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6. Einzeladressierung gefangener Atome mittels Flüssigkristallanzeigen 91

6.1.1. Flüssigkristalle

Die Besonderheit von Flüssigkristallen liegt in der Kombination von charakteristischen Eigen-schaften einer Flüssigkeit sowie der Merkmale von Kristallen. Flüssigkristalle bestehen aus elongierten, zigarrenförmigen Molekülen, die in strukturierten Formen zueinander angeord-net sind. Im Folgenden sollen ausschließlich nematische Flüssigkristalle beschrieben werden, welche durch eine gemeinsame Ausrichtung entlang der langen Achse charakterisiert sind.

Aufgrund ihres anisotropen Aufbaus sind die meisten Flüssigkristalle doppelbrechend und können als Polarisationsrotatoren oder Verzögerungsplatten für polarisiertes Licht dienen.

Durch das Anlegen eines elektrischen Feldes kann die Orientierung der Kristalle modifiziert und damit die Effekte auf polarisiertes Licht kontrolliert werden. Aufgrund dieser Eigen-schaft fungieren LCDs als steuerbare Polarisations- bzw. Intensitätsmodulatoren und bilden die Grundlage vieler Displays.

Flüssigkristalle haben eine vernachlässigbare Leitfähigkeit und können als dielektrische Ma-terialien beschrieben werden. Die elongierte Struktur der einzelnen Moleküle und ihre gleichsam ausgerichtete Anordnung führt zu anisotropen dielektrischen Eigenschaften mit uniaxialer Symmetrie. Die Dielektrizitätskonstanten für elektrische Felder entlang der elon-gierten Molekülachse und senkrecht zu dieser sollen im Folgendem mitε||undεbezeichnet werden. Für die hier beschriebenen elektro-optischen Anwendungen werden meist Flüssig-kristalle mitε|| > ε (positiv uniaxial) verwendet. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes wird ein elektrischer Dipol induziert und die Moleküle richten sich mit ihrer elongierten Ach-se entlang der elektrischen Feldlinien aus.

Nematische Flüssigkristallzellen

Eine nematische Flüssigkristallzelle besteht aus einer dünnen Schicht nematischer Flüssig-kristalle zwischen zwei Glasplatten, die jeweils mit einer transparenten Elektrode bedampft sind. Die beiden Glasplatten sind an der Innenseite gleichsinnig angeraut und definieren da-mit eine Vorzugsrichtung entlang derer sich die Flüssigkristalle parallel anordnen. Die gesam-te Zelle sgesam-tellt damit einen uniaxialen Kristall mit optischen Achsen parallel zur Molekülachse dar. Die Zelle wirkt auf eine linear polarisierte, senkrecht einfallende elekromagnetische Wel-le mit dem ordentlichen und außerordentlichen Brechungsindizesno bzw. ne entsprechend der Ausrichtung der Polarisation zur Molekülachse. Eine Flüssigkristallzelle mit der Dicked erzeugt damit eine Verzögerung von χ = 2π·(neno) d/λ0 für eine Lichtwelle der

Wel-lenlängeλ0. Durch Anlegen einer Spannung zwischen den beiden transparenten Elektroden auf den Glasplatten richten sich die Flüssigkristalle senkrecht zum Glas, entlang der Feldli-nien aus. Aufgrund der an den aufgerauten Glasoberflächen haftenden Molekülen und der elastischen Kräfte der Flüssigkristalle untereinander entsteht eine Rückstellkraft welche die Orientierung der Moleküle nach Ausschalten der Spannung wieder in ihre Ausgangslage zurück dreht. Der mittlere Drehwinkel θ der Elongationsachse der Flüssigkristallmoleküle gegenüber den Feldlinien hängt von der Amplitude der extern angelegten SpannungV über eine monoton steigende Funktion der Form

θ =

(0 UUc

π

2 −2 tan1 h

exp

U−UV0c i

U>Uc (6.1)

ab. Die kritische SpannungUcgibt an, ab welcher Spannung die Ausrichtung der Moleküle im E-Feld beginnt undU0ist eine materialabhängige Spannungskonstante. Durch Anlegen einer Spannung >Uc richten sich die Flüssigkristalle mit maximalθ =90° entlang der Feldlinien aus. Bei einer Rücknahme der Spannung auf U =0richten sich die Moleküle aufgrund der oben beschriebenen elastischen Rückstellkraft wieder in ihre Ursprungsposition mitθ =0°

aus.

