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5. Fakultäre Forschungsschwerpunkte und fachliche Widmung von

5.13 Fakultät für Chemie

Die Chemie ist eine zentrale Wissenschaft von Struktur, Aufbau und Funktion sowohl der belebten als auch der unbelebten Natur und reicht somit weit in Bereiche der

Lebenswissenschaften, Medizin, etc. hinein, befasst sich aber auch mit der Entwicklung von innovativen Materialien zur Sicherung der Verfügbarkeit von Rohstoffen und

Energieressourcen auf der Basis nachhaltiger Verfahren für unsere Zukunft.

Die Fakultät bekennt sich zur grundlagenorientierten breiten Ausbildung im Fach Chemie und darauf aufbauend zur besonderen Entwicklung der Schwerpunktthemen Biologische Chemie, Computergestützte Chemie und Materialchemie mit dem Schwerpunkt Funktionale Materialien. Die Chemie ist darüber hinaus die Basis für ein tieferes Verständnis auch anderer naturwissenschaftlich-lebenswissenschaftlicher Fachrichtungen. In diesem

Zusammenhang trägt die Fakultät Verantwortung für die fundierte Ausbildung einer großen Zahl von Nebenfachstudierenden (Lehrexporte, etc.).

Es besteht ein prinzipieller Unterschied in den Studienangeboten der Universität Wien (Studium „Chemie“) und der Technischen Universität Wien (Studium „Technische Chemie“).

Dementsprechend sind an der Universität die Lehrinhalte auf allen Studienebenen stärker von biologischer und molekularer Chemie, sowohl in experimenteller als auch theoretischer Hinsicht, geprägt, während an der TU die technologischen Fächer eindeutig im Vordergrund stehen.

Während im Bachelorstudium wegen der Gesamtanzahl der Studierenden, der

unterschiedlichen Ausrichtung und der technischen Ausrüstung getrennte Studiengänge, sowohl an der Universität Wien als auch an der TU, sinnvoll sind, ergeben sich im

Masterstudiengang sehr hilfreiche synergetische Effekte in einer gemeinsamen Gestaltung der Ausbildung in Materialwissenschaften/Materialchemie. Hier können die Studierenden der Universität von der technologisch orientierten Ausbildung profitieren, die TU-Studierenden dagegen von Ansätzen, wie sie an der Universität weiterentwickelt werden.

Kooperationen sowohl in wissenschaftlicher Hinsicht als auch in der Lehre ergeben sich auch mit der Universität für Bodenkultur Wien. Besonders sei etwa auf die Nano-Biotechnologie und die technologischen Aspekte der Lebensmittelchemie hingewiesen. In diesen Bereichen profitiert die Universität Wien, wohingegen im Bereich der synthetischen und analytischen Expertisen sowie auf dem Gebiet der Laserapplikationen die Universität Wien „Know-how“

zur Verfügung stellen kann. Bioaktive Verbindungen, innovative Tumortherapeutika und Ergebnisse aus der Nano-Medizin basierend auf Entwicklungen innerhalb der Universität Wien zeigen interessante Anwendungen in der Medizin und führten zu intensiven

Kooperationen mit der Medizinischen Universität Wien, die noch weiter ausgebaut werden.

So entsteht durch die wissenschaftliche Abstimmung im Bereich der Forschung zwischen der Universität Wien, der Technischen Universität Wien, der Universität für Bodenkultur Wien und der Medizinischen Universität Wien großes Entwicklungspotenzial.

5.13.2 Themenfelder und Forschungsschwerpunkte

Die Themenfelder der Fakultät sind neben den Grundlagenfächern die Biologische Chemie, die Computergestützte Chemie und die Materialchemie:

Biologische Chemie:

Ein besonderes Forschungsziel ist die Entwicklung von Synthesestrategien zur Herstellung von bioaktiven Verbindungen in den entsprechenden Bereichen der Fakultät.

Dabei werden Beziehungen zwischen Struktur und Funktionalität von Molekülen und deren metabolisierten Produkten untersucht, wobei besonderes Augenmerk auf die Peptid- und Proteinchemie sowie die Glykokonjugat- und Nukleinsäurenchemie in vitro und in vivo gelegt wird. Ein wichtiges Thema bilden biologisch/medizinische Fragestellungen zur

Entwicklung von Tumortherapeutika und zur Aufklärung ihres Wirkungsmechanismus samt klinischen Studien am Patienten und Wirkmechanismusuntersuchungen in vivo und in vitro.

