• Keine Ergebnisse gefunden

7 Schlussfolgerungen und Empfehlungen

7.1 Schlussfolgerungen und Empfehlungen für Tansania und Senegal

7.1.1 Forderungen an Drittländer

Marktzugang

Der Zugang von Tansania und Senegal zu Industrieländermärkten wird vor allem über Handelspräferenzen sichergestellt, die in den letzten Jahren auch im Agrarbereich deutlich ausgedehnt wurden. Bei aller Kritik an Handelspräferenzen können sie gerade

für LDC eine wichtige Möglichkeit sein, trotz ihrer Schwächen vom internationalen Handel zu profitieren. Verbesserungen wären zu sehen in der Ausdehnung der EBA-Initiative (zoll- und quotenfreier Zugang für alle Agrarprodukte) auf alle Industrielän-der, einer Standardisierung von Herkunftsregeln und einer längerfristigen Bindung und vertraglichen Absicherung der Präferenzen.99

Die Reduzierung von tarifären Handelsbarrieren anderer Entwicklungsländer für LDC ist eine Forderung, die bisher nur vereinzelt explizit erhoben wird. Diese Barrieren sind allgemein höher und Zolleskalation entsprechend des häufigen Schutzes von Verarbei-tungsindustrien sind weiter verbreitet als in Industrieländern. Die Öffnung wäre auch deshalb wichtig, weil diese Länder die dynamischsten Agrarmärkte besitzen. Präferen-zen von Entwicklungsländern für LDC werden aber erst zaghaft eingeführt.

Es muss LDC allerdings klar sein, dass Präferenzen einen vorübergehenden Wert haben und Präferenzerosion eine „natürliche“ Folge der weltweiten multinationalen, regiona-len und bilateraregiona-len Handelsabkommen ist, die auch von den LDC mit gefordert und getragen werden. Eine Festschreibung von Präferenzen oder Quoten ist, auch aus ent-wicklungspolitischen Gründen, umstritten und dauerhaft kaum gegen andere Entwick-lungsländer durchzusetzen. Kompensation wird es nur in wenigen, eindeutigen Fällen geben (z.B. Zucker in Tansania), vor allem wenn dadurch Blockaden in den Verhand-lungen gelöst werden können.100 Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit ist auch in diesen Sektoren langfristig der einzige Ausweg.

Subventionsabbau

Exportsubventionen werden von beiden Ländern generell abgelehnt, obwohl ihre Ab-schaffung in einigen Fällen (Zucker, Milchprodukte) evtl. zu höheren Weltmarktpreisen führen wird, die von heimischen Produzenten wahrscheinlich nur eingeschränkt

99 Eine Studie von Hoegman / Ng / Olarreaga 2002 stellt fest, dass bei totaler Zollbefreiung von LDC-Exporten in die großen Industrieländer zwar Exportsteigerungen von maximal etwa 1 Mrd. US $ zu erwarten sind. Die Gewinne werden allerdings mit nur wenigen Agrarpro-dukten von einigen Ländern dominiert, davon allein Zucker für 570 Mio. US $ hauptsächlich aus Malawi, Mozambique und Zambia nach Japan und die EU. Es folgen mit weitem Ab-stand Tabak aus Malawi und Tansania (ca. 40 Mio. US $) in die USA sowie in geringem Umfang Getreide, Fleisch, Ölsaaten und Mehl vor allem aus Myanmar, Nepal und Sudan, in die EU, Japan und die USA.

100 Kritisch zu hinterfragen bleibt, wie relevant negative polit-ökonomische Wirkungen von Präferenzen sind und wie sie z.B. durch Veröffentlichung, Versteigerungen oder internationa-len Handel von Quoten und Präferenzen vermindert werden können. Es versteht sich, dass dies z.T. den Wert der Präferenzen senkt und z.T. gegen bestehende Interessen verstößt und daher politisch schwer durchzusetzen sein dürfte. Die Industrieländer als Emittenten von Prä-ferenzen sind hier unter Handlungsdruck, und die Verwaltung von PräPrä-ferenzen und Tarif-quoten sollte ein wichtiges Thema der WTO-Verhandlungen sein.

nutzt und kompensiert werden können. Damit würden höhere Gewinne einiger Produ-zenten großen Verlusten vor allem ärmerer Verbraucher entgegenstehen. Für eine kon-sistente WTO-Position dürfte die Forderung generell sinnvoll sein (s.u.), aber in späte-ren Verhandlungsetappen sollten die Länder stärker gemäß ihrer speziellen Wettbe-werbs- und Handelsposition verhandeln.101

