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4. Diskussion

4.1 Beurteilung der angewandten Methoden

4.1.2 Fütterungsmodell

Aus früheren Studien und auch aus der landwirtschaftlichen Praxis ist bekannt, dass eine Fütterung von Milchlämmern mit Milchaustauschern, die zu einem hohen Prozentsatz Sojaproteinprodukte enthalten, zu einer Beeinträchtigung der Dünndarmfunktion beim jungen Wiederkäuer führen kann. Die Folgen sind Wachstumsstörungen und schlechterer Gesundheitszustand, der sich in Form von milden bis starken Diarrhoen äußert. Bei

ungünstigem Krankheitsverlauf oder allgemeiner Anfälligkeit der Tiere können sich daraus Sekundärerkrankungen entwickeln, was im schlimmsten Fall sogar den Tod der Lämmer bedeuten kann. Zu sehen sind morphologische Veränderungen am Darmepithel, die sich als Zottenatrophie, Verlust der Integrität der Zotten und allergische Reaktionen der Darmmucosa darstellen (KILSHAW u. SISSONS 1979, SEEGRABER u. MORRILL 1979). Sojaprotein konnte bei Kälbern außerdem membranständige Enzyme des Jejunums wie alkalische Phosphatase, Lactase und Aminopeptidase N hemmen (MONTAGNE et al. 1999) und den Transport von Xylose bei Kälbern (SEEGRABER u. MORRILL 1986, LALLES et al. 1995) sowie von Glucose bei Ferkeln (BOUDRY et al. 2003) beeinträchtigen.

In früheren Versuchen (durchgeführt im FBN Dummerstorf) mit einem Milchaustauscher, der nur 35 % Sojaprotein enthielt und mit 7 gegenüber Casein defizienten Aminosäuren (Thr, Val, Ile, Leu, His, Lys und Met) ergänzt wurde, ließen sich ebenfalls geringe strukturelle Veränderungen am Darmepithel im Vergleich zu einer Casein-gefütterten Kontrollgruppe feststellen (Villushöhe/Kryptentiefe im proximalen Jejunum war bei Casein höher). Diese wirkten sich allerdings nicht negativ auf Wachstum und Entwicklung aus (SCHÖNHUSEN et al. 2007).

Zusätzlich am Physiologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführte molekularbiologische und funktionelle Untersuchungen (HUBER 2004, unveröffentlicht) im Rahmen des oben genannten Vorversuches zeigten, dass die Fütterung von Sojaprotein einen Einfluss auf Nährstofftransportsysteme des Jejunums beim Ziegenlamm hatte. Phosphat- und Glucoseaufnahmestudien in BSMV dieser Ziegenlämmer zeigten, dass die Transportkapazität jeweils nicht verändert war, die Affinität des Transportes für Phosphat war in der Sojagruppe jedoch tendenziell erniedrigt und die Transporteraffinität für Glucose erhöht. Die gemessenen Werte waren auf Grund der hohen Streuung jedoch nicht

vorliegenden Arbeit der Anteil des Sojaproteins auf 50 % angehoben mit dem Ziel, auftretende Effekte verstärken zu können. Außerdem wurden in der SPAA-Gruppe alle im Sojaprotein defizitären Aminosäuren an die Gehalte im Casein angepasst. Hypothetisch konnte so nur noch die Proteinstruktur des Sojaproteins selbst einen Einfluss auf die Darmmucosa haben.

Das in diesem 50 %-Versuch verwendete Sojaproteinisolat SUPRO-901 war ein qualitativ hochwertiges Produkt und zeichnete sich laut Hersteller durch besonders geringe Gehalte an Trypsininhibitoren, Isoflavonen und antigenen Komponenten aus. Es wurde gezielt ein allgemein gebräuchliches und frei verkäufliches Produkt gewählt, um Praxisnähe herzustellen und im Anschluss an die durchgeführten Untersuchungen gegebenenfalls geeignete Fütterungsempfehlungen zur Verbesserung der Tiergesundheit auszusprechen.

Die Energie- und Proteingehalte der isonitrogenen und isokalorischen Diäten wurden so gewählt, dass sie eine adäquate Versorgung der Ziegenlämmer gewährleisten konnten (0,4 MJ ME und 7 g Rp). Die Empfehlungen für eine adäquate Energie- und Proteinversorgung präruminierender, milchgefütterter Ziegenlämmer bis zu einem Lebendgewicht von 15 kg liegen laut der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GfE 2003) bei 0,39 - 0,49 MJ ME·[kg KGW·Tag]-1 und 4,5 - 8 g Rp·[kg KGW·Tag]-1 (in Abhängigkeit von Lebendmasse und erwünschter täglicher Zunahme). Die Ziegenlämmer erhielten ihre Milchtränken über separate Flaschenfütterung, damit die Aufnahmen optimal kontrolliert werden konnten. Bis zum Versuchsende im Alter von 9 Wochen wurde so die Milchfütterung über die normale Absetzzeit hinaus erhalten. Physiologisch erfolgt eine Festfutteraufnahme schon in der ersten Lebenswoche und die Entwicklung des Vormagensystems beginnt mit steigenden Raufutteraufnahmen ab der 2. - 3. Woche (KAY 1960). Durch die ausschließliche Milchfütterung jedoch kann die Vormagenentwicklung von Lämmern verzögert werden (LANE et al. 2000, SWAN u. GROENEWALD 2000). Diese Art der Fütterung ermöglichte es zum einen, den langfristigen Effekt von Sojaprotein auf Transportsysteme des Jejunums in einer entscheidenden Phase der Darmentwicklung optimal zu untersuchen. Eine Beeinflussung der Verdauung und des Nährstofftransports im Jejunum durch die beginnende Vormagenentwicklung und der damit verbundenen Ab- und Umbauvorgänge der Nährstoffe durch die Mikroorganismen des Vormagensystems wurde so weitestgehend vermieden. Zum

anderen wurde hierdurch der Bezug zur landwirtschaftlichen Praxis geschaffen, in der eine verlängerte Milchaufzucht in der Jungtiermast üblich ist.

Um die fütterungsexperimentellen Bedingungen trotzdem tierartgerecht zu halten, wurden, wie bereits erwähnt, geringe Mengen an Heu und Stroh gegeben, so dass die Entwicklung der Vormägen nicht vollständig unterdrückt, aber verlangsamt wurde. Um den Entwicklungs-status des Vormagens beurteilen zu können, wurden daher bei der Schlachtung Pansen und Labmagen hinsichtlich Größe, Schleimhautoberfläche und Ingesta untersucht. Bei allen Tieren war der Pansen kleiner als physiologisch der Altersstufe entsprechend zu erwarten gewesen wäre, der Labmagen dagegen sehr groß (etwa 1:3-4). Die Pansenzotten waren kaum ausgebildet und es befand sich nur in Spuren Ingesta im Pansen, so dass von einem noch vollständigen Schluss der Schlundrinne ausgegangen werden konnte. Der Labmagen war gefüllt mit koagulierten Milchbrocken, welche bis in den Darm hinein zu finden waren. Die Befunde deuteten darauf hin, dass das Vormagensystem, wie erwünscht, noch unausgereift war.

Die 6 - 7-wöchige Fütterung der unterschiedlichen Diäten führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu keiner signifikanten negativen Beeinträchtigung der Gewichtsentwicklung der Ziegenlämmer. Zwar konnte die alleinige Zugabe von Glutamin nicht die bei Kälbern durch anteilige Sojaproteinfütterung entstandene Wachstumsdepression vermindern (DRACKLEY et al. 2006), so dass deutlich wird, dass die alleinige Supplementation einer einzelnen Aminosäure nicht ausreichend ist. KANJANAPRUTHIPONG (1998) konnte jedoch bei Kälbern schon mit Zugabe von drei essentiellen Aminosäuren zu einem Milchaustauscher, der 40 % Sojaprotein enthielt, eine deutliche Verbesserung der Verdaulichkeit von Trockensubstanz, Stickstoff und Aminosäuren erzielen und so die

Dass in der vorliegenden Studie auch in der SP-Gruppe keine messbare Beeinflussung der Gewichtsentwicklung auftrat, obwohl die Fütterung von verschiedenen Sojaproteinprodukten in anderen Studien dazu führte, kann z.T. mit der Reinheit und der weiterentwickelten Verarbeitung von modernen, isolierten Sojaproteinen erklärt werden, die in ihrer antigenen Wirkung und ihrem Anteil an sekundären Inhaltsstoffen stark reduziert wurden (LALLES et al. 1995). Ein solches Präparat wurde in dieser Studie verwendet. Starke Veränderungen wurden hauptsächlich bei älteren, unverarbeiteten Sojaprodukten (Mehle, Konzentrate) beobachtet, während durch hoch aufgereinigte und verarbeitete Sojaproteinisolate (hypoallergen) die negativen Effekte minimiert wurden. Unterschiedlich beobachtete Effekte beruhen aber unter anderem auch auf verschiedenartig gewählten Diätparametern (Anteil Sojaprotein, verwendetes Produkt: unverarbeitet, verarbeitet, hydrolysiert, hypoallergen etc., Dauer der Diät), verschiedenen Tierarten oder Rassen, unterschiedlichem Alter der Tiere (je jünger, desto heftiger die Reaktion) und Adaption der Tiere an die unterschiedlichen Diäten in den Experimenten.

Dennoch werden in der Praxis auch fortschrittliche Sojaprodukte oft noch für auftretende Durchfallgeschehen verantwortlich gemacht. Trotz ungestörter Gewichtsentwicklung der Tiere wurden negative Effekte, wie z.B. Hemmung des Glucosetransports bei Schweinen oder höhere ileale Proteinverluste beobachtet (MONTAGNE et al. 1999, 2003, BOUDRY et al.

2003).

4.1.3 Beeinflussung der Zottenstruktur des Jejunums von