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6. Einzeladressierung gefangener Atome mittels Flüssigkristallanzeigen 91

6.2. Erzeugung variabler Fallengeometrien

Basierend auf magnetischen und vor allem optischen Verfahren existiert eine Vielzahl experi-mentell realisierter Potentiale für kalte Atome zur Quanteninformationsverarbeitung. Dieser Abschnitt beschreibt die Erzeugung flexibler Fallengeometrien aus der Kombination des LCDs als Intensitätsmodulator und dem Mikrolinsenregister als statisches Element zur Erzeugung der Dipolfallen. In den variabel erzeugten Dipolfallen können kalte Atome gefangen und manipuliert werden. Dieser Abschnitt beginnt mit einer Beschreibung des experimentellen Aufbaus zur Intensitätsmodulation der Fallen. Anschließend werden die verschiedenen Ex-perimente mit kalten Atomen in variablen Fallengeometrien vorgestellt.

6.2.1 Experimenteller Aufbau zur Manipulation des Dipolfallenlasers

Um einzelne Dipolfallen am Ort der Atome gezielt in der Intensität steuern zu können und so variable Fallengeometrien erzeugen zu können, muss die auf jede einzelne Linse des Mikro-linsenregisters auftreffende Lichtleistung kontrollierbar sein. Der dazu verwendete Aufbau ist in Abb. 6.5 schematisch dargestellt. Der Dipolfallenlaser wird mit definierter linearer Po-98

CCD

z

y

LS

MOT l/2

PBS x

Dichro-itischer Spiegel

Flüssig- kristall-anzeige

Dipol- fallen-strahl Blende

Mikro- linsen-register

f2 f1

L2 L1

Abbildung 6.5.:Schematische Darstellung des experimentellen Aufbaus zur Erzeugung varia-bler Fallengeometrien.

larisation auf die Flüssigkristallanzeige eingestrahlt. Durch Ansteuern der einzelnen Pixel des LC-Displays und mithilfe einerλ/2-Verzögerungsplatte sowie einem PBS als Polarisationsfil-ter wird ein Bild als Intensitätsmodulation auf den transmittierten Dipolstrahl aufgeprägt.

Als Bild werden verschiedene Kreisflächen erzeugt, welche in ihrer Größe und Position den einzelnen Mikrolinsen angepasst sind. Diese Kreisflächen werden mithilfe zweier Lin-sen f1=100 mm,f2=50 mm

auf das Mikrolinsenregister abgebildet. Das LCD und die Mikrolinsen sind jeweils in der Fokalebene der entsprechenden Linse platziert. Die Brenn-weiten dieser Transferoptik sind so gewählt, dass die auf dem LCD erzeugten Strukturen um einen Faktor 2 verkleinert auf die Mikrolinsen übertragen werden. Bei einem Durchmesser von100µmjeder Mikrolinse werden ca. 80 Pixel zur vollen Ausleuchtung einer Linse benö-tigt. Die Fokalebene des beleuchteten Mikrolinsenregisters wird über die in Abschnitt 3.3.2 bereits beschriebene Transferoptik verkleinert in die Vakuumzelle abgebildet. Zur Trennung des bei der Detektion aufgenommenen Fluoreszenzlichts der Atome bei780 nmund der Ab-bildung des Dipolfallenregisters bei einer Wellenlänge λTiSa = 795−810 nm wird in allen in diesem Kapitel präsentierten Experimenten ein dichroitischer Spiegel verwendet. Dieser reflektiert über95 %des Fluoreszenzlichts auf die CCD-Kamera und transmittiert das Licht des DipolfallenlasersλTiSamit einer Effizienz von über90 %.

Bei einer optimalen Justierung der computergenerierten Kreisflächen auf dem LCD ver-schwindet das Licht in den Linsenzwischenräumen des Registers und in der transferierten Fokalebene sind nur noch die einzelnen Fokusse, ohne nichtfokussiertes Streulicht, sichtbar.

Bei einer Messung der ausschließlich aus den Fokussen stammenden Lichtleistung erhält man50 %der bei kompletter Ausleuchtung bestimmten Gesamtleistung. Dieser Wert stimmt gut mit dem in Abschnitt 3.2.1 beschriebenen Füllfaktor des Mikrolinsenregisters überein.

Um die Gesamteffizienz des Intensitätsmodulators zu erhöhen, wird in den nachfolgenden Experimenten zur Manipulation des Dipolfallenlasers mit einem leicht reduzierten Kontrast von 70:1 gearbeitet. Dieser Kontrast ist ausreichend, um Atome nur in den ausgewählten Fallen zu fangen, ohne Atome in den durch Restlicht erzeugten Fokussen der verdunkelten Mikrolinsen zu halten.

a) b) c) d)

Abbildung 6.6.:Bild a) und c): Vom LCD angezeigte Bilder; hell transmittiert Licht, dunkel blockt Licht. Bild b) und d): Fluoreszenzaufnahmen gefangener Atome in den erzeugten Dipolfallen.

6.2.2 Kalte Atome in variablen Fallengeometrien

In diesem Abschnitt werden verschiedene Experimente präsentiert, in denen kalte, atomare Ensembles in variable und flexible Dipolfallengeometrien geladen werden. Die verschiede-nen Fallengeometrien werden aus der im vorherigen Abschnitt beschriebeverschiede-nen Kombination von räumlich steuerbaren Intensitätsmodulatoren sowie stabilen und robusten Mikrolinsen-registern erzeugt. Der Dipolfallenlaser ist in den Experimenten auf eine Wellenlänge von λTiSa = 795,8 nm eingestellt und damit rund ∆ = 2π·0,39 THz gegenüber der D1-Linie verstimmt. Der Laser hat eine Leistung von PTiSa=500 mWund einen Strahlradius von ca.

wTiSa = 810µm vor dem LC-Display. Aufgrund der Verkleinerung des LC-Displays auf das Mikrolinsenregister können rund 7×7 Fallen ausgeleuchtet und in ihnen Atome gefangen werden. Wie in Abschnitt 3.3.1 erläutert, werden die Atome zuerst 1−4 s in einer MOT gefangen und gekühlt sowie anschließend, während einer Melassenkühlung, in die Dipolfal-len geladen. Nach einer reinen Haltezeit von rund 30 mswerden die Atome für tdet=1 ms resonant belichtet und das Fluoreszenzsignal mit der CCD-Kamera aufgenommen.

In Abb. 6.6 sind zwei mit dem LCD dargestellte Bild gezeigt. Jeder helle Kreisfläche ist da-bei so positioniert, dass das durch ihn transmittierte Licht des Fallenlasers eine Mikrolinse ausleuchtet. Als Beispiel ist die Anordnung der Kreise so gewählt, dass sich der Buchstabe

”T” ergibt; einmal als Bild-Positiv, ein zweites Mal als Bild-Negativ in dem nur das ”T” nicht ausgeleuchtet wird. Neben den beiden LCD Bildern sind die dazugehörigen Fluoreszenz-aufnahmen von gefangenen, kalten Atomen dargestellt. Obwohl im gesamten Bildbereich kalte Atome in der optischen Melasse vorpräpariert waren, sind nur Atome in den durch das LCD adressierten Dipolfallen gefangen und die beiden Fluoreszenzaufnahmen entsprechen den durch das LCD gesteuerten Fallengeometrien. Nach dem gleichen Verfahren wurde der Schriftzug ”TUD” (Technische Universität Darmstadt) in Abb. 6.1 aus einzeln angeordneten, atomaren Ensembles in optischen Dipolfallen erzeugt. Die Fluoreszenzaufnahmen sind je-weils 20-fach gemittelt und jedes gefangene Ensemble besteht aus einigen 10 bis zu wenigen 100 Atomen. Aufgrund der zum experimentellen Ablauf vergleichsweise langsamen Schalt-zeit des LC-Displays wird der hier verwendete Aufbau nur als statischer Intensitätsmodulator verwendet und während der Haltezeit in den Dipolfallen nicht variiert.

Weitere Fallengeometrien für kalte Atome, welche mit dem auf Flüssigkristallen basierenden Intensitätsmodulator vor dem Mikrolinsenregister realisiert werden können, sind in Abb. 6.7 präsentiert. Die Bilder zeigen wieder Fluoreszenzaufnahmen atomarer Ensembles in opti-100

a) b)

c) d)

Abbildung 6.7.:Fluoreszenzaufnahmen gefangener Atomensembles in drei Beispielen va-riabler Fallengeometrien.a) alle Fallen werden voll ausgeleuchtet und die Atomverteilung entspricht der üblichen Intensitätsverteilung b) nur jede zweite Falle wird über das LCD ausgeleuchtetc) Erzeugung zweier separater 2×2-Registerd) zweidimensionale Ringstruktur aus einzelnen Atomensem-bles. Jedes Bild ist über20experimentelle Realisierungen gemittelt.

schen Dipolfallen, je 20-fach gemittelt. Als Referenz werden in Bild a) alle Fallen ausgeleuch-tet und die Atomverteilung ist durch die übliche Intensitätsverteilung des Dipolfallenlasers gegeben. In Bild b) wird nur jede zweite Mikrolinse mit dem Dipolfallenlaser adressiert.

Anhand dieses Beispiel wird deutlich, dass sich mittels der Manipulation des Dipolfallen-lasers die Gitterkonstante und prinzipiell die Gitterform des Dipolfallenregisters variieren lässt. In der Atomaufnahme c) sind zwei kleine, wohl separierte 2×2-Register mit gefan-genen Atomen dargestellt. Diese Geometrie kann als Ansatz einer Quanten-Fehler-Korrektur (Quantum Error Correction) angesehen werden. In getrennten Bereichen eines Quantenpro-zessors werden verschiedene oder gleiche Quantenoperationen simultan durchgeführt, um

”Error-Correction” betreiben zu können. Als letztes Beispiel einer für die Quanteninformati-onsverarbeitung interessanten Fallengeometrie wird Bild d) in Abb. 6.7 eine zweidimensio-nale ringähnliche Konfiguration aus Dipolfallen gezeigt. Solch eine Anordnung gefangener atomarer Ensembles stellt ein interessantes Werkzeug für atomoptische Experimente mit pe-riodischen Randbedingungen dar. Eine Box oder ein Ring von gut separierten Potentialtöp-fen ist mittels optischer Gitter nur sehr aufwendig zu erzeugen [115]. Ein interessantes, zu untersuchendes Quantensystem stellen zum Beispiel die Wechselwirkungen von ringförmig angeordneten Rydberg-Atomen dar [116].

In den bisher vorgestellten Experimenten wird das LC-Display ausschließlich als ein Schal-ter für vorgebbare Dipolfallenkonfigurationen verwendet. Wie bereits in Abschnitt 6.1.2

be-Abbildung 6.8.:Aufnahme von Atomen in einem5×5-Dipolfallenregisters ohne (links) und mit (rechts) einer individuellen Variation der Intensität der Fallen mit dem LC-Display. Die äußeren Profile stellen jeweils Schnitte entlang der Linien dar.

schrieben, kann mittels des Computers bzw. der integrierten Steuereinheit über den Bitwert des entsprechenden Farbkanals die Transmission jedes Pixels variabel angesteuert werden.

In Abb. 6.8 sind die Fluoreszenzaufnahmen zweier5×5-Dipolfallenregister dargestellt. Im linken Bild sind alle 25 Fallen durch das LCD voll ausgeleuchtet. In den beiden horizontalen und vertikalen Profilschnitten ist ein höherer Signalpegel im Zentrum als am Rand des Regi-sters zu erkennen. Dies rührt zum einen aus dem Gaußprofil des Dipolfallenlasers auf dem Mikrolinsenregister her und zum anderen aus der Verteilung und Position der kalten Atom-wolke, aus der die Atome in die Dipolfallen umgeladen werden. Im rechten Bild von Abb.

6.8 wird die Intensität jeder Dipolfalle mithilfe der Flüssigkristallanzeige so moduliert, dass sich die Verteilung der Atome im Dipolfallenregister umkehrt. Die Fallentiefen der einzelnen Fallen sind so angepasst, dass wenige bis gar keine Atome im Zentrum des Registers gehalten werden können. Die äußeren Fallentiefen bleiben dabei unverändert.

Damit stellt die Variation der Intensität des Dipolfallenlasers mit dem LCD auch ein Ver-fahren zum Ausgleich des inhomogenen Intensitätsprofils des Dipolfallenlasers und einem Angleichen aller Fallentiefen dar.

6.3 Kohärente Einzeladressierung atomarer Ensembles in Dipolfallenregistern