Hierfür wird auch das gesamte Repertoire spektroskopischer und analytischer Methoden eingesetzt. Weitergehende strukturelle Aussagen über Biomoleküle lassen sich mit theoretischen Ansätzen über Simulationsverfahren gewinnen.

Mögliche anwendungslimitierende Toxizität bioaktiver Moleküle wird in einem breiten Spektrum toxikologischer in vitro-Testsysteme erfasst.

Die biologische-chemische Ausrichtung der Fakultät bildet mit den dazugehörigen Instituten eine starke Brücke zum Zentrum für Molekulare Biologie (Max F. Perutz Laboratories).

Diese Brückenfunktion soll der Nutzung synergistischer Effekte dienen und eine erfolgreiche Symbiose zwischen biologisch-chemisch orientierten Instituten der Fakultät für Chemie sowie den molekularbiologischen Aspekten der Max F. Perutz Laboratories bilden.

Stark ausgeprägt ist die Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien sowie mit dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der

Wissenschaften (CeMM).

Computergestützte Chemie:

Eine der wichtigsten Aufgaben dieses Themenfelds ist die Entwicklung von Methoden, Algorithmen und entsprechenden Softwarepaketen im Bereich der chemischen

Modellbildung und Simulation von chemischen Prozessen und biologischen Netzwerken. Da durch solche Methoden und Werkzeuge im Vorfeld wichtige Hinweise für gezielte

experimentelle Arbeiten gewonnen werden, sind Einsparungen im experimentellen Bereich zu erwarten. Die Computergestützte Chemie ist für die Fakultät für Chemie ein

Querschnittsfach. So werden wichtige Vorhersagen und Interpretationen von kleinen Molekülen bis hin zu Biopolymeren und funktionelle Materialien erzielt.

In diesem Themenfeld gibt es eine enge Kooperation mit den Fakultäten für Informatik und Mathematik. Durch die Nutzung von High Performance Computing können die notwendigen hohen Rechenleistungen erbracht werden.

Materialchemie:

Ziel des Themenfelds Materialchemie ist die Entwicklung innovativer Materialien mit funktionellen Eigenschaften. Ein wesentlicher Aspekt sind Wechselwirkungen auf molekularer beziehungsweise atomarer Ebene, zwischen Molekülen und größeren Strukturen, welche die Struktur und Dynamik von Materialien beeinflussen. Die Mikrostruktur von Materialien kann dann so gestaltet werden, dass gewünschte

Eigenschaften des Materials in den verschiedensten technologischen Prozessen genützt werden kann. Im speziellen für die Stofftrennung, Energiespeicherung und -gewinnung und Öl- und Gasproduktion. Dies gilt auch für chemische, magnetische, biologische und

mechanische Material- sowie für Oberflächeneigenschaften. Die Grundlage dafür bilden experimentelle Methoden sowie theoretische Modellbildung mittels Computersimulationen.

Im Vordergrund steht die Entwicklung von Materialien, die die neuen Herausforderungen im Energie- und Umweltbereich und die medizinischen Probleme einer älter werdenden

Gesellschaft lösen helfen sollen. Beispiele sind Materialien zur Energiespeicherung und Energieumwandlung, für die Öl und Gasindustrie, sowie zur Katalyse, darüber hinaus für biomedizinische Materialien.

Zur Erreichung dieser Ziele ist die Anwendung und Weiterentwicklung innovativer Methoden zur Synthese und Charakterisierung (auch mittels theoretischer Methoden) sowie zur

gezielten Modifizierung von Materialien und Oberflächen notwendig. Auf diese Weise werden Relationen zwischen Materialeigenschaften und deren Funktionalität ausgenutzt.

Folgende Forschungsschwerpunkte bestehen:

Bioaktive Moleküle

Sowohl die Organische als auch die Anorganische Chemie beschäftigen sich in synthetischer Hinsicht mit kleinen bioaktiven Molekülen. Eine Verbindungsklasse basiert auf

Koordinationsverbindungen, die in den Tumormetabolismus eingreifen und gezielte

Änderungen in der Proteinbiosynthese hervorrufen. Hier liegen schon vielversprechende Ergebnisse an TumorpatientInnen vor. Die Biologische Chemie synthetisiert größere bioaktive Verbindungen auf Peptid- und Polymerbasis, die z. B. als antikörperähnliche Moleküle eingesetzt werden können.

