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Zu Beginn der Projektlaufzeit 2010 musste die BIP zwei Vorbehalten begegnen. Zum einen wurde befürch-tet, dass die BIP nur als „Beschwichtigungsstelle“ fungiert, da sie nicht mit sanktionierenden Kompeten-zen ausgestattet wurde. Zum anderen gab es die Einschätzung, eine spezielle Beschwerdestelle sei nur eine unnötige Plattform für querulatorisches Verhalten.

Entgegen dieser Befürchtungen konnte eine große Akzeptanz der BIP im Versorgungssystem erreicht werden.

Mit 2.205 bearbeiteten Beschwerden und einem konstanten Beschwerdeeingang von 30 bis 40 Beschwerden pro Monat kommt die BIP an ihre Kapazitätsgrenzen. Trotzdem hat es die BIP geschafft, eine gute Erreich-barkeit und einen niedrigschwelligen Zugang ohne Wartezeiten sicherzustellen. Der Erfahrungshintergrund der Nutzerinnen und Nutzer der BIP ist breit gestreut und alle fünf Zielgruppen der BIP werden erreicht.

Gleichwohl erhält die BIP immer wieder den Hinweis, dass das Angebot noch nicht ausreichend bekannt ist und viele sich gewünscht hätten, früher von dem Angebot erfahren zu haben. Auch Beschwerden bezogen auf die Gerontopsychiatrie, die Kinder- und Jugendpsychiatrie und die Suchttherapie sind bisher noch unter-repräsentiert. Es bräuchte sicherlich spezifischere Konzepte, um hier ein besseren Zugang zu ermöglichen.

Geflüchtete Menschen haben sich vereinzelt mit Beschwerden an die BIP gewandt. Da die Anspruchsberech-tigung auf Unterstützung durch das psychiatrische Versorgungssystem gekoppelt ist an die Aufenthaltsdauer, ist hier mit einem steigenden Unterstützungsbedarf von geflüchteten Menschen bei Beschwerden zu rech-nen.

Neben den hohen Beschwerdezahlen wird insbesondere durch die gesetzliche Verankerung einer Beschwer-de- und Informationsstelle im neuen PsychKG, welches am 17.6.16 in Kraft getreten ist, die große Akzeptanz und Wertschätzung der Arbeit der BIP verdeutlicht. Bewährt haben sich der vermittelnde Ansatz und die Bemühungen, durch die Beschwerde bearbeitung zu einer Verbesserung der psychiatrischen Versorgung bei-zutragen. Sowohl im Einzelfall als auch auf struktureller Ebene konnten im Zusammenhang mit der Beschwer-debearbeitung wichtige Impulse gesetzt werden, von denen sich manche sogar in den gesetzlichen Regelun-gen des neuen PsychKG widerspiegeln (RegelunRegelun-gen zur Kameraüberwachung, geschützte Freiflächen, …).

Deutlich wurde, dass, bezogen auf die Strukturen der psychiatrischen Versorgung, sowohl bei Psychiatrie-Erfahrenen und Angehörigen als auch bei professionell Tätigen ein hoher Informations- und Beratungsbedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei den Übergängen zwischen verschiedenen Versorgungssystemen und im Beschwerdefall. Viele Beschwerden entstehen im Zusammenhang mit falschen Erwartungen aufgrund unzu-reichender Informationen über strukturelle Rahmenbedingungen. Oft fehlt aber auch das Wissen um die eigenen Rechte und über die Möglichkeiten diese durchzusetzen. In manchen Bereichen hat sich gezeigt, dass die Handlungsmöglichkeiten sehr begrenzt sind und der Zugang zu einer Fachaufsicht, die überprüfend tätig wird, nicht ausreichend gegeben ist. Dies betrifft insbesondere Begutachtungen, Rechtliche Betreu-ung und EinschränkBetreu-ungen beim Zugang zur Justiz im Zusammenhang mit psychiatrischen Diagnosen. Das interne Beschwerdemanagement und dessen Sichtbarkeit bzw. Zugänglichkeit ist in den Einrichtungen der psychiatrischen Versorgung sehr unterschiedlich ausgebaut. Zum Teil sind noch keine ausreichenden Struk-turen vorhanden. Die zuständigen Personen müssen mühsam recherchiert und Abläufe erst geklärt werden.