Ein radikaler Abbau der internen Subventionen in Industrieländern ist unwahrschein-lich, selbst bei hohen Opportunitätskosten in Form des Scheiterns der Doha-Verhand-lungen, die andere Sektoren empfindlich treffen würde. Als Indizien für diese Einschät-zung lassen sich unter anderem anführen: die hohen, gesellschaftlich akzeptierten Kos-ten für Agrarsubventionen in fast allen Industrieländern; die starken Verflechtungen mit Teilen der (Agro-)Industrie, des Dienstleistungssektors (Banken) und der Bodenbesit-zer; die Rückschläge der Agrarliberalisierung in den USA Ende der 1990er Jahre; die deutliche Unterstützung der meisten NROdie wichtige WTO-Alliierte der Entwick-lungsländer und Meinungsbildner in Industrieländern sindfür bestimmte Formen von Subventionen (alternative Landwirtschaftspolitik); und nicht zuletzt die Tendenz der meisten sich entwickelnden Länder zum Ausbau ihrer Protektion.

In den WTO-Verhandlungen ist es daher realistischer, das limitierte Verhandlungskapi-tal in Richtung stärker produktions- und handelsneutrale AusgesVerhandlungskapi-taltung der Boxen zu lenken. Als Gradmesser könnte evtl. der Grad der Selbstversorgung gelten. Interne Subventionen für deutlich über dem Selbstversorgungsgrad liegende, exportorientierte Produkte wären dann generell verdächtig, indirekte Exportsubventionen zu sein, und müssten in ihren Handelswirkungen bspw. über aktive Produktionsrestriktionen (Blue-Box-ähnliche Maßnahmen) limitiert werden. Die Baumwollsubventionen der USA sind der wichtigste Testfall. Auch Subventionen für Produkte unter Selbstversorgungsniveau haben handelsausgrenzende Wirkung. Dies wäre aber im Rahmen der nationalen Selbstbestimmung eher zu tolerieren bzw. könnte über Produktionsrestriktionen eben-falls eingeschränkt werden. Eine bessere Ausformulierung von produktionsbegrenzen-den Subventionen (Blue-Box-Maßnahmen) dürfte in beiproduktionsbegrenzen-den Fällen ein wichtiger Ansatz sein.

Technische Barrieren

Der Abbau von technischen Handelsbarrieren im Rahmen der Doha-Agrarverhand-lungen hat wahrscheinlich wenig Aussicht auf dauerhaften Erfolg. Standards und preis-bestimmende Qualitätsmerkmale spielen insbesondere bei verarbeiteten Produkten eine wichtige Rolle im internationalen Agrarhandel und es zeichnet sich eine weitere Ver-schärfung ab. Die öffentliche Meinung auch der ökologisch orientierten NRO setzt

101 Tatsächlich sind bspw. beide Länder in der LDC Brussels sugar group vertreten, die für einen hohen Zucker-Binnenmarktpreis in der EU plädiert, um die Wirkung der EBA-Initiative zu gewährleisten; vgl. LDC Brussels Sugar Group 2003.

Regierungen unter massiven allgemeinen Handlungsdruck, der auch und gerade auf Entwicklungsländerprodukte übergreift. Der private Handel setzt dementsprechend oft noch strengere Maßstäbe als die Regierungen. Durch die Verknüpfung dieser Trends mit Markenbildung haben Produzenten und Agroindustrie in Entwicklungsländern insbesondere bei verarbeiteten Produkten immer weniger Chancen auf selbständigen Marktzugang. Durch Urbanisierung und Globalisierung von Verbraucherverhalten werden Standards auch in anderen Entwicklungsländern und in SSA zunehmend wich-tiger werden. Mit der zunehmend stärkeren Integration und Konzentration von Produk-tion, Handel und Verarbeitung steigen die Anforderungen der Produzenten an Qualität, Liefermanagement und Zertifizierung.

Entwicklungsländer sollten dennoch im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, die Modalitäten für SPS-Regeln mitzugestalten, um Übertreibungen und kaschierte Protek-tionsmaßnahmen zu verhindern. An diesen Diskussionen können wahrscheinlich oft nur die technisch am weitesten fortgeschrittenen Länder SSA unter Hinzuziehen des priva-ten Sektors sinnvoll teilnehmen. Eine Abstimmung im regionalen Kontext ist also wichtig. Auch die eigene Lebensmittelgesetzgebung sollte regional abgestimmt werden, um die weitere Segmentierung der ohnehin schon kleinen Märkte zu vermeiden. Insbe-sondere aber sollte auf internationale Hilfe bei der Überwindung von technischen Han-delsbarrieren gedrängt werden.