Synthetisiert werden außerdem antibiotische Wirkstoffe, Mikrotubuli stabilisierende Tumortherapeutika, Entzündungshemmer, bioaktive Kohlenhydrate sowie DNA-interagierende Verbindungen.

Weiterhin werden enzymanaloge Wechselwirkungen an Modellverbindungen studiert.

Bioanalytik

Ein zentrales Feld in der Analytischen Chemie besteht in der quantitativen Erfassung bioaktiver Verbindungen bis hin zu Zellen in komplexer Matrix. Hier ist die Wirkstoff- und Toxinanalyse anzuführen, wobei die Enantioselektivität pharmakologisch eine große Rolle spielt. Weiterhin sind Proteomics, Metabolomics, Lipidomics, Glycomics bis hin zu Viren und Zellen und deren Unterscheidung große Herausforderungen. All diese Analyte stellen auch Inhaltsstoffe und Kontaminationen von Lebensmitteln dar.

Nanotechnologie der Grenzflächen

Kleinste Kolloide, im neuen Sprachgebrauch Nanostrukturen, stellen ein Bindeglied zwischen einzelnen Molekülen und der makroskopischen Welt dar. Sie sind in funktionalen

Materialien, Werkstoffen, der Katalyse, bei der Gewinnung von Solarstrom und der

Wasserstoffspeicherung von größter Bedeutung. Medizinische Anwendungen finden sich in Bio- und biomedizinischen Materialien, drug delivery und in der Bioanalytik bei der

Entwicklung von Trenntechniken und Sensoren. Für die Informationstechnologie ist vor allem die Leitfähigkeit von Nanostrukturen von Interesse, wobei Quanteneffekte, welche sich mittels Computersimulationen theoretisch beschreiben lassen, eine zentrale Rolle spielen.

Funktionelle Materialien

Funktionelle Materialien sind die Grundlage unserer modernen Industriegesellschaft. Dies betrifft zentrale Bereiche wie Energie, Umwelt, Mobilität, Informationstechnologie und Medizin. Daher betreibt die Fakultät für Chemie Grundlagen- und angewandte Forschung an Polymeren und Verbundwerkstoffen, wie auch an metallischen, keramischen und

Hybridmaterialien. Beispiele dafür sind Nanomaterialien für medizinische und biotechnologische Anwendungen, im diagnostischen und therapeutischen Bereich, Materialien für optimierte Trenntechniken und die Chemosensorik nach dem Prinzip der molekularen Erkennung, leitfähige Polymere und Nanostrukturen für die molekulare Elektronik, Materialien für Energiespeicherung (Superkondensatoren, Li-Ionen Batterien) und -umwandlung, Materialien für neue umweltfreundliche Technologien und Werkstoffe, Verbundwerkstoffe/Komposite für technische und medizinische Anwendungen sowie für die Öl- und Gasförderung. Im Vordergrund stehen multifunktionale Materialien mit Sensor, Energiespeicher und selbstheilenden Eigenschaften.

Biomolekulare Simulation

Es werden effiziente Algorithmen für Simulationsverfahren von Biopolymeren mit expliziter Behandlung des Lösungsmittels entwickelt. Dabei wird nicht nur das Verhalten im wässrigen Milieu untersucht, sondern ionische Flüssigkeiten spielen als innovative Lösungsmittel eine wichtige Rolle. Das Ziel der Simulationen sind die Analyse der Struktur und Dynamik von Biomolekülen sowie die Untersuchung von RNA-, Ligand- und Protein-Protein-Wechselwirkungen durch Berechnung der relevanten Freien Energie-Unterschiede.

Biochemische Modellierung

Der Schwerpunkt liegt auf der Modellierung von Biomolekülen, insbesondere der RNA, auf der Ebene der Sekundär- und Tertiärstrukturen. Hierbei werden auch experimentelle Hochdurchsatzdaten miteinbezogen. Komplementär dazu wird das Design funktioneller RNA-Moleküle mit gewünschten Eigenschaften untersucht. Diese Ansätze werden unter

anderem genutzt um (bio)chemische Reaktionsnetzwerke zu analysieren und zu

manipulieren. Die Entwicklung neuer Algorithmen profitiert von der engen Kooperation mit der Fakultät für Informatik. Die resultierenden hochqualitativen Softwarepakete werden einer breiten Fachwelt zugänglich gemacht.

