage grundsätzlich entschieden werden soll oder andererseits eine persönliche Betroffenheit einbezogen wird.

Alle, die an der Landwirtschaft – hier insbesondere dem Ackerbau und der Grünlandbewirtschaf-tung – beteiligt sind, sei es in der Produktion, in den vor- und nachgelagerten Stufen der Wert-schöpfungskette, als Anwohner oder Anwohnerin, Verbraucher oder Verbraucherin oder Bürger oder Bürgerin, aber auch als Politik und Verwaltung, sollten ein Interesse an einem ausreichend hohen Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz des Ackerbaus und der Grünlandwirtschaft haben.

2. Gesellschaftliche Akzeptanz

öffentlichen Mittel, die bislang dem Sektor in erheblichem Maße zur Verfügung gestellt werden, durch gerichtliche Auseinandersetzungen oder schlicht durch Beeinträchtigungen des alltäglichen Zusammenlebens.

2.2 „Problemzonen“ der gesellschaftlichen Akzeptanz

In jüngerer Vergangenheit mehren sich Zeichen einer erodierenden Akzeptanz der Landwirt-schaft, die auch den Ackerbau und das Grünland betreffen. Ein prominentes Beispiel ist die in einigen Bundesländern erfolgte bzw. geplante Initiierung von Volksbegehren. Viele Menschen zeigen damit deutlich, dass sie die derzeitige Form der Landwirtschaft nicht mehr akzeptieren und eine Änderung beispielsweise hin zu mehr Artenschutz wollen. Aber auch im alltäglichen Leben berichten Landwirte und Landwirtinnen und ihre Familien über einen rauer werdenden Umgangston, wenn es um die Bewertung ihrer landwirtschaftlichen Aktivitäten geht, der für vie-le Betroffene psychisch belastend ist. Denn für vievie-le ist die Landwirtschaft nicht „nur“ ein Beruf, sondern das Lebensmodell – oft seit Generationen.

Verschiedene Entwicklungen tragen zu weniger gesellschaftlicher Akzeptanz bei, insbesondere sind das:

a. Biodiversität

Der Rückgang der Agrarbiodiversität, insbesondere bei Fluginsekten (Bienen) und Vögeln, aber auch im Bereich der Pflanzenwelt, wird von einer großen Anzahl von Menschen als problematisch angesehen und zu einem guten Teil den Aktivitäten der Landwirtschaft zu-gerechnet. Andere Ursachen spielen zwar auch eine Rolle, doch ist klar, dass im Kontext der Entwicklung einer Ackerbau- und Grünlandstrategie für Niedersachsen die Auswirkungen des Ackerbaus auf die Biodiversität mit im Vordergrund stehen müssen.

b. Emissionen

Hierzu zählt der durch die Düngung und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ver-ursachte Eintrag von Stoffen verschiedenster Art in Grundwasser, Luft und Böden. Insbeson-dere im lokalen und regionalen Kontext sind von Anwohnern wahrgenommene Gerüche, Staub, Abdrift von Pflanzenschutzmitteln, Lärm und die Verkehrsbelastung zu nennen.

Die aktuelle Debatte um den Klimawandel betrifft auch die Landwirtschaft, die hohe hausgasemissionen aufweist. Nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz sind die jährlichen Treib-hausgasemissionen der Landwirtschaft bis 2030 gegenüber 2014 um 14 Mio. t CO2-Äq auf 58 Mio. t CO2-Äq zu reduzieren.

c. Landschaftsbild

Durch Reduktion von Landschaftselementen, wachsende Schlaggrößen, verringerte und einseitige Fruchtfolgen oder Grünlandumbruch wird das Landschaftsbild sowohl von Menschen, die in ländlichen Räumen leben, als auch von jenen, die sie nur zu Reisen oder Erholungszwecken aufsuchen, als beeinträchtigt wahrgenommen. Die Flächenversiegelung durch nicht landwirtschaftliche Aktivitäten verstärkt diesen Eindruck und trägt aufgrund zunehmender Flächenkonkurrenz auch zu einer Intensivierung der Landnutzung durch die Landwirtschaft bei.

d. Subventionen

Der hohe Grad der Unterstützung der Landwirtschaft durch öffentliche Mittel wird häufig kritisch wahrgenommen: In den Dörfern, in denen das Wissen um die Höhe erhaltener Sub-ventionen auch durch verbesserte Informationsbereitstellung ausgeprägter ist, ist das Thema dauerhaft präsent. In der breiten Öffentlichkeit wird es durch besondere Anlässe – wie z. B. die Debatte um die „Dürrehilfe“ im Jahr 2018 – verstärkt wahrgenommen. Auffällig ist, dass i. d. R. nicht die Unterstützung der Landwirtschaft durch die öffentliche Hand per se als negativ wahrgenommen wird, sondern kritisch hinterfragt wird, wofür die Gelder ausbezahlt werden. Die Kopplung an die Erfüllung von Umweltauflagen muss in diesem Zusammenhang verstärkt und besser öffentlich kommuniziert werden.

e. Wasser

Die Nutzung von Wasser für die Beregnung und die daraus entstehende Konkurrenz um Wasserressourcen ist in vielen Landesteilen Niedersachsens schon seit Jahren ein wichtiges Thema. Im Zuge des Klimawandels wird sich die Frage der Konkurrenz zwischen Trinkwas-serversorgung, landwirtschaftlicher Beregnung und Industrie weiter ausweiten und inten-sivieren. Dies gilt umso mehr, da die Grundwasserqualität zum Teil auch von der Düngung beeinträchtigt wird. Das Thema „Düngung“ wurde durch die Klage der Europäischen Kom-mission gegen die Bundesrepublik Deutschland verstärkt in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt.

Den genannten fünf Themenfeldern ist gemeinsam, dass darin das Verhältnis von Eigentums-rechten und ihren Grenzen zum Ausdruck kommen. Die Grenzen dienen dem Schutz der Rechte anderer Personen, öffentlicher Güter oder der öffentlichen Daseinsvorsorge. Dieses Spannungs-verhältnis ist schon im Grundgesetz (Art. 14) aufgegriffen, es scheint im Hinblick auf die Land-wirtschaft in den letzten Jahren verstärkt relevant für die öffentliche Debatte zu werden, sei es, weil die Externalitäten der Landbewirtschaftung zunehmen, sei es, weil die Aufmerksamkeit für die Problematik gewachsen ist.

Neben den genannten Problembereichen gibt es weitere gesellschaftliche Entwicklungen, die die öffentliche Debatte um die Landwirtschaft und die gesellschaftliche Akzeptanz des Ackerbaus und der Grünlandnutzung beeinflussen: So haben Ernährungsfragen in den letzten Jahren er-heblich an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft nicht nur die Lebensmittelsicherheit.

Das Thema Ernährung unterliegt vielfältigen neuen Trends. Auch die hohe Sensibilität von potenziellen Unverträglichkeiten und Allergien im Ernährungsangebot prägt zunehmend die gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Hinzu kommen Aspekte von Ethik und Moral, Umwelt und Klima als auch die Frage nach Regionalität und Saisonalität, die das Verbraucherverhalten be-einflussen. Besonders deutlich wird die Frage der beanspruchten Ressourcen (Energie, Boden, Wasser, Arbeitskraft etc.) zur Nahrungsmittelproduktion in Bezug auf Lebensmittelabfälle und -verschwendung und letztlich die Lebensmittelwertschätzung.

Hier tut sich ein gewisses Potenzial für den heimischen Ackerbau und die Grünlandbewirtschaf-tung auf, um gesellschaftliche Akzeptanz zu erzielen. Voraussetzung hierfür ist eine möglichst gute Transparenz und Kommunikation über die Variablen der gesamten Wertschöpfungskette. Es muss darum gehen, Qualitätsmerkmale, umweltschonende Produktionsweisen, Regionalität und

Gerade bei Qualitätssicherungsprozessen innerhalb der Wertschöpfungskette könnten sich für den niedersächsischen Ackerbau und die Grünlandwirtschaft neben Aufwendungen auch verbes-serte Absatzchancen ergeben. Dies gilt z. B. auch für die Weidehaltung, die von größeren Bevöl-kerungsteilen aus mehreren Gründen als positiv wahrgenommen wird. Diesen Chancen stehen aber auch Risiken durch veränderte Nachfrage insbesondere nach Futtermitteln gegenüber. Auch wird die Nutzung von (potenziellen) Nahrungsmitteln zu anderen als Ernährungszwecken (ins-besondere im Bereich der Nutzung nachwachsender Rohstoffe für Bioenergiegewinnung) nach wie vor in Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen. Mit der Gewinnung erneuerbarer Energien in Biogasanlagen, durch auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen errichtete Windkraftan-lagen oder mit auf Stall- und Hallendächern platzierten Photovoltaik-Modulen trägt der ländliche Raum jedoch einen erheblichen Teil zur bundesweit verfolgten Energiewende bei.

Die gesellschaftliche Akzeptanz des Ackerbaus und der Grünlandwirtschaft wird auch dadurch verstärkt beeinträchtigt, dass es nicht nur zwischen den oben genannten Bereichen, sondern auch mit anderen Aufgaben der Agrarpolitik, wie der Sicherstellung der Versorgung und der Einkommen der landwirtschaftlichen Bevölkerung, komplexe Interdependenzen und Zielkonflikte gibt. Diese werden von vielen gesellschaftlichen Akteuren außer- und innerhalb der Landwirt-schaft nicht hinreichend wahrgenommen.

Gleiches gilt aber auch für produktionstechnische und -organisatorische Verfahren, diese Zielkon-flikte zu überwinden oder zu begrenzen. Dies gilt umso mehr, als die ökonomischen Rahmen-bedingungen der Landwirtschaft durch die Marktöffnungen der letzten zweieinhalb Jahrzehnte komplexer geworden sind.

Eine verbesserte Kommunikation und Bildung können hier eine positive Wirkung erzielen. Eine Kommunikation über Zielkonflikte kann aber nur wirkungsvoll sein, wenn sie glaubhaft ist und die Zielkonflikte klar benennt und nicht ausspart. Transparenz ist hier wichtig, ebenso wie das Vertrauen der Gesellschaft darauf, dass die Produktionsprozesse in der Landwirtschaft ordnungs-gemäß verlaufen. Regelverstöße, die dieses Vertrauen erschüttern, gefährden die Akzeptanz.

In lokalen und regionalen Kontexten kann eine offene Kommunikation dazu beitragen, dass einerseits Beeinträchtigungen der Anwohner reduziert werden und andererseits Verständnis für die mit der agrarischen Produktion einhergehenden und bisweilen kaum ganz zu vermeidenden Emissionen geweckt wird. Viele Probleme lassen sich durch gegenseitiges Verständnis und Rück-sichtnahme deutlich reduzieren.

2.3 Was kann getan werden, um die gesellschaftliche