Eine elektromagnetische Welle, welche die Flüssigkristallzelle in z-Richtung senkrecht zu den Glasplatten passiert, wird mit n0 und n(θ)gebrochen. Der vom voreingestellten Winkel θ abhängige Brechungsindexn(θ)folgt dabei der Relation

1

n2(θ)=cos2(θ)

n2e +sin2(θ)

n20 . (6.2)

Die Verzögerung der Welle ergibt sich dann zu χ(θ) = 2π·(n(θ)−no) d/λ0 mit ihrem Maximalwert für n(θ = 0) = ne. Eine Flüssigkristallzelle kann in Abhängigkeit der Polari-sation im Vergleich zu den Achsen der Moleküle sowohl als Phasenmodulator als auch als Intensitätsmodulator verwendet werden. Für elektromagnetische Wellen, deren Polarisation senkrecht zur gedrehten Achse der Flüssigkristalle steht, ergibt sich ausschließlich eine Pha-senverschiebung von φ =2π·n(θ)/λ0. Ist die Polarisation der einlaufenden Welle um 45°

zur Vorzugsrichtung der Molekülachse gekippt, fungiert die Flüssigkristallzelle als eine ein-stellbare Verzögerungsplatte. Mittels zweier gekreuzter Polarisationsfilter vor und hinter der Zelle können die Flüssigkristalle dann als Intensitätsmodulator verwendet werden.

Die typische Dicke der Flüssigkeitsschicht zwischen den Glasplatten der Flüssigkristallzel-len liegt bei ca. d =10µm. Die Variation des Brechungsindexes liegt im Bereich von etwa

∆n=neno=0,1−0,3. Ein Nachteil der bisher beschriebenen Flüssigkeitszellen liegt in der Abhängigkeit der Verzögerung von der Dicke d der Flüssigkeitsschicht. Diese nachteilige Eigenschaft kann mittels der Erweiterung der Zelle zu einer gedrehten nematischen Flüssig-kristallzelle vermieden werden.

Gedrehte nematische Flüssigkristallzellen

Gedrehte nematische Flüssigkristallzellen bestehen ebenfalls aus einer dünnen Schicht Flüs-sigkristalle zwischen zwei aufgerauten Glasplatten. Die aufgerauten Strukturen der beiden Platten sind senkrecht zueinader angeordnet. Die elongierten Moleküle richten sich zwischen 94

Abbildung 6.2.:Schematische Darstellung einer gedrehten, nematischen Flüssigkristallzelle, welche als spannungsabhängiger Polarisationsrotator dient.Links: FürU =0 wird das parallel zur Molekühlachse einfallende Licht gedreht.Rechts: Durch Anlegen einer Spannung verlieren die Moleküle ihre drehende Eigenschaft.

den Platten entlang der aufgebrachten Strukturen aus und bilden aufgrund der Wechselwir-kungen im Verlauf der Schicht untereinander eine um 90° gedrehte, helikale Struktur aus. Die durch die Ausrichtung der Moleküle vorgegebene optische Achse dreht sich damit ebenfalls um 90°. Eine elektromagnetische Welle, deren lineare Polarisation parallel zur elongierten Molekülachse ist, folgt der Rotation der Moleküle und wird gedreht. Die Flüssigkristallzelle wirkt damit als Polarisationsrotator.

In einem extern angelegten elekrischen Feld entlang der z-Richtung richten sich die Mole-küle in Abhängigkeit der Spannung aus (vgl. Gl. 6.1). Für die maximale Verkippung von θ =90° verlieren die Flüssigkristalle ihre drehende Eigenschaft und das Licht wird unbeein-flusst transmittiert. Beim Ausschalten der angelegten Spannung kippen die Moleküle wieder in ihre helikale Ausgangsanordnung zurück. Aufgrund der im Verlauf der Flüssigkeit gedreh-ten optischen Achse, ist die Rotation der Polarisation einer Lichtwelle in einer gedrehgedreh-ten nematischen Flüssigkristallzelle unabhängig von der Dicke d der Zelle. Mittels der extern angelegten SpannungU kann über den Kippwinkelθ der Kristalle der Anteil der gedrehten Polarisation kontrolliert werden. Eine Flüssigkristallzelle stellt damit eine steuerbare Verzö-gerungsplatte dar. Mithilfe eines Polarisationsfilters vor und hinter der Zelle kann das System zu einem Intensitätsmodulator erweitert werden.

Ein Flüssigkristalldisplay (Liquid Crystal Display, LCD) besteht aus einer Matrix vieler einzel-ner Flüssigkristallzellen. Jedes dieser Pixel ist mit transparenten Elektroden bedampft und kann mittels einer Steuerelektronik separat moduliert werden. Um den Kippwinkel θ der Moleküle zwischen 0 und 90° in jeder Zelle variieren zu können, sind Steuerspannungen im Bereich weniger Volt nötig. In kommerziellen Systemen zur Bilderzeugung stellt jede Zelle einen Bildpunkt dar, welcher in einem den Graustufen entsprechenden dynamischen Bereich zwischen hell und dunkel angesteuert werden kann.