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Fakultät für Mathematik

5. Fakultäre Forschungsschwerpunkte und fachliche Widmung von

5.11 Fakultät für Mathematik

Die moderne Mathematik in ihrem disziplinären Charakter zeichnet sich durch eine große Bandbreite aus. Sie ist eine zentrale Wissenschaft, die einen Bogen von der Analyse komplexer, abstrakt definierter Systeme und Konstruktionen, die oft von der Anschauung inspiriert sind, über Modellbildung und Entwicklung effizienter Algorithmen für die Lösung der auftretenden Probleme bis hin zu den Anwendungen spannt. Sie ist sowohl eigenständige Disziplin als auch Grundlage für sämtliche quantitativen Wissenschaften, insbesondere die Naturwissenschaften. Ein vordringliches Ziel der Fakultät für Mathematik ist es, diese Wissenschaft auf höchstem internationalen Niveau in großer Breite in Forschung und Lehre zu vertreten und zugleich ein umfassendes Angebot in Forschung und Lehre für andere Wissenschaftsdisziplinen bereitzustellen.

Basierend auf international stark vernetzten Forschungsschwerpunkten legt die Fakultät für Mathematik hohes Gewicht auf Kooperationen mit Anwendungswissenschaften. Die Fakultät ist bemüht, die bestehenden Synergien mit ForscherInnengruppen etwa in Biologie, Physik, Astronomie oder den Ingenieurwissenschaften noch weiter zu intensivieren und für diese ein attraktives Angebot bereitzuhalten und zu entwickeln. Dies soll auch durch die Beteiligung am universitären Forschungsschwerpunkt Rechnergestützte Wissenschaften erfolgen.

Die Fakultät für Mathematik sucht die Kooperation mit anderen Fakultäten an der Universität und mit Instituten an der Technischen Universität und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zahlreiche solche Kooperationen existieren bereits, wobei hier sowohl Synergieeffekte als auch Komplementarität genutzt werden. Es ist Ziel der Fakultät, diese Kooperationen zu intensivieren und neue ins Leben zu rufen.

5.11.2 Themenfelder und Forschungsschwerpunkte

Ausgehend von ihren traditionellen Schwerpunkten und Stärken in analytischer

Zahlentheorie, in harmonischer Analyse, in Biomathematik und in mathematischer Physik entwickelt die Fakultät für Mathematik ihr Profil stetig weiter, indem einerseits die Tradition im Hinblick auf modernere Entwicklungen angepasst wird (etwa durch eine mehr

algebraische Orientierung des Schwerpunkts in Zahlentheorie oder eine verstärkt

angewandte Orientierung des Schwerpunkts in harmonischer Analyse), und andererseits neue Schwerpunkte (etwa in Differentialgleichungen inklusive ihrer Numerik, in

Finanzmathematik oder in Diskreter Mathematik) gesetzt werden. Die sechs Schwerpunkte der Fakultät sind:

Logik (Kurt Gödel Research Center)

In der großen Tradition eines der bedeutendsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts

beschäftigt sich der Schwerpunkt Logik mit den Grundlagen der Mathematik. Im Mittelpunkt der Forschung steht die axiomatische Mengenlehre, das Gebiet der Logik, dem Gödel in seinen späteren Jahren die meiste Aufmerksamkeit gewidmet hat. Zentrales Ziel ist es, die richtigen Axiome der Grundlagen der Mathematik zu identifizieren, die für die Lösung aller bedeutsamen Fragen der Mathematik ausreichend sind. Die Hauptmethoden schließen die großen Kardinalzahlen und die Forcing-Methode ein. In der theoretischen Informatik werden die Eigenschaften von Turing-Maschinen erklärt, die unendlich lang laufen. Diese Arbeit hat besonders interessante Verbindungen sowohl mit Gödels Theorie der

Konstruktibilität als auch der philosophischen Theorie der Wahrheit. In der Modelltheorie wurden unerwartete Verbindungen zwischen der modelltheoretischen Stabilitätstheorie und der mengentheoretischen Theorie der Absolutheit entdeckt. Auch die homogene

Modelltheorie ist ein wichtiges Forschungsthema.