Theoretische Chemie

Die Theoretische Chemie trägt zur Charakterisierung von Eigenschaften von Materialien, sowohl im Bereich der biologischen als auch der Materialchemie, und zum Verständnis der Photochemie von organischen und anorganischen Molekülen bei.

Um ein Verständnis von Strukturen, spektroskopischen Daten und Reaktivität von Molekülen zu gewinnen, werden quantenchemische Programmpakete angewandt. Zur Simulation und zur Kontrolle der Dynamik chemischer Prozesse werden eigene Programme und Methoden entwickelt. Letztendlich lässt sich mit Hilfe dieser Werkzeuge die

Photodynamik biologischer Systeme erfolgreich vorhersagen und sogar manipulieren.

Lebensmittelchemie, physiologische Chemie und Biofunktionalität von Lebensmitteln Im Bereich der Lebensmittelchemie eröffnen sich hinsichtlich Lebensmittelsicherheit und toxikologischer Bewertung neue Synergien mit der Technischen Universität Wien, der Universität für Bodenkultur Wien als auch der Medizinischen Universität Wien.

Insbesondere betrifft dies das Forschungsfeld der Lebensmittelchemie bei der Interferenz von Nahrungsmitteln und Lebensmittelinhaltsstoffen mit Chemotherapeutika, sowie die Mykotoxinforschung als auch das hochaktuelle Feld der Nanotoxikologie.

Im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit werden zelluläre Wirkmechanismen

unterschiedlichster Lebensmittelbestandteile (bioaktive Komponenten, Kontaminanten, Nanopartikel) in Systemen des humanen Verdauungstrakts untersucht, wobei ein Spektrum an biochemischen, molekularbiologischen, toxikologischen und analytischen Techniken zur Verfügung stehen.

Schwerpunkte der Physiologischen Chemie sind die Identifizierung und Charakterisierung von bioaktiven Lebensmittelinhaltsstoffen sowohl als isolierte Verbindungen als auch als Verbindungen in Lebensmittelmatrices unter besonderer Berücksichtigung der

Lebensmittelverarbeitung.

Der Nachweis der Bioaktivität erfolgt in in vitro-Untersuchungen anhand von synthetisierten Reinsubstanzen der Zielmetabolite und im Rahmen von Humaninterventionsstudien unter Verwendung verschiedener Lebensmittelmatrices, wobei auch translationale Ansätze verfolgt werden.

Die zur Anwendung kommenden Techniken erfassen die Bioverfügbarkeit der Zielverbindungen sowie deren Bioaktivitäten auf genregulatorischer (DNA und RNA Expression) und proteinregulatorischer Ebene, ebenso wie Auswirkungen auf das metabolische Profil.

5.13.3 Professuren zum Stichtag 1. Oktober 2011

Zur leichteren Übersicht sind hier sämtliche zum Stichtag 1. Oktober 2011 bestehenden Professuren (§ 98 und § 99 Abs. 3 Universitätsgesetz 2002, inkl. allfälliger

Vorziehprofessuren) angegeben. Diese Momentaufnahme präjudiziert in keiner Weise die zukünftigen Professurenwidmungen.

• Analytische Chemie

• Analytische Chemie, § 99 Abs. 3 UG (vorerst befristet auf sechs Jahre)

• Anorganische Chemie I

• Anorganische Chemie II

• Biochemische Modellierung (Doppelprofessur 50%; 50% an der Fakultät für Informatik)

• Biofunktionalität von Lebensmitteln

• Biologische Chemie

• Biophysikalische Chemie

• Chemische Molekulardynamik

• Computergestützte Chemie – Theoretische Chemie/Scientific Computing

• Computergestützte Strukturbiologie, § 99 Abs. 3 UG (vorerst befristet auf sechs Jahre)

• Didaktik der Chemie

• Lebensmittelchemie

• Organische Chemie

• Organische Chemie mit besonderer Berücksichtigung der organischen Synthesechemie

• Physikalische Chemie

5.13.4 Fachliche Widmung künftiger Professuren und Stand der Umsetzung

Professuren in Besetzung zum Stichtag 1. Oktober 2011

• Chemische Katalyse

• Organische Synthese

• Synthetische Materialchemie

• Trenntechniken und Bioanalytik

• Umweltchemie

5.14 Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie