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Fallauswahl und Vorstellung der Unternehmen

Im Dokument in Unternehmen der Immobilien- branche (Seite 124-127)

4 Empirische Untersuchung zum strategischen Reputationsmanagement in

4.1.2 Fallauswahl und Vorstellung der Unternehmen

Grundsätzlich können alle Unternehmen der Immobilienbranche hinsichtlich ihrer Reputa-tionsgestaltung durch Pressearbeit analysiert werden. Um die Auswahl der zu untersuchenden Unternehmen systematisch durchzuführen, orientiert sich die vorliegende Arbeit am Konzept der Replikation:613 Danach werden einerseits solche Fälle ausgewählt, deren Analyse aus vorhersagbaren Gründen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt (theoretische Replikation).

Denn nur wenn die zentralen Einflussvariablen variieren, kann ihre Wirkung auf die

610 Auch Perry (1998) empfiehlt die Durchführung von Mehrfachfallstudien für postgraduale Forschungsarbei-ten, weil sie dem Forscher ermöglichen, eine inhaltsstarke Theorie zu entwickeln. Vgl. Perry (1998), S. 792.

611 Vgl. Kapitel 3.2, S. 44.

612 Vgl. Yin (2002), S. 42-45, 52f.

613 Vgl. ebenda, S. 47-51. Für die Auswahl der zu untersuchenden Fälle gibt es in der Literatur keine eindeutigen Regeln. Patton (1990) stellt bspw. 15 Strategien des „purposeful sampling“ vor. Vgl. Patton (1990), S. 169-186.

staltung des Reputationsmanagements erklärt werden. Andererseits müssen dieselben Fälle aber auch zu ähnlichen Ergebnissen führen (buchstäbliche Replikation). Denn wenn alle Ein-flussfaktoren variieren, sind kausale Erklärungen nahezu unmöglich.614

Im Hinblick auf die theoretische Replikation (theoretical replication) geht die Arbeit davon aus, dass sich die Unternehmen der Immobilienbranche in ihrem Leistungsangebot deutlich unterscheiden. Aufgrund dieses unterschiedlichen Angebots sind die Unternehmen in ihrer Identität und damit auch in den Signalen verschieden, die sie an ihre Umwelt senden und wel-che die Grundlage für den Aufbau einer vorteilhaften Reputation darstellen.615 Zudem sind die Unternehmen aufgrund ihres unterschiedlichen Leistungsangebots mit verschiedenen An-spruchsgruppen konfrontiert, die jeweils spezielle Erwartungen an die Unternehmen rich-ten.616 Es kann daher angenommen werden, dass sich Unternehmen aus verschiedenen Teil-gruppen der Immobilienbranche in der Gestaltung ihrer Reputation deutlich voneinander un-terscheiden. Die Teilgruppen der Immobilienbranche können – wie bereits erklärt617 – in Im-mobilieninvestoren, -finanzierer, -projektentwickler, -dienstleister und Bauunternehmen un-terschieden werden. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich dabei ausschließlich auf die Gruppen der Immobilienfinanzierer, -investoren und Projektentwickler. Die Gruppe der Im-mobiliendienstleister wird nicht näher beleuchtet, weil sie eine in sich sehr heterogene Gruppe darstellt:618 Es gibt daher kein Unternehmen, das stellvertretend hinsichtlich der Gestaltung seiner Reputation untersucht werden könnte. Die Gruppe der Bauunternehmen ist zunächst in die Bauwirtschaft einzuordnen. Deren Zuordnung zur Immobilienwirtschaft wird wiederum in der Literatur unterschiedlich diskutiert.619 Die vorliegende Arbeit bezieht die Bauwirtschaft nicht in die Untersuchungen ein, weil sie nach amtlichen Statistiken dem produzierenden Ge-werbe zugeordnet ist und daher durchaus auch separat behandelt und im hier vorliegenden Fall auch ausgegrenzt werden kann.620

In Bezug auf die buchstäbliche Replikation (literal replication) werden – wie in der Zielset-zung dieser Arbeit formuliert621 – nur Unternehmen der deutschen Immobilienbranche näher betrachtet. Ursächlich hierfür sind kulturelle Einflüsse auf die Immobilienbranchen verschie-dener Länder, die in Folge eine andere Reputationsgestaltung in den Unternehmen nach sich ziehen. Darüber hinaus werden nur solche Unternehmen als Immobilienunternehmen betrach-tet, die immobilienspezifische Leistungen für externe Kunden erbringen (Property Compa-nies). Unternehmen, bei denen immobilienspezifische Leistungen intern gerichtete

614 Vgl. Gläser/ Laudel (2004), S. 95.

615 Vgl. zum Thema „Corporate Identity“ Kapitel 2.2.1, S. 14f.

616 Vgl. zur Spezifität von Anspruchsgruppen Kapitel 3.3.1.2, S. 50.

617 Vgl. Kapitel 3.3.1.1, S. 45.

618 Die Gruppe der Immobiliendienstleister reicht von Notaren und Rechtsanwälten, über Immobilienmakler, -berater und -bewerter bis hin zu Stadtplanern, Architekten und Bauingenieuren. Vgl. dazu auch Kapitel 3.3.1.1, S. 46.

619 Vgl. Gondring (2004), S. 53; Kühne-Büning (2005), S. 99.

620 Vgl. Institut für Wirtschaftsforschung/ Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (Hrsg.) (2005), S. 24. Auch Schulte/Sturm/Wiffler (2008) weisen darauf hin, dass die Bauwirtschaft als Teil der Immobilien-wirtschaft betrachtet werden kann, aber nicht muss. Vgl. Schulte/ Sturm/ Wiffler (2008), S. 21.

621 Vgl. Kapitel 1.2, S. 4.

leistungen darstellen (Non-property Companies), finden keine Beachtung, weil sie anders als

„Property Companies“ nicht auf eine vorteilhafte Reputation in der Öffentlichkeit angewiesen sind.622

Aus den drei ausgewählten Branchenteilgruppen werden nun solche Unternehmen ausgesucht, von denen angenommen werden kann, dass sie ihre Teilgruppe gut repräsentieren. Daneben sollten die Unternehmen deutliche Aktivitäten hinsichtlich eines Reputationsmanagements durch Pressearbeit erkennen lassen, weil nur so alle relevanten Variablen erfasst werden kön-nen. So argumentiert auch Patton (1990): „The underlying principle [...] is the selection of information rich cases.“623 Die Zahl der untersuchten Fälle kann daher auf ein Unternehmen pro Branchenteilgruppe begrenzt werden. Zudem ist der Aufwand für die Erhebung und Aus-wertung von Daten einer größeren Fallanzahl allein aus forschungspraktischen Gründen zu beschränken.624

Unter den oben genannten Voraussetzungen wurden im Rahmen eines Experteninterviews folgende Unternehmen als geeignet benannt:625

• Die Eurohypo AG mit Hauptsitz in Eschborn ist die führende Spezialbank für Im-mobilien- und Staatsfinanzierung. Mit rund 2.000 Mitarbeitern, Neuzusagen für ge-werbliche Immobilienfinanzierungen von rund 37 Mrd. Euro und einer Bilanzsumme von rund 214 Milliarden Euro Ende des Jahres 2007 ist die Eurohypo in Deutschland die zehntgrößte Bank und das fünftgrößte private Finanzinstitut. Am Kapitalmarkt zählt das Unternehmen zu den bedeutendsten Anleiheemittenten. Obwohl die Eurohy-po eine eher junge Bank ist, blickt sie auf eine relativ lange Tradition zurück: So ent-stand das Institut im Jahr 2002 aus den Hypothekenbanktöchtern der drei großen deut-schen Privatbanken, Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank.626 Seit März 2006 ist die Eurohypo Tochterunternehmen der Commerzbank Gruppe.627

622 Es sei darauf verwiesen, dass eine trennscharfe Auseinanderhaltung von Property und Non-property Compa-nies nicht immer möglich ist. So lassen bspw. Großunternehmen teilweise ihre Immobilien durch Tochterun-ternehmen verwalten. Damit handelt es sich bei dem TochterunTochterun-ternehmen um eine Property Company. Aus Konzernsicht liegt jedoch eine Non-property Company vor, da das Tochterunternehmen seine Leistungen überwiegend an den Mutterkonzern abgibt und sich durch die Reorganisation nichts an der Ausrichtung des Konzerns ändert. Vgl. Bone-Winkel/ Schulte/ Focke (2008), S. 13.

623 Patton (1990), S. 181.

624 Gläser/ Laudel (2004), S. 98. Über die notwendige Anzahl der zu untersuchenden Fälle finden sich in der Literatur keine präzisen Angaben. Vgl. Perry (1998), S. 793. Eisenhardt (1989) empfiehlt das Hinzufügen von Fällen bis zum Erreichen einer „theoretischen Sättigungsgrenze“. Ab diesem Punkt sind die Erkenntnisfort-schritte des Forschers minimal, da die beobachteten Phänomene bereits zu einem früheren Zeitpunkt offen-sichtlich wurden. Dieser Vorgehensweise stehen jedoch zeitliche und budgetäre Beschränkungen des For-schers gegenüber. Es ist daher üblich, die Anzahl der untersuchten Fälle ex ante festzulegen. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 537.

625 Es ist nicht notwendig die Fälle nach dem Zufallsprinzip auszuwählen. So konstatiert Eisenhardt (1989):

„Random selection of cases is neither necessary, not even preferable.“ Eisenhardt (1989), S. 537.

626 Hierbei handelt es sich um die Eurohypo „alt“, die Rheinhyp und die Deutsche Hyp. Die Geschichte der älte-sten Vorgängerinstitute, der Deutschen Hypothekenbank und der Frankfurter Hypothekenbank, geht bis ins Jahr 1862 zurück.

627 Vgl. Eurohypo (2008), o.S.

• Die IVG Immobilien AG entstand durch die vollständige Privatisierung der bundes-eigenen „Industrieverwaltungsgesellschaft“ im Jahr 1993. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Bonn zählt heute zu den großen börsennotierten Immobiliengesellschaf-ten in Europa. Mit seinen knapp 700 Mitarbeitern zum Jahresende 2007 ist es als In-vestmenthaus für Immobilienanlagen positioniert. Die IVG konzentriert dabei auf Büroimmobilien in ausgewählten deutschen und europäischen Metropolen sowie auf Kavernen628. Das Unternehmen führt teilweise auch Projektentwicklungen durch, die es dann in den eigenen Bestand übernimmt.629 Zum Jahresende 2007 verwaltete das Unternehmen ein Immobilienvermögen von rund 20 Mrd. Euro.630

• Die ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG631 mit Hauptsitz in Hamburg wur-de 1965 von Versandhauspionier Prof. Werner Otto gegrünwur-det und befinwur-det sich seit-dem im Besitz der Familie Otto. Der Projektentwickler hat sich zum europäischen Marktführer auf dem Gebiet innerstädtischer Shopping Center entwickelt. Neben Ein-kaufscentern entwickelt, realisiert und managt das Unternehmen aber auch gewerbli-che Großimmobilien wie Büro-, Industrie- und Verkehrsimmobilien (u.a. Bahnhöfe) und tritt dabei auch selbst als Investor auf.632 Insgesamt haben die rund 3.000 Mitar-beiter bisher ein Projektvolumen von rund 10 Mrd. Euro realisiert.633

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