Zunehmend erhielt die BIP jedoch Rückmeldung von Akteurinnen und Akteuren der psychiatrischen Versor-gung, dass sich ihre Haltung verändert hat. Die Bereitschaft, Beschwerden als wichtigen Teil des Versorgungs-geschehens zu sehen und als Ressource, um strukturelle Veränderungen zu initiieren, hat aus Sicht der BIP deutlich zugenommen.

Zentral für die Arbeit der BIP ist eine gute Vernetzung und Kooperation mit allen Akteurinnen und Akteuren im Versorgungssystem. Entscheidend ist dies an der Schnittstelle zu anderen Beschwerdeeinrichtungen wie zum Beispiel den Patientenfürsprecherinnen und -fürsprechern oder den bezirklichen Beschwerdestellen.

Hier ist es der BIP gelungen, in den fünf Jahren eine gute Vernetzung aufzubauen und maßgeblich zur Quali-fizierung der psychiatrischen Patientenfürsprecherinnen und -fürsprecher beizutragen. Für die Kooperation mit den neu zu schaffenden Besuchskommissionen wurden erst jetzt die gesetzlichen Grundlagen geschaf-fen, so dass in den letzten fünf Jahren noch keine Strukturen etabliert werden konnten. Dies wird aber sicher-lich eine wichtige Aufgabe in den folgenden Jahren sein.

Bezogen auf die Beschwerdebearbeitung, versuchte die BIP bisher den größten Herausforderungen mit struk-turellen Lösungen zu begegnen. Deutlich wurde jedoch, dass ein hoher Bedarf an Intervision und Supervision besteht, um dauerhaft der emotionalen Belastung durch die Beschwerdebearbeitung gewachsen zu sein.

Auch stellt es eine enorm hohe Anforderung an die Beschäftigten der BIP dar, insbesondere in Zeiten struk-tureller und rechtlicher Veränderungen, zu allen Themen fachlich qualifiziert beraten zu können. Speziell im Umgang mit Beschwerdeführenden, bei denen sich die Beschwerdebearbeitung aufgrund des komplexen Beschwerdezusammenhangs oder des Kommunika tionsverhaltens als sehr herausfordernd darstellt, ist eine gut fundierte Beratungskompetenz notwendig.

Fachlich angestrebt ist, die Zahl offener Beschwerden weiter abzusenken und den internen Standard umzu-setzen, nach dem die Bearbeitung einer Beschwerde längstens neun Monate und durchschnittlich drei bis vier Monate dauern sollte.

Durch die im neuen PsychKG festgeschriebene, umfängliche Verpflichtung der Sozialpsychiatrischen Dienste, der Krankenhäuser sowie der Fachabteilungen in Krankenhäusern, die betroffenen Personen auf ihre Rechte sowie Beschwerdemöglichkeiten im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen und Unterbringungsverfahren hinzuweisen, werden sich weitere Veränderungen ergeben. Zu erwarten ist, dass die Zahl von Menschen, die aktuell untergebracht sind und sich mit ihrem Beschwerdeanliegen an die BIP wenden, deutlich ansteigen wird.

Um die Aufgaben der BIP:

niedrigschwellige Erreichbarkeit,

Übernahme der Prozessverantwortung,

wirksame Beschwerdebearbeitung,

Weitergabe struktureller Impulse aus der Erfahrung mit den Beschwerden,

Gute Vernetzung mit anderen Beschwerdeeinrichtungen und dem psychiatrischen Versorgungssystem und

Sensibilisierung für Beschwerde- und Unterstützungsmöglichkeiten in der Öffentlichkeit

weiter gut erfüllen und zu einer guten Umsetzung der rechtlichen Regelungen im neuen PsychKG beitragen zu können, bedarf es aus Sicht der BIP dringend einer erneuten Aufstockung der personellen Ressourcen.