7. Detektion einzelner Atome in Dipolfallenregistern 109
7.2. Detektion einzelner Atome
7.2.1. Einzelatome im Dipolfallenregister
Das Laden und die Detektion einzelner Atome im Dipolfallenregister erfordert eine spezielle experimentelle Sequenz, welche zu Beginn dieses Abschnitt erläutert wird, bevor im zweiten Teil die ersten Messungen einzelner Atome präsentiert werden.
Laden einzelner Atome
Alle in diesem Abschnitt vorgestellten Ergebnisse stammen aus Dipolfallen mit einer Strahl-taille von wref = (3,6±0,1)µm, welche über das refraktive Mikrolinsenregister erzeugt werden. Als Dipolfallenlaser fungiert weiterhin der Titan-Saphir-Laser bei einer Wellen-länge von λTiSa = 800 nm. Mit einer Leistung von PTiSa = 390 mW und einer Strahlgröße von wTiSa =400µm auf dem Mikrolinsenregister ergibt sich eine maximale Fallentiefe von U0=kB×1,5 mKfür die zentrale Dipolfalle. Zum Laden weniger Atome wird zunächst ein atomares Ensemble innerhalb von100 msbis zu2 sin der MOT gefangen und gekühlt. An-schließend werden die Atome in einer100 mswährenden optischen Melasse auf rund 5µK gekühlt und gleichzeitig in die Dipolfallen geladen. Die vergleichsweise lange Melasse be-wirkt ein gleichmäßiges Laden vieler Fallen des Dipolfallenregisters mit wenigen Atomen.
Nach einer Haltezeit von 10 msin den Dipolfallen werden die Atome nur mit den in einer Ebene liegenden vertikalen Melasse-Strahlen (Kühl- und Rückpumplicht) für20 ms beleuch-tet. Dazu wird der horizontale Strahl geblockt. Die Verstimmungen und Intensitäten der Laser beim Beleuchten sind identisch zu den später verwendeten Detektionsparameter. Während des Beleuchtens verlassen alle schwach gehaltenen oder nur in den flachen, in Abschnitt 4.3.4 behandelten, Beugungsringen gebundenen Atome die Dipolfallen. Nach einer weiteren Haltezeit von 40 ms werden die Atome für tdet = 100 ms mit den in der vertikalen Ebene liegenden Melasse-Strahlen belichtet und über das emittierte Fluoreszenzlicht auf die CCD-Kamera abgebildet.
Um störendes Hintergrund-Streulicht zu vermeiden wird während der Detektion anstelle des Kühllichtes aus beiden horizontaler Richtungen Licht auf dem Übergang S1/2|F =3〉 → P1/2|F′=2〉 eingestrahlt. Aufgrund der vorherigen Beleuchtung der Atome kommt es wäh-rend der Detektion kaum zu Verlusten und einem vorzeitigen Verlassen der Fallen. Inwieweit die vergleichsweise lange Melassendauer oder die Beleuchtung für die Präparation weniger Atome im Dipolfallenregister sorgt ist hierbei noch ungeklärt. Hierzu müsste der zeitliche Ver-lauf des Signalpegels der einzelnen Fallen näher analysiert werden, was mit der CCD-Kamera 114
Experimentelle Realisierungen
Signalpegel[ADU]
12
8
0 100
1000 1200 1400
150 200 250 300 350 400
400
450
50 500
600 800
Abbildung 7.4.:Oben: Vier Einzelbilder der CCD-Kamera von statistisch verteilten einzelnen Atomen im Dipolfallenregister.Links oben: Über eine5×5-Matrix von jeweils 4×4Pixeln wird das Signal jeder Falle zur Auswertung aufsummiert. Jedes Bild entspricht einer Einzelrealisierung des Experiments.Unten: Signalpegel der Falle 8 aus über 500 Einzelrealisierungen des Experiments.
aufgrund ihrer bisherigen Verarbeitungszeit im Bereich einiger100 msnicht möglich ist. Zur Analyse bietet sich ein Photonenzählwerk an, das mit einer Bandbreite von bis zu10 MHz einzelne Photonen nachweisen kann [130, 131].