Das Kurt Gödel Research Center ist derzeit in Form einer Forschungsplattform organisiert.

Biomathematik und Dynamische Systeme

Dieser Schwerpunkt umfasst die Analyse von dynamischen Systemen und die deterministische und probabilistische Modellbildung in der Biologie und in anderen Teilgebieten der Mathematik, Natur- und Sozialwissenschaften.

Auf dem Gebiet der dynamischen Systeme bearbeitet die Gruppe Systeme aus Algebra und Zahlentheorie und betrachtet sowohl topologische als auch maßtheoretische und

stochastische Aspekte der Dynamik. Die Biomathematik nimmt ihren Ausgangspunkt bei Fragestellungen aus den Lebenswissenschaften, insbesondere aus den Gebieten der

Evolutionsforschung, Ökologie und der molekularen Zellbiologie. Sie arbeitet mit Modellen aus der Populationsgenetik und der Spieltheorie und nutzt Methoden aus den Gebieten der dynamischen Systeme, der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Theorie partieller

Differentialgleichungen.

Stochastik und Finanzmathematik

Die Theorie der stochastischen Prozesse hat zahlreiche Anwendungsfelder in den Natur- und Sozialwissenschaften gefunden. In jüngerer Zeit haben sich auch die Anwendungen im Finanz-Bereich stark entwickelt. Die Universität Wien setzt hier einen Schwerpunkt, der die Verzahnung dieser beiden Gebiete betont.

Die mathematische Theorie der Stochastik bildet die Basis, und hier werden grundlegende Forschungsarbeiten durchgeführt. Dieses Gebiet zeichnet sich schon immer dadurch aus, dass auch die reine mathematische Theorie stark von den Anwendungen inspiriert ist. Ein klassisches Beispiel stellen Fragestellungen aus der Physik dar.

Auch die Anwendungen im Finanzbereich sind oft von ursprünglich im physikalischen Kontext entwickelten Ideen geprägt, beziehungsweise manchmal auch umgekehrt. Ein Beispiel für den zweiten Fall ist das Konzept der Brownschen Bewegung, deren

mathematische Modellierung von Louis Bachelier aufgrund von Fragestellungen im Finanzbereich entwickelt wurde, einige Jahre bevor Albert Einstein auf die grundlegende Bedeutung im Rahmen der Physik hinwies. Moderne Beispiele von Finanz-Anwendungen sind Fragen der Portfolio-Optimierung sowie der Bewertung und Absicherung von

derivativen Finanztiteln in stetiger Zeit. Aufbauend auf der Idee des No-Arbitrage-Prinzips werden im Rahmen des Schwerpunkts Forschungsarbeiten zu diesen Themenkreisen durchgeführt.

Analysis, Geometrische Strukturen und Mathematische Physik

Die ForscherInnen in diesem breit angelegten Schwerpunkt begreifen die Mathematik als einheitliches Ganzes. Dies wird durch vielfältige Vernetzungen innerhalb des Schwerpunkts ebenso dokumentiert wie durch umfangreiche nationale und internationale Kooperationen.

In mehreren Arbeitsgruppen wird an der Analyse partieller Differentialgleichungen gearbeitet, die etwa in der Theoretischen Physik, der Mathematischen Biologie und der Bildverarbeitung Verwendung finden. Neben der Existenz- und Eindeutigkeitsanalyse liegt ein Hauptaugenmerk auf der rigorosen Rechtfertigung von Modellhierarchien, die mit asymptotischen Methoden wie Homogenisierung, Grenzschichttheorie und

Mittelungsmethoden hergeleitet werden.

Bildverarbeitung und Mustererkennung sind auch ein Anwendungsgebiet

unendlichdimensionaler differentialgeometrischer Methoden, die zur Definition vernünftiger metrischer Begriffe auf Räumen von Gestalten (shape space) verwendet werden. Dies basiert auf dem „convenient calculus“ im Unendlichdimensionalen, der in Wien zentral

mitentwickelt wurde, ebenso wie die parabolische Geometrie, ein Teilgebiet der Differentialgeometrie mit starken Bezügen zur Darstellungstheorie.

Auf dem Gebiet der linearen elliptischen partiellen Differentialgleichungen 2. Ordnung werden Eigenschaften von Lösungen (unter anderem Regularitätseigenschaften) sowie spektrale Eigenschaften der zugehörigen Operatoren untersucht. Insbesondere werden Schrödingeroperatoren von Atomen und Molekülen studiert. Dabei ist die Auswirkung der

Coulomb-Singularitäten auf die Eigenschaften der Lösungen der Differerentialgleichungen ein zentrales Problem.

Die Verwendung und Weiterentwicklung nichtlinearer Theorien verallgemeinerter

Funktionen in Differentialgeometrie, Analysis und partiellen Differentialgleichungen führt zu neuen Einsichten in die Struktur und Ausbreitung von Singularitäten und ihre mikrolokalen Eigenschaften. Aktuelle Anwendungsgebiete sind mathematische Seismologie und

allgemeine Relativitätstheorie.

Dieser Schwerpunkt entwickelt auch analytische Grundlagen für Modelle und Algorithmen der rechnergestützten Wissenschaften:

Computational Sciences

Dieser Schwerpunkt hat enge Bezüge zum universitären Forschungsschwerpunkt Rechnergestützte Wissenschaften.

Die Gruppe „Computerorientierte Mathematik und Optimierung“ beschäftigt sich mit mathematischer Modellierung und Modellierungssprachen und mit (insbesondere globaler) Optimierung, mit Anwendungen in den Gebieten Operations Research, Robotik und

Proteinfaltung und stellt damit auch einen Bezugspunkt zu lebenswissenschaftlichen Themen dar.

Auf dem Gebiet der (partiellen) Differentialgleichungen umfassen die Aktivitäten sowohl Modellierung und (asymptotische) Analysis als auch Numerik/Computersimulation, wobei die letztgenannten Themen weiter verstärkt werden sollen. Die betrachteten Anwendungen sind derzeit vor allem in den Gebieten (Quanten- und Astro-)Physik, Quantenchemie, Nano- und Halbleitertechnologie, Hydrodynamik, Bildverarbeitung und zunehmend in der Biologie.

Die Harmonische Analyse hat an der Fakultät eine lange Tradition, sodass man von einer Wiener Schule der Harmonischen Analyse sprechen kann. Sie wird gegenwärtig in vielen Ausprägungen von der numerischen harmonischen Analyse mit Anwendungen in der Signal- und Bildverarbeitung bis hin zur abstrakten harmonischen Analyse auf lokalkompakten Gruppen betrieben. Die aktuellen Forschungsfragen betonen insbesondere die Verbindungen zwischen konkreten Anwendungen und fundamentalen theoretischen Einsichten.

Arithmetik, Algebra, und Diskrete Mathematik

Die Theorie der automorphen Formen ist ein zentrales Gebiet der Mathematik, das sich in seinen tiefen Bezügen von der Zahlentheorie über die Darstellungstheorie (lokal wie global) von Gruppen und Algebren bis zur arithmetischen algebraischen Geometrie spannt. Das Zusammenwirken unterschiedlicher Disziplinen und methodischer Ansätze, etwa in der Untersuchung arithmetischer Eigenschaften automorpher Formen oder der geometrischen Struktur von Shimura-Varietäten, kennzeichnen diesen Schwerpunkt. Diesem

Zusammenspiel wird durch Vermutungen wie die der nicht-abelschen Klassenkörpertheorie oder die des Langlands’schen Funktorialitätsprinzips Kontur und Richtung gegeben. Im Vordergrund der Forschung steht die Beziehung zwischen der Kohomologie arithmetischer Varietäten, dem automorphen Spektrum und der Theorie von Galoisdarstellungen.

In der Diskreten Mathematik wird ein Spektrum kombinatorischer Themen bearbeitet und entwickelt, das den Bogen von algebraischer Kombinatorik über analytische Kombinatorik bis hin zur Graphentheorie spannt und somit Berührungspunkte zur Algebra, Zahlentheorie, als auch zu Statistischer Mechanik aufweist.

Fachdidaktik/Schulmathematik

Die fachdidaktische Forschung sichert eine fundierte fachdidaktische Ausbildung von LehramtskandidatInnen, wie sie modernen Unterrichtskonzepten entspricht. Das Bild der Mathematik in der Öffentlichkeit wird vor allem durch den Schulunterricht geprägt. Daher ist es besonders wichtig, dass Lehramtsstudierende während ihres Studiums auch ein adäquates Bild von Mathematik mitbekommen, um dieses dann in ihrem Beruf an die SchülerInnen weitergeben zu können.

Im Detail werden theoretische und praktische Fragen des Computereinsatzes im Mathematikunterricht untersucht oder stoffdidaktische Analysen zu

elementarmathematischen Themen entwickelt. Realitätsnaher Mathematikunterricht („Anwendungsorientierung“) steht dabei oft im Vordergrund.

5.11.3 Professuren zum Stichtag 1. Oktober 2011

Zur leichteren Übersicht sind hier sämtliche zum Stichtag 1. Oktober 2011 bestehenden Professuren (§ 98 und § 99 Abs. 3 Universitätsgesetz 2002, inkl. allfälliger

Vorziehprofessuren) angegeben. Diese Momentaufnahme präjudiziert in keiner Weise die zukünftigen Professurenwidmungen.

• Algebra

• Algebraische Geometrie/Differentialgeometrie

• Angewandte Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Astrophysik – Numerik

• Biomathematik

• Computational Science – Mathematische Modellierung und Algorithmik in

Anwendungsgebieten (Doppelprofessur 50%; 50% an der Fakultät für Informatik)

• Computerorientierte Mathematik

• Differentialgleichungen

• Diskrete Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Kombinatorik

• Finanzmathematik

• Harmonische Analysis

• Mathematik – Harmonische Analyse/Topologische Gruppen mit Anwendungen in Ergodentheorie, Zahlentheorie und der Theorie der Gleichverteilung

• Mathematik, § 99 Abs. 3 UG (vorerst befristet auf sechs Jahre)

• Mathematik, § 99 Abs. 3 UG (vorerst befristet auf sechs Jahre)

• Mathematik, § 99 Abs. 3 UG (vorerst befristet auf sechs Jahre)

• Mathematik II – Maßtheorie, C*-Algebren, Banachalgebren

• Mathematik III – Biomathematik/Spieltheorie

• Mathematik IV – Algebra, Zahlentheorie und Automorphe Formen

• Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Didaktik von Mathematik und Informatik

• Mathematik VI – Angewandte Analysis, Mathematische Physik

• Mathematische Logik mit besonderer Berücksichtigung der Grundlagen der Theoretischen Informatik

• Partielle Differentialgleichungen

5.11.4 Fachliche Widmung künftiger Professuren und Stand der Umsetzung

Professuren in Besetzung zum Stichtag 1. Oktober 2011

• Applied Mathematics and Modeling

• Dynamische Systeme

• Globale Analysis/Differentialgeometrie

• Mathematics and Biology (80%; 20% am Zentrum für Molekulare Biologie)

• Numerik mit besonderer Berücksichtigung partieller Differentialgleichungen

• Stochastik

5.12 Fakultät für Physik