Detektion einzelner Atome
Mit der CCD-Kamera wird das während der Belichtungszeit von den Atomen emittierte Licht aufgenommen. In Abb. 7.4 (oben) sind vier verschiedene Aufnahmen von einzelnen Atomen im Dipolfallenregister gezeigt. Jedes Bild entspricht dabei einem experimentellen Durchlauf mit einer Belichtungszeit von100 ms. Zur Auswertung der Bilder wird für jede Falle das Si-gnal in einem Bereich von4×4Pixel aufsummiert. In Abb. 7.4 (unten) ist beispielhaft das aufsummierte Signal einer einzelnen Falle für über 500 Wiederholungen der experimentellen Sequenz dargestellt. Im Signalpegel sind drei Stufen zu erkennen, welche durch die horizon-talen Linien gekennzeichnet sind. Der niedrigste Pegel entspricht dem Rauschuntergrund durch Streulicht, das während der Detektion auf den CCD-Chip fällt, wenn kein Atom in der Falle gefangen ist. Der mittlere Pegel entspricht dem zusätzlich zum Streulichtuntergrund akkumulierten Signal eines einzelnen Atoms in der Falle. Ein Atom streut während der Be-lichtungszeit in jeder experimentellen Sequenz näherungsweise die gleiche Anzahl Photonen und für alle Ein-Atom-Ereignisse bildet sich die beobachtete Stufe heraus. Für zwei Atome
AnzahlderEreignisseAnzahlderEreignisse
Signalpegel [ADU]
Signalpegel [ADU]
Signalpegel [ADU]
Signalpegel [ADU]
Signalpegel [ADU]
Signalpegel [ADU]
〈N〉=0,2 〈N〉=0,45 〈N〉=2,4
〈N〉=0,6 〈N〉=1,3 〈N〉=4
0 0 0
0 0
0
10 10
10 10
100 100
1000 1000
1200 1200 1200
1200 1200
12001400 1400
15 15
15
1600 1600 1600
1600
20
20
20 20
20
200
25
25 25
30 30
40
40
400 400 400
400 400
400
5 5
5 50
50
60
600 600
80
800 800 800
800 800
800 150
2000 2000
2000
2400 2400
2800 2800
3200 3600
Abbildung 7.5.:Histogramme der aufgenommenen Signalpegel von Falle 8 (oben) und von Falle 12 (unten) für drei verschiedene Laderaten. Die gestrichelt eingezeich-nete Einhüllende ergibt sich aus einer Poisson-Verteilung mit jeweils verschie-denen Füllfaktoren. Die Bezeichnungen der Fallen sind Abb. 7.4 entnommen.
ergibt sich entsprechend der doppelte Pegel des Signals eines einzelnen Atoms über dem Streulichtuntergrund (3. gestrichelte Linie).
In Abb. 7.5 sind als Histogramme die Signalpegel zweier verschiedener Dipolfallen für ver-schiedene Laderaten dargestellt. Die Histogramme spiegeln die Häufigkeit der auftreten-den Signalpegel auf der Kamera wider. Die Laderate der Fallen wird durch eine Variation der MOT-Ladezeit und die damit einhergehende Anzahl der bereitgestellten kalten Atome kontrolliert. Das Laden der Atome in die Dipolfallen ist ein statistischer Prozess und wird für geringe Atomzahlen näherungsweise durch die Poisson-Statistik beschrieben. Die Wahr-scheinlichkeit, bei einem Experiment-Zyklus N Atome in der Falle zu detektieren, ergibt sich zu
PN(〈N〉) = 〈N〉N
〈N〉!e−〈N〉 . (7.1)
Hierbei stellt 〈N〉 die mittlere Anzahl gefangener Atome dar. Diese Verteilung beschreibt die Fläche von Histogrammen aus diskreten, gaußförmigen Maxima, mit einem Abstand der durch die Anzahl der detektierten Photonen pro Atom gegeben ist. Die diskrete Wahr-scheinlichkeitsverteilung aus Gl. 7.1 kann in eine kontinuierliche Funktion überführt werden, indem die Fakultät durch die Gamma-Funktion ersetzt wird [132]. In Abb. 7.5 ist die kontinu-ierliche Poisson-Verteilung an die gezeigten Atomverteilungen angepasst. Für geringe Ladera-ten sind mehrere, deutlich voneinander getrennte Maxima zu erkennen, welche den in Abb.
7.4 gezeigten diskreten Stufen entsprechen und den Pegel von null, einem, zwei, etc. Atomen 116
wiederspiegeln. Für höhere Laderaten verschwimmen die diskreten Signalpegel der Atome und gehen über in eine kontinuierliche Verteilung in der die Maxima einzelner Atomzahlen teilweise nur noch zu erahnen sind. Der Grund für das verwaschen der diskreten Maxima liegt in einer nicht zu vernachlässigenden Wechselwirkung der Atome miteinander während der100 msdauernden Detektion. Aufgrund lichtinduzierter Stöße verlassen die Atome die Falle teilweise während der Detektion. Dieser Effekt wird im nächsten Abschnitt näher er-läutert. Aus den aufgenommenen Histogrammen und den angepassten Poisson-Verteilungen ergeben sich mittlere Atomzahlen von 〈N〉=0,2 bis〈N〉 =4 für die beiden verschiedenen Fallen des Dipolfallenregisters bei veränderten Laderaten. Wie aus den Daten deutlich wird, hängt die Laderate auch von der räumlichen Position der Falle ab. In eine tiefe, zentrale Falle werden mehr Atome geladen, als in eine Falle am Rand